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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der G Gen. mbH in S, vertreten durch Dr. Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 22. Jänner 1997, Zl. 21/6-GA8-DPr/95, betreffend 1. Feststellung gemäß § 6a Abs. 3 KStG 1988 und 2. Einschränkung der Steuerpflicht gemäß § 6a Abs. 2 KStG 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im beschwerdegegenständlichen Umfang, nämlich soweit er im Spruchpunkt 1 und im Spruchpunkt 2 die Verwaltung eines Gemeindehauses betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 12.920 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung iSd § 5 Z. 10 KStG 1988.
Mit Schreiben vom 26. Juli 1995 beantragte sie bei der belangten Behörde die Feststellung nach § 6a Abs. 3 KStG 1988, dass die Errichtung eines Gemeindehauses in der Gemeinde B und dessen spätere Verwaltung unter § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, BGBl. 139/1979 (WGG), falle. Sollte die Errichtung und Verwaltung nicht in den begünstigten Geschäftskreis des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fallen, so werde ersucht, gemäß § 6a Abs. 2 KStG 1988 die Steuerpflicht auf diese Geschäfte einzuschränken.
In weiterer Folge teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass ihr die Gemeinde B ein Baurecht einräume, sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das Gemeindehaus errichte und es der Gemeinde vermiete.
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Errichtung und Verwaltung eines Gemeindehauses in B nicht unter den begünstigten Geschäftskreis des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG falle (Spruchpunkt 1), und schränkte die unbeschränkte Steuerpflicht unter der Auflage der Führung eines gesonderten Rechnungskreises auf die genannten Geschäfte ein (Spruchpunkt 2). In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, beim Gemeindehaus, welches neben den Büroräumen einen Veranstaltungssaal sowie Räumlichkeiten für Sport- und sonstige Vereinszwecke aufweise, sei nicht eine (überwiegende) Verwendung für die Benützer der von der Beschwerdeführerin errichteten Wohnungen, sondern eine Vermietung (an die Gemeinde) geplant. Es liege daher keine Gemeinschaftseinrichtung iSd § 7 Abs. 3 Z. 4 WGG vor. Die Errichtung von Geschäftsräumlichkeiten iSd § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG sei nur dann begünstigt, wenn sie im Zuge der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen oder Heimen erfolge und die in der zitierten Gesetzesstelle normierte Nutzflächenrelation eingehalten werde. Die Voraussetzung der Errichtung eines solchen Objektes im Zuge der Errichtung von Wohnungen sei jedoch im Beschwerdefall nicht gegeben. Das Errichtungsgeschäft falle daher nicht unter den begünstigten Geschäftskreis des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG. Die in § 7 Abs. 2 WGG geregelte Verwaltung erstrecke sich auf Wohnhäuser, Eigenheime, Geschäfts- und Büroräume, welche von einer gemeinnützigen Bauvereinigung, einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das mindestens zu 50% im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehe, errichtet oder erworben worden seien. Die Errichtung des Gemeindehauses in B sei durch die Beschwerdeführerin erfolgt, es liege eine Errichtung im eigenen Namen vor. § 7 Abs. 2 WGG erfasse aber die Verwaltung von Wohnhäusern etc., die nicht von der verwaltenden, sondern von einer anderen Bauvereinigung oder einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das zu mindestens 50% im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehe, errichtet oder erworben worden seien. Wie den Gesetzesmaterialien (1220 BlgNr. XIV. GP) zu entnehmen sei, erfasse die genannte Bestimmung jene Geschäfte, die eine gemeinnützige Bauvereinigung über die Errichtung und Verwaltung der von ihr errichteten Einheiten hinaus ausüben könne. Da die Beschwerdeführerin das Gemeindehaus selbst errichte, falle die Verwaltung somit nicht unter § 7 Abs. 2 WGG. Das Verwaltungsgeschäft könne daher ebenfalls nicht dem begünstigen Geschäftskreis nach § 7 Abs. 1 bis 3 WGG zugeordnet werden. Dem Antrag, die unbeschränkte Steuerpflicht auf die genannten Geschäfte einzuschränken, werde entsprochen.
Die Beschwerde wendet sich gegen diesen Bescheid, soweit mit ihm die Feststellung getroffen wird, dass die Verwaltung des Gemeindehauses in B nicht unter den durch § 7 Abs. 1 bis 3 WGG festgelegten Geschäftskreis falle, und die Steuerpflicht u.a. auf diese Verwaltung eingeschränkt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 253/1993, sind Bauvereinigungen, die nach dem WGG als gemeinnützig anerkannt sind, von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht nach Maßgabe des § 6a befreit, wenn sich ihre Tätigkeit auf die in § 7 Abs. 1 bis 3 WGG genannten Geschäfte und die Vermögensverwaltung beschränkt. § 6a Abs. 3 KStG 1988 ordnet an, dass die zuständige Finanzlandesdirektion auf Antrag der Bauvereinigung im Zweifelsfall bescheidmäßig festzustellen hat, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fällt oder nicht. Weiters sieht Abs. 2 des zitierten Paragraphen vor, dass die unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag bescheidmäßig auf jene Geschäfte beschränkt wird, die nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fallen, sofern für sie ein gesonderter Rechnungskreis geführt wird. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt bzw. einem solchen Antrag nicht entsprochen, so führen schädliche Geschäfte dazu, dass die Bauvereinigung mit allen ihren Geschäften steuerpflichtig wird.
Gemäß § 7 Abs. 1 WGG hat sich die Bauvereinigung nach ihrem Genossenschaftsvertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit einer Nutzfläche von höchstens 150 m2 mit normaler Ausstattung, von Eigenheimen mit höchstens zwei Wohnungen dieser Art und von Heimen im eigenen Namen im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diesen Zweck einzusetzen.
Gemäß § 7 Abs. 2 WGG erstreckt sich die Verwaltung auch auf Wohnhäuser, Eigenheime, Wohn-, Geschäfts- und Büroräume, Gemeinschaftseinrichtungen, Einstellplätze (Garagen), Abstellplätze oder Heime, welche von einer gemeinnützigen Bauvereinigung, einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das mindestens zu 50 v.H. im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, errichtet oder erworben wurden.
Gemäß § 7 Abs. 3 WGG hat die Bauvereinigung überwiegend die im Abs 1 und 2 genannten Geschäfte zu betreiben. Neben diesen Geschäften darf die Bauvereinigung unbeschadet des Abs. 4 im Inland die Errichtung von Geschäftsräumen im eigenen oder fremden Namen im Zuge der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen oder Heimen betreiben, sofern die Nutzfläche (§ 16) aller Geschäftsräume eines Bauvorhabens ein Drittel der Gesamtnutzfläche nicht übersteigt oder, falls ein dieses Maß übersteigender Anteil an Geschäftsräumen baubehördlich vorgeschrieben ist, die Nutzflächen der Wohnungen überwiegen (§ 7 Abs. 3 Z. 2 WGG).
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe (in ihrem Antrag vom 7. Jänner 1997) lediglich die Feststellung begehrt, ob die Errichtung des Gemeindehauses in B unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG falle, übersieht sie, dass sie mit Antrag vom 26. Juli 1995 die entsprechende Feststellung sowohl hinsichtlich der Errichtung als auch hinsichtlich der späteren Verwaltung begehrt hat. Dieser Antrag vom 26. Juli 1995 ist in der Folge nicht zurückgezogen worden.
Zur Feststellung im Spruch des angefochtenen Bescheides, dass die Verwaltungstätigkeiten in Bezug auf das Gemeindehaus nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fallen, ist Folgendes auszuführen:
Der in § 7 Abs. 1 WGG festgelegte Geschäftskreis von Bauvereinigungen umfasst die "Errichtung und Verwaltung" bestimmter Wohngebäude. Gemäß § 7 Abs. 2 WGG erstreckt sich die Verwaltung u. a. auch auf "Geschäfts- und Büroräume", welche von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichtet oder erworben worden sind. Wie der Gerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 27. August 1998, 93/13/0037, und vom 3. November 1994, 92/15/0227, ausgeführt hat, ist die Verwaltung einer Berufsschule und die Verwaltung von Kindergartenräumen "dem Begriff Verwaltung von Geschäfts- und Büroräumen zuzuordnen". Gleiches muss auch für die Verwaltung des gegenständlichen Gemeindezentrums gelten.
Der Gerichtshof hat im genannten Erkenntnis 93/13/0037 (zur Verwaltung eines von der verwaltenden gemeinnützigen Bauvereinigung errichteten Geschäftsgebäudes und einer von ihr errichteten Schule) zu Recht erkannt, dass § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG, wonach die Errichtung von Geschäftsräumen in einem bestimmten Bezug zu der Errichtung von Wohnungen stehen muss, "nicht auch für die Verwaltung von Räumlichkeiten gilt". Es genügt vielmehr, dass die verwalteten Räumlichkeiten von einer gemeinnützigen Bauvereinigung (oder einem gleichgestellten Bauträger) errichtet worden sind.
In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof schon in den Erkenntnissen vom 24. April 1996, 92/13/0294, und vom 3. November 1994, 92/15/0180, ausgesprochen, dass die Ansicht, bei der Anwendung des § 7 Abs. 2 WGG spiele die im Abs. 3 Z. 2 dieser Gesetzesstelle enthaltene Regelung eine Rolle, im Gesetz keine Deckung findet. Der Wortlaut des Gesetzes erlaubt es nicht, eine nur für ein "Nebengeschäft" im Sinne des § 7 Abs. 3 WGG aufgenommene Bedingung auf ein "Hauptgeschäft" im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit zu übertragen; dies umsoweniger, als die Unterschiede im Tatsächlichen dem Gesetzgeber eine Gleichbehandlung wegen des auch ihn bindenden Sachlichkeitsgebotes nicht zur Pflicht machen.
Es wird zutreffen, dass § 7 Abs. 2 WGG der gemeinnützigen Bauvereinigung die Verwaltung von Räumlichkeiten über den von ihr errichteten Bestand hinaus ermöglichen will, wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck bringt. Die belangte Behörde unterstellt dem Gesetz aber einen Wertungswiderspruch, wenn sie vermeint, die Verwaltung der von anderen gemeinnützigen Bauvereinigungen errichteten Geschäftsräume unterliege einer anderen Regelung als die Verwaltung der von der gemeinnützigen Bauvereinigung selbst errichteten Geschäftsräume.
Die Ansicht der belangten Behörde, die Verwaltung des Gemeindezentrums in B falle nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, weil dies auch für die Errichtung des Gebäudes gelte, ist somit verfehlt. In diesem Zusammenhang wird auch auf das hg. Erkenntnis 92/15/0227 verwiesen, in welchem der Gerichtshof die Beurteilung der Errichtung eines Kindergartens - neben anderen Geschäftsräumen - wegen Überschreitens des Wohnnutzflächendrittels als nicht zum Geschäftskreis gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 WGG gehörend bestätigt, die Verwaltung des Kindergartens aber dem Geschäftskreis gemäß § 7 Abs 2 WGG zugeordnet hat.
Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, soweit die Feststellung gemäß § 6a Abs. 3 KStG 1988 die Verwaltung des Gebäudes betrifft und soweit daraus abgeleitet die Verwaltung in den Kreis der steuerpflichtigen Geschäfte einbezogen wird. Der Spruch des angefochtenen Bescheides erweist sich sowohl hinsichtlich der Feststellung nach § 6a Abs. 3 KStG 1988 als auch hinsichtlich der Einschränkung der Steuerpflicht auf bestimmt genannte Geschäfte nach § 6a Abs. 2 leg. cit. als teilbar.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150045.X00Im RIS seit
12.11.2001