Entscheidungsdatum
03.09.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W146 2143417-1/6E
W146 2143418-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2016, Zl. 1057875603-150340807, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG idgF der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2016, Zl. 1057875505-150340823, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG idgF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
Die Erstbeschwerdeführerin und der minderjährige Zweitbeschwerdeführer stellten am 04.04.2015 Anträge auf internationalen Schutz.
Anlässlich der Erstbefragung am 04.04.2015 vor der PI Traiskirchen gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie staatenlos und Palästinenserin sei. Zum Fluchtgrund führte sie aus, dass im Flüchtlingslager XXXX gekämpft worden sei und dieses auch bombardiert worden sei. Aus Angst um ihr Leben seien sie in den Libanon geflüchtet. Den Libanon hätten sie verlassen, weil sie dort schlecht behandelt worden seien. Ihr Mann sei krank und sei daher bei ihren drei Kindern geblieben. Ihr Sohn XXXX sei verletzt. Er habe Splitter am ganzen Körper und sei bereits am Herz operiert worden. Bei einer Rückkehr habe sie Angst, im Krieg getötet zu werden. Ihre Angaben würden auch für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer gelten, er habe überdies keine eigenen Fluchtgründe.
Dabei legten die Beschwerdeführer ihre am 10.06.2012 im "Pals Center" ausgestellten syrischen Reisepässe für staatenlose Palästinenser vor.
Am 29.08.2016 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab sie an, dass ihr Sohn XXXX und ihre Tochter XXXX im Libanon leben würden. Ihr Sohn XXXX würde in Deutschland leben, er sei dort Asylwerber. Von ihrem Ehemann, der im Libanon leben würde, habe sie sich traditionell scheiden lassen. Sie hätten sich schon während ihrer Ehe nicht gut verstanden.
Die Frage, ob ihr Sohn XXXX eigene Fluchtgründe habe, verneinte die Erstbeschwerdeführerin.
Sie sei staatenlose Palästinenserin aus Syrien.
Ihre Schwester und ein Bruder seien in Österreich als Asylberechtigte aufhältig. Ein weiterer Bruder sei in Österreich Asylwerber.
Ihr Vater lebe im Libanon. Ihre Mutter sei bereits verstorben.
Zum Fluchtgrund befragt führte sie aus, im August 2012 sei ihr Stadtviertel " XXXX " willkürlich beschossen worden und ihr Sohn XXXX sei durch eine Bombe verletzt worden. Er sei teilweise in Syrien behandelt worden, weil er Splitter in seinem Körper gehabt habe. Die Behörde hätten damals auch die Verletzten festgenommen, weil sie geglaubt hätten, dass diese durch Kämpfe gegen die Regierung passiert seien. Sie hätten dann ihren Sohn im Libanon behandeln wollen. Wegen des Krieges und den willkürlichen Schüssen hätten sie Syrien verlassen. Die Erstbeschwerdeführerin sei mit ihrer Familie 3 Jahre im Libanon gewesen. Im Februar 2015 habe sie mit dem Zweitbeschwerdeführer den Libanon verlassen und sie seien über Syrien in die Türkei gereist.
Ihr Vater, ihr Ex-Mann und ihre Geschwister würden im Libanon von UNRWA unterstützt.
Dabei legte die Erstbeschwerdeführerin eine Kopie ihrer UNRWA Karte, zwei Seiten in Kopie aus dem Personenregisterauszug und zwei Seiten in Kopie des Familienbuchs vor.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2016 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 25.11.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde zunächst festgestellt, dass die Identität der Beschwerdeführer feststehe. Sie seien staatenlose Palästinenser aus Syrien, würden der Volksgruppe der Araber und der sunnitischen Glaubensrichtung angehören.
Die Erstbeschwerdeführerin sei in XXXX geboren. Der Zweitbeschwerdeführer sei in Syrien geboren. Der Zweitbeschwerdeführer sei der Sohn der Erstbeschwerdeführerin.
Die Erstbeschwerdeführerin habe ein Vorbringen zu einer Verfolgung und zu Verfolgungshandlungen in Syrien aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft machen können.
Es hätten sich aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben.
Zum Zweitbeschwerdeführer wurde ausgeführt, dass seine gesetzliche Vertretung keine eigenen Fluchtgründe für ihn vorgebracht habe. Da auch keinem anderen Familienmitglied der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, komme auch für ihn die Zuerkennung aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens nicht in Betracht.
Mit den gegen oben angeführte Bescheide fristgerecht erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführer wurden die jeweiligen Spruchpunkte I. angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer Ende 2012 mit ihrer Familie aufgrund der gefährlichen Lage in den Libanon gereist seien. Infolge von Bombenbeschüssen sei ein Sohn der Erstbeschwerdeführerin verletzt worden und sie hätten befürchtet, verdächtigt zu werden, der gegnerischen Seite anzugehören. Aus Angst vor dem Krieg und auch der damit verbundenen Gefahr für die Söhne der Erstbeschwerdeführerin, sei die Familie in den Libanon geflüchtet. Auch im Libanon seien die Beschwerdeführer nicht davor geschützt gewesen, an den Kontrollposten kontrolliert und verdächtigt zu werden. Vor einer Abschiebung nach Syrien hätten sich die Beschwerdeführer zu keiner Zeit gewahrt fühlen können.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind staatenlose Palästinenser aus Syrien sowie Angehörige der arabischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis und führen die im Spruch genannten Namen. Die Erstbeschwerdeführerin ist von ihrem Ehemann traditionell geschieden.
Die Beschwerdeführer sind als Flüchtlinge bei der UNRWA in XXXX registriert. Sie verließen das Einsatzgebiet der UNRWA wegen des Kriegs in Syrien und gingen zunächst in den Libanon.
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers.
Im Falle einer Rückkehr besteht für die alleinerziehende Erstbeschwerdeführerin die Gefahr, unmenschliche Behandlung zu erfahren.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2016 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 25.11.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerden.
Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit über 50 Jahren, seit Hafez al-Assad 1963 mit fünf anderen Offizieren einen Staatsstreich durchführte und sich dann 1971 als der Herrscher Syriens ernannte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad diese Position. Seit dieser Zeit haben Vater und Sohn keine politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche, eine politische Alternative zu schaffen, wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt. 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten. Bei dieser Wahl gab es erstmals seit Jahrzehnten zwei weitere mögliche, jedoch relativ unbekannte Kandidaten. Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten, wodurch ein großer Teil der syrischen Bevölkerung nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Die Wahl wurde als undemokratisch bezeichnet. Die syrische Opposition bezeichnete sie als "Farce".
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Am 13. April 2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden. Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Jeder der 200 Kandidaten auf der Liste der "Nationalen Einheit" bekam einen Parlamentssitz. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen.
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten.
Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierte Gebiete aufgeteilt.
Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer, die noch nicht aus Syrien geflohen sind, lebt. Verschiedene oppositionelle Gruppen mit unterschiedlichen Ideologien und Zielen kontrollieren verschiedene Teile des Landes. Vielfach errichten diese Gruppierungen Regierungsstrukturen bzw. errichten sie wieder, inklusive irregulär aufgebauter Gerichte. Seit 2016 hat die Regierung große Gebietsgewinne gemacht, jedoch steht noch beinahe die Hälfte des syrischen Territoriums nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Alleine das Gebiet, welches unter kurdischer Kontrolle steht, wird auf etwa ein Viertel des syrischen Staatsgebietes geschätzt.
Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz und schiitische Milizen aus dem Irak unterstützen das syrische Regime militärisch, materiell und politisch. Seit 2015 schickte Russland auch Truppen und Ausrüstung nach Syrien und begann außerdem Luftangriffe von syrischen Militärbasen aus durchzuführen. Während Russland hauptsächlich auf von Rebellen kontrollierte Gebiete abgezielt, führt die von den USA geführte internationale Koalition Luftangriffe gegen den IS durch.
Im Norden Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen und von den Kurden Rojava genannt werden. Noch sind die beiden größeren von Kurden kontrollierten Gebietsteile voneinander getrennt, das Ziel der Kurden ist es jedoch entlang der türkischen Grenze ein zusammenhängendes Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Ton zwischen Assad und den an der Seite der USA kämpfenden syrischen Kurden hat sich in jüngster Zeit erheblich verschärft. Assad bezeichnete sie zuletzt als "Verräter". Das von kurdischen Kämpfern dominierte Militärbündnis der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) konterte, Assads Regierung entlasse "Terroristen" aus dem Gefängnis, damit diese "das Blut von Syrern jeglicher Couleur vergießen" könnten.
(Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, S. 8ff.)
Folter und unmenschliche Behandlung
Willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folter und Verschwindenlassen durch die Einheiten der Regierung sind weit verbreitet und systemisch in Syrien und geschehen zudem in einem Klima der Straflosigkeit. Folter wird eingesetzt, um an Informationen zu gelangen und um die Zivilbevölkerung zu bestrafen und zu terrorisieren. Folter und andere Misshandlungen wurden durch das syrische Regime schon seit Jahrzehnten genutzt, um Widerstand zu unterdrücken. Das syrische Regime und die mit ihm verbündeten Milizen begehen physische Misshandlungen und Folter an Oppositionellen und Zivilisten.
Regierungsangestellte misshandeln Gefangene. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und auch von Minderjährigen sind weitverbreitet und werden als Kriegstaktik eingesetzt. Manche Opfer von Folter werden festgenommen, weil sie Aktivisten sind, oder weil sie nicht als ausreichend regimetreu wahrgenommen werden. Mitglieder oder Verwandte von Mitgliedern bewaffneter Gruppen werden auch Opfer von Folter. Berichten zufolge wurden Familienmitglieder durch die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung festgenommen, darunter auch Kinder, um gesuchte Personen dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften zu stellen. Menschenrechtsgruppen zufolge hat das Regime seit März 2011 zwischen 17.500 und 60.000 Männer, Frauen und Kinder zu Tode gefoltert oder exekutiert.
Rebellengruppierungen begehen ebenfalls schwere Menschenrechtsverletzungen, wie Inhaftierungen, Folter, Hinrichtungen von (als solche wahrgenommenen) Andersdenkenden und Rivalen. Manche oppositionelle Gruppen fügen Gefangenen, von denen vermutet wird, sie wären Mitglieder von regierungstreuen Milizen, schweren körperlichen und psychischen Schmerz zu, um Informationen oder Geständnisse zu erlangen, oder als Bestrafung oder Zwangsmittel. Auch der IS begeht Misshandlungen, Folter, Bestrafungen von Individuen, und agiert mit Brutalität. Der IS bestraft regelmäßig Opfer in der Öffentlichkeit und zwingt Bewohner, inklusive Kindern, Hinrichtungen und Amputationen mitanzusehen.
(Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, S. 34)
Sunniten
In Syrien gibt es keine offizielle Staatsreligion, wobei die Verfassung jedoch vorsieht, dass der syrische Präsident Muslim sein muss. Die anhaltende Vertreibung der syrischen Bevölkerung führt zu einem gewissen Grad an Unsicherheit, was demographische Daten betrifft, Schätzungen der US-Regierung zufolge dürften die Sunniten 74% der Bevölkerung stellen, wobei diese ethnische Araber, Kurden, Tscherkessen, Tschetschenen und Turkmenen inkludieren. Andere muslimische Gruppen, einschließlich Alawiten, Ismailiten und Zwölfer Schiiten machen zusammen 13% aus, die Drusen 3%. Verschiedene christliche Gruppen bilden die verbleibenden 10%, wobei laut Medien- und anderen Berichten davon auszugehen ist, dass viele Christen aufgrund des Bürgerkrieges das Land verließen, und die Zahl nun bedeutend geringer ist. Vor dem Bürgerkrieg gab es in Syrien ungefähr 80.000 Jeziden. Diese Zahl könnte aufgrund des Zuzugs von Jeziden, die aus dem Irak nach Syrien flüchteten, mittlerweile höher sein.
Die syrische Regierung und die mit ihr verbündeten schiitischen Milizen töten, verhaften und misshandeln Sunniten und Mitglieder von bestimmten Minderheiten physisch, als Teil der Bemühungen den bewaffneten Aufstand von oppositionellen Gruppierungen niederzuschlagen. Laut mehreren Beobachtern des Konfliktes wandte das Regime Taktiken an, die darauf abzielten die extremsten Elemente der sunnitisch-islamistischen Opposition zu stärken, um den Konflikt dahingehend zu formen, dass dieser als ein Konflikt gesehen wird, in dem eine religiös moderate Regierung einer religiös extremistischen Opposition gegenübersteht.
Die Revolution wurde somit mit der sunnitischen Bevölkerung assoziiert, die Regierung zielte Berichten zufolge auf Städte und Nachbarschaften mit Belagerung, Beschuss und Luftangriffen auf Basis der Religionszugehörigkeit der Bewohner ab. Während sich Rebellen in Statements und Veröffentlichungen explizit als sunnitische Araber oder sunnitische Islamisten identifizierten und eine Unterstützerbasis haben, die fast ausschließlich aus Sunniten besteht, und dadurch das Abzielen der Regierung konfessionell motiviert erscheint, merkten Beobachter jedoch an, dass zweifellos auch andere Motivationen für die Gewalt existierten. Experten argumentierten, dass Gewalt auf beiden Seiten oft religiös motiviert sei. Auch der IS ist für Menschenrechtsverletzungen Sunniten gegenüber verantwortlich.
Dies führte dazu, dass manche Mitglieder religiöser Minderheiten die Regierung Präsident Assads als ihren einzigen Beschützer gegen gewalttätige sunnitisch-arabische Extremisten sehen. Gleichzeitig sehen sunnitische Araber viele der syrischen Christen, Alawiten und schiitischen Muslime aufgrund ihrer fehlenden Unterstützung oder Neutralität gegenüber der syrischen Revolution als mit der syrischen Regierung verbündet an. Die Minderheiten sind zwischen den konfessionellen Spannungen gefangen und in ihrer Loyalität gespalten. Viele entschieden sich dafür, das Regime zu unterstützen, da sie sich Schutz durch die syrische Regierung erhoffen, während andere Mitglieder von Minderheiten auf der Seite der Opposition stehen.
Die alawitische Gemeinde, zu der Bashar al-Assad gehört, genießt einen privilegierten Status in der Regierung und dominiert auch den staatlichen Sicherheitsapparat und das Militär. Nichtsdestotrotz werden auch alawitische oppositionelle Aktivisten Opfer von willkürlichen Verhaftungen, Folter, Haft und Mord durch die Regierung. Alawitische Gemeinden und schiitische Minderheiten werden aufgrund ihrer wahrgenommenen Unterstützung des Regimes außerdem zu Opfern von Angriffen durch aufständische extremistische Gruppen. Durch den Aufstieg und die Verbreitung von extremistischen bewaffneten Gruppen seit 2014 werden Minderheiten vermehrt Menschenrechtsverletzungen durch diese Organisationen ausgesetzt. Gruppierungen wie der IS oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Minderheiten, in Gebieten unter ihrer Kontrolle Angriffen und Unterdrückung ihrer Religionsfreiheit aus, und bestrafen jene hart, die gegen ihre Kontrolle sind.
In Gebieten, welche der IS kontrolliert, wurden Christen gezwungen eine Schutzsteuer zu zahlen, zu konvertieren oder liefen Gefahr getötet zu werden. In Raqqa hielt der IS tausende jesidische Frauen und Mädchen, die im Irak entführt und nach Syrien verschleppt wurden, gefangen, um sie zu verkaufen, oder um sie an seine Kämpfer als Kriegsbeute zu verteilen. Jabhat Fatah ash-Sham und einige verbündete Rebellengruppen zielen im Norden des Landes mit Bomben und Selbstmordattentaten auf Drusen und Schiiten ab, was laut Jabhat Fatah ash-Sham eine Reaktion auf das "Massaker an Sunniten" durch die Regierung sei. Oppositionelle Gruppen entführen Mitglieder religiöser Minderheiten. Da sich die Motive politischer, ethnischer, konfessioneller und religiöser Gewalt überschneiden, ist es schwierig, Übergriffe als lediglich religiös motiviert zu kategorisieren.
(Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, S. 53ff.)
Frauen
Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind. Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation und vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte. Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt. In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab.
Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen. In Raqqa gründete der IS die "al-Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzen soll. Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet.
Frauen, deren Ehemänner als vermisst gelten, können sich unter bestimmten Umständen weder scheiden lassen, noch gelten sie als Witwen, solange es keinen Beweis für den Tod des Ehemannes gibt. Wenn der Ehemann vermisst wird, bleibt er dennoch der Vormund der Ehefrau, und sie gilt rechtlich weiterhin als verheiratet. Gleichzeitig hat sie aber den Ernährer der Familie verloren und ist so von ihrer Verwandtschaft abhängig. Dies gilt auch für Frauen, deren Männer inhaftiert sind, und die nicht wissen, ob diese überhaupt noch am Leben sind. Es gibt keinen rechtlichen Schutzmechanismus, der diesem Problem entgegenwirken würde. Dies kann zur Vulnerabilität von Frauen führen und sie dem Risiko einer Ausbeutung aussetzen, welche auch von Verwandten ausgehen kann.
Sexuelle Gewalt und deren Folgen
Vergewaltigungen sind weit verbreitet und die Regierung und deren Verbündete setzten Vergewaltigungen gegen Frauen, aber auch gegen Männer und Kinder ein, welche als der Opposition zugehörig wahrgenommen werden, um diese zu terrorisieren oder zu bestrafen. Das tatsächliche Ausmaß von sexueller Gewalt in Syrien lässt sich nur schwer einschätzen, weil viele Vergehen nicht angezeigt werden. Es passieren auch Vergewaltigungen durch Wächter und Sicherheitskräfte in Haftanstalten. Frauen und Mädchen sind besonders im Kontext von Hausdurchsuchungen, an Checkpoints, in Haftanstalten, an Grenzübergängen und nach einer Entführung durch regierungstreue Einheiten von sexueller Gewalt betroffen, während Männer und Jungen vor allem während Verhören in Haftanstalten der Regierung von sexueller Gewalt betroffen sind. Vergewaltigung außerhalb der Ehe ist zwar laut Gesetz strafbar, die Regierung vollstreckt dieses Gesetz jedoch nicht. Außerdem kann der Täter Straffreiheit erlangen, wenn er das Opfer heiratet, um so das soziale Stigma einer Vergewaltigung zu vermeiden. Die gesellschaftliche Tabuisierung von sexueller Gewalt führt zu einer Stigmatisierung von Frauen, die in Haft waren, zur Erniedrigung von Opfern, Familien und Gemeinschaften und zu einer hohen Dunkelziffer bezüglich der Fälle von sexueller Gewalt. Eltern oder Ehemänner verstoßen oftmals Frauen, die während der Haft vergewaltigt wurden oder eine Vergewaltigung auch nur vermutet wird. Es gibt Fälle von Frauen, die nach einer Vergewaltigung Opfer von Ehrenmorden werden. Berichten von NGOs zufolge kam es seit dem Ausbruch des Konfliktes zu einem starken Anstieg bei Ehrenmorden infolge weit verbreiteter Fälle von Vergewaltigungen durch Regierungseinheiten und Ausbeutung durch den IS.
Alleinstehende Frauen
Alleinstehende Frauen sind in Syrien aufgrund des Konfliktes einem besonderen Risiko von Gewalt oder Schikane ausgesetzt, jedoch hängt dies von der sozialen Schicht und der Position der Frau bzw. ihrer Familie ab. Man kann die gesellschaftliche Akzeptanz von alleinstehenden Frauen aber in keinem Fall mit europäischen Standards vergleichen, und Frauen sind potentiell Belästigungen ausgesetzt. In Syrien ist es fast undenkbar als Frau alleine zu leben, da eine Frau ohne Familie keine gesellschaftlichen und sozialen Schutzmechanismen besitzt. Beispielsweise würde nach einer Scheidung eine Frau in den meisten Fällen wieder zurück zu ihrer Familie ziehen. Vor dem Konflikt war es für Frauen unter bestimmten Umständen möglich alleine zu leben, z.B. für berufstätige Frauen in urbanen Gebieten.
Der Zugang von alleinstehenden Frauen zu Dokumenten hängt von deren Bildungsgrad, individueller Situation und bisherigen Erfahrungen ab. Beispielsweise werden ältere Frauen, die immer zu Hause waren, mangels vorhandener Begleitperson und behördlicher Erfahrung nur schwer Zugang zu Dokumenten bekommen können. Im Dezember 2017 hat das von Hay'at Tahrir ash-Sham gestützte Syrian Salvation Government (SSG) in der Provinz Idlib, die großteils von islamistischen Oppositionsgruppen kontrolliert wird, eine Entscheidung verkündet, laut welcher alle Witwen in ihrem Kontrollgebiet mit einem Shari'a-konformen männlichen Familienangehörigen wohnen müssen. Die Meldung warnt auch vor Bestrafung für "jeden der sich nicht nach dieser Regelung richtet", es ist jedoch noch unklar wie die Entscheidung umgesetzt wird.
(Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, S. 57ff.)
Rückkehr
Die Hauptfaktoren, die die Entscheidung zurückzukehren, beeinflussen, sind primär die Wiedervereinigung mit Familienmitgliedern, den Zustand des eigenen Besitzes/Grundstücks zu prüfen und in manchen Fällen auch die tatsächliche oder wahrgenommene Verbesserung der Sicherheitslage in Teilen des Landes. Andere Rückkehrgründe können eine Verschlechterung der ökonomischen Situation am Zufluchtsort oder soziokulturelle Probleme sein.
Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen. Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage des Gesetzes Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt sind.
Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar. Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Assad-Regimes angesehen wird. Das syrische Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden.
Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien. Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland, auch deshalb, um oppositionelle Alternativen zum gegenwärtigen Regime zu unterbinden. Die Regierung überwacht Aktivitäten dieser Art im Ausland, auch in Österreich. Dass die syrische Regierung Kenntnis von solchen Aktivitäten hat, ist wahrscheinlich, und sie hat die Möglichkeit, ihr diesbezügliches Wissen zu nützen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Eine Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten passiert hauptsächlich an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde, weil sich dort eher Informanten der Regierung befinden können. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen.
(Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, S. 81ff.)
Personen, deren Profil irgendeinen Verdacht erregt, insbesondere aus den unter den Risikoprofilen unten beschriebenen Gründen, sind Berichten zufolge dem Risiko einer längeren incommunicado Haft und Folter ausgesetzt.
Für Rückkehrer besteht außerdem das Risiko, inhaftiert zu werden, weil Familienmitglieder von den Behörden gesucht werden, weil sie ihren Militärdienst nicht geleistet haben, weil sie aus einem Gebiet stammen, das sich unter der Kontrolle der Opposition befindet, oder weil sie aufgrund ihrer konservativen Kleidung als religiös wahrgenommen werden. Andere werden ohne bestimmten Grund entsprechend der weit verbreiteten Willkür und des Machtmissbrauchs durch Sicherheitsbeamte inhaftiert und misshandelt.
(UNHCR-Bericht, Relevante Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien; Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Syrien - "illegale Ausreise" aus Syrien und verwandte Themen vom Februar 2017 [deutsche Version April 2017], S. 5ff.)
Risikogruppen
In seinen Richtlinien "zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen" vom November 2017 geht UNHCR u.
a. von folgenden "Risikoprofilen" aus:
-
Frauen (insbesondere Frauen ohne Schutz durch Männer sowie Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden oder einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind)
-
Palästinensische Flüchtlinge
Alle 12 Flüchtlingslager für palästinensische Flüchtlinge und alle 23 palästinensischen Gemeinden waren aufgrund ihrer Lage in den großen Ballungszentren, in denen schwere Kämpfe stattgefunden haben, insbesondere in den Provinzen Dera'a, Damaskus, Damaskus-Umgebung, Homs, Hama, Lattakia und Aleppo, unmittelbar vom Konflikt betroffen, wobei palästinensische Flüchtlinge den gleichen Gefahren ausgesetzt sind wie Syrer, u. a. aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Unterstützung von oder Verbindung zu Kriegsparteien. Berichten zufolge wurden einige palästinensische bewaffnete Gruppen sowie palästinensische Einzelpersonen in den Konflikt hineingezogen, da sie die eine oder andere Kriegspartei unterstützen, was dazu geführt hat, dass die gesamte Gemeinschaft aufgrund ihrer vermeintlichen politischen Einstellung von Vergeltungsmaßnahmen und Übergriffen bedroht ist. In Gebieten, die von der Regierung kontrolliert werden, sind palästinensische Männer im wehrpflichtigen Alter Berichten zufolge gefährdet, von der Regierung und regierungsnahen Truppen zwangsrekrutiert zu werden. Aus einigen Berichten geht hervor, dass palästinensische regierungsnahe Gruppen Kinder rekrutiert haben.
-
Mitglieder religiöser Gruppen (u.a. Sunniten)
Palästinensische Flüchtlinge
Rechtlicher Status der palästinensischen Flüchtlinge in Syrien und das Mandat der UNRWA
Die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) ist entsprechend der Resolution 302 IV (1949) der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einem Mandat zur Förderung der menschlichen Entwicklung palästinensischer Flüchtlinge ausgestattet. Das Mandat wurde jüngst bis zum 30. Juni 2020 verlängert. Per definitionem sind palästinensische Flüchtlinge Personen, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort zwischen 1. Juni 1946 und 15. Mai 1948 Palästina war und die sowohl ihr Zuhause wie auch ihre Mittel zur Lebenshaltung aufgrund des Konflikts von 1948 verloren haben. Dienste von UNRWA stehen all jenen Personen offen, die im Einsatzgebiet der Organisation leben, von der Definition umfasst und bei UNRWA registriert sind, sowie Bedarf an Unterstützung haben. Nachkommen männlicher palästinensischer Flüchtlinge können sich ebenfalls bei UNRWA registrieren. Darüber hinaus bietet UNRWA ihre Dienste auch palästinensischen Flüchtlingen und Vertriebenen des Arabisch-Israelischen Konflikts von 1967 und nachfolgender Feindseligkeiten an (BFA 8.2017).
Schon vor dem Ausbruch des Konflikts im Jahr 2011 waren die Palästinenser in Syrien eine vulnerable Bevölkerungsgruppe (BFA 8.2017).
In Syrien lebende Palästinenser werden in Abhängigkeit vom Zeitpunkt ihrer Ankunft in Syrien in verschiedene Kategorien eingeteilt, von denen jeweils auch ihre rechtliche Stellung abhängt. Zu unterscheiden ist zwischen jenen Palästinensern, die als palästinensische Flüchtlinge in Syrien anerkannt sind und jenen, die in Syrien keinen Flüchtlingsstatus genießen. Da Syrien nicht Vertragspartei der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 ist, richtet sich der Flüchtlingsstatus nach syrischem Recht (BFA 8.2017).
1) Die größte Gruppe bilden Palästinenser, die bis zum oder im Jahr 1956 nach Syrien gekommen sind, sowie deren Nachkommen. Diese Palästinenser fallen unter die Anwendung des Gesetzes Nr. 260 aus 1956, welches Palästinenser, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes einen Wohnsitz in Syrien hatten, im Hinblick auf Arbeit, Handel, Militärdienst und Zugang zum öffentlichen Dienst syrischen Staatsbürgern gleichstellt. Ausgeschlossen ist diese Gruppe jedoch vom Wahlrecht, der Bekleidung öffentlicher Ämter sowie vom Erwerb landwirtschaftlicher Nutzflächen. Sie erhalten auch nicht die syrische Staatsbürgerschaft. Unter diese Kategorie fallende Personen sind bei der General Authority for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert. Für die Palästinenser, die sich nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 260 noch im Jahr 1956 in Syrien niedergelassen haben, gelten bestimmte Modifikationen und Einschränkungen (va. Anstellung im öffentlichen Dienst nur auf Grundlage zeitliche befristeter Verträge; keine Ableistung von Militärdienst). Sie sind aber ebenfalls bei GAPAR registriert. Diese Gruppen von Palästinensern und ihre Nachkommen sind somit als Flüchtlinge in Syrien anerkannt (BFA 8.2017).
2) Die nach 1956, insbesondere ab 1967 nach Syrien gekommenen Palästinenser und deren Nachkommen umfassen ihrerseits eine Reihe weiterer Untergruppen: Unter anderem fallen darunter Personen, die nach 1970 aus Jordanien, nach 1982 aus dem Libanon und während der letzten beiden Dekaden aus dem Irak gekommen sind. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht bei GAPAR registriert und nicht als palästinensische Flüchtlinge anerkannt sind. In Syrien gelten sie als "Arabs in Syria" und werden wie Staatsbürger arabischer Staaten behandelt. Sie können ihren Aufenthaltstitel in Syrien alle 10 Jahre beim Innenministerium erneuern lassen und müssen um Arbeitsgenehmigungen ansuchen. Einige aus dieser Gruppe fallen unter das Mandat von UNHCR. Palästinenser dieser Gruppe können in Syrien jedoch öffentliche Leistungen des Gesundheits- oder Bildungsbereiches kostenfrei nutzen, abgesehen von einem Studium an der Universität, für welches sie eine Gebühr bezahlen müssen (BFA 8.2017).
Die Sicherheitslage in den palästinensischen Flüchtlingslagern und Wohngebieten
Vor Ausbruch des Bürgerkrieges lebten geschätzte 560.000 palästinensische Flüchtlinge in Syrien, und davon mehr als 80 Prozent in und um Damaskus. Die palästinensischen Flüchtlinge in Syrien waren von schweren Kämpfen in und um manche palästinensische Flüchtlingslager und Stadtteile erheblich betroffen. Schätzungen von UNRWA zufolge sind 60 Prozent der Palästinenser in Syrien intern vertrieben und weitere 110.000 sind in Nachbarländer geflohen (Al Jazeera 23.3.2016; vgl. USAID 4.8.2017).
Zu Beginn des Konfliktes versuchten die Bewohner der meisten palästinensischen Flüchtlingslager neutral zu blieben. Als der Konflikt aber gewalttätiger wurde und sich regionale Allianzen änderten, führten die Diskrepanzen unter den palästinensischen Fraktionen, besonders zwischen Hamas und Fatah, zu einer Spaltung der Palästinenser in ihrer Position gegenüber dem Regime (NOREF 24.1.2017). Manche Palästinenser in Syrien sind für und andere gegen das Regime, die Palästinenser sind somit zwischen den Konfliktparteien gespalten. Palästinenser sind hauptsächlich Sunniten und werden von Seiten des Regimes und dessen Verbündeten auch wie Sunniten behandelt, also mit Misstrauen, wobei es natürlich Ausnahmen hierzu gibt. Was die Vulnerabilität betrifft, scheint jedoch die Herkunft einer Person aus einem bestimmten Gebiet wichtiger zu sein, als ihre Konfession und ob sie der palästinensischen Minderheit angehört oder nicht. Dabei determinierten die Anfangsjahre des Konflikts 2011-2013, welche Gebiete zu welchen Konfliktparteien zugeordnet werden. Die Bewegungsfreiheit von Palästinensern ist eingeschränkt. Berichten zufolge müssen sie z.B. in Damaskus eine Genehmigung der Mukhabarat (Geheimdienst) und der Sicherheitskräfte bekommen, um ihren Wohnsitz verlegen zu können. Palästinenser müssen den Wohnsitz bei den Mukhabarat registrieren, was dazu führt, dass manche Personen nicht an Palästinenser vermieten wollen (BFA 8.2017).
Palästinenser, die bereits vor dem Konflikt deutlich ärmer als Syrer waren, sind nun eine der am meisten vom Konflikt betroffenen Bevölkerungsgruppen in Syrien. Sie sind außerdem häufig von mehrfachen Vertreibungen betroffen: Der Konflikt breitete sich bereits früh auch entlang der Siedlungsgebiete von Palästinensern in Syrien aus, wodurch diese vertrieben wurden und, auch weil Jordanien und der Libanon ihre Grenzen geschlossen haben, Schutz in anderen UNRWA-Lagern und Siedlungen suchten. Wenn dann diese Regionen vom Krieg eingeholt waren, wurden sie erneut vertrieben (BFA 8.2017). Dies ist mitunter auch auf die strategische Relevanz der von Palästinensern bewohnten Gebiete zurück zu führen. Beispielsweise waren die Lager südlich von Damaskus strategisch bedeutend, weil sie die beiden oppositionellen Hochburgen im westlichen Damaskus und in Ost-Ghouta trennten und dadurch im bewaffneten Konflikt zum Ziel von Beschuss und Blockaden wurden. Dies führte zur Vertreibung der Bewohner dieser Lager (NOREF 24.1.2017). Allgemein gesprochen sind die Palästinenser vulnerabler als der durchschnittliche Syrer, was auch mit fehlenden Identitätsdokumenten in Verbindung steht (BFA 8.2017).
Die Leistungen der UNRWA im Rahmen ihrer Zugangsmöglichkeiten
Die offiziellen UNRWA-Flüchtlingslager sind Gebiete, die UNRWA von der Regierung des jeweiligen Gastlandes zur Errichtung eines Lagers und der notwendigen Infrastruktur überlassen werden. Die Aktivitäten von UNRWA erstrecken sich jedoch auch auf nicht offiziell diesem Zweck zugewiesene Gebiete (sog. "Inoffizielle Lager"). Dies trifft auch auf den Stadtteil von Damaskus, Yarmouk , zu, der lange Zeit die größte Dichte an palästinensischen Flüchtlingen in Syrien aufwies. UNRWA ist in Yarmouk , wie auch in anderen ehemals belagerten Lagern, von der Durchführung ihrer Aufgaben von der Intensität der dortigen Kampfhandlungen abhängig (BFA 8.2017). Sowohl das Regime als auch oppositionelle Gruppierungen belagern oder beschießen manche palästinensische Flüchtlingslager und Nachbarschaften, oder machen diese anderweitig praktisch unzugänglich, was zu Fällen von schwerer Unterernährung und fehlendem Zugang zu medizinischer und humanitärer Versorgung führt (USDOS 3.3.2017).
UNRWA bietet ihre Unterstützungsleistungen in 12 Flüchtlingslagern in Syrien an. Diese Lager werden von UNRWA jedoch nicht verwaltet, und UNRWA ist nicht für die Sicherheit in den Lagern zuständig. Dies liegt in der Verantwortung der Behörden des Gaststaates. Die palästinensischen Flüchtlingslager in Syrien sind nicht durch physische Begrenzungen, wie z.B. Mauern, eingefriedet, sondern sie sind Teil der Städte, und gleichen eher Wohnvierteln. In Syrien leben Teile der palästinensischen Bevölkerung innerhalb und andere außerhalb der Lager (BFA 8.2017).
Das Land, auf welchem sich die UNRWA-Lager befinden, befindet sich im Eigentum des Gaststaates. Den palästinensischen Familien wurden in der Vergangenheit Grundstücke zugeteilt, worauf Häuser gebaut wurden. Rechtlich gehört den palästinensischen Bewohnern nicht das Land, auf dem die Häuser stehen, dennoch werden die dort errichteten Wohnungen und Häuser mittlerweile auch vermietet und verkauft (BFA 8.2017).
Der Zugang zu UNRWA-Lagern ist rechtlich nicht eingeschränkt, es gibt jedoch faktische Probleme wie z.B. in Yarmouk (Damaskus), das belagert und von drei verschiedenen Gruppierungen kontrolliert wird. Ende Mai 2017 wurde ein Evakuierungsabkommen zwischen Kämpfern des IS und Hay'at Tahrir ash-Sham auf der einen Seite und der syrischen Regierung auf der anderen Seite vereinbart, nach dem die beiden Gruppierungen Yarmouk und Hajar al-Aswad verlassen sollten. Diese Evakuierung verzögert sich aktuell jedoch noch (BFA 8.2017).
Etwa 65% der Palästinenser wurden zumindest einmal innerhalb Syriens vertrieben, und etwa 95% der palästinensischen Flüchtlingsbevölkerung hängen von humanitärer Hilfe von UNRWA ab, um ihre Grundbedürfnisse zu stillen. Für Palästinenser ist es zudem schwierig sich durch Checkpoints zu bewegen, z.B. wenn sie keine gültigen syrischen Dokumente vorweisen können. Ihre Bewegungsfreiheit innerhalb Syriens ist wegen der Notwendigkeit, die Genehmigung für Wohnortwechsel einzuholen, und wegen der Registrierungspflicht eingeschränkt (BFA 8.2017).
Viele palästinensische Flüchtlingslager in Syrien wurden komplett verlassen (z.B. Ein El-Tall, ein inoffizielles Lager in der Gegend von Aleppo; Dara'a Camp, Sbeineh und Qabr Essit im Umland von Damaskus). In manchen Lagern und Gegenden sind Palästinenser eingeschlossen und noch immer für UNRWA schwer erreichbar (z.B. Yarmouk, Yalda, Babila und Beit Sahem in Damaskus; Ghouta in Damaskus Umland (Rif Dimashq); Dara'a Camp, Muzeirib und Jillin in der Provinz Dara'a) (BFA 8.2017).
Die Erreichbarkeit der Lager für UNRWA hängt davon ab, wer das Gebiet kontrolliert, und ob diese Konfliktpartei Zugang zum Lager erlaubt. Der Grad und die Art des Zugangs werden von den Konfliktparteien bestimmt. Es kann Situationen der Belagerung geben, aber auch Situationen, wo der Zugang zum und aus dem Lager unter bestimmten Umständen möglich ist. Auch wenn es ein Waffenstillstandsabkommen gibt, kann es sein, dass Palästinensern nicht erlaubt wird, ein Gebiet zu verlassen (z.B. Yalda, Babila und Beit Sahem in Damaskus). Zudem liefert UNRWA keine Hilfsgüter in Gebiete, in denen der IS eine Präsenz hat (BFA 8.2017).
UNRWA bietet keine permanenten, sondern nur temporäre Unterkünfte an. In Syrien leistet UNRWA Bargeldunterstützung, die als Food Assistance begonnen hat. Eine Evaluierung des Programms ergab jedoch, dass die Zahlungen zu einem großen Teil zur Finanzierung von Wohnraum benutzt wurden, woraus zu schließen ist, dass Wohnraum die größte Sorge der Palästinenser in Syrien ist (BFA 8.2017).
Viele UNRWA Einrichtungen wurden durch den Konflikt in Syrien zerstört oder sind für UNRWA nicht zugänglich, wie z.B. 50% der UNRWA Schulen, die zerstört wurden, zu denen UNRWA keinen Zugang hat, oder in denen IDPs untergebracht sind. UNRWA versucht, Alternativen zu den Bildungseinrichtungen zu finden und bietet, sofern möglich, auch Bildung in staatlichen Schulen für palästinensische Kinder an, oft in Form einer zweiten Schicht von Unterrichtsstunden (BFA 8.2017).
Reisedokumente und Ausreiseregelungen für Palästinenser
Wie und wo Palästinenser in Syrien Dokumente erhalten hängt von ihrem rechtlichen Status ab. Nur jene Palästinenser, die als palästinensische Flüchtlinge anerkannt sind (also zwischen 1948 und 1956 nach Syrien gekommen sind) können von der syrischen General Authority for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) ein Reisedokument erhalten. Den Reisedokumenten, wie auch den Personalausweisen ist zu entnehmen, dass die Besitzer syrische Palästinenser sind. Palästinenser, die in Syrien den Status "Arabs in Syria" haben, da sie nach 1956 nach Syrien gekommen waren, erhalten von Syrien keine Reisedokumente. Mangels anderer gültiger Reisedokumente beantragen Personen aus dieser Kategorie über die Vertretung der Palästinensischen Behörde (Botschaft Palästinas in Syrien) in Damaskus die Ausstellung eines Reisedokuments durch die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah. Eine persönliche Vorsprache in Ramallah ist für die Ausstellung dieses Reisedokuments nicht erforderlich (BFA 8.2017).
Einige in Syrien aufhältige Palästinenser brauchen für eine legale Ausreise aus Syrien eine Genehmigung und müssen sich zusätzlich einer weiteren Sicherheitskontrolle unterziehen, dies hängt jedoch wieder von ihrem rechtlichen Status in Syrien ab. Auch in der Türkei sind Einreisebeschränkungen für Palästinenser in Kraft (BFA 8.2017).
Ein Palästinenser, der in Syrien bei UNRWA registriert ist und dann in ein anderes Land geht, das auch im Mandatsgebiet der UNRWA liegt (wie z.B. der Libanon), bleibt in Syrien registriert ("registered"), wird aber im Libanon erfasst ("recorded") und hat dort Zugang zu UNRWA-Leistungen. UNRWA schränkt den Zugang zu UNRWA-Leistungen für Palästinenser aus anderen Staaten nicht ein, jedoch können die Staaten die Einreise von Palästinensern und somit deren Zugang zu UNRWA Leistungen in Nachbarstaaten einschränken (BFA 8.2017).
Für Palästinenser ist es nicht nur schwieriger als für syrische Flüchtlinge in Nachbarländern einzureisen, sondern auch dort zu bleiben und einen legalen Aufenthaltsstatus beizubehalten und folglich Leistungen zu erhalten. Ohne legalen Aufenthaltsstatus ist es nicht möglich, eine Ehe zu registrieren, weshalb in weiterer Folge auch die Geburt eines Kindes aus dieser Ehe nicht registriert werden kann, oder Dokumente zu erhalten (BFA 8.2017).
Die jordanische Regierung stellt generell keinerlei Dokumente für Palästinenser aus Syrien in Jordanien aus. Dies macht es für diese unmöglich, legal zu heiraten oder eine Geburtsurkunde ausstellen zu lassen. Palästinenser aus Syrien können in Jordanien Dokumente wie Heirats- oder Geburtsurkunden also nur besitzen, wenn sie diese schon aus Syrien hatten (BFA 8.2017).
Im Libanon bedarf es für die Registrierung eines Kindes nach dem ersten Lebensjahr eines kostspieligen Gerichtsverfahrens. Diese Registrierung ist aber Voraussetzung für den Zugang zu Schulen, zum Gesundheitswesen und für die Bewegungsfreiheit. Diese Faktoren tragen zum Problem der Staatenlosigkeit der zweiten Generation bei. Ohne einen legalen Aufenthaltsstatus sind Palästinenser außerdem einem erhöhten Ausbeutungsrisiko ausgesetzt (BFA 8.2017).
Quellen:
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Al Jazeera (23.3.2016): Palestinian Syrians: Twice Refugees, http://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/03/palestinian-syrians-refugees-160321055107834.html, Zugriff 20.10.2017
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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,
https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 19.10.2017
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NOREF - Norwegian Centre for Conflict Resolution (24.1.2017):
Syrian voices on the Syrian conflict: The plight of Palestinain refugees in Syria in the camps of south Damascus, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/d610abfb75fa0d03434f54b470799b32.pdf, Zugriff 20.10.2017
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USAID - US Agency for International Development (4.8.2017): Syria
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Complex Emergency; Fact Sheet #7, Fiscal Year (FY) 2017, https://www.ecoi.net/file_upload/1788_1502486807_7.pdf, Zugriff 20.10.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria,
https://www.ecoi.net/local_link/337226/479990_de.html, Zugriff 11.8.2017
2. Beweiswürdigung
Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen stützen sich auf das Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 25.01.2018 sowie auf die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, vom November 2017 (5. aktualisierte Fassung). All diese Dokumente sind dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl amtsbekannt.
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer ergeben sich aus den vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokumenten - insbesondere aus den vorgelegten syrischen Reisepässen für palästinensische Flüchtlinge iVm einer Kopie der Registrierungskarte von UNRWA - und aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin. Die Identität wurde auch bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt.
Das Datum der Antragstellungen sowie der bisherige Verfahrensgang ergeben sich darüber hinaus aus den Verwaltungsakten.
Die Registrierung der Beschwerdeführer bei UNRWA ( XXXX ) ergibt sich aus der im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Kopie der Registrierungskarte von UNRWA.
Dass die Beschwerdeführer ihren Wohnsitz im Einsatzgebiet der UNRWA wegen des Krieges verlassen haben, ergibt sich aus ihren Angaben.
Dass die Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr Gefahr läuft, unmenschliche Behandlung zu erfahren, fußt auf den Länderfeststellungen, wonach eine Frau ohne Familie keine gesellschaftlic