TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/13 W220 2009587-1

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Veröffentlicht am 13.08.2018
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Entscheidungsdatum

13.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs3

Spruch

W220 2009587-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nepal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2014, Zl. 520210403-14583120, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein nepalesischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.05.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2010, Zl. 10 04.062-BAW, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nepal ausgewiesen.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.01.2012, Zl. C9 415134-1/2010/2E, als unbegründet abgewiesen.

2. Am 22.02.2012 wurde der Beschwerdeführer durch die BPD Wien niederschriftlich einvernommen, wobei ihm vorgehalten wurde, dass er trotz einer rechtskräftigen Ausweisung gegen ihn das Bundesgebiet nicht verlassen habe und gab er an, davon in Kenntnis zu sein. Der Beschwerdeführer gab an, sich über das freiwillige Verlassen Österreichs noch keine Gedanken gemacht zu haben und erklärte seine Bereitschaft, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen. Der Beschwerdeführer gab an, kein Reisedokument zu haben und wurde aufgefordert, ein Formblatt zur Erlangung eines Heimreisedokuments auszufüllen. Im Folgenden wurde ein solches ausgefüllt und geht aus diesem unter anderem hervor, dass die Ehegattin, die beiden Kinder, sechs Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers am Heimatort des Beschwerdeführers leben.

3. Am 13.03.2012 wurde von der BPD um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der Botschaft von Nepal in Berlin angesucht. Am 31.07.2012 und am 03.01.2013 wurde selbiges urgiert.

4. Am 10.11.2013 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46 a FPG. Dieser wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer im fremdenpolizeilichen Verfahren mitgewirkt und allen Ladungen Folge geleistet habe. Dem Beschwerdeführer sei eine Ausreise rechtlich und tatsächlich nicht möglich. Die Hinderungsgründe würden nicht in seinem Einflussbereich liegen. Er habe einen ordentlichen Wohnsitz und würde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren nicht entziehen.

5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.05.2014 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abzuweisen, dies aufgrund mangelnder Mitwirkung bei der Klärung seiner Identität und der Beschaffung eines Reisedokuments. Zudem wurde ihm ein Fragenkatalog zu seiner Lebenssituation in Österreich übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

6. Am 21.05.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin wurde ausgeführt, dass er über keine Identitätsnachweise mehr verfüge, weil er als Flüchtling nach Österreich gekommen sei und über keine ausreichenden Kontakte mehr verfüge, die ihm ermöglichen würden, solche zu besorgen. Die Vorsprache bei der nepalesischen Botschaft sei nicht möglich, da es eine solche in Österreich nicht gebe und eine Ausreise nach Deutschland nicht erlaubt sei. Die Abweisung des Antrags sei daher nicht verständlich, da der Beschwerdeführer sämtlichen Aufforderungen, seine persönlichen Daten anzugeben, und damit seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei. Er habe stets vollständige und wahrheitsgemäße Angaben über seine Identität gemacht, sodass die erforderliche Mitwirkung gegeben sei. Die Nichtausstellung eines Heimreisezertifikats sei ihm nicht zuzurechnen.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46 a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 FPG gemäß § 46 a Abs. 1 b FPG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar sei, eigenständig mit seiner Vertretungsbehörde durch persönliche Vorsprache, auf elektronischem (z.B. via Internet) oder postalischem Weg Kontakt aufzunehmen. Ebenso sei es ihm zumutbar, dass er mit seiner Familie in Nepal Kontakt aufnehme, um sich Dokumente oder Unterlagen (z.B. Auszug aus dem Familienbuch) und Urkunden schicken zu lassen, um damit die Klärung seiner Identität und die Ausstellung eines Reisedokumentes zu erreichen. Die Behörde sei der Ansicht, dass dem Beschwerdeführer bei Vorlage seines nepalesischen Führerscheins bei der Vertretungsbehörde ein Reisepass ausgestellt worden wäre, wenn er sich darum bemüht hätte. Vorgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer einige Familienangehörige angegeben habe, die in Nepal lebten. Dass er nicht in der Lage gewesen sei, eine dieser Personen zu kontaktieren, sei weder nachvollziehbar noch glaubwürdig. Dass die Abschiebung bislang nicht durchgeführt werden habe können, liege im Einflussbereich des Beschwerdeführers, sodass die Ausstellung einer Karte für Geduldete nicht in Betracht gekommen sei.

8. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer stets richtige Angaben zu seiner Identität gemacht habe. Wenn die nepalesischen Behörden seine Identität nicht bestätigen könnten, dann sei das deren Schuld und nicht seine. Die Schlussfolgerung, dass die Nichtausstellung eines Heimreisezertifikats jedenfalls dem Beschwerdeführer anzurechnen sei, sei daher unrichtig. Es würde noch eine Vielzahl anderer Gründe, die dafür verantwortlich seien, bestehen, die ihm nicht anzulasten seien. Dies, zumal es in Österreich keine nepalesische Botschaft gebe. Wenn trotz korrekter Angaben des Beschwerdeführers und seiner Kooperation mit den Behörden kein Reisedokument erlangt werden könne, so treffe ihn daran keine Schuld. Aus den vergeblichen Bemühungen der Behörde um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats ergebe sich, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers tatsächlich unmöglich sei. Es sei unklar, inwiefern der Beschwerdeführer in seinem Bemühen um einen Reisepass Erfolg haben sollte, wenn sogar die österreichische Polizei daran scheitere.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der unter I. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

Festgestellt wird weiters, dass sich der Beschwerdeführer nicht an die Nepalesische Botschaft gewandt und nicht um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hat. Der Beschwerdeführer hat sich auch nicht an seine in Nepal lebenden, zahlreichen Familienmitglieder gewandt, um auf diesem Weg Dokumente, die seine Identität bezeugen, zu erlangen.

2. Beweiswürdigung

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers.

Es ergibt sich unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer weder mit der Nepalesischen Botschaft noch mit seinen Familienangehörigen in Kontakt trat, um einen Reisepass bzw. Dokumente, die er für die Ausstellung desselben benötigen würde, zu erhalten. Dass zahlreiche Familienmitglieder des Beschwerdeführers in Nepal leben, ergibt sich unstrittig aus seinen Angaben vor der belangten Behörde.

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zum Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

Der mit "Duldung" überschriebene § 46a FPG idgF lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

...

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

...

(2) ...

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzdokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Heimreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

..."

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat gemäß § 46 Abs. 2 FPG - vorbehaltlich des Abs.

2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem

ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

Das Gesetz setzt es somit als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer mit der Nepalesischen Botschaft in Berlin keinen Kontakt zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg aufgenommen. Auch hat er gar nicht behauptet und keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er mit seiner Familie in Nepal Kontakt aufgenommen hätte, um sich entsprechende Dokumente und Unterlagen, die für die Ausstellung eine solchen nötig wären, auf postalischem Wege schicken zu lassen, bzw. hat er im Verfahren auch nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es ihm nicht möglich gewesen wäre, sich entsprechende Dokumente aus Nepal zu beschaffen. Auch trat die Beschwerde der Festhaltung der belangten Behörde, dass es weder nachvollziehbar noch glaubhaft sei, dass er keinen seiner Familienangehörigen kontaktieren könne, nicht entgegen.

Da der Beschwerdeführer sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen und er offensichtlich auch keine Anstrengungen unternommen hat, mit seiner Familie in Nepal Kontakt aufzunehmen, um sich entsprechende Unterlagen schicken zu lassen - was insofern kausal ist, als dadurch die Identität des Beschwerdeführers urkundlich belegt werden könnte und dies sowohl für die Erlangung eines Reise- wie auch eines Ersatzreisedokuments notwendig wäre - war die Beschwerde, da die Abschiebung aus von ihm zu vertretenden Gründen unmöglich erscheint, als unbegründet abzuweisen.

Unbeschadet dessen wird der Argumentation, dass der Beschwerdeführer seinen Führerschein nicht beigebracht hätte, mangels Hinweises auf die Existenz eines solchen nicht gefolgt.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

Zum Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sondern ausschließlich tatsachenlastig ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar.

Schlagworte

Duldung, Identität, Mitwirkungspflicht, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W220.2009587.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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