TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/15 98/09/0184

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Veröffentlicht am 15.12.1999
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der I S in W, vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Clementinengassse 5 gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 24. April 1998, Zl. 10/13113/1769429, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 17. Februar 1998 beim Arbeitsmarktservice Angestellte Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für Z D, eine ungarische Staatsangehörige, für die berufliche Tätigkeit einer Verkäuferin in ihrer Trafik mit Standort in 1060 Wien, Stumpergasse 45. Als spezielle Kenntnisse wurden serbokroatische, kroatische und ungarische Sprachkenntnisse verlangt.

Das Arbeitsmarktservice Angestellte Wien forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. Februar 1998 auf, einen Nachweis über den unbedingten Bedarf an den von ihr geforderten besonderen Qualifikationen und das Vorhandensein dieser Qualifikation bei der beantragten Ausländerin zu erbringen.

Die Beschwerdeführerin teilte mit Schreiben vom 25. Februar 1998 auftragsgemäß mit, dass sich ihr Geschäft in unmittelbarer Nähe der Mariahilfer Straße und in unmittelbarer Nähe einiger gut frequentierter Hotels befinde, welche Gäste aus Ungarn und ehemaligen Jugoslawien beherbergen. Diese Hotelgäste kämen dann als Kunden zu ihr, um verschiedene Artikel, u.a. auch Straßenkarten, Fahrscheine, Fachzeitschriften und damit zusammenhängende Informationen zu beziehen. Sie selbst beherrsche die jeweilige Landessprache nicht. Die beantragte Ausländerin sei gebürtige Ungarin, in Ungarn aufgewachsen und deshalb der ungarischen Sprache mächtig (Muttersprache). Weiters sei sie vor ihrer Scheidung 10 Jahre mit einem Jugoslawen verheiratet gewesen und habe während ihrer Ehe jugoslawisch (serbokroatisch) gesprochen. Durch Verwandte sei sie auch der kroatischen Sprache mächtig. Außerdem spreche sie etwas rumänisch und slowakisch, sodass sie sich auch in diesen Sprachen verständigen könne. So eine Arbeitskraft benötige die Beschwerdeführerin in ihrem Geschäft, um dieses umsatzstärker führen zu können.

Die Behörde erster Instanz nahm eine Ersatzkraftstellung vor, die erfolglos verlief. In einer weiteren Stellungnahme vom 21. März 1998 verwies die Beschwerdeführerin darauf, sie wünsche eine weibliche Verkaufskraft und habe deshalb die ihr zugewiesenen männlichen Arbeitskräfte nicht aufgenommen. Von den zugewiesenen Damen seien die gewünschten Sprachkenntnisse nicht erfüllt worden.

Mit Bescheid vom 1. April 1998 wies das Arbeitsmarktservice Angestellte Wien den Antrag der Beschwerdeführerin vom 17. Februar 1998 gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ab.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes, der Rechtslage und der sachverhaltsmäßigen Grundlagen im Wesentlichen aus, die an den Arbeitsplatz gestellten Anforderungen müssen ihre Grundlage in der objektiven Notwendigkeit des Unternehmens finden. Die von der Beschwerdeführerin geforderten Sprachkenntnisse für die vorgesehene Verwendung als Verkäuferin in ihrer Tabak-Trafik im 6. Wiener Gemeindebezirk seien jedoch keinesfalls als sachlich gerechtfertigt anzusehen, selbst wenn ihre Kunden zum Teil aus Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien stammten. In Anbetracht dessen, dass sich die nach Wien reisenden Touristen aus Angehörigen einer Vielzahl von Nationen zusammensetzten, wobei jene aus Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien nur einen geringen Prozentsatz betrügen, würde dies, folge man ihrer Argumentation, die Kenntnisse von mehreren Fremdsprachen implizieren und sich keinesfalls auf ungarisch, kroatisch und serbokroatisch beschränken. Auch mit der Tatsache, dass sich die Tabak-Trafik der Beschwerdeführerin in 1060 Wien, Stumpergasse 45, befinde, sei "sicherlich keine maßgebliche Kumulation von ungarischen und jugoslawischen Kunden verbunden". Darüber hinaus sei von der Beschwerdeführerin kein Nachweis über die Qualifikation der beantragten Ausländerin für die beabsichtigte Verwendung als Verkäuferin sowie den von ihr als nötig erachteten Umgang mit dem Lottocomputer erbracht und das Beherrschen der geforderten Sprachen ebenfalls nur behauptet worden. Im Verfahren sei daher nicht zu Grunde zu legen, dass die gewünschte Ausländerin dem von ihr gestellten Anforderungsprofil gerecht werde, zumal für sie bereits in den Kalenderjahren 1997 und 1998 zwei Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit "Brötchenmacherin" eingebracht und im Zuge eines Berufungsverfahrens ihre Kenntnisse in der "Sandwichherstellung" hervorgehoben worden seien. Außerdem besitze die Beschwerdeführerin einen Gewerbeschein für ihre Trafik, weshalb das nunmehrige Erfordernis der Beschäftigung einer Verkäuferin mit den von ihr dargelegten Sprachkenntnissen nicht zu erkennen sei. Auch wenn die beantragte Ausländerin auf Grund ihrer Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet dem bevorzugten Kreis der in § 4b Abs. 1 Z. 4 lit. b AuslBG bezeichneten Personenkreis zugeordnet werden könne, sei ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt entsprechend der im § 4b AuslBG aufgezählten Reihenfolge durchzuführen. Eine Überprüfung der Lage auf dem relevanten Arbeitsmarkt habe ergeben, dass derzeit für die beantragte Beschäftigung eine Ersatzkraftstellung mit geeigneten Personen, die beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt seien und für eine solche in Betracht kämen und einen höheren Integrationsgrad als die beantragte Ausländerin genössen, durchaus realisierbar sei. Da das von der Beschwerdeführerin gestellte Anforderungsprofil keine Rechtfertigung im Unternehmensgegenstand finde und auch die Qualifikation der gewünschten Ausländerin für diese Tätigkeit als Verkäuferin nicht belegt worden sei und auch der Wunsch der Beschwerdeführerin an der Beschäftigung einer weiblichen Arbeitskraft unbegründet bleibe, hingegen bevorzugte Personen beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt seien, sei gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG die Zulässigkeit zur Erteilung der gegenständlichen Beschäftigungsbewilligung in Hinblick auf Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht gegeben. Im Übrigen dürfe gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nach Überschreiten der Landeshöchstzahlen nur erteilt werden, wenn der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG genannten oder einen von der Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht werde, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 3 AuslBG vorlägen und der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet habe, oder die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen notwendig sei oder überbetriebliche Gesamtwirtschaftsinteressen die Beschäftigung des Ausländers erforderten oder die Voraussetzungen des § 18 gegeben seien oder die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen solle. Für das Kalenderjahr 1998 sei die Landeshöchstzahl mit 81.000 mit Verordnung vom 28. November 1997, BGBl. Nr. 356/1997 festgesetzt worden. Diese sei seit Beginn des Kalenderjahres 1998 bei weitem überschritten, derzeit zählten 86.473 Ausländer auf diese Höchstzahl, was eine Überschreitung derselben von 6,8 % bedeute. Da es sich also um keine Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes1997 oder des § 18 AuslBG handle, auch eine Notwendigkeit der Beschäftigung der Ausländerin aus besonders wichtigen Gründen oder das Erfordernis von überbetrieblichen gesamtwirtschaftlichen Interessen für die Beschäftigung der beantragten Ausländerin gegeben seien, könne allein schon durch die Überschreitung der Landeshöchstzahl nach § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG die beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, allein wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe würde die Abweisung der Beschwerde rechtfertigen.

Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, es müsse doch ihrem geschäftlichen Kalkül überlassen bleiben, wie ihr Geschäft zu führen sei und welche Anforderungen sie an ihre Mitarbeiter stelle, um den Umsatz zu steigern. Es entbehre auch jeder Grundlage, wenn die belangte Behörde die Qualifikation der beantragten Ausländerin anzweifle. Auch gehe aus dem angefochtenen Bescheid der tatsächliche Integrationsgrad der zugewiesenen Ersatzkräfte nicht hervor.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im Allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG muss auf Grund eines ordnungsgemässen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung die Bewilligung konkret beantragt wurde und ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung des für sie in Aussicht genommenen Ausländers zulässt, was erst dann der Fall ist, wenn nicht feststeht, ob für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer in der Reihenfolge nach § 4b AuslBG zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gesetzlichen (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Es ist aber nichts desto trotz das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die bei einer Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu Grunde zu legen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 1998, Zl. 96/09/0110, und die darin angegebene Judikatur).

Zu den danach relevanten Fragen hat die belangte Behörde ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Eine Ablehnung jeglicher Ersatzkraft von vornherein hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin nicht unterstellt. Sie hat aber ihre Entscheidung auf die oben bereits dargelegte Reihenfolge gegründet, indem sie das Vorhandensein geeigneter und der beantragten Ausländerin in der Reihenfolge vorangehender Ersatzkräfte im Sinne des § 4b AuslBG bejahte. Es ist der Beschwerdeführerin zwar zuzugeben, dass die Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auch auf in der Aktenlage nicht begründete Zweifel an der vorhandenen Qualifikation der beantragten Ausländerin für den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz hinausläuft, wenn sie feststellt:

"Darüber hinaus ist von der Beschwerdeführerin kein Nachweis über die Qualifikation der beantragten Ausländerin für die beabsichtigte Verwendung als Verkäuferin sowie den von ihr als nötig erachteten Umgang mit dem Lottocomputer erbracht und das Beherrschen der geforderten Sprachen ebenfalls nur behauptet worden. Im Verfahren ist daher nicht zu Grunde zu legen, dass die gewünschte Ausländerin dem von ihr gestellten Anforderungsprofil gerecht wird".

Als nicht tragfähiges Argument erweist sich auch der von der belangten Behörde aufgezeigte Umstand, dass die vorangegangenen zwei Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin als "Brötchenmacherin" erfolgt waren, da Sprachkenntnisse und die Befähigung zur Herstellung von Sandwiches einander nicht notwendigerweise ausschließen.

Diese Unschlüssigkeiten erweisen sich aber als nicht entscheidungswesentlich. Die Beschwerdeführerin hat nämlich in dem von der Verwaltungsbehörde durchgeführten Zwischenverfahren nicht in ausreichender Weise dargelegt, aus welchen objektiven Gründen sie vermeint, die von ihr im Antrag genannten Qualifikationen bzw. besonderen Kenntnisse fordern zu müssen. Die örtliche Lage ihrer Trafik und ein potentieller Kundenkreis reichen zur Darstellung zwingender geschäftlicher Interessen an eben den im Beschwerdefall geforderten Qualifikationen nicht aus. Derartige Anforderungen an die zu erbringende Qualifikation (drei Fremdsprachen) stünden mit dem zu erwartenden Erfolg (Umsatzsteigerung) in keinem ausreichend erkennbaren Zusammenhang mehr. Zwar soll es jedem Unternehmer grundsätzlich frei gestellt bleiben, Anforderungen an seine Angestellten zu stellen, die seinem subjektiven geschäftlichen Kalkül entsprechen, doch kann dies im Rahmen der Ausländerbeschäftigung nicht in uneingeschränktem Maße gelten. Wird daher ein ausländischer Arbeitnehmer für einen bestimmten Arbeitsplatz gewünscht, müssen beide potentiellen Vertragspartner ihre Anforderungsprofile den gesetzlichen Kriterien des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anpassen.

Da in der Beurteilung der belangten Behörde, das von der Beschwerdeführerin gestellte Anforderungsprofil finde in dem Unternehmensgegenstand keine Rechtfertigung, kein Rechtsirrtum erblickt werden kann, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf den Abweisungsgrund des § 4 Abs. 6 AuslBG noch eingegangen werden muss.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998090184.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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