TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/7 W169 2116114-1

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Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W169 2116114-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.01.2011, Zl. 10 11.015-EAST Ost, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.05.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird aufgehoben. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF. wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.01.2009 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.03.2009, Zl. 09 00.488-EAST-Ost, gemäß §§ 5,10 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz Rumänien zuständig sei. Zudem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen.

Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.04.2009, Zl. S4 405.450/2009/2E, als unbegründet abgewiesen.

2. Anschließend reiste der Beschwerdeführer nach Italien, wo er sich ca. eineinhalb Jahre aufhielt. Im September/Oktober 2010 reiste der Beschwerdeführer abermals illegal in das österreichische Bundegebiet ein und stellte am 23.11.2010 seinen zweiten, den gegenständlichen Antrag, auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.11.2010 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Haryana stamme und die Sprachen Hindi und etwas Englisch beherrsche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer insgesamt 12 Jahre die Schule besucht und danach eine neunmonatige Ausbildung zum Polizisten absolviert. Zuletzt habe er als Landwirt gearbeitet. In Indien würden die Mutter, ein Bruder sowie zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben; sein Vater und ein Bruder seien bereits verstorben. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er in Indien seinen Dienst als Polizist am 30.11.2000 angetreten habe. Im Jahr 2004 hätten die Regierungswahlen stattgefunden, wobei die Kongress Partei gewonnen habe. Da der Beschwerdeführer Anhänger der "Ekta Shakti" Partei gewesen sei, sei er entlassen worden. Danach habe er in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet; die Kongresspartei habe ihn aber nicht in Ruhe gelassen. Auch hätte ihn die Polizei aufgrund falscher Anzeigen festgenommen und hätten ihn Anhänger der Kongresspartei mit dem Umbringen bedroht.

3. Im Rahmen der Befragung vor dem Bundesasylamt am 17.12.2010 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, warum er im Mai 2009 untergetaucht sei, an, dass er damals einen negativen Bescheid erhalten und Österreich nach Italien verlassen habe, wo er bis Ende Oktober verlieben sei. Ihm sei gesagt worden, dass er noch einmal um Asyl ansuchen könne, wenn er mindestens ein halbes Jahr weggehen würde, weshalb er schließlich nach Österreich zurückgekehrt sei. Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte der Beschwerdeführer Probleme mit der Polizei zu bekommen, weil es eine Anzeige gegen ihn gebe. Aufgrund seiner Parteizugehörigkeit habe er Probleme mit der Kongresspartei gehabt. Auf Druck der Kongresspartei sei er am 20.09.2004 vom Polizeidienst entlassen und später beschuldigt worden, einen Diebstahl und einen Raubüberfall begangen zu haben. So hätte ihn die Polizei im Jahr 2007 festgenommen und des Diebstahls beschuldigt und sei die Anzeige in der Polizeistation Pondri erstattet worden. Nach den behaupteten Schwierigkeiten nach seiner Entlassung genauer befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass ihn die Anhänger der Kongresspartei aus seinem Dorf "ständig" mit dem Umbringen bedroht hätten. Er sei nicht in einen anderen Landesteil Indiens ausgewichen, da seine Familie beschlossen habe, dass er Indien verlasse. Er habe Indien schließlich im November 2008 legal mit seinem Reisepass verlassen.

4. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt am 20.12.2010 legte der Beschwerdeführer eingangs seiner Befragung eine eidesstattliche Erklärung vom 18.12.2010, einen Polizeiausweis sowie eine Entlassungsbescheinigung der Polizei in Kopie vor. Die Leute der Kongresspartei hätten damals zu seinem Bruder gesagt, dass der Beschwerdeführer der Kongresspartei beitreten solle, um bei der Polizei befördert zu werden. Der Beschwerdeführer habe das jedoch nicht gewollt und sei deshalb entlassen worden. Nachgefragt führte der Beschwerdeführer an, dass ihm sein Polizeiausweis nicht abgenommen worden sei. Aus der eidesstattlichen Erklärung sei auch ersichtlich, dass sein Bruder geschlagen und der Beschwerdeführer des Raubes und des Diebstahls beschuldigt worden sei. Aufgrund von Misshandlungen sei ein Bruder des Beschwerdeführers im Jahr 2008 gestorben und habe der Beschwerdeführer Angst gehabt, dass ihm dasselbe passiere. Auf die Frage, weshalb in Indien keine Gefahr für seine zwei Schwestern und seinen anderen Bruder bestehe, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass seine Schwestern schon verheiratet seien; sein Bruder arbeite in der Landwirtschaft und sei Analphabet. Sein verstorbener Bruder und er seien "am meisten gefährdet" gewesen. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer weiters an, dass er ungehindert habe ausreisen können bzw. von der Polizeianhaltung im Jahr 2007 problemlos - nach Intervention von Dorfangehörigen - entlassen worden sei, weil die Polizei nichts habe beweisen können.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft seien. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr sei nicht gegeben und stelle die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet keinen unzulässigen Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und trat den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesasylamtes substantiiert entgegen.

7. Am 23.05.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen hat. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen und seinen Integrationsbemühungen in Österreich befragt (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 16Z).

8. Mit Eingabe vom 05.06.2018 legte der Beschwerdeführer seinen Mitgliedsausweis beim Wiener Roten Kreuz, die E-Card, Honorarnoten für die Jahre 2013 bis 2018 sowie ein Unterstützungsschreiben vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Haryana und gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprache Hindi und Englisch. Im Herkunftsstaat besuchte er 10 Jahre die Schule und arbeitete danach bis zur Ausreise in der elterlichen Landwirtschaft. Im Oktober/November 2008 verließ der Beschwerdeführer sein Heimatland legal, unter Verwendung seines eigenen Reisepasses. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Indien einige Jahre als Polizist gearbeitet hat, aufgrund seiner politischen Einstellung entlassen wurde, bzw. von den Anhängern der Kongresspartei verfolgt bzw. von der Polizei zu Unrecht angezeigt wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer arbeitet in Österreich seit 2011 als Zeitungszusteller, wobei er monatlich ungefähr 650,- bis 700,- Euro verdient. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er spricht nicht Deutsch und hat noch nie einen Deutschkurs besucht. Er hat keine Verwandten im Bundesgebiet und lebt auch nicht in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft. Der Beschwerdeführer ist Mitglied beim Roten Kreuz. Er hat indische und österreichische Freunde im Bundesgebiet. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor die Mutter und zwei Schwestern des Beschwerdeführers, zu denen er in Kontakt steht, sowie ein Onkel väterlicherseits. Der Vater des Beschwerdeführers sowie seine beiden Brüder sind bereits verstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers bezieht eine Witwenpension. Sie wohnt im Haus einer ihrer verheirateten Töchter. Der Onkel väterlicherseits kümmert sich um die Landwirtschaft der Familie des Beschwerdeführers. Auch das Elternhaus des Beschwerdeführers gibt es noch. Der Beschwerdeführer steht im erwerbsfähigem Alter und ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

-

UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

Dokumente

Echtheit der Dokumente

Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist leicht. Gegen entsprechende Zahlungen sind viele Dokumente zu erhalten. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größeren Aufwand zu ändern. Angesichts der Unzuverlässigkeit des Urkundenwesens werden indische öffentliche Urkunden seit dem Jahr 2000 von den deutschen Auslandsvertretungen nicht mehr legalisiert (AA 16.8.2016).

Echte Dokumente unwahren Inhalts

Echte Dokumente unwahren Inhalts sind problemlos (gegen entsprechende Zahlungen oder als Gefälligkeit) erhältlich. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich dabei um echte Urkunden falschen Inhalts, bei Gerichtsentscheidungen (z.B. Scheidung, Sorge) um echte Urteile, die jedoch aufgrund erfundener Sachverhalte und ohne Einhaltung grundlegender Verfahrenserfordernisse (rechtliches Gehör, Interessenabwägung, Begründung) ergehen (AA 16.8.2016).

Zugang zu gefälschten Dokumenten

Der deutschen Botschaft New Delhi werden im Rahmen laufender Asylverfahren nur sehr selten Unterlagen zur Überprüfung vorgelegt. In der Vergangenheit haben sich Dokumente im Zusammenhang mit Strafsachen und Fahndung sowie dazugehörige Eidesstattliche Versicherungen (affidavits) auch als falsch oder gefälscht herausgestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Vorgelegte Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung häufig als gefälscht heraus. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben häufig, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen hat, Zeitungen zustellt, wobei er monatlich 650,- bis 700,- Euro verdient, bisher noch keinen Deutschkurs besucht hat, nicht Deutsch spricht, Freunde im Bundesgebiet hat, und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahmen durch das Bundesasylamt am 17.12.2010 und am 20.12.2010 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.05.2018 sowie den im Verfahren vorgelegten Unterlagen. Dass der Beschwerdeführer Mitglied beim Roten Kreuz ist, ergibt sich aus dem in Vorlage gebrachten Mitgliedsausweis.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch Mitglieder der Kongress Partei ist nicht glaubhaft, zumal seine diesbezüglichen Angaben einerseits widersprüchlich und logisch nicht nachvollziehbar waren, sowie andererseits auch als wenig konkret und detailliert zu qualifizieren sind.

So gab der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt an, dass er - nachdem die Kongresspartei die Regierungswahlen gewonnen hätte - seine Arbeit verloren habe (er sei Polizist gewesen), da er Anhänger der "Ekta Shakti" Polizei gewesen sei. Überdies sei er zu Unrecht beschuldigt worden, einen Diebstahl und Raubüberfall begangen zu haben, weshalb er im Jahr 2007 festgenommen und eine Anzeige gegen ihn erstattet worden sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.05.2018 beschränkten sich die diesbezüglichen Schilderungen des Beschwerdeführers jedoch im Widerspruch zum bisher Gesagten auf nur sehr allgemein gehaltene Aussagen. Mehrmals gefragt, weshalb er Indien verlassen habe bzw. welche konkreten Probleme er in Indien gehabt habe, führte er lediglich allgemein an, dass sein Bruder Streitereien mit den Angehörigen der Kongresspartei gehabt habe und der Beschwerdeführer "im Dorf schikaniert" worden sei. Auch nach konkreten Problemen mit den Behörden befragt, führte er nur an, dass er im Jahr 2004 als Polizist entlassen worden sei und wiederholte sein bisheriges allgemeines Vorbringen, wonach er von den Mitgliedern der neuen Regierung schikaniert worden sei. Eine polizeiliche Anzeige und eine falsche Anschuldigung wegen eines Diebstahles bzw. Raubes - wie bei der Erstbefragung oder vor dem Bundesasylamt angegeben - erwähnte der Beschwerdeführer jedoch mit keinem Wort mehr.

Zudem gestalteten sich die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu den behaupteten, gegen ihn gerichteten "Schikanen" durch seine politischen Gegner nur sehr vage. So führte der Beschwerdeführer, aufgefordert diese zu konkretisieren, nur an, dass es immer Streit gegeben habe zwischen seinem Bruder und den Anhängern der Kongresspartei und da er ihn immer begleitet habe, sei der Beschwerdeführer ebenfalls verprügelt worden. Nochmals danach gefragt, was konkret vorgefallen sei, wiederholte der Beschwerdeführer seine vagen Ausführungen, wonach es wegen der politischen Gesinnung seines Bruders immer Streit gegeben habe und dieser aufgrund des Stresses an einem Herzinfarkt gestorben sei. Erneut danach gefragt, wie der Beschwerdeführer von den Mitgliedern der neuen Regierung "schikaniert" worden sei, gab er nur lapidar an:

"Die Schikane war, dass ich entlassen wurde. Im Dorf gab es immer wieder Streitereien wegen unserer politischen Gesinnung zur gegnerischen Partei.". Eine konkrete Antwort und Details zu seinen Verfolgern blieb der Beschwerdeführer somit stets schuldig. Weiters danach gefragt, ob es ein fluchtauslösendes Ereignis gegeben habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass er nach dem Tod seines Bruders zur "Hauptzielscheibe der Schikanen" geworden sei, weshalb seine Mutter und sein Onkel entschieden hätten, dass er das Land verlassen müsse. Aufgefordert näher zu erklären, warum bzw. wie er die "Hauptzielscheibe der Schikanen" gewesen sei führte der Beschwerdeführer aber erneut nur oberflächlich und detailarm an, dass er, wenn er das Haus verlassen habe, um etwas zu erledigen, attackiert worden sei. Dies sei zwei oder drei Mal im Monat passiert. Wie diese Attacken konkret ausgesehen haben, wann diese sich ereignet haben bzw. von wem er attackiert wurde, hat der Beschwerdeführer jedoch nicht dargelegt.

Auch die im Verfahren vorgelegte eidesstattlichen Erklärung seiner Mutter, seine Entlassungsbescheinigung der Polizei bzw. sein Polizeiausweises vermögen das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht zu untermauern, zumal diese lediglich in Kopie vorgelegt wurden und der Beschwerdeführer bis jetzt keine diesbezüglichen Originale vorgelegt hat, obwohl er bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 20.12.2010 angab, dass die Originale mit der Post kommen würden.

Darüberhinaus würde sich auch bei Wahrunterstellung der Bedrohungsbehauptungen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die Lage in seinem Herkunftsstaat daraus keine ernsthafte Bedrohungssituation für den Beschwerdeführer ableiten lassen. Aus den Länderberichten ergibt sich deutlich, dass in Indien volle Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. Es kann grundsätzlich örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungshandlungen durch Übersiedelung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Weiters gibt es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Staatsbürger und diese besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass diese Person ihre Identität verbergen muss. Der Beschwerdeführer würde daher auch bei Zugrundelegung seiner Angaben über eine Bedrohungssituation die Möglichkeit haben, vor einer Verfolgung von dieser Seite durch Niederlassung außerhalb seiner Herkunftsregion Sicherheit zu finden. Dies erscheint für den Beschwerdeführer aufgrund seiner Sprachkenntnisse in Hindi und Englisch, seiner Ausbildung und Arbeitserfahrung zumutbar, zumal er seinen Lebensunterhalt auch durch Gelegenheitsarbeiten, in der Landwirtschaft und die finanzielle Unterstützung seiner in Indien lebenden Familie sichern könnte.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Den Länderberichten wurde vom Beschwerdeführer weder in den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt, noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 1. Jänner 2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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