Entscheidungsdatum
06.08.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W119 2161521-2/3Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch ihre Mutter XXXX , vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. 7. 2018, Zl 770333910/151726295, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 BVG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die minderjährige Beschwerdeführerin stellte gemeinsam mit ihrer Mutter (Zl W119 2161525) und ihrem minderjährigen Bruder (Zl W119 2161524) am 8. 11. 2015 Anträge auf internationalen Schutz.
Am 9. 11. 2015 fand eine Erstbefragung der Mutter der Beschwerdeführerin nach dem AsylG statt. Dort gab sie an, von ihrem Noch-Ehemann des Öfteren geschlagen worden zu sein. Im Fall ihrer Rückkehr befürchte sie von ihm umgebracht zu werden.
Am 21. 2. 2018 wurde die Mutter der Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) befragt und führte dort aus, dass sie und ihr Ehemann große Meinungsverschiedenheiten und Eheprobleme gehabt hätten. Sie selbst habe keine persönlichen Probleme mit der Polizei in der Mongolei gehabt, habe aber ihren Ehemann mehrmals von der Polizei abholen lassen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.) In Spruchpunkt IV. wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.).
Mit der dagegen erhobenen Beschwerde wurde der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Am 7. 3. 2018 fand eine weitere Einvernahme der Mutter der Beschwerdeführerin beim Bundesamt statt. Dabei führte sie aus, dass sie sich im August 2015 habe scheiden lassen.
Am 11. 6. 2018 wurde die Mutter der Beschwerdeführerin neuerlich beim Bundesamt einvernommen. Dort gab sie an, dass ihr Ehemann ihre Tochter habe zwangsverheiraten wollen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. 7. 2018, Zl 770333910/151726295, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.) In Spruchpunkt IV. wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.). Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Mutter der Beschwerdeführerin Übergriffen ihres Ehemannes ausgesetzt gewesen sei und die angeblich von diesem beabsichtigte Zwangsverheiratung ihrer Tochter zur Anzeige hätte bringen können. Die mongolischen Behörden seien willens und fähig die Bevölkerung vor solchen allfälligen Eingriffen zu schützen und solche Straftaten zu verfolgen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, dass aus den Länderberichten des Bundesamtes hervorgehe, dass häusliche Gewalt in der Mongolei ein großes Problem darstelle, weil auch wegen der Tatsache, dass häusliche Gewalt nicht anonym angezeigt werden könne, viele Frauen vor einer Anzeige zurückschrecken würden. Unter anderem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der Mutter der Beschwerdeführerin als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen des Art 3 EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. In seiner Entscheidung führte das Bundesamt aus, dass sich die Mutter der Beschwerdeführerin jederzeit an die staatlichen Behörden um Schutzgewährung hätte wenden können.
Demgegenüber wies der Rechtsvertreter der Mutter der Beschwerdeführerin darauf hin, dass in der Mongolei keine ausreichenden Schutzmechanismen bei geschlechtsspezifischer Gewalt bestünden.
Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen macht die Mutter der Beschwerdeführerin ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 EMRK) geltend.
Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens muss - entgegen der Ansicht des Bundesamtes - prima facie davon ausgegangen werden, dass für die Mutter der Beschwerdeführerin das Risiko der Verletzung von Art 3 EMRK besteht und es sich somit um "vertretbare Behauptungen" handelt.
Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W119.2161521.2.00Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018