Entscheidungsdatum
21.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W186 2109122-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit NIGERIA, vertreten die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2015, Zahl:
1065665300-150706178, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 20.06.2015 bis 29.06.2015 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) gelangte am 21.04.2015 von ITALIEN kommend illegal in das Bundesgebiet und stellte am 22.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF zuvor bereits 2007 in GRIECHENLAND und am 07.04.2015 in UNGARN einen Asylantrag gestellt hatte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) richtete unter Hinweis auf die EURODAC-Treffermeldung bezüglich der Asylantragstellung des BF in UNGARN ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an UNGARN. UNGARN stimmte der Wiederaufnahme des BF mit Schreiben vom 11.05.2015 zu.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 26.05.2015 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass UNGARN gemäß 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach UNGARN zulässig sei.
Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft. Mangels Bekanntgabe einer Abgabeadresse erfolgte die Zustellung des Bescheides durch Aushang.
Der BF bezog von 22.04.2015 bis 04.05.2015 Leistungen aus der Grundversorgung und wurde am 04.05.2015 wegen unbekannten Aufenthaltes von der Grundversorgung abgemeldet. Der BF war unbekannten Aufenthaltes und begründetet keine Meldeadresse.
Mit Schreiben des BFA vom 13.05.2015 an die ungarischen Dublin Behörden wurde mitgeteilt, dass sich die Überstellungsfrist aufgrund des Untertauchens des Beschwerdeführers auf 18 Monate verlängert.
Der BF wurde am 19.06.2015 an einem Ort in 1120 WIEN, an dem sich immer wieder gerichtlich strafbare Handlungen (Suchtgifthandel) im Zuge einer polizeilichen Kontrolle betreten. Der BF wies sich lediglich mit einer Bestätigung "Flüchtlingsprojekt UTE BOCK" aus, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass mangels Ausweis des BF keine Anmeldung erfolgen könne. Der BF wurde daraufhin gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL überstellt.
Der BF wurde am 20.06.2015 zur beabsichtigen Schubhaftverhängung niederschriftlich vom Bundesamt einvernommen. Hierbei gab er im Wesentlichen an, über € 6,-- an Barmittel zu verfügen und von Freunden respektive der Caritas Unterstützung zu erhalten. In Österreich habe er nur Freunde und keine anderen Verwandten. Er wolle nicht nach UNGARN zurückkehren, da es dort nicht gut für seine Gesundheit sei.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.06.2015, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag um 13:30 Uhr, wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 1 FPG, BGBl I Nr. 100/2005 idgF iVm § 9a Abs. 4 FPG-DV BGBl. II Nr. 450/2005 idgF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.
Die belangte Behörde traf im angefochtenen Bescheid nachstehende Feststellungen:
Der BF sei nicht österreichischer Staatsbürger und halte sich illegal im Bundesgebiet auf. Er verfüge über keinen Wohnsitz und keinen Meldezettel und habe keine Krankenversicherung. Auch habe er beinahe keine Barmittel. Seinen Angaben entsprechend stamme er aus Nigeria. Das Asylbegehren sei durchsetzbar und rechtskräftig zurückgewiesen worden. Es bestehe gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung nach UNGARN. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist. Kurz nach Stellen seines Asylantrages sei der BF im Bundesgebiet untergetaucht. Im bisherigen Verfahren habe sich der BF unkooperativ verhalten, indem er im Verfahren nach dem AsylG nicht mitgewirkt habe. Anstatt seiner Verpflichtung zur Ausreise nachzukommen halte sich der BF an seinem unrechtmäßigen Aufenthalt fest. Er habe sich durch das von ihm gesetzte Verhalten im Verfahren als ausreiseunwillig, unkooperativ und nicht zuverlässig erwiesen. Er sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Es würden auch keine verfahrensrelevanten familiären Bindungen zu Österreich bestehen.
Beweiswürdigend verwies das Bundesamt auf den Inhalt des BFA-Aktes sowie auf die Einvernahme des BF am 20.06.2015.
Rechtlich führte der angefochtene Bescheid aus, dass die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung erforderlich sei, da sich der BF bereits einmal dem Verfahren durch Untertauchen im Bundesgebiet entzogen habe. Auch am 19.06.2016 habe er sich den Behörden nicht aus eigenem zur Fortführung seines Verfahrens gestellt, sondern sei er im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen worden. Es sei davon auszugehen, dass der BF auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Er sei im Bundesgebiet weiterhin unsteten Aufenthalts. Aus diesen Gründen sei der Tatbestand des § 9a Abs. 4 Z 1 der FPG-DV als vorliegend zu erachten. Aus der Wohn- und Familiensituation, der fehlenden sozialen Verankerung in Österreich, sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich des BF noch immer ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Von der Verhängung gelinderer Mittel habe ebenfalls Abstand genommen werden müssen. Die finanzielle Sicherheitsleistung sei aufgrund der finanziellen Situation des BF von vornherein nicht in Betracht gekommen. Der BF sei im Bundesgebiet nicht gemeldet und habe seinen illegalen Aufenthalt im Verborgenem fortgesetzt. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten oder die periodische Meldeverpflichtung betreffe, könne im Fall des BF nicht das Auslangen gefunden werden. Im Fall des BF bestehe aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Es sei auch aufgrund des Gesundheitszustandes des BF davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie die Haftfähigkeit des BF, gegeben seien.
Unter einem wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 20.06.2015, dem BF zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
Das Bundesamt hielt mit Aktenvermerk vom 24.06.2015 fest, dass die Überstellung des BF nach UNGARN für den 29.06.2015 vorgesehen sei.
3. Mit Schriftsatz vom 24.06.2015, hg. eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seinen im Spruch genannten Vertreter fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20.06.2015 und die fortdauernde Anhaltung. Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Schubhaftnahme und die Anhaltung für rechtswidrig erklären, den bekämpften Bescheid beheben, in eventu die ordentliche Revision zulassen, im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung nicht vorliegen, und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß der VwG-Aufwandersatz-VO auferlegen, dem BF unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beigeben, sowie den BF von der Eingabengebühr befreien.
Begründend wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass § 9a Abs. 4 FPG-DV gesetzwidrig sei, eine erhebliche Fluchtgefahr nicht vorliege, sowie dass angesichts der Aufhebung des § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG durch den VfGH am 12.03.2015 Unklarheiten bezüglich Rechtsmittelfristen, Einbringungsstellen und sonstiger anzuwendender Verfahrensvorschriften vorliegen würden.
4. Das Bundesamt legte am 25.06.2015 die Beschwerde vor und erstattete eine Stellungnahme, in der es ausführte:
"Der Beschwerdeführer (Bf) gelangte erstmalig am 21.04.2015 illegal aus Italien in das Bundesgebiet und stellte am 22.04.2015 einen Asylantrag.
Er gab sich als Staatsangehöriger von Nigeria aus, verfügte über keinerlei Dokumente. Seine Identität ist bis dato ungeklärt.
Laut geschilderter Reiseroute in der Erstbefragung verbrachte er bereits längere Aufenthalte im EU-Bereich, in Griechenland, Italien und Ungarn.
Ein EURODAC - Abgleich ergab insgesamt 3 Treffer: 2 von Ungarn (jeweils 07.04.2015) und einen von Griechenland (vom 30.11.2007)
Der BF erklärte sich schon in der Erstbefragung nicht bereit nach Ungarn zurückzukehren.
Er war vom 22.04.2015 - 02.05.2015 in der Betreuungsstelle Ost untergebracht und anschließend in einer Unterkunft in Fieberbrunn. Dieses zugewiesene Quartier verließ er in weiterer Folge unangemeldet und tauchte unter. Am 04.05.2015 wurde er von der Grundversorgung abgemeldet.
Sein Asylverfahren wurde mit 10.06.2015 rechtskräftig zurückgewiesen und mit einer durchsetzbaren Anordnung zur Außerlandesbringung verbunden. Die Zustellung erfolgte durch Aushang.
Am 19.06.2015 wurden von Beamten der PI Preindlgasse in Wien 12 im Bereich der Steinbauergasse in Meidling Streifen durchgeführt, da sich in diesem Bereich immer wieder gerichtlich strafbare Handlungen (SG- Handel) ereignen.
In Wien 12, Steinbauergasse 36, bei der dortigen Bushaltestelle, konnte der Bf. wahrgenommen werden. Er wies lediglich eine Bestätigung des "Flüchtlingsprojekts Ute Bock" vor,
in welchem ausgeführt wurde, dass der Bf mangels Ausweis nicht angemeldet werden konnte.
Aufgrund der rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung erfolgte die Festnahme und es wurde die Direkteinlieferung ins PAZ Hernalser Gürtel verfügt.
Er wurde am 20.06.2015 nach Einlieferung in das PAZ vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen:
Er nächtigte laut Angabe bei der Caritas in der Nähe der U-Bahn Station Längenfeldgasse, eine Adresse konnte er nicht nennen. Er besaß lediglich 6 Euro, lebte durch Unterstützung von Freunden und erhielt Essen von der Caritas.
Der BF bekräftigte neuerlich, dass er nicht mehr nach Ungarn zurück wollte und brachte vor, dass er im Lager in Ungarn Probleme gehabt hätte, sein ganzer Körper hätte gejuckt und wenn er dort geblieben wäre, wäre er gestorben.
Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Es bestehen keinerlei Beziehungen und Bindungen zum Bundesgebiet.
Über den Bf. wurde mit Mandatsbescheid gem. Art. 28 der Verordnung (EU) 604/2013 i.V.m § 9 a Abs. 4 der Fremdenpolizei-Durchführungsverordnung i.V.m. § 76 Abs. 1 FPG am 20.06.2015, um 13:30 Uhr die Schubhaft verhängt.
Aus dem gesamten bisherigen Verhalten des Bf. leitet sich eindeutig eine erhebliche Fluchtgefahr ab, und wurde dies auch im Schubbescheid begründet.
Aufgrund der bereits aufliegenden Zustimmung zur Rücknahme durch die ungarischen Behörden ist eine baldige Überstellung nach Ungarn möglich und diese ist für 29.06.2015/10:00 Uhr vorgesehen.
Der Schubbescheid wurde zu Recht erlassen."
Unter einem wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde abweisen, gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, sowie den BF zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verpflichten.
Der BF wurde am 29.06.2015 nach Italien überstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Zur Person:
Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht nicht fest; er ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Der BF stellte im Bundesgebiet am 22.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig mit Bescheid des BFA vom 26.05.2015 wegen der Zuständigkeit UNGARNS als unzulässig zurückgewiesen. Aufgrund des Untertauchens des BF und der Nichtbekanntgabe einer Abgabestelle wurde der Bescheid dem BF durch Aushang zugestellt.
Zum Sicherungsbedarf:
Der BF stellte zuvor bereits in GRIECHENLAND und UNGARN jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz und reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wo er am 22.04.2015 ebenfalls einen Asylantrag stellte.
Er bezog bis 04.05.2015 Leistungen aus der Grundversorgung und tauchte nicht einmal zwei Wochen nach Stellung seines Asylantrages im Bundesgebiet unter. Er entzog sich seiner Außerlandesbringung und trat melderechtlich nicht mehr in Erscheinung.
Der BF trat nicht von sich aus an die Behörden heran, sondern wurde im Zuge einer polizeilichen Zufallskontrolle am 19.06.2015 in 1120 WIEN beim unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet betreten. Er wurde nach den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen und in das PAZ HERNALSER GÜRTEL eingeliefert.
Am Folgetag wurde der BF zur beabsichtigen Schubhaftverhängung niederschriftlich vom Bundesamt einvernommen. Im Anschluss der Einvernahme wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Das Bundesamt organisiert am 24.06.2015 die Abschiebung des BF für den 29.06.2015 nach UNGARN.
Der BF verfügte im Inland weder über eine berufliche noch eine familiäre Integration. Er verfügte nicht über ausreichend Barmitteln um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren. Er verfügt über ein soziales Netz, dass ihm den Aufenthalt im Verborgenen bis zu seiner Festnahme ermöglicht hat und auch weiterhin ermöglicht hätte.
Der BF hätte sich seiner Überstellung nach UNGARN auf freiem Fuß entzogen.
Der BF war haftfähig.
Der Beschwerdeführer befand sich von 20.06.2015 bis 29.06.2015 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL vollzogen wurde.
Er wurde am 29.06.2015 nach UNGARN überstellt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den hg. Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zu den Voraussetzungen der Schubhaft basieren ebenfalls auf den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Angabe, dass sich der BF einer Überstellung nach UNGARN auf freiem Fuß entzogen hätte fußte einerseits auf seinem Vorverhalten, sowie andererseits auf seiner Aussage im Zuge der Einvernahme vor dem BFA, wonach der angab nicht nach UNGARN zurückzuwollen.
Die Haftfähigkeit resultierte auf dem Umstand, dass weder der BF im Zuge der Einvernahme noch in der Beschwerde ein die Haftfähigkeit ausschließendes Vorbringen erstattet wurde.
Die Angaben, dass der Beschwerdeführer nicht einmal zwei Wochen nach seiner Asylantragsstellung die Grundversorgung ausschlug und untertauchte, beruhen auf einem Auszug aus dem GVS.
Die Angaben zur Organisation der Überstellung und der Überstellung am 29.06.2015 nach UNGARN fußen auf dem Verwaltungsakt;
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 76 Abs. 5 FPG aF war die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser war gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus einem anderen Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes (Z 1) und Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3). Im 8. Hauptstück des FPG werden u.a. Schubhaft und gelinderes Mittel geregelt.
Gemäß dem mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelten § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
§ 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 ua. aufgehoben. Sie lauteten:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet."
Der Verfassungsgerichtshof sprach zudem aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung trat am der Kundmachung in BGBl. I 41/2015 folgenden Tag, dem 15.04.2015, in Kraft.
In seinem Erkenntnis vom 12.03.2015, E 4/2014, erläuterte der Verfassungsgerichtshof die bereinigte Rechtslage wie folgt:
"Nach der Aufhebung des § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG durch den Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vorliegenden Beschwerde sind im Anlassfall, soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Verhängung der Schubhaft" mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Jänner 2014 richtet, die allgemein für Beschwerden gegen Bescheide geltenden Bestimmungen anzuwenden. Demnach bildet die Grundlage für die Erhebung einer Beschwerde gegen den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Schubhaftbescheid an das Bundesverwaltungsgericht nunmehr § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG. Soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Anhaltung seit 08.01.2014" wendet, liegt hingegen eine Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG). Die Beurteilung, ob die Anhaltung des Beschwerdeführers im Zeitraum zwischen dem 8. Jänner 2014 und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einen (etwa vom zugrunde liegenden Bescheid nicht mehr gedeckten) Akt unmittelbarer Zwangsgewalt oder eine bloße Vollstreckungsmaßnahme darstellt (vgl. VfSlg 10.978/1986 mwH, 12.340/1988; VfGH 12. März 2015, G151/2014 ua., Rz 39) obliegt - nach Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit die Beschwerde abgewiesen wurde, - dem Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren."
Am 19.06.2015 traten in Entsprechung des Erkenntnisses VfGH 12.03.2015, G 151/2014 ua., (s. RV 582 BlgNR 25. GP 7) § 22a Abs. 1, 1a und 2 BFA-VG in Kraft.
Diese lauten wie folgt:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid (vom Beschwerdeführer auch "Inschubhaftnahme" tituliert) zuständig. Es gelten die allgemein für Bescheidbeschwerden vorgesehenen Bestimmungen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A.I.) Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft
Das Bundesamt stützte den angefochtenen Bescheid auf Art. 28 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 1 FPG BGBl. I Nr. 100/2005 und § 9a Abs. 4 FPG-DV BGBl II Nr. 450/2005:
Gemäß Art. 28 Dublin-III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.
Der Beschwerdeführer wurde zum Zwecke der Überstellung nach UNGARN in Haft gehalten. Die Dublin Konsultationen mit UNGARN wurden bereits vor der Inschubhaftnahme geführt, UNGARN stimmte der Wiederaufnahme des BF mit Schreiben vom 11.05.2015 zu. Das BFA informiert UNGARN über die Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß § 29 Abs. 2 Dublin III-VO aufgrund des Untertauchens des BF mit Schreiben vom 13.05.2015.
"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Gemäß § 76 Abs. 1 FPG aF konnten Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig war, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, durfte Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
Gegen den Beschwerdeführer bestand zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung nach UNGARN. Ungarn erklärte sich zur Wiederaufnahme des BF bereit und wurde über die Verlängerung der Überstellungsfrist informiert. Die Schubhaft wurde sohin zutreffend zur Sicherung der Abschiebung nach UNGARN verhängt.
Am 29.05.2015 trat § 9a Abs. 4 FPG-DVO in Kraft, kundgemacht in BGBl. II 143/2015, der bis 19.07.2015 galt. Dieser lautete:
"Grundsätze bei der Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG
§ 9a. [...]
Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr im Sinne des § 76 FPG liegen vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 31, zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes."
Der Bescheid wurde zutreffender weise auf die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch anwendbare Bestimmung des § 9a Abs. 4 FPG-DV gestützt. Mit Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 (FrÄG 2015) am 20.07.2015 wurde der Text des gleichzeitig, mit 19.07.2015 wieder außer kraftgetretenen §9a Abs. 4FPG-DV idF BGBl. II. Nr. 143/2015 in den § 76 Abs. 3 FPG übernommen.
Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid zutreffend fest, dass der BF die Außerlandesbringung durch sein Untertauchen im Bundesgebiet behinderte, da der BF nicht einmal zwei Wochen nach seiner Asylantragsstellung und noch vor Abschluss seines Asylverfahrens das Quartier der Grundversorgung verließ und untertauchte (§ 9a Abs. 4 Z 1 FPG-DV).Auch bestand zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung, wie die belangte Behörde richtigerweise im Bescheid ausführte, eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme, nämlich die Außerlandesbringung des BF nach UNGARN, weshalb auch die Z 3 des §9a Abs. 4 FPG-DV als erfüllt anzusehen war. Ebenso stützte die belangte Behörde das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid auf § 9a Abs. 4 Z 9 FPG-DV:
Der BF verfügte zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung weder über familiäre noch berufliche Anknüpfungspunkte. Er verfügte nicht über genügend Barmittel um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren und war behördlich nicht gemeldet. Er verfügte über ein soziales Netz im Bundesgebiet das ihm bisher den verborgenen Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht hatte und auch weiterhin ermöglicht hätte.
Sofern die Beschwerde vorbringt, dass es für die Anhaltung in Schubhaft zum relevanten Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage gegeben habe, ist auf obige Ausführungen zu § 9a Abs. 4 FPG-DV bzw. §22a BFA-VG hinzuweisen.
Der belangten Behörde ist auch Recht zu geben, wenn diese davon ausging, dass mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte:
Aufgrund des Vorverhaltens des BF, wonach er in GRIECHENLAND und UNGARN bereits einen Asylantrag gestellt hatte, unrechtmäßig nach Österreich einreiste, im Bundesgebiet abermals einen Asylantrag stellte und nicht einmal zwei Wochen nach Antragsstellung und noch vor der bescheidmäßigen Erledigung seines Asylantrages das Quartier der Grundversorgung verließ und untertauchte, konnte zutreffender Weise davon ausgegangen werden, dass mit der Verhängung gelinderer Mittel der Sicherungszweck nicht erreicht werden habe können und der BF im Falle einer Freilassung abermals untergetaucht wäre.
Der BF war bei Inschubhaftnahme und während seiner Anhaltung gesund und haftfähig.
Mit der Möglichkeit der Abschiebung war auch tatsächlich zu rechnen:
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Auf Grund der zügig organisierten Abschiebung des Beschwerdeführers und der vorliegenden Zustimmung UNGARNS zur Übernahme des BF war mit der Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der Schubhafthöchstdauer jedenfalls zu rechnen gewesen.
Auch die Dauer der Schubhaft ist nicht unverhältnismäßig:
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FrPolG 2005 ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweist sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt (VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026; 19.05.2015, Ro 2015/21/0008; 25.04.2014, 2013/21/0209).
Die Anhaltung des BF in Schubhaft, die bis zur Überstellung nach UNGARN neun Tage dauerte, war auch nicht unverhältnismäßig: Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung lag eine durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung des BF nach UNGARN vor, und UNGARN hatte der Übernahme des BF bereits am 11.05.2015 zugestimmt. Das Bundesamt organisiert die Überstellung nach UNGARN am 24.06.2015 für den 29.06.2015.
Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr, der rasch organisierten Abschiebung, der Zustimmung UNGARNS und der gegebenen Haftfähigkeit des BF war die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des BF in Schubhaft daher rechtmäßig.
Sohin war die Beschwerde gegen den Bescheid sowie gegen die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.
Zu A.II. und A.III.) Antrag auf Kostenersatz
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.
3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit €
57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.
Der BF hat der belangten Behörde daher Kosten iHv € 426,20 zu ersetzen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Wie zu Spruchpunkt I. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Rechtslage zu den übrigen Spruchpunkte (Kostenersatz) ist ebenfalls hinreichend geklärt.
Die Revision war daher in Bezug auf alle Spruchpunkte nicht zuzulassen.
Schlagworte
Asylantragstellung, Fluchtgefahr, Kostenersatz, mangelnderEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W186.2109122.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018