TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 I412 2201979-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I412 2189709-1/7E

I412 2201979-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1. XXXX geb. XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch VMÖ, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 23.02.2018, Zl. XXXX

2. und XXXX geb. XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch die Mutter Joy ODION, diese wiederum vertreten durch VMÖ, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 15.06.2018, Zl. XXXX

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge als BF 1 bezeichnet) reiste am 4.8.2017 ohne gültige Reisedokumente in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie mit Problemen mit ihrem Stiefvater begründete. Ihre Eltern würden getrennt leben und der Stiefvater habe sie missbraucht.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.2.2018 wiederholte sie im Wesentlichen ihren Fluchtgrund und konkretisierte, dass ihr Stiefvater sie vergewaltigen wollen habe, sie aber durch lautes Schreien entkommen können habe. Sie habe ihrem Vater von diesem Vorfall berichtet und hätten die Männer gegeneinander gekämpft. Ihr Vater habe ihr dann geraten, wegzulaufen, sonst würde sie der Stiefvater umbringen. Mit einer Freundin sei sie dann von Kano aus mit einem Bus nach Libyen gefahren. In Libyen sei sie vergewaltigt worden und könne daher dem Vater ihres Kindes nicht.

Mit Bescheid vom 23.2.2018, Zl. XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der BF 1 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie der BF 1 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ gegen die BF 1 eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V). Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).

Die BF 1 erhob dagegen rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Moniert wurde, dass die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen sei und die Schwangerschaft (achtes Schwangerschaftsmonat) der BF 1 hinsichtlich der Rückkehrentscheidung nicht abgewogen habe, die BF 1 wäre in diesem Zustand nicht in der Lage, eine solche weite Reise anzutreten. Zudem sei zu beachten gewesen, dass im Falle der Geburt eines Mädchens die Gefahr der Genitalverstümmelung in Nigeria drohe.

Am XXXX wurde XXXX (in der Folge als BF 2 bezeichnet) geboren und stellte die BF 1 als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz für die BF 2. befragte den Fluchtgründen ihrer Tochter gab die BF 1 am 14.6.2018 vor der belangten Behörde an, dass er in Nigeria Genitalverstümmelung durch eine Frau drohe. Sie wisse nichts Genaueres zu dieser Frau, nur dass sie in Nigeria lebe, die Kinder wegnehmen und diese beschneiden würde. Befragt nach dem Vater des Kindes, gab die BF 1 an, dass dieser XXXX 34 Jahre alt sei und in Graz lebe.

Mit Bescheid vom 15.6.2018, Zl. XXXX wies die belangte Behörde auch den Antrag der BF 2 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die BF 2 eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Auch gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und festgehalten, dass die BF 2 im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria der Gefahr einer Genitalverstümmelung ausgesetzt sei.

Die beiden Rechtssachen zu den GZ 2189709-1 und 2201979-1 werden als Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG behandelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerinnen:

Die volljährige BF 1 ist ledig und Mutter der BF 2 und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Beide Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Nigeria. Die Identität der BF 1 steht nicht fest, jene der BF 2 steht fest.

Die Beschwerdeführerinnen sind gesund und ist die BF 1 arbeitsfähig.

Die BF 1 reiste illegal ohne gültiges Reisedokument aus Nigeria nach Libyen aus und gelangte über Italien nach Österreich. Sie hält sich seit mindestens Anfang August 2017 in Österreich auf.

Die BF 2 wurde am XXXX in XXXX geboren. Es wurde kein Vater eingetragen.

Die Familie der BF 1, bestehend zumindest aus dem Vater, der Mutter, Schwestern und Brüdern sowie Onkel und Tanten lebt nach wie vor in Nigeria. Sie steht nach wie vor in telefonischem Kontakt mit ihrer Familie. In Österreich verfügen die Beschwerdeführerinnen über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Ob die BF 1 eine Schule besuchte, kann nicht festgestellt werden.

Es ist davon auszugehen, dass sie durch Arbeit zumindest zu ihrem Lebensunterhalt beigetragen hat und dass sie aufgrund ihrer sozialen Einbettung und ihrer beruflichen Erfahrungen trotz der Sorgepflichten für ihr minderjähriges Kind bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht in eine existentielle Notlage geraten würde.

Die BF 1 ist in Österreich nicht vorbestraft. Sie geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Niederösterreich. Dort lebt sie mit der BF 2 in einem gemeinsamen Haushalt, einer Flüchtlingsunterkunft.

Die BF 1 weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführerinnen:

Entgegen dem Fluchtvorbringen der BF1 kann nicht festgestellt werden, dass diese von ihrem Stiefvater bedroht bzw. verfolgt wurde. Ihr diesbezügliches Vorbringen war nicht glaubhaft. In Hinblick auf die BF 2 kann keine Gefahr einer drohenden Genitalverstümmelung festgestellt werden.

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerinnen insgesamt nicht festgestellt werden, dass diese in Nigeria aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurden oder dass dies mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr zu erwarten wäre.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerinnen sind gegenüber den in den angefochtenen Bescheiden vom 23.2.2018 und 15.6.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. In den angefochtenen Bescheiden wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria jeweils zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Organisationen, die Unterstützungsprogramme betreiben, konzentrieren sich hauptsächlich auf Opfer des Menschenhandels (IOM 8.2013). Nigeria verfügt hier über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianisches Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EUMS bei der Reintegration. NAPTIP ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖBA 9.2016).

Es gibt viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016b). In Nigeria sind neben den UN-Teilorganisationen 40.000 NGOs registriert, welche auch im Frauenrechtsbereich tätig sind. Die Gattinnen der 36 Provinzgouverneure sind in von ihnen finanzierten "pet projects" gerade im Frauenbildungs- und Hilfsbereich sehr aktiv und betreuen Frauenhäuser, Bildungseinrichtungen für junge Mädchen, rückgeführte Prostituierte und minderjährige Mütter sowie Kliniken und Gesundheitszentren für Behinderte, HIV-Erkrankte und Pensionisten neben zahlreichen Aufklärungskampagnen für Brustkrebsfrühuntersuchungen, gegen Zwangsbeschneidung und häusliche Gewalt. Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung (ÖBA 9.2016).

Eine Auswahl spezifischer Organisationen:

• African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin

City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email: , , (AWEG o. d.a). Die AWEG versucht, Frauen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich privat und beruflich weiterzuentwickeln und sich durch Bildung, Lese- und Schreibkenntnisse Perspektiven zu eröffnen. Die AWEG hat in der Vergangenheit Wiedereingliederungshilfe für Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, geleistet und wurde hierbei vom UN Office on Drug and Crime Control (UNODC) unterstützt. Die Organisation bemüht sich um Finanzmittel, um das Projekt fortzusetzen. Die AWEG hat in Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen eine Unterkunft für Opfer von Menschenhandel eingerichtet, beherbergt hier jedoch derzeit keine Personen (IOM 8.2013; vgl. AWEG o.D.b).

• The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel.: 234-1-2635300, 2635331234-4-1-2635331, 234-(0) 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com (WOCON o.D.a). Das Women's Consortium of Nigeria (WOCON) ist eine private gemeinnützige Organisation (NGO), die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Aktuelle Projekte: Aufklärung bezüglich Menschenhandel, Mobilisierung der Frauen, der Jugend, der öffentlichen Transportunternehmen und der Hotelmitarbeiter im Kampf gegen TIP [Anm.: Trafficking in people]. WOCON leitet Opfer des Menschenhandels an die entsprechenden Schutzunterkünfte der Regierung weiter. Andere Reintegrationsleistungen sind Beratung, Berufsausbildung und Familienzusammenführung sowie die Mobilisierung qualifizierter Frauen zur Teilnahme an der Politik. Das Projekt erstreckt sich auf die Regionen Ogun, Lagos und Ondo (IOM 8.2013; vgl. WOCON o.D.b).

• Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA),

19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja; Tel.:

08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com, (WRAPA o.D.a). Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA) ist eine Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und sexueller Belästigung etc. kostenlose Rechtsberatung bietet. Darüber hinaus bietet die Organisation Frauen bei entsprechender Finanzierung Berufsausbildungsprogramme. Die Organisation betreibt Büros in jedem der 36 Bundesstaaten Nigerias. Die Organisation plant die Einrichtung zehn landesweiter Beratungszentren für kostenlose Rechtsberatungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen, sucht aber noch nach der entsprechenden Finanzierung. Die Organisation bietet in ihren verschiedenen Büros auch weiterhin kostenlosen Rechtsbeistand und Beratungen für Frauen an (IOM 8.2013; vgl. WRAPA o. D.b).

• Women Aid Collective (WACOL), Email: wacolenugu@wacolnigeria.org, wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@yahoo.com; Women House, No. 12 Mathias Iloh Avenue, Newton Enugu;, Tel.:

+234-0909-561-9586 +234-0806-609-2184, Fax: +234-42-256831, (WACOL o. D.a); Women Aid Collective (WACOL) ist eine Wohl-tätigkeitsorganisation, die von der African Commission on Human and Peoples' Rights beobachtet wird. WACOL bietet verschiedene Unterstützung an: Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste. Die Angebote für Frauen und Kinder umfassen: Schutz und sichere Unterkunft in Krisensituationen, Rechtsberatung und Beistand, Beratung von Opfern und deren Familien (IOM 8.2013; vgl. WACOL o.D.b).

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der BF 1 in beiden Verfahren vor der belangten Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerdeschriftsätze sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.

Die Beschwerdeführerinnen bestreiten den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in den Beschwerden auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in den Begründungen der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieser Verfahren, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützten Beurteilungen der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden. Auch den Beschwerden vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerinnen:

Die Feststellungen zu den Lebensumständen, dem Gesundheitszustand, der Arbeitsfähigkeit, ihrer Herkunft, ihrer Glaubenszugehörigkeit sowie ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der BF 1 vor der belangten Behörde (Protokolle vom 4.8.2017, 19.02.2018 und 14.6.2018). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus den Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerinnen aufgekommen. Dass die Beschwerdeführerinnen in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügen, ergibt sich aus den Angaben der BF 1 anlässlich ihrer Einvernahmen durch die belangte Behörde (Protokolle vom 19.2.2018 und 14.6.2018) sowie aus dem Umstand ihres erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Negativfeststellungen mussten allerdings zur Schul- und Berufsausbildung getroffen werden. Da die BF 1 in ihrer Erstbefragung noch angab, 3 Jahre lang eine Schule besucht zu haben und zuletzt als Putzfrau gearbeitet zu haben, äußerte sie sich vor der belangten Behörde dazu: "Ich war nie in der Schule" und "Ich habe Wasser verkauft". Aufgrund ihrer Angaben ist jedoch davon auszugehen, dass sie selbst zu ihrem Lebensunterhalt beigetragen hat, indem sie Arbeit aufgenommen hat.

Da die BF 1 in ihrer Einvernahme am 19.2.2018 noch angab, in Libyen vergewaltigt worden zu sein und daher den Vater der BF 2 nicht zu kennen, gab sie anlässlich der Befragung zu den Fluchtgründen der BF 2 am 14.6.2018 zu Protokoll, dass der Vater der BF 2 Herr XXXX sei und in Graz lebe. Diese Angaben machte auch Frau W., eine Bekannte aus XXXX. In ihrem Unterstützungsschreiben erwähnte sie in Graz lebenden Nigerianer, welcher die Vaterschaft allerdings bestreite. In der Geburtsurkunde ist ebenso kein Vater eingetragen und musste daher betreffend weiterer Angehörige eine Negativfeststellung getroffen werden.

Die Angaben zu den in Nigeria verbliebenen Familienangehörigen ergeben sich aus den niederschriftlichen Einvernahmen der BF 1, wobei sie angab, nach wie vor in Kontakt mit ihrer Familie zu stehen und sie gelegentlich anzurufen.

Die BF 1 konnte keinerlei Bestätigungen über Kursteilnahmen oder Mitgliedschaften vorlegen. Sie war während allen Einvernahmen auf Dolmetscher angewiesen. Daraus ergeben sich die Feststellungen zur fehlenden Integration in jeglicher Hinsicht.

Da die BF 1 den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht ihre die Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF 1 ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 6.8.2018.

Die Feststellungen zu ihrem gegenwärtigen Wohnsitz und dem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 2.8.2018 bzw. 6.8.2018 abgefragten Speicherauszügen aus dem Betreuungsinformationssystem und dem ZMR.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerinnen:

Die BF 1 brachte vor, das Land nach einer versuchten Vergewaltigung durch den Stiefvater verlassen zu haben. In derselben Einvernahme am 19.2.2018 gab sie auch zu Protokoll, dass der Stiefvater wegen mehrerer Sexualstraftaten an Kindern von der Polizei festgenommen worden und einige Tage im Gefängnis gewesen sei. Schließlich habe er die Mutter um Verzeihung gebeten, seinen Fehler eingesehen und sich auch beim Vater entschuldigt, der dies angenommen habe. Sollte sie nach Nigeria zurückkehren, werde sie ohnehin bei ihrem Vater und nicht beim Stiefvater leben. Der Grund, weshalb sie nicht zurückkehren könne sei, dass sie keinen Pass und kein Geld habe. Sie wolle nicht nach Nigeria zurück, Österreich würde ihr gefallen.

Der belangten Behörde ist zunächst zuzustimmen, dass es dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aufgrund der zahlreichen Widersprüche an Glaubhaftigkeit fehlt. Diesbezüglich enthält auch die Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen, welches die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Frage stellen könnte.

Die belangte Behörde bzw. in weiterer Folge das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt in Einklang stehen oder nicht. Im gegenständlichen Fall ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass das Vorbringen der BF 1 nicht glaubhaft ist.

Diese hat in ihrem Bescheid zurecht auf zahlreiche Widersprüche in den Schilderungen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit Angaben zu den in ihrem Haushalt lebenden Personen sowie den zeitlichen Angaben hingewiesen. Auch den Vorfall selbst betreffende Schilderungen sowie von der BF 1 geschilderte Rahmenhandlungen, wie Angaben zu den ebenfalls anwesenden Personen wurden von der belangten Behörde zu Recht als nicht nachvollziehbar und widersprüchlich aufgezeigt und wird auch in der Beschwerde diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen erstattet.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Beschwerdeführerin im Vergleich zur Erstbefragung in der Befragung durch die belangte Behörde unterschiedliche Angaben zu ihren Geschwistern machte:

Während sie in der Erstbefragung noch von einem Bruder und zwei Schwestern sprach, die sie konkret mit Namen und Alter bezeichnete, gab sie in der Befragung durch die belangte Behörde drei Brüder und drei Schwestern an.

In einer Gesamtschau ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass sich die Ausführungen der BF 1 über jene Vorfälle, die eine Verfolgungsbefürchtung ihrer Person in Nigeria belegen würden, nicht nachvollziehbar bzw. nicht plausibel darstellen und ist es der BF 1 somit jedenfalls nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass sich die geschilderten Ereignisse tatsächlich zugetragen haben bzw. die BF 1 aus den von ihr geschilderten Gründen, im Falle einer Rückkehr nach Nigeria tatsächlich der Gefahr einer Verfolgung respektive einer Tötung ausgesetzt ist. Somit war nicht davon auszugehen, dass die BF 1 in Nigeria einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt war bzw. gemeinsam mit der BF 2 ist.

Die BF 1 gab zudem selbst in der Einvernahme vor der belangten Behörde an, dass sie, wenn sie wieder nach Nigeria zurückkehren würde, zu ihrem Vater ziehen könne.

Unbeschadet der nicht nachvollziehbaren und widersprüchlichen Ausführungen wird zudem drauf hingewiesen, dass das Vorbringen - bei hypothetischer Wahrunterstellung - auch keine Asylrelevanz aufzeigen würde. Bei einer Rückkehr nach Nigeria hätte die BF 1 keine Verfolgung durch ihren Stiefvater zu befürchten. Es würde sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates könnte gegenständlich aber nicht ausgegangen werden: Im vorliegenden Fall wird dies in der Beschwerde auch nicht behauptet. Die Erstbeschwerdeführerin hat keine fallbezogenen Umstände aufgezeigt, die im gegenständlichen Fall gegen eine Schutzfähigkeit und -willigkeit der nigerianischen Behörden spezifisch ihr gegenüber sprechen würden.

Im Gegensatz dazu hat sie sogar vorgebracht, dass das Verhalten ihres Stiefvaters sehr wohl zu unmittelbaren polizeilichen Handlungen geführt hat.

Der BF 1 ist es damit im Ergebnis nicht gelungen, substantiiert darzulegen, dass ihr der nigerianische Staat keinen wirksamen Schutz vor der von ihr behaupteten Verfolgung gewähren würde.

Bezüglich dem Fluchtvorbringen der BF 2 ist anzumerken, dass die drohende Genitalverstümmelung nicht glaubhaft dargelegt werden konnte. Dass Beschneidungen in Nigeria vorgenommen werden ist unbestritten. Betreffend die BF 2 konnte aber keine persönliche Bedrohung schlüssig dargestellt werden. Vorgebracht wurde, dass es in Nigeria eine Hexe gebe, eine alte Frau, die Kinder wegnehme und beschneide. Die BF 1 als gesetzliche Vertreterin der BF 2 konnte keine Details über besagte Frau nennen. Sie wisse weder den Namen noch den genauen Aufenthaltsort. Sie konnte lediglich angeben, dass die Frau in Nigeria lebe. Zudem ist auch ihre Familie, im Besonderen ihre Mutter, gegen eine Beschneidung und droht diese Gefahr nicht seitens ihrer Familie. Auch die weiteren Gründe, weshalb die BF 2 nicht nach Nigeria zurückkehren könne, stellen keine Asylrelevanz dar. Die Befürchtungen, dass es Mücken gebe und Infektionen verbreitet werden könnten, dass in ihrer Heimatgegend zu schnell mit dem Motorrad gefahren werde und vermehrt Unfälle passieren und dass ihr Onkel die Angewohnheit habe, kleine Kinder zu schlagen, stellen keine asylrelevanten Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde diese Fluchtvorbringen als nicht asylrelevant einstuft. Diesen Beurteilungen treten auch die Beschwerden in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht diesen Beweiswürdigungen vollinhaltlich an. Und sind damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden.

Da die Beschwerdeführerinnen in ihren Beschwerden den bekämpften Bescheiden nicht substantiiert entgegen traten und sich ihre Beschwerdebegründungen darin erschöpften, die Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in den Beschwerden geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführerinnen trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Trotz der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung der bekämpften Bescheide und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den in den bekämpften Bescheiden getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie unter Punkt II.2.3. bereits dargelegt, sind die Beschwerdeführerinnen in Nigeria keiner asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund waren die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkte II. der angefochtenen Bescheide):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fre

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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