Entscheidungsdatum
14.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W250 2203203-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Tunesien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Tunesiens, reiste spätestens im Juni 2013 unrechtmäßig nach Österreich ein und tauchte unter. Am 14.06.2014 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 14.06.2014 fand die Erstbefragung auf Grund dieses Antrages statt. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er Tunesien im Jahr 2011 mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern legal mit einem Reisepass verlassen habe und mit einem gültigen Visum nach Italien eingereist sei. Anfangs habe er sich mit einem Aufenthaltstitel in Italien aufgehalten, danach sei sein Aufenthalt illegal geworden. Da er Probleme mit der Familie seiner Ehefrau gehabt habe, sei er vor ca. einem Jahr mit dem Zug nach Österreich eingereist. Seine Ehefrau sei vor etwa sechs Monaten nach Italien zurückgekehrt, sie wolle sich scheiden lassen. Seinen Reisepass habe er entweder verloren oder seine Ehefrau habe ihn mitgenommen. Seinen Asylantrag habe er nur gestellt, um aus der Schubhaft entlassen zu werden. Außerdem habe er Angst vor den Brüdern seiner Ehefrau in Italien.
Am 25.06.2014 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) im Asylverfahren befragt. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er von seiner Ehefrau in Italien geschieden worden sei, weshalb er dort keinen Aufenthaltstitel mehr habe. Er verfüge über keine Dokumente, keine Barmittel und kein Vermögen. Verwandte befänden sich in Österreich nicht. Zu Tunesien habe er keine Fluchtgründe, er könne dort jedoch wirtschaftlich nicht überleben, weshalb er nicht freiwillig nach Tunesien zurückgehen werde.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.06.2014 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Tunesien zulässig ist.
Am 17.07.2014 erhob der BF gegen diesen Bescheid Beschwerde.
2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 31.05.2016 wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall Strafgesetzbuch, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 15 Strafgesetzbuch und § 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall Suchtmittelgesetz und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 erster und zweiter Fall und § 27 Abs. 2 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dieses Urteil ist am 03.11.2016 in Rechtskraft erwachsen.
Dieser Verurteilung lagen Taten zu Grunde, die der BF im Zeitraum Juni 2012 bis 16.03.2014, 18.03.2014 bis 25.05.2015, am 25.05.2015 und am 22.02.2016 begangen hatte.
Der BF befand sich von 22.02.2016 bis 22.06.2018 in (Straf-)Haft.
3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2016 wurde die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 30.06.2014 abgewiesen.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist. Gleichzeitig wurde ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 23.05.2018 Beschwerde.
5. Am 25.04.2018 leitete das Bundesamt ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein. Die Zustimmung für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde von der tunesischen Vertretungsbehörde am XXXX erteilt.
6. Am 15.05.2018 stellte der BF einen Asyl-Folgeantrag. Die Erstbefragung dazu fand am 22.05.2018 statt. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass seine Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern in Italien lebe. Er werde von seiner Familie in Italien sowie seinem Cousin in Österreich unterstützt. Er wolle in Österreich bleiben und könne aus näher beschriebenen Gründen nicht nach Tunesien zurückkehren. In Italien habe er keine Probleme.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.06.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, die Zustellung des Bescheides an den BF erfolgte am 12.06.2018. Dieser Bescheid ist am 11.07.2018 in Rechtskraft erwachsen.
7. Am 05.06.2018 wurde dem BF die Ladung des Bundesverwaltungsgerichtes zu einer mündlichen Verhandlung auf Grund seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 zugestellt. Die Verhandlung wurde für den 26.06.2018 anberaumt.
8. Auf Grund des Beschlusses eines Landesgerichtes vom 07.05.2018 wurde der BF am 22.06.2018 vorzeitig unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen.
9. Am 26.06.2018 fand beim Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung auf Grund der Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 statt. Der BF erschien zu dieser Verhandlung unentschuldigt nicht. Die in der Verhandlung anwesende Vertreterin der Rechtsvertreterin des BF teilte im Zuge der Verhandlung mit, dass die Rechtsvertreterin die Vollmacht für den BF zurückgelegt hat.
Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 26.06.2018 wurde die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 abgewiesen. Da der konkrete Aufenthaltsort bzw. die Abgabestelle des BF nicht bekannt war und nach Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister sowie in das Grundversorgungs-Informationssystem nicht ohne Schwierigkeiten ermittelt werden konnte, wurde die Verhandlungsschrift des Bundesverwaltungsgerichtes dem BF durch Hinterlegung ohne weiteren Zustellversuch am 26.07.2018 zugestellt.
10. Am 05.07.2018 wurde vom Bundesamt gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG ein den BF betreffender Festnahmeauftrag erlassen.
11. Am 01.08.2018 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Begehung des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz betreten, gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und dem Bundesamt zur Einvernahme vorgeführt.
12. Am 02.08.2018 wurde der BF vom Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er gesund sei und eine aktuelle Aufenthaltsberechtigung in Italien habe. Er wolle nicht nach Tunesien zurückkehren, wenn er nach Tunesien abgeschoben werde, werde er etwas Schreckliches machen. Er wohne an einer von ihm genannten Adresse bei zwei Freunden, dort sei er auch gemeldet. Er befinde sich seit 2013 in Österreich und finanziere sich seinen Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit bei einem Friseur und am Bau. An Barmittel besitze er € 40,--. Seine Familie lebe in Florenz und in Mailand, in Österreich befänden sich zwei Cousins väterlicherseits.
13. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG Fluchtgefahr vorliege. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist und halte sich illegal in Österreich auf. Er besitze zwar einen Reisepass, habe diesen jedoch im Verfahren nicht vorgelegt. Zwei Asylverfahren seien negativ entschieden worden, zudem liege eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Der BF habe alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Er sei massiv straffällig geworden und sei ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen worden. Nach seiner Haftentlassung sei der BF untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar gewesen. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der BF in Freiheit belassen seine Abschiebung abwarten werde, sondern neuerlich untertauchen werde.
Die Entscheidung sei verhältnismäßig, da dem BF bewusst gewesen sei, dass er sich illegal in Österreich aufhalte. Sein Hauptinteresse liege nur daran, in Europa zu verbleiben. Er sei nicht vertrauenswürdig und werde alles tun, um nicht abgeschoben zu werden und untertauchen zu können.
Zu berücksichtigen sei auch die strafgerichtliche Verurteilung des BF sowie seine Aussage, dass er sich seinen Aufenthalt in Österreich durch Schwarzarbeit finanziere.
Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels könne nicht das Auslangen gefunden werden, da auf Grund der Lebenssituation sowie des bisherigen Verhaltens des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens bestehe, das eine Verfahrensführung, während der sich der BF in Freiheit befinde, ausschließe.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 02.08.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt.
14. Am 09.08.2018 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 02.08.2018 und führte im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde die Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet habe. So sei die Fluchtgefahr damit begründet worden, dass sich der BF den bisherigen Verfahren durch mutwillig gestellte neuerliche Asylverfahren entzogen habe. Inwiefern sich der BF dadurch den Verfahren entziehen habe wollen, werde jedoch nicht begründet und sei auch nicht nachvollziehbar, da der BF mit der Stellung neuer Asylanträge den Kontakt zur Behörde gesucht habe. Es liege daher darin kein taugliches Argument für die Begründung von Fluchtgefahr.
Unrichtig sei auch, dass der BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft für die Behörde nicht greifbar gewesen sei. Er sei wieder an seine ehemalige Meldeadresse zurückgekehrt, von seiner Abmeldung habe er nichts gewusst. Aus diesem Verhalten sei keine Fluchtgefahr abzuleiten und sei es für die belangte Behörde ohne weiteres möglich und sogar naheliegend gewesen, an dieser Adresse Nachschau zu halten. Der BF habe nie die Absicht gehabt, sich seinem Verfahren zu entziehen.
Auch der von der belangten Behörde herangezogene Umstand, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe, reiche für eine Begründung der Fluchtgefahr nicht aus. Der BF bestreite, dass er am Verfahren nicht mitgewirkt habe, indem er zu einer mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erschienen sei. Er habe den zuständigen Referenten informiert, dass er auf Grund einer Erkrankung den anberaumten Termin nicht wahrnehmen könne.
Die belangte Behörde stütze sich auch auf die fehlende soziale Verankerung des BF in Österreich. Diese stelle aber für sich alleine keinen besonderen Umstand dar, der ein nur durch Schubhaft abzudeckendes Sicherungsbedürfnis begründe. Außerdem verfüge der BF über zwei Cousins in Österreich.
Der angefochtene Bescheid leide daher an einem wesentlichen Begründungsmangel, der zu seiner Rechtswidrigkeit führe.
Selbst bei Vorliegen von Fluchtgefahr sei die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein gelinderes Mittel anzuordnen. Der BF habe nie die Absicht gehabt, sich dem Verfahren zu entziehen und sei bereit, sich weiterhin an seiner ehemaligen Meldeadresse aufzuhalten. Auch einer periodischen Meldeverpflichtung oder einer angeordneten Unterkunftnahme werde er Folge leisten.
Die belangte Behörde führe auch aus, dass der BF seinen Reisepass nicht rechtzeitig vorgelegt habe. Es werde jedoch nicht ausgeführt, bis wann er den Reisepass vorzulegen gehabt habe. Er habe den Reisepass der belangten Behörde jedoch bereits vor mehreren Wochen vorgelegt.
Gemäß § 80 Abs. 1 FPG sei das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. In Fällen, in denen ein Fremder vor der geplanten Schubhaftverhängung in Gerichtshaft angehalten werde, bedeute dies, dass das Bundesamt die Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung bereits während der Gerichtshaft zu setzen hat. Der belangten Behörde sei ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden, die Abschiebung des BF so zu organisieren, dass seine Abschiebung unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft am 22.06.2018 möglich gewesen wäre. Es sei daher davon auszugehen, dass die Behörde ihre Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken, verletzt habe. Aus diesem Grund erweise sich die Schubhaft als unverhältnismäßig, was auch auf den Fortsetzungsausspruch durchschlage.
Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
15. Das Bundesamt legte am 10.08.2018 den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass auf Grund der gerichtlichen Feststellungen und der neuerlichen Anzeige nach dem Suchtmittelgesetz davon ausgegangen werden müsse, dass sich der BF im Suchtgiftmilieu bewege und somit kein Interesse habe, dass eine Behörde über seinen tatsächlichen Aufenthaltsort in Kenntnis sei. Der BF sei illegal im Bundesgebiet verblieben und sei nicht bereit, die bestehenden fremdenpolizeilichen Bestimmungen zu beachten. Die Abschiebung könne auf Grund der Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates zeitnah umgesetzt werden. Der BF sei trotz eingebrachter Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erschienen. Es sei daher unglaubwürdig, dass ein gelinderes Mittel angewandt hätte werden können. Vielmehr müsse erwartet werden, dass der BF jede sich bietende Gelegenheit nützen werde, um sich der drohenden Abschiebung zu entziehen.
Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unzulässig abzuweisen, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen und den BF zum Ersatz des Schriftsatz- und Vorlageaufwandes der belangten Behörde zu verpflichten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang
Der unter I.1. bis I.15. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
1. Der BF ist ein volljähriger tunesischer Staatsangehöriger, seine Identität steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
2. Der BF ist gesund und haftfähig.
Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf
1. Der BF reiste spätestens im Juni 2013 unrechtmäßig nach Österreich ein und tauchte unter. Dadurch hat er an einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt und versucht, dieses Verfahren bewusst zu verhindern.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, dagegen erhob der BF Beschwerde. Diesem Verfahren entzog sich der BF dadurch, dass er nach seiner Haftentlassung am 22.06.2018 unangemeldet Unterkunft nahm, untertauchte und zu einer vom Bundesverwaltungsgericht für den 26.06.2018 anberaumten Verhandlung - zu welcher der BF am 05.06.2018 nachweislich persönlich geladen wurde - unentschuldigt nicht erschien. Die Zustellung des mündlich verkündeten Erkenntnisses durch das Bundesverwaltungsgericht an den BF war nicht möglich, da sein Aufenthaltsort weder bekannt war noch ohne Schwierigkeiten ermittelt werden konnte. Dem Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, er habe nicht gewusst, dass er von seiner ehemaligen Meldeadresse abgemeldet wurde, ist festzuhalten, dass der BF verpflichtet ist, der Fremdenbehörde seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben oder seiner Meldeverpflichtung nachzukommen. Dass er nach einer Ortsabwesenheit von zweieinhalb Jahren nicht überprüft, ob noch eine aufrechte Meldung vorliegt, zeigt, dass er tatsächlich an seinem Verfahren kein Interesse hatte und auch nicht daran interessiert war, dass sein Aufenthaltsort den Fremdenbehörden bekannt ist. Dass er sich tatsächlich seinem Verfahren entziehen wollte, zeigt auch der Umstand, dass er unentschuldigt nicht zur mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht erschienen ist. Dieses Verhalten führte bei seiner Rechtsvertreterin dazu, dass die Vertretungsvollmacht in der mündlichen Verhandlung zurückgelegt wurde.
3. Seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 14.06.2014 begründete der BF damit, dass er aus der Schubhaft entlassen werden wolle. Den am 15.05.2018 gestellten Asyl-Folgeantrag begründete der BF damit, dass er das erste Mal einen negativen Asylbescheid erhalten habe, dass er aber in Österreich bleiben wolle.
Familiäre und soziale Komponente
1. In Österreich leben keine nahen Angehörigen des BF, es befinden sich zwei Cousins des BF im Bundesgebiet.
2. Der BF verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz, er kann bei zwei Freunden Unterkunft nehmen.
3. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Seinen Aufenthalt in Österreich finanziert er durch Schwarzarbeit.
Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 31.05.2016 wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall Strafgesetzbuch, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 15 Strafgesetzbuch und § 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall Suchtmittelgesetz und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 erster und zweiter Fall und § 27 Abs. 2 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dieses Urteil ist am 03.11.2016 in Rechtskraft erwachsen.
Dieser Verurteilung lagen Taten zu Grunde, die der BF im Zeitraum Juni 2012 bis 16.03.2014, 18.03.2014 bis 25.05.2015, am 25.05.2015 und am 22.02.2016 begangen hatte.
2. Als errechnetes Strafende auf Grund der Verurteilung vom 31.05.2016 wurde dem Bundesamt der 22.08.2019 bekannt gegeben. Auf Grund eines Beschlusses eines Landesgerichtes vom 07.05.2018 wurde der BF am 22.06.2018 vorzeitig unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen. Der BF befand sich von 22.02.2016 bis 22.06.2018 in (Straf-)Haft.
3. Das Bundesamt leitete am 25.04.2018 das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein, am XXXX stimmte die tunesische Vertretungsbehörde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zu.
4. Der BF wird seit 02.08.2018 in Schubhaft angehalten.
5. Die begleitete Abschiebung des BF nach Tunesien ist für den frühest möglichen Flugtermin zwischen 20.08.2018 und 20.09.2018 vorgesehen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2010104-1 die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 30.06.2014 betreffend, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2010104-2 die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 betreffend, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2010104-1 und 2010104-2. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.
2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Die Identität des BF steht insofern fest, als für ihn entsprechend den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister am XXXX von der tunesischen Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt worden ist. Es steht daher fest, dass der BF ein volljähriger tunesischer Staatsangehöriger ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich im Verwaltungsakt ebensowenig wie dafür, dass er Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist. Seine Anträge auf internationalen Schutz wurden ab- bzw. zurückgewiesen.
2.2. Dass der BF gesund ist, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 02.08.2018. Anhaltspunkte für das Vorliegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die gegen die Haftfähigkeit des BF sprechen, sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.
3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf
3.1. Die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise des BF im Juni 2013 beruhen auf seinen Angaben in der Erstbefragung nach seinem am selben Tag gestellten Antrag auf internationalen Schutz vom 14.06.2014. Dabei gab er an, dass er etwa vor einem Jahr nach Österreich eingereist sei, da er sein Aufenthaltsrecht in Italien verloren habe. Als nicht aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger war seine Einreise jedoch unrechtmäßig.
Dass er nach seiner illegalen Einreise untertauchte, ergibt sich daraus, dass für den Zeitraum der Einreise bis zur Stellung des Asylantrages keine Meldedaten des BF im Zentralen Melderegister aufscheinen. Durch dieses Verhalten hat er an einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt, sondern versucht, dieses Verfahren bewusst zu verhindern.
3.2. Die Feststellungen, wonach sich der BF seinem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom 25.04.2018 entzogen hat beruhen auf dem Inhalt des Aktes des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl 2010104-2. Aus diesem Akt ergibt sich kein Hinweis darauf, dass sich der BF - wie in seiner Beschwerde vorgebracht - wegen Krankheit für die mündliche Verhandlung entschuldigt hat. Aus der Niederschrift über die vom Bundesverwaltungsgericht am 26.06.2018 durchgeführte mündliche Verhandlung ergib sich vielmehr, dass der BF unentschuldigt nicht zu Verhandlung erschienen ist. Von der Vertreterin der Rechtsvertreterin des BF wurde in der mündlichen Verhandlung die Vollmacht zurückgelegt, nachdem der BF trotz Zuwartens nicht zur Verhandlung erschienen ist.
Aus dem Aktenvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2018 ergibt sich, dass der Aufenthaltsort oder eine Abgabestelle des BF unbekannt und nicht ohne Schwierigkeiten feststellbar waren.
3.3. Die Feststellungen zu den Begründungen der Asylanträge vom 14.06.2014 und vom 15.05.2018 gründen auf den Protokollen der Erstbefragungen zu diesen beiden Anträgen.
4. Zur familiären und sozialen Komponente
4.1. Dass der BF über keine engen Angehörigen in Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vom 02.08.2018. Darin gibt er an, dass sich seine Ehefrau und seine Kinder in Italien befänden. Auf seinen Aussagen in dieser Einvernahme gründet sich auch die Feststellung, wonach zwei Cousins in Österreich leben.
4.2. Dass der BF über keinen eigenen Wohnsitz in Österreich verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seiner Aussage vom 02.08.2018. Dabei gab er auch an, dass er bei zwei Freunden an einer von ihm genannten Adresse wohnen könne.
4.3. Auf Grund der Angaben des BF in seiner Einvernahme vom 02.08.2018 steht auch fest, dass er in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht sondern seinen Lebensunterhalt auch durch Schwarzarbeit finanziert. So gab er an, dass er illegal als Friseur sowie am Bau gearbeitet habe.
5. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
5.1. Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus dem im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2010104-2 zitierten Spruch des Strafurteiles.
5.2. Die Feststellungen über die Mitteilung des Termins des errechneten Strafendes beruht auf der diesbezüglichen Vollzugsinformation im Akt des Bundesamtes zu Zl. 2010104-2. Die Feststellungen zur bedingten Entlassung des BF beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister.
5.3. Dass die tunesische Vertretungsbehörde nach Einleitung eines Verfahrens zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates am 25.04.2018 am XXXX die Zustimmung für die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes erteilt hat, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 10.08.2018, die mit den im Zentralen Fremdenregister enthaltenen Daten übereinstimmt.
5.4. Aus dem Verwaltungsakt und der Anhaltedatei ergibt sich, dass der BF seit 02.08.2018 in Schubhaft angehalten wird.
5.5. Aus der Buchungsanfrage des Bundesamtes an das Bundesministerium für Inneres ergibt sich, dass die begleitete Abschiebung des BF nach Tunesien für den nächstmöglichen Flugtermin zwischen 20.08.2018 und 20.09.2018 vorgesehen ist.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1
FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF ist insofern zu rechnen, als die Ausstellung eines Heimreisezertifikates von der tunesischen Vertretungsbehörde zugesagt wurde und die begleitete Abschiebung des BF für den nächstmöglichen Flugtermin ab 20.08.2018 vorgesehen ist.
Das Gericht geht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF reiste spätestens im Juni 2013 unrechtmäßig in Österreich ein. Seinen Aufenthalt hielt er vor den österreichischen Fremdenbehörden im Verborgenen, weshalb er an einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht mitgewirkt und dieses bewusst verhindert hat. Dadurch hat er den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.
Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, auch zu berücksichtigen ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder sich der Fremde einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.04.2018 wurde eine den BF betreffende Rückkehrentscheidung erlassen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2018 abgewiesen. Es liegt daher eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Dem Verfahren zur Erlassung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme hat sich der BF insofern entzogen, als er nach seiner Entlassung aus der Strafhaft unangemeldet Unterkunft bezogen hat und einer Ladung zu einer mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Folge geleistet hat, obwohl er nachweislich persönlich am 05.06.2018 zu dieser Verhandlung geladen wurde. Die Zustellung des Erkenntnisses an den BF war nicht möglich, da dem Bundesverwaltungsgericht weder sein Aufenthaltsort noch eine Abgabestelle bekannt waren und auch nicht ohne Schwierigkeiten feststellbar waren. Durch dieses Verhalten des BF ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. In Österreich leben zwei Cousins des BF, über nahe Angehörige verfügt der BF in Österreich nicht. Über einen eigenen Wohnsitz verfügt der BF nicht, er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über kein existenzsicherndes Vermögen. Er hat die Möglichkeit bei zwei Freunden Unterkunft zu nehmen. Seinen Aufenthalt finanziert sich der BF durch Schwarzarbeit. Es liegen daher keine Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen, im Fall des BF liege keine Fluchtgefahr vor.
Da die Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG erfüllt sind, geht das Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, dass eine Schubhaft nicht alleine auf das Kriterium der Z. 9 der genannten Bestimmung gestützt werden dürfe, ins Leere.
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF reiste bereits im Jahr 2013 unrechtmäßig nach Österreich ein und tauchte unter. Während dieser Zeit beging er bereits gerichtlich strafbare Handlungen. Nach seinem Aufgriff durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, um aus der Schubhaft entlassen zu werden. Noch als sein Asylverfahren anhängig war, beging der BF weitere gerichtlich strafbare Handlungen, die zu seiner Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe führten. Nach Entlassung aus der Strafhaft tauchte der BF unter und entzog sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme.
In Österreich leben keine engen Verwandten des BF. Es leben zwei Cousins väterlicherseits im Bundesgebiet. Der BF verfügt über keinen eigenen Wohnsitz, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, sondern finanzierte sich seinen Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit.
Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.
Dem Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, es liege keine Fluchtgefahr vor, war daher nicht zu folgen.
3.1.5. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf, er ist bereits nach seiner unrechtmäßigen Einreise untergetaucht. Auch nach seiner Entlassung aus der Strafhaft hat er sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen. Der BF verfügt in Österreich über keine nahen Angehörigen und er ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert. Über eigene Mittel zu Existenzsicherung verfügt er ebensowenig wie über einen eigenen gesicherten Wohnsitz.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. Der BF weist eine Vorstrafe wegen des Verbrechens des schweren Raubes und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften auf. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lagen Taten zu Grunde, die der BF im Zeitraum Juni 2012 bis 16.03.2014, 18.03.2014 bis 25.05.2015, am 25.05.2015 und am 22.02.2016 begangen hatte.
Da der BF weder über Vermögen noch über ein Einkommen verfügt besteht die Gefahr, dass er wiederum Vermögensdelikte begeht, um sich unrechtmäßig zu bereichern.
Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der BF bereits nach seiner unrechtmäßigen Einreise und vor Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz Straftaten begangen hat und dieses Verhalten auch noch während des anhängigen Asylverfahrens fortgesetzt hat.
Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Der BF hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und er zur Finanzierung seines unrechtmäßigen Aufenthaltes auch vor der Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen nicht zurückschreckt. Im Verfahren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändern wird.
Die angeordnete Schubhaft erfüllt daher auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit.
Dem Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, gegen den BF sei die Anordnung von Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft nicht zulässig, war nicht zu folgen. Dem Bundesamt wurde als errechnetes Ende der Strafhaft des BF der 22.08.2019 bekannt gegeben. Am 25.04.2018 leitete das Bundesamt das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ein. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, dass der BF vorzeitig (bedingt) aus der Strafhaft entlassen wird, da die diesbezügliche Entscheidung erst am 07.05.2018 getroffen wurde. Im vorliegenden Fall liegt daher keine Untätigkeit des Bundesamtes während der Anhaltung des BF in Strafhaft vor, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft führen würde. So erteilte die tunesische Vertretungsbehörde am XXXX, also noch bevor der BF aus der Strafhaft entlassen wurde, die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Der Vollständigkeit halber wird auch noch festgehalten, dass die Schubhaft über den BF nicht unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Strafhaft verhängt wurde, sondern erst etwa sechs Wochen danach, als sich der BF seinem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen hatte und untergetaucht war.
3.1.6. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam. Auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der Tatsache, dass er bereits unmittelbar nach seiner illegalen Einreise untergetaucht ist und er sich auch nach seiner Entlassung aus der Strafhaft dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen hat - kann ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. Unter Berücksichtigung dieses Verhaltens ist zu einem Zeitpunkt, in dem eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht und die Zustimmung der tunesischen Vertretungsbehörde zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates besteht, nicht zu erwarten, dass ein gelinderes Mittel für die Sicherung der Abschiebung ausreichend ist. Dem Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, dass er der Anordnung eines gelinderen Mittels Folge leisten würde, war nicht zu folgen. Der BF tauchte bereits unmittelbar nach seiner unrechtmäßigen Einreise unter. Er unterließ es für etwa ein Jahr nicht nur, seiner Meldeverpflichtung nachzukommen, er beging in dieser Zeit auch gerichtlich strafbare Taten. Einen Antrag auf internationalen Schutz stellte er erst, als er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen wurde. Diesen Antrag begründete er auch damit, dass er ihn nur gestellt habe, um aus der Schubhaft entlassen zu werden. Auch seinem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzog sich der BF nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft, da er unangemeldet Unterkunft nahm und untertauchte. Zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erschien er unentschuldigt nicht, die Zustellung des Erkenntnisses vom 26.06.2018 war mangels Kenntnis über den tatsächlichen Aufenthaltsort des BF nicht möglich. Durch dieses Verhalten zeigt der BF, dass er versucht, weiterhin illegal in Österreich aufhältig zu sein und sich dem Zugriff der Behörde zu entziehen. In Verbindung mit seiner mehrfach bei Einvernahmen geäußerten Weigerung nach Tunesien auszureisen ist nicht zu erwarten, dass der BF in Freiheit belassen tatsächlich seine Abschiebung nach Tunesien abwarten werde.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.