TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/17 W186 2201845-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.08.2018
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Entscheidungsdatum

17.08.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z4
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W186 2201845-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT Solicitor, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2018, Zl. 1000770402-180674677 zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung, sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 18.07.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 30.07.2018 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am 22.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 28.01.2014 von der belangten Behörde abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG am 18.01.2016 als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer (BF) hat am 27.04.2016 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Verfahrensanordnung vom 03.05.2016 gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 und § 15 a AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache und der beabsichtigten Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 informiert.

Mit dem mündlich verkündeten Bescheid vom 23.06.2016 hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Absatz 2 AsylG auf. Mit Beschluss des BVwG vom 01.07.2016 wurde die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG bestätigt. Dagegen wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2017, Zl. 1000770402/160596935 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 27.04.2017 gemäß §68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen und es wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Letztlich wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise "gemäß § 55 Absatz 1a FPG" nicht eingeräumt (Spruchpunkt III.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom BVwG am 07.06.2017 rechtskräftig abgewiesen.

3. Mit Ladungsbescheid des BFA vom 06.02.2018 wurde der BF aufgefordert, am 16.02.2018 um 10h an der Adresse 1080 Wien, Hernalser Gürtel 6-12 zwecks Identitätsprüfung durch eine nigerianische Delegation zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) zu erscheinen. Der Ladungsbescheid wurde vom BF übernommen, der BF war aufgrund einer Krankschreibung am Erscheinen jedoch gehindert.

4. Per Mandatsbescheid des BFA vom 03.03.2018 wurde dem BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig in der Bundesbetreuungseinrichtung Rückkehrberatungszentrum (RÜBE) Trixlegg 12, 6391 Fieberbrunn Unterkunft zu nehmen. Der Mandatsbescheid konnte dem BF im Zuge einer GVS-Kontrolle am 08.03.2018 nicht persönlich übergeben werden, da dieser an seiner Adresse nicht angetroffen werden konnte. Der Mandatsbescheid wurde somit über die LPD N zugestellt und am 21.03.2018 übernommen. Dagegen brachte der BF Vorstellung ein. Der BF traf nicht in der RÜBE ein und wurde am 27.03.2018 dem Quartier EAST-WEST-UNSTET zugewiesen.

5. Am 18.07.2018 wurde der BF aufgrund eines Festnahmeauftrages festgenommen. Die niederschriftliche Einvernahme zur Schubhaft erfolgte vor dem BFA am selben Tag. Dem BF wurde der Stand des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt. Danach wurde der BF befragt, wo er sich in Österreich aufhalte. Er antwortete, dass er in der XXXX in Wiener Neustadt wohne. Nachgefragt, wo er sich aufgehalten hatte, als man ihm am 08.03.2018 den Mandatsbescheid persönlich an seiner Adresse übergeben wollte, meinte er, sich nicht erinnern zu können. Nachgefragt, wie er seinen Lebensunterhalt bestreiten wolle, meinte der BF, dass er in Österreich an der Hauptuniversität studiere (BF legte die Kopie eines Studentenausweises vor), er verkaufe Zeitungen " XXXX ", damit verdiene er ein wenig Geld. Nachgefragt, wer ihn für den Zeitungsverkauf angestellt habe, antwortete der BF: "Ich arbeite für XXXX ". (ein Auszug aus dem AJ-WEB ergab, dass der BF keiner ordentlichen Beschäftigung nachging oder nachgeht). Des Weiteren habe der BF keine Familienangehörigen in Österreich, nachgefragt hielten sich diese in Nigeria auf. Der BF habe sechs Jahre die Grundschule besucht, sechs Jahre die Mittelschule und ein Jahr einen Kurs für Elektrik in Nigeria. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, nicht verheiratet zu sein und keine Kinder zu haben. An Bargeld besitze der BF zur Zeit EUR 5,-.

6. Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem BF der Schubhaftbescheid und die Verfahrensanordnung gegen Unterschriftsleistung persönlich ausgehändigt.

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der BF illegal nach Österreich eingereist sei und sich seither - der Durchsetzbarkeit und Durchführbarkeit der Rückkehrentscheidung bewußt - illegal in Österreich aufhalte. Der BF sei keiner legalen Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen, habe sich im bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten, da er trotz Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet verblieben sei und sich mehrere Male seiner Mitwirkungspflicht entzogen habe. Der BF verfüge nicht über ausreichend Barmittel um seinen Unterhalt zu finanzieren und sei in keinster Weise integriert, da keinerlei familiäre, soziale und berufliche Bindungen bestünden und er in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sei. Die belangte Behörde gehe daher - trotz des Umstandes, dass der BF im Bundesgebiet amtlich gemeldet ist - davon aus, dass bzgl. der Person des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben sei. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden, da bezüglich der Person des BF weder die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung, noch die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten, noch eine periodische Meldeverpflichtung in Betracht kämen, da aufgrund der persönlichen Lebenssituation, sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens bestünde. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig.

7. Am 26.07.2018 langte beim BVwG eine Beschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft ein, der Verwaltungsakt folgte am 27.07.2018. In dieser Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Verhängung der Schubhaft, sowie deren weitere Ausrechterhaltung unverhältnismäßig und rechtswidrig seien, da die Nichtbefolgung des Ausreisebefehls für sich alleine genommen nicht geeignet sei, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen. Auch das Fehlen sozialer Integration oder der Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten würden für sich genommen keine Schubhaftgründe darstellen. Darüber hinaus sei der BF im Bundesgebiet aufrecht gemeldet und habe an sämtliche Verfahrensschritten mitgewirkt. Den Termin bei der nigerianischen Botschaft habe der BF krankheitsbedingt versäumt. Er habe zwar auch gegen die Wohnsitzauflage verstoßen, jedoch habe er damit in keinster Weise bezweckt, sich dem Behördenzugriff und seiner Abschiebung zu entziehen. Vielmehr habe er Vorstellung dagegen erhoben und ist an seiner den Behörden bekannten Wohnadresse weiterhin wohnhaft gewesen. Insgesamt sei es der belangten Behörde nicht gelungen im Fall des BF eine Fluchtgefahr aufzuzeigen. Des Weiteren habe es die belangte Behörde verabsäumt in nachvollziehbarer Weise darzulegen, warum für die ein gelinderes Mittel nicht in Frage gekommen sei. Insbesondere hätte die belangte Behörde dem BF aufgetragen, sich in periodischen Abständen bei der Behörde zu melden, wäre der BF dieser Weisung nachgekommen, da er auch eine gesicherte Unterkunft in Österreich habe. Beantragt wurden

1) eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, 2) den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte, 3) im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen, 4) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gem. VwG-Aufwandersatzverordnung, sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, sowie die Eingabegebühr iHv EUR 30, - aufzuerlegen.

8. Im Rahmen der Beschwerdevorlage verwies die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers und auf jene bereits im angefochtenen Schubhaftbescheid von der belangten Behörde vertretenen Positionen. Darüber hinaus wurde das erkennende Gericht von der belangten Behörde informiert, dass der BF am 27.07.2018 im Stande der Schubhaft zwecks Feststellung seiner Identität und der Ausstellung eines HRZ bei der nigerianischen Delegation im PAZ HG vorgeführt werde. Der nächste Abschiebetermin/ Charter nach Nigeria und Gambia sei mit 16.08.2018 geplant gewesen.

9. Mit Erkenntnis vom 30.07.2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab und erklärte, dass die Fortsetzung der Schubhaft rechtmäßig ist.

10. Mit Schriftsatz vom 10.08.2018, eingelangt am selben Tag, erhob der BF neuerlich Beschwerde gegen die fortgesetzte Schubhaft ("Haftbeschwerde").

Begründend wird Folgendes ausgeführt:

Der BF lebe seit 2014 in Österreich; er komme aus Nigeria. Ein erstes Asylverfahren und ein Asylfolgeverfahren seien bereits beendet. Über den BF sei mit Bescheid vom 18.07.2018 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden. Am 31.07.2017 habe der BF einen Folgeantrag gestellt. Mit Bescheid vom 06.08.2018 sei der faktische Abschiebschutz aufgehoben worden. Diese Entscheidung sei dem BVwG am 08.08.2018 zur Überprüfung vorgelegt worden. Diesbezüglich gebe es noch keine Entscheidung.

Im Fall des BF liege allerdings jetzt ein neuer Sachverhalt vor:

"Offenbar" würde nämlich der nigerianischen Vertretungsbehörde bekannt, dass der BF einen Asylantrag gestellt habe und "möglicherweise" auch jene Gründe, auf die er seinen Antrag gestützt habe. Diesfalls werde der BF - wie aus der Beilage (gemeint: eine Mitteilung des BF im Verfahren über die Überprüfungsverfahren bezüglich der Aberkennung des faktischen Abschiebschutzes) ersichtlich - in Nigeria erheblich an Leib und Leben gefährdet. Jedenfalls werde die Behörde ein inhaltliches Asylverfahren führen müssen, um "herauszufinden welche Informationen und vom wem der nigerianischen Vertretungsbehörde zugekommen sind".

Der BF gehe daher davon aus, dass es bis zum Abschluss dieser Ermittlungen nicht zu seiner Abschiebung kommen dürfe, weshalb keine Notwendigkeit bestehe, seine Haft aufrecht zu halten.

Im Übrigen würde die Aberkennung (bzw die Nichtzuerkennung) des faktischen Abschiebschutzes der Rsp des EuGH (verwiesen wird auf die Rechtssache Gnandi) widersprechen. Es ergebe sich aus diesem Urteil nämlich, dass der BF grundsätzlich berechtigt sei, die eingetretenen Änderungen der Umstände bekannt zu geben und dass während des Verfahrens vor der Behörde und während eines Rechtsmittelverfahrens vom "Bleiberecht" des BF auszugehen sei.

Der BF stellt daher die Anträge, das BVwG möge die Schubhaft für den Zeitpunkt ab der der Zustellung des Vorerkenntnisses für rechtswidrig erklären (di: ab dem 30.07.2018) und feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlägen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die folgenden Feststellungen aus dem Erkenntnis des BVwG vom 30.07.2018 werden auch der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

"Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Einvernahme des Beschwerdeführers vom 18.07.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, seiner Beschwerde vom 26.07.2018 gegen den angefochtenen Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2018, sowie der Einsicht in den bezughabenden Verwaltungsakt werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist des Englischen mächtig. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos und verfügt über keine Verwandten im Bundesgebiet. Seine Familienangehörigen leben in Nigeria. Der BF reiste unrechtmäßig spätestens am 22.01.2014 ins Bundesgebiet ein und ist seit Februar 2014 durchgehend als Asylwerber im Bundesgebiet gemeldet. Seit seiner rechtskräftigen negativen Rückkehrentscheidung vom 07.06.2017 hält sich der BF unrechtmäßig in Österreich auf. Ein (erste) Beschwerde gegen die Verhängung von Schubhaft wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.07.2018 abgewiesen.

Der BF hat am 31.07.2018 einen weiteren Antrag auf die Gewährung von internationalem Schutz gestellt.

Es kann nicht festgestellt werden, wie der BF seinen Lebensunterhalt in Österreich bestreitet. Der BF verfügt über finanzielle Barmittel von EUR 5,-, ist nicht selbsterhaltungsfähig, ging bis dato keiner ordentlichen Beschäftigung im Bundesgebiet nach und ist somit als mittellos zu betrachten. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Eine berufliche, soziale oder familiäre Verankerung des BF im Bundesgebiet kann nicht festgestellt werden.

Der BF legte im gegenständlichen Verfahren eine fehlende Kooperationsbereitschaft mit den zuständigen Behörden an den Tag, da er seiner Ausreiseverpflichtung aufgrund der seit 07.06.2017 gegen ihn bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht Folge geleistet hat. Des Weiteren hat er einer per Mandatsbescheid auferlegten Wohnsitzauflage nicht Folge geleistet. Es kann weder festgestellt werden, dass der BF gewillt ist, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, noch, dass er eine Verbringung in seinen Herkunftsstaat akzeptieren wird.

Das erkennende Gericht stellt fest, dass für den Beschwerdeführer eine konkrete Fluchtgefahr gegeben und die Verhängung der Schubhaft verhältnismäßig war. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass der Zweck der Schubhaft im gegenständlichen Fall nicht durch ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG hätte erreicht werden können."

Weiters steht fest:

Das erkennende Gericht hat die Beschwerde vom 30.07.2018 abgewiesen, die Anhaltung des BF in Schubhaft ab dem 18.07..2018 für rechtmäßig erklärt und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft festlägen.

Der Beschwerdeführer hat - im Stande der Schubhaft - am 31.07.2018 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid vom 06.08.2018 hat die Behörde den faktischen Abschiebschutz aufgehoben. Das gerichtliche Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung ist noch offen.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft am 18.07.2018 bis zum Entscheidungszeitpunkt haftfähig. Es gibt keine stichhaltigen Hinweise für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zu Identität, Alter, Nationalität, Herkunft und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers gründen auf dessen insofern unbedenklichen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sowie auf den in seiner Beschwerde gemachten Angaben. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt, weshalb die Feststellungen ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren gelten.

Die Feststellungen zur fehlenden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren ergeben sich zum einen daraus, dass er trotz aufrechter Rückkehrentscheidung vom 07.06.2017 seiner Ausreiseverpflichtung nicht gefolgt und unrechtmäßig und beharrlich im Bundesgebiet verblieben ist. Weiters hat er der ihm per Mandatsbescheid vom 03.03.2018 auferlegten Wohnsitzauflage nicht Folge geleistet. Der gegen den Mandatsbescheid vom 03.03.2018 beschwerdeseitig erhobenen Vorstellung kam gemäß § 57 Abs. 2 AVG keine aufschiebende Wirkung zu.

Das Vorhandensein von Familienangehörigen in Österreich hat der BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 18.07.2018 explizit verneint, auch sonst ist ein Hinweis auf eine wesentliche soziale, familiäre oder berufliche Verankerung des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens nicht hervorgekommen.

Die Feststellungen zur mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit des BF fußen auf dem Umstand, dass der BF lediglich über EUR 5, - an Barmittel verfügt und im Bundesgebiet keiner ordentlichen Beschäftigung nachging oder nachgeht.

Die Feststellungen zum Folgeantragsverfahren gründen sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt und auf die Angaben des BF in der Beschwerde.

Hinweise auf schwerwiegende, gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers, sowie eine mögliche Haftunfähigkeit sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, und wurden insbesondere auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht vom BF behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.3. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.4. Der § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchpunkt A:

3.5. Der § 76 des Fremdenpolizeigesetz 2006 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.6. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3.7. Zur weiteren Anhaltung in Schubhaft seit 30.07.2018:

3.7.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.3. wiedergegeben) gesetzlich definiert.

3.7.2. Die folgenden - den Themenbereich "Fluchtgefahr" betreffenden - Ausführungen im Vorerkenntnis (vom 30.07.2018) liegen auch der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde:

"Wenn die belangte Behörde auch nicht explizit in ihrer Begründung für die Annahme einer Fluchtgefahr auf die einzelnen Ziffern des § 76 Abs. 3 FPG Bezug nimmt, so ist, aus Sicht des erkennenden Gerichts, doch implizit klar zu erkennen, dass die belangte Behörde durch die von ihr angeführten Begründungselemente die Ziffern 3 (Bestehen einer durchsetzbaren, aufenthaltsbeendenden Maßnahme), 4 (faktische Abschiebeschutz ist bei einem Folgeantrag aufgehoben worden) und 9 (der Grad der sozialen Verankerung in Österreich) des § 76 Abs. 3 FPG im konkreten Falle jedenfalls als erfüllt betrachtet.

Der Begründung der belangten Behörde entsprechend habe sich der BF - trotz negativer Entscheidung auf seinen Antrag auf internationalen Schutz, einer durchführbaren Rückkehrentscheidung, sowie trotz der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes - weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und keinerlei nach außen erkennbare Schritte zu seiner Aufenthaltsbeendigung gesetzt. Sowie würde der geringe Grad der sozialen Verankerung des BF in Österreich (Z 9) - insbesondere das Nichtbestehen eines tatsächlichen Familienlebens, das Nicht-Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit, die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit des BF beziehungsweise das Nicht-Vorhandensein ausreichender Existenzmittel in Österreich für eine konkrete Fluchtgefahr des BF in casu sprechen. Wie aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid klar ersichtlich ist, stützte sich die belangte Behörde bei der Feststellung der Fluchtgefahr somit erkennbar auf die Ziffern 3, 4 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte somit auch den Grad der sozialen Verankerung des BF in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Kriterien konnte auch in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten werden, zumal sich jene der Ziffern 3 und 4 auch unter Einbeziehung des Inhaltes der Beschwerde als unstrittig erweisen. Der Mangel einer sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich iSd. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG - insbesondere erwähnt seien hier das Fehlen eines bestehenden Familienlebens, einer legalen Erwerbstätigkeit, ausreichender Existenzmittel des BF in Österreich - ist im Vorliegenden Fall unstrittig und konnte von Beschwerdeseite in keiner Weise entkräftet werden. Es ist daher, wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid richtigerweise angeführt, von keinem tatsächlich bestehenden Familienleben des BF in Österreich auszugehen. Wenn man weiters in Betracht zieht, dass der BF trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes weder seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist, noch seiner Wohnsitzauflage nachgekommen ist, so ist den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid insoweit beizupflichten, als sie von einer mangelnden Kooperationsbereitschaft des BF mit den österreichischen Behörden ausgeht.

Wenn die Beschwerdeseite einerseits - unter Heranziehung einer im Übrigen unrichtig zitierten VwGH-Entscheidung - vorbringt, dass die Nicht-Befolgung des Ausreisebefehls für sich alleine genommen nicht geeignet sei, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen und im Folgesatz fortführt, dass das Fehlen sozialer Integration oder der Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten für sich genommen keine Schubhaftgründe darstellen, dann vermag die Beschwerdeseite mit diesen Vorbringen nicht zu überzeugen, da sie somit selbst im Rahmen der Beschwerdeschrift einräumt, dass alle die von ihr angeführten Umstände auf gegenständlichen Fall gemeinsam zutreffen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280) trifft es zwar in der Tat zu, dass die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag. Sehr wohl müsse der -aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann[...].

Diese vom VwGH geforderten weiteren Umstände um - neben dem unstrittigen Vorliegen der fehlenden Ausreisewilligkeit des BF - den aktuellen Sicherungsbedarf begründen zu können, sind von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid klar aufgeführt und unmissverständlich argumentiert worden. Des Weiteren ist auch die aufrechte Meldung des BF im Bundesgebiet unstrittig, trotzdem vermag dieser ordentliche Wohnsitz im Rahmen einer Gesamtbetrachtung an der Feststellung einer insgesamt mangelnden sozialen, familiären und beruflichen Verankerung des BF im Bundesgebiet iSd. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG nichts Wesentliches zu verändern.

Die belangte Behörde ging somit in einer Gesamtschau der vom VwGH o. a. Aspekte zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in konkretem Ausmaß bestand und hat das Bestehen eines Sicherungsbedarfs individuell im konkreten Falle hinreichend begründet."

Auf Grund der klar erkennbaren, erheblichen Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Im gegenständlichen Fall folgt das erkennende Gericht der Ansicht der belangten Behörde, wonach sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Der Beschwerdeführer hat in Österreich kein tatsächlich bestehendes Familienleben; es gibt keine feststellbaren Sozialkontakte von hinreichender Intensität um eine Verankerung im Bundesgebiet annehmen zu können. Auch ist eine berufliche Verankerung des BF im Bundesgebiet nicht gegeben. Darüber hinaus lässt die finanzielle Situation des Beschwerdeführers (Barvermögen EUR 5,-) die Hinterlegung einer angemessenen finanziellen Sicherheit beim Bundesamt nicht zu. Der Beschwerdeführer verfügt, wie oben erwähnt, im Bundesgebiet über einen gesicherten Wohnsitz und eine amtliche Meldung. Aus diesem Grunde argumentiert die Beschwerdeseite auf Seite 4 der Beschwerdeschrift, dass in casu mit einer periodischen Meldeverpflichtung des BF das Auslangen im Sinne des 77 Abs. 3 FPG gefunden hätte werden können. Dabei verkennt die Beschwerdeseite, dass der BF - wie in der Beschwerdeschrift auf Seite 3 eingeräumt - bereits in der Vergangenheit gegen eine behördliche Wohsitzauflage verstoßen hat und damit als nicht vertrauenswürdig im bisherigen Verfahren erwiesen hat. Die Möglichkeit der Auferlegung von im § 77 Abs. 3 vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten erscheint dem erkennenden Gericht vor dem Hintergrund des durch das bisherige Verhalten des BF und die persönlichen Lebensumstände des BF begründeten konkreten Risikos des Abtauchens seiner Person kein probates Sicherungsmittel zu sein.

Unter Berücksichtigung der konkreten Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten und den persönlichen und sozialen Umständen des Beschwerdeführers manifestierte, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft. Die Anwendung eines gelinderen Mittels war somit nicht ausreichend um den notwendigen Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima ratio -Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich als verhältnismäßig. Da eine begleitete Abschiebung des Beschwerdeführers rechtskonform und faktisch durchsetzbar ist, am 27.07.2018 bereits ein Termin für die Vorführung vor der nigerianischen Botschaft festgesetzt wurde, um auszuloten, ob eine Identifizierung des BF durch die nigerianischen Behörden möglich ist, erweist sich die Dauer der Anhaltung in Schubhaft seit 18.07.2018 auch nicht als unverhältnismäßig. Vielmehr liegt angesichts der nach Schubhaftverhängung zügig betriebenen Abschiebungsvorbereitungen ein verdichteter Sicherungsbedarf vor."

3.7.3. Die gegenständliche Beschwerde richtete sich nicht gegen diese Argumente im Vorverfahren. Vielmehr wird das Vorliegen eines geänderten Sachverhaltes behauptet, der im Ergebnis die Fortsetzung der Schubhaft als unverhältnismäßig im weiteren Sinne, nämlich als nicht notwendig mache. Es sei durch die Stellung des (neuerlichen) Folgeantrages die Abschiebung des BF nach Nigeria nicht (mehr) zulässig; insbesondere sei die Aufhebung des faktischen Abschiebschutzes unrechtmäßig erfolgt, was sich - so die Beschwerde - aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Gnandi ergäbe.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Gemäß § 76 Abs 6 FPG kann die Anhaltung in Schubhaft aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde.

Der BF hat den (neuerlichen) Folgeantrag im Stande der Schubhaft gestellt; dies, nachdem seine (erste) Schubhaftbeschwerde abgewiesen worden war. Es liegt bereits auf Grunde des zeitlichen Ablaufs der Verfahrensschritte damit auf der Hand, dass der BF den Antrag gestellt hat, um die Vollstreckung der Abschiebung zu verhindern (zumal ein Termin für die Abschiebung bereits für den 16.08.2018 festgelegt war). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Umstände, die der BF im Folgeverfahren vorgebracht hat (behauptete Homosexualität), wohl bereits zum Zeitpunkt der Vorverfahrens vorgelegen habe und damit von der Rechtskraft der Vorentscheidungen umfasst sind. Aus diesem Grund kann nicht von einer Änderung der Umstände gesprochen werden, die der BF tatsächlich erst zu diesem späten Zeitpunkt hätte geltend machen können.

Das erkennende Gericht geht daher von einem Anwendungsfall des § 76 Abs. 6 FPG aus, der im Übrigen Art. 8 Abs. 3 lit d der AufnahmeRL umsetzt. ("Ein Antragsteller darf nur in Haft genommen werden, wenn er sich aufgrund eines Rückkehrverfahrens gemäß der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zur Vorbereitung seiner Rückführung und/oder Fortsetzung des Abschiebungsverfahrens in Haft befindet und der betreffende Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien, einschließlich der Tatsache, dass der Antragsteller bereits Gelegenheit zum Zugang zum Asylverfahren hatte, belegen kann, dass berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass er den Antrag auf internationalen Schutz nur beantragt, um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln.")

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der BF bereits Zugang zu einem (in seinem Fall: zwei) Asylverfahren gehabt hat, sodass es klar ist, dass der neuerliche Antrag gestellt wurde, um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu vereiteln.

Aus diesem Grund ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft im weiteren Sinne (Notwendigkeit) auch weiterhin gegeben und es war die Beschwerde gegen die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft seit 30.07.2018 abzuweisen.

Ergänzend wird darauf verwiesen, dass - anders als die Beschwerde vermeint - sich aus dem Urteil in der Rechtssache Gnandi nicht ableiten lässt, dass die spezifischen Regelungen des in der VerfahrensRL festgelegten Folgeantragsregimes keine Gültigkeit mehr hätten (Dort wird ua die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zugelassen). Die Rechtssache Gnandi befasst sich mit dem Status des Antragstellers während des Rechtsmittelverfahrens im Regelfall, nicht aber mit den spezifischen Abweichungen, die in Folgeantragsverfahren gelten.

3.8. Zum Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung:

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

Die Ausführungen im Erkenntnis des BVwG vom 30.07.2018 sind auf die gegenständliche Entscheidung zu übertragen:

"Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens und seiner persönlichen Lebensumstände jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er über keine feststellbaren sozialen, familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt und nicht gewillt ist seinen Ausreiseverpflichtungen nachzukommen, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass in casu eine konkrete Fluchtgefahr gegeben ist, sollte der BF sich durch ein Untertauchen einen substanziellen Vorteil - etwa die Verunmöglichung einer Abschiebung - versprechen.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 3, 4 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin gegeben. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei etwa eine legale Erwerbstätigkeit und Existenzmittel exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese Anknüpfungspunkte allerdings nicht gegeben. Was seine familiäre Situation in Österreich betrifft, verfügt der BF keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Seine Verwandten leben in Nigeria. Es ist somit von keinem aufrechten Familienleben des BF im Bundesgebiet auszugehen.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine erhebliche Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers, sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich die Fortsetzung der Schubhaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig."

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.9. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

3.9.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

3.9.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

3.9.3. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere erwiesen sich das beharrliche Verbleiben des BF im Bundesgebiet und die Nichtbefolgung der Wohnsitzauflage und die mangelnde soziale Verankerung des BF als unstrittig und hat der Beschwerdeführer seine in der Beschwerde behauptete Kooperationsbereitschaft durch sein bisheriges Verhalten substanziell entwertet.

3.9.4. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

3.10. Kostenersatz

3.10.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.10.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

3.10.3. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

Kommissionsgebühren, Dolmetschergebühren und Barauslagen sind im gegenständlichen Verfahren nicht angefallen.

3.10.4. Ein Ersatz der Eingabegebühr wurde im gegenständlichen Verfahren vom Beschwerdeführer - ohne nähere Begründung - beantragt. Für diesen gibt es jedoch keine rechtliche Grundlage, insbesondere wird die Eingabegebühr auch in § 35 VwGVG nicht als Aufwand genannt.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr spricht die gegenständliche Tatsachenlastigkeit des vorliegenden Falles gegen das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Befreiungsantrag, Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Folgeantrag,
Fortsetzung der Schubhaft, Kostenersatz, mangelnder
Anknüpfungspunkt, Mittellosigkeit, Mitwirkungspflicht,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W186.2201845.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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