TE Vwgh Erkenntnis 2018/8/8 Ra 2015/04/0013

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Veröffentlicht am 08.08.2018
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Index

E3L E06301000;
E6J;
L72005 Beschaffung Vergabe Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
97 Öffentliches Auftragswesen;

Norm

32004L0018 Vergabe-RL öffentliche Bauaufträge;
61999CJ0496 Kommission / CAS Succhi di Frutta;
62006CJ0454 Pressetext Nachrichtenagentur VORAB;
62008CJ0091 Wall VORAB;
62014CJ0549 Finn Frogne VORAB;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7;
BVergG 2006 §130;
BVergG 2006 §141 Abs5;
BVergG 2006 §321;
BVergG 2006 §325;
B-VG Art130 Abs1;
LVergKG Slbg 2007 §21 Abs1;
LVergKG Slbg 2007 §3 idF 2013/106;
MRK Art6;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der Arbeitsgemeinschaft bestehend aus der R KG in G, der W GmbH in G und der G GmbH in K, vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schmiedgasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 27. November 2014, Zl. LVwG-5/23/72-2014, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei:

Bietergemeinschaft bestehend aus der S Ziviltechnikergesellschaft m.b.H und der S GmbH, beide in S, vertreten durch Mag. Ingrid Juliane Gaismayer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/17), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Die S I GmbH (Auftraggeberin) führte in den Jahren 2013 und 2014 ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrages betreffend das "Projektmanagement mit betriebsorganisatorischer Beratung für das (...), Abbruch und Neubau" in S durch. Die Auftraggeberin forderte mit den Teilnahmeunterlagen vom 28. Mai 2013 Unternehmer zur Abgabe von entsprechenden Teilnahmeanträgen auf. Im Rahmen der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens wurden anhand der Ausschreibungsunterlagen vom 19. September 2013 unter anderem die Revisionswerberin und die mitbeteiligte Partei als ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Nach der Abgabe von Erstangeboten durch die Bieter wurde das Angebot der mitbeteiligten Partei bestandkräftig ausgeschieden. Nach Durchführung einer Verhandlungsrunde und der Abgabe von Letztangeboten erteilte die Auftraggeberin auf der Grundlage der Zuschlagsentscheidung vom 22. Jänner 2014 der Revisionswerberin den Zuschlag.

2 Mit Schriftsatz vom 3. November 2014 begehrte die mitbeteiligte Partei, die Entscheidung der Auftraggeberin, den Auftrag für das "Projektmanagement mit betriebsorganisatorischer Beratung für das (...) als Direktauftrag zu vergeben", für nichtig zu erklären.

3 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. November 2014 gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) dem Antrag statt und erklärte die Entscheidung der Auftraggeberin, den Auftrag im Weg der Direktvergabe zu vergeben, für nichtig (Spruchpunkt I.). Unter einem verpflichtete das Verwaltungsgericht die Auftraggeberin zum Ersatz der Pauschalgebühren (Spruchpunkt II.) und erklärte es die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

4 2.2. In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass in den Teilnahmeunterlagen "(...), Abbruch und Neubau, Daten & Fakten" und "Pläne des (...)" das Architektur-Projekt der H-Architekten konkret dargestellt werde. Es würden dabei anhand von textlichen Umschreibungen die Besonderheiten dieses Projektes dargelegt und insbesondere auf die Spezifika der Tragwerkskonstruktion, der Bädertechnik, der Haustechnik, der Akustik, der Temperaturzonen, der Beschattung und der Verglasung/Belüftung des Projektes eingegangen.

5 Die Ausschreibungsunterlagen der Stufe II des Verhandlungsverfahrens hätten aus der elektronischen Ausschreibung, dem Leistungsverzeichnis, dem Honorar, den Ausschreibungsunterlagen zur Stufe 2 - Zuschlagsverfahren, den Vemap-Formblättern und weiteren Beilagen bestanden. Den Beilagen sei unter anderem ein Bericht der P ZT GmbH über Anmerkungen bzw. Anregungen angeschlossen, der spezifische Anforderungen des Projektes der H-Architekten enthalte.

6 Sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Beantwortung der Fragen, die für die Erreichung der Punkte beim Zuschlagskriterium "Qualität" maßgeblich gewesen seien, habe die Revisionswerberin bei der Abgabe ihres Angebotes im Verhandlungsverfahren auf das damalige Siegerprojekt der H-Architekten Bezug genommen. Bei den standardisierten Fragen im Zuge des Hearings habe man etwa die Kosten-, Betriebs- und Terminrisiken bei der Realisierung des "vorliegenden Projektes", also des Entwurfes der H-Architekten, abgefragt. Die Revisionswerberin, aber auch die übrigen Bieter seien auf die konkreten Anforderungen und Risiken des Projektes der H-Architekten eingegangen und hätten diese aus ihrer Sicht behandelt. Es werde etwa auf die "stark auskragenden" Becken des Siegerprojektes hingewiesen, in der schriftlichen Fragebeantwortung ein grafisches Modell und ein Schnitt des Siegerprojektes eingefügt sowie bei der mündlichen Fragebeantwortung die statischen Erfordernisse des Projektes der H-Architekten erörtert. Entsprechend der jeweiligen Fragestellung seien auch die anderen Fragen unter Bezugnahme auf das konkrete Projekt der H-Architekten beantwortet worden. Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen der Kommissionsmitglieder auf den Beurteilungsbögen treffe dies auch auf die Beurteilung der Fragebeantwortung zu.

7 In der Zuschlagserteilung vom 3. April 2014 werde (als Vertragsgrundlage) unter anderem auf die Projektbeschreibung verwiesen. Diese bestehe aus näher bezeichneten Dokumenten, die Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen gewesen seien. Dabei würden auch die "Datei 16" (Bericht der P ZT GmbH) und die "Datei 21" (Bericht über die Vorprüfung des Siegerprojektes der H-Architekten) genannt.

8 In der Folge sei von der Revisionswerberin der Machbarkeitsnachweis der H-Architekten auf Plausibilität und Durchführbarkeit geprüft worden. Die Prüfung des Machbarkeitsnachweises habe ein negatives Ergebnis gebracht. Daraufhin sei das von der Auftraggeberin mit den H-Architekten im Anschluss an den Realisierungswettwerb eingeleitete Verhandlungsverfahren am 1. Juli 2014 bestandkräftig widerrufen worden. Das Verwaltungsgericht habe den dagegen erhobenen Nachprüfungsantrag der H-Architekten als unzulässig zurückgewiesen, worüber am 21. August 2014 sowohl in den S Nachrichten als auch in der K Zeitung berichtet worden sei.

Bereits am 30. Juni 2014 sei in den S Nachrichten gestanden, dass das Projekt der H-Architekten zu teuer wäre und deshalb "zu Grabe getragen" werden müsse. Die Jury habe in ihrer Sitzung am 8. Oktober 2014 ein Projekt, das in der zweiten Stufe des Wettbewerbsverfahrens mit drei anderen Projekten verblieben sei, in Aussicht genommen. Über dieses solle mit den diesbezüglichen Wettbewerbsteilnehmern hinsichtlich des Generalplanerwerkvertrages in Verhandlung getreten werden.

9 Mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 habe sich die Wirtschaftskammer Salzburg an die Auftraggeberin gewandt und die Ansicht geäußert, dass angesichts des neu auszuführenden Siegerprojektes eine "Neuausschreibung des Projektmanagements" erfolgen müsse. Von der Auftraggeberin sei jedoch am 16. Oktober 2014 mitgeteilt worden, dass die Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens betreffend das Projektmanagement ausgeschlossen sei. Dr. FH von der Wirtschaftskammer Salzburg habe am 22. Oktober 2014 erfolglos versucht, Ing. H von der mitbeteiligten Partei zu erreichen. Das Schreiben der Auftraggeberin vom 16. Oktober 2014 sei der mitbeteiligten Partei letztlich am 27. Oktober 2014 zugegangen. Diese sei daraufhin ebenfalls an die Auftraggeberin mit dem Hinweis herangetreten, dass es auf Grund der Umsetzung eines anderen Architekturentwurfes einer Neuausschreibung des Projektmanagements bedürfe. Die Auftraggeberin habe geantwortet, dass möglicherweise der Entwurf eines anderen Architekturbüros ausgewählt werde, die Projektmanagementleistungen jedoch nicht neu ausgeschrieben werden müssten. Von der mitbeteiligten Partei sei in der Folge der gegenständliche Nachprüfungsantrag beim Verwaltungsgericht eingebracht worden.

10 In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass eine Befangenheit des erkennenden Senates bzw. des Senatsmitgliedes Mag. WH nicht vorliege, weil dieser in Bezug auf Dr. FH in keiner hierarchischen Über- oder Unterordnung bei der Wirtschaftskammer Salzburg tätig sei. Mag. WH habe weder vor noch während des Verfahrens - außerhalb seiner Funktion als fachkundiger Laienrichter - im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Wirtschaftskammer Salzburg mit der gegenständlichen Angelegenheit zu tun gehabt. Auf Grund seiner richterlichen Unabhängigkeit sei er an eine wie immer geäußerte Rechtsansicht der Wirtschaftskammer Salzburg weder gebunden noch erachte er sich an eine solche gebunden.

11 Zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages führte das Verwaltungsgericht zum einen aus, dass der Antrag innerhalb der Frist von sieben Tagen ab Kenntniserlangung und "Kennenmüssen" der gesondert anfechtbaren Entscheidung eingebracht worden sei und sich somit als rechtzeitig erweise. Maßgeblich für das "Kennenmüssen" des Umstandes, dass die Auftraggeberin beabsichtige, mit der Revisionswerberin das Projektmanagement fortzusetzen, sei gegenständlich der Leistungsbereich Projektmanagement. Wenn daher in den Tageszeitungen bereits Ende Juni 2014 und Mitte August 2014 über das Abgehen vom Siegerprojekt der H-Architekten berichtet worden sei, könne daraus für die Frage, ob die mitbeteiligte Partei hätte erkennen können, dass die Auftraggeberin beabsichtige, die Projektmanagementleistungen auch für ein anderes Architekturprojekt von der Revisionswerberin zu beziehen, nichts gewonnen werden.

12 Zum anderen hielt das Verwaltungsgericht zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages fest, dass eine beabsichtigte Änderung des ursprünglichen Vertrages als Neuvergabe des ursprünglichen Auftrages angesehen werden könne. Damit müsse das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren hinsichtlich einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, vorliegend der Wahl des Vergabeverfahrens Direktvergabe, offen stehen. Ob eine wesentliche Vertragsänderung im Sinn der Rechtsprechung des EuGH tatsächlich vorliege, sei in der Folge als Hauptfrage zu beurteilen. Das Vorbringen, die Entscheidung der Auftraggeberin zur Fortsetzung des Vertrages mit der Revisionswerberin stelle lediglich eine interne Überlegung dar, sei bereits durch die erwähnten Schreiben der Auftraggeberin an die Wirtschaftskammer und an die mitbeteiligte Partei widerlegt. Es liege im Wesen der freihändigen Vergabe, dass diese Art des Vergabeverfahrens nicht durch einen formalisierten Akt eingeleitet werde. Da die Auftraggeberin - wenn auch noch nicht bestandkräftig - konkret die Entscheidung getroffen habe, mit einem neuen Architekten über die Generalplanerleistungen in Verhandlung zu treten, liege auch kein rein hypothetischer Sachverhalt vor.

13 Hinsichtlich der Begründetheit des Nachprüfungsantrages verwies das Verwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach eine Änderung des ursprünglichen Auftrages dann nicht zu einer Neuausschreibungspflicht führe, wenn die Änderung im ursprünglichen Auftrag vorgesehen gewesen sei. Im vorliegenden Fall komme es nicht auf eine allgemeine Beurteilung der Tätigkeit eines Projektmanagers an, sondern darauf, wie die gegenständliche Ausschreibung konkret erfolgt sei. Ausgehend davon könne von einer Unabhängigkeit bzw. "Losgelöstheit" des ausgeschriebenen Leistungsgegenstandes des Projektmanagements von dem im Jahr 2012 gekürten Siegerprojekt der H-Architekten nicht die Rede sein. Nach den Festlegungen im Verhandlungsverfahren sei Gegenstand der Leistung das Projektmanagement betreffend das Architektur-Projekt der H-Architekten gewesen. Dies ergebe sich sowohl bei der Stufe I. aus dem elektronischen Teilnahmeakt und der Bewerbungsunterlage als auch bei der Stufe II. des Verhandlungsverfahrens aus der Ausschreibungsunterlage, in der etwa bei den Zuschlagskriterien mehrfach ausdrücklich die spezifischen Anforderungen an das Projekt der H-Architekten und die diesbezügliche Fragebeantwortung als zuschlagsrelevant festgelegt worden seien. Die Auftraggeberin habe der Ausschreibung des Projektmanagements ein konkretes Projekt zugrunde gelegt und somit die Ausschreibung gerade nicht projektneutral durchgeführt. Der Leistungsgegenstand werde verfahrensgegenständlich durch das Verhandlungsverfahren vorgegeben, weil auf dessen Grundlage der Leistungsvertrag mit der Revisionswerberin abgeschlossen worden sei. Die Auftraggeberin beabsichtige, das Projektmanagement betreffend das konkret in Aussicht genommene neue Siegerprojekt mit der Revisionswerberin durchzuführen. Insofern könne nicht davon gesprochen werden, es würde mangels Abschlusses eines Generalplanerwerkvertrages keine Leistungsänderung anstehen.

14 Das Verwaltungsgericht gehe auch von einer wesentlichen Vertragsänderung aus. Eine solche liege vor, wenn sie Bedingungen einführe, die die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes erlaubt hätten. Die in der Ausschreibungsunterlage enthaltenen und als Zuschlagskriterien maßgeblichen Fragen stellten auf das Projekt der H-Architekten ab. Die Bieter hätten konkret diese Fragen beantwortet. Auch die Beurteilung der Beantwortung sei - zumindest teilweise - unter Zugrundelegung des Siegerprojektes erfolgt. Das damalige Projekt und seine Eigenheiten seien damit in die Zuschlagskriterien einbezogen worden. Werde nun aber dem Auftrag zum Projektmanagement ein gänzlich anderes Architektur-Projekt zugrunde gelegt, ändere sich auch die im Rahmen der Zuschlagskriterien maßgebliche Beantwortung der Fragen, zumal jedes Architektur-Konzept spezifische Eigenheiten aufweise. Es können daher nicht ausgeschlossen werden, dass die geforderte erkennbare Sachkompetenz eines Bieters sowie die fachliche Überzeugung und Nachvollziehbarkeit seiner Ausführungen bei unterschiedlichen Wettbewerbsprojekten verschieden beurteilt würden und es auf Grund einer anderen Fragenbeantwortung auch zu einer anderen Bewertung durch die Bewertungskommission gekommen wäre. Es sei somit jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass eine andere Bepunktung der Angebote der Bieter beim Zuschlagskriterium Qualität eingetreten und womöglich das Angebot eines anderen Bieters angenommen worden wäre.

15 Auf Grund des gänzlich anderen Projektes werde auch der ursprüngliche Auftrag in einem Umfang erweitert, der jedenfalls als groß bezeichnet werden müsse. Durch den Austausch des Projektes ändere sich der Leistungsgegenstand des Verhandlungsverfahrens grundsätzlich. Wenn die Auftraggeberin von der Realisierung des Projekts, das Gegenstand des Verhandlungsverfahrens gewesen sei, Abstand nehme und nun ein gänzlich anderes Projekt vom Projektmanager abzuhandeln wäre, dann werde der ursprüngliche Leistungsgegenstand jedenfalls in größerem Umfang erweitert.

16 Dies habe offenbar auch die Auftraggeberin erkannt, anderenfalls hätte sie wohl nicht in der zweiten Fassung der Stufe II. des Verhandlungsverfahrens eine entsprechende ergänzende Festlegung in der Ausschreibungsunterlage eingefügt. Dies sei jedoch erst erfolgt, als man das Angebot der mitbeteiligten Partei bereits ausgeschieden gehabt habe. Nachträgliche Änderungen der Angebotsbedingungen im Verhandlungsverfahren seien jedoch nur insoweit zulässig, als der Kern der Leistung mit dem in den ursprünglichen Verhandlungsunterlagen enthaltenen Leistungsgegenstand übereinstimme. Würde die nachträglich einfügte Klausel es der Auftraggeberin ermöglichen, das der Ausschreibung zugrunde liegende Projekt für einen Leistungsvertrag Projektmanagement ohne Weiteres auszutauschen, liefe das den Wettbewerbschancen der übrigen Teilnehmer oder Bewerber für einen abgeänderten Leistungsvertrag, aber auch dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Unternehmer und dem damit zusammenhängenden Diskriminierungsverbot und dem Gebot der Transparenz zuwider.

17 Nach dem objektiven Erklärungswert dieser Festlegung habe sich die Auftraggeberin zudem nicht vorbehalten, jede Änderung des Leistungsgegenstandes durchzuführen. Vielmehr ermögliche die Bestimmung nur einvernehmliche, mit dem Auftragnehmer zu verhandelnde Änderungen. Inhaltlich seien Änderungen in zeitlicher, qualitativer und finanzieller Hinsicht zulässig. Welche Änderungen damit möglich sein sollen, bleibe offen. Eine Interpretation, wonach es zulässig wäre, durch diese Festlegung zu einer einvernehmlichen Änderung zu kommen, bei der nicht definiert sei, wie weitgehend ein Einvernehmen mit dem Auftragnehmer notwendig sei, erweise nicht als vergaberechtskonform und könne nicht dazu führen, dass - wie vorliegend - das in der Ausschreibung definierte Projekt einer Projektmanagementleistung ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens zur Gänze ausgetauscht werde. Für eine derartige Auslegung wäre die Klausel jedenfalls zu wenig bestimmt, weil der wesentliche Inhalt der möglichen Vertragsanpassung aus dem ursprünglichen Vertrag gerade nicht ableitbar sei.

18 Schließlich würden auch die Änderungsklauseln in den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB 2010-Bau und AGB 2013-Bau) die Auftraggeberin zur Änderung der vereinbarten Leistung nur so weit berechtigen, als dies zur Ausführung der Leistung notwendig und zumutbar sei. Vorliegend habe die Auftraggeberin aber nicht dargelegt und sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Austausch des dem Leistungsvertrag zugrunde liegenden Projekts zur Ausführung der Leistung oder zur Erreichung des ursprünglichen Leistungszieles notwendig gewesen wäre. Die Leistung des auf der Grundlage des Verhandlungsverfahrens Projektmanagement geschlossenen Leistungsvertrages sei nicht das Projektmanagement betreffend irgendein Projekt gewesen, sondern habe konkret das Projekt der H-Architekten betroffen. Es könne daher in Anwendung des Änderungsvorbehaltes in den AGB nicht davon ausgegangen werden, dass der Austausch des Architektur-Projektes bzw. die nunmehrige Erweiterung um ein weiteres Projekt zur ordnungsgemäßen Erbringung der vereinbarten Projektmanagementleistung betreffend das Projekt der H-Architekten notwendig sei.

19 Insgesamt seien daher die von der Auftraggeberin und von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Änderungsvorbehalte nicht geeignet, die nunmehr beabsichtige Leistungsänderung bereits mit dem ursprünglichen Auftrag als vereinbart anzusehen.

20 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt hat.

21 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der beantragt wird, die Revision als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen, in eventu die Revision abzuweisen. Die Revisionswerberin erstattete dazu eine Replik. Dieser trat wiederum die mitbeteiligte Partei mit einer Stellungnahme entgegen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 1.1. Die mitbeteiligte Partei begründet ihren in der Revisionsbeantwortung gestellten Antrag, die Revision als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen, damit, dass die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis nicht mehr in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sei. Die Auftraggeberin habe die Dienstleistung zum Projektmanagement für das gegenständliche Bauvorhaben nämlich bereits neu ausgeschrieben. Die Teilnahmebedingungen der ersten Stufe der neuen Ausschreibung seien von der mitbeteiligten Partei wegen Vergaberechtswidrigkeiten vor dem Verwaltungsgericht in Nachprüfung gezogen worden.

23 1.2. Für dieses Vorbringen ließe sich zwar die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen führen, wonach eine Zuschlagsentscheidung durch die Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung im selben Vergabeverfahren zurückgenommen werden kann. Der Auftraggeber bringt durch die spätere Zuschlagsentscheidung nämlich zum Ausdruck, an der früheren Zuschlagsentscheidung nicht mehr festzuhalten. Wird die spätere Zuschlagsentscheidung nicht oder nicht erfolgreich bekämpft, so kommt eine Zuschlagserteilung nur mehr auf Grund der späteren Zuschlagsentscheidung in Betracht, weshalb der früheren Zuschlagsentscheidung "der Boden entzogen" wird. In einem solchen Fall könnte somit die frühere Zuschlagsentscheidung auch durch die Aufhebung des diese Zuschlagentscheidung für nichtig erklärenden Aktes keine Rechtswirksamkeit mehr erlangen (vgl. VwGH 27.6.2007, 2005/04/0111, mwN).

24 Im vorliegenden Fall liegt eine solche Konstellation, in der der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses dazu führt, dass die Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt wird (vgl. zB VwGH 25.3.2010, 2005/04/0131), aber schon deshalb nicht vor, weil das in der Revisionsbeantwortung genannte, von der Auftraggeberin bereits neu durchgeführte offene Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. Mai 2015, Zl. LVwG- 5/34/282015, für nichtig erklärt worden ist.

25 2. Die Revisionswerberin begründet die Zulässigkeit ihrer Revision unter anderem damit, dass die Möglichkeit nachträglicher Vertragsänderungen im BVergG 2006 und in der Vergabe-RL weitestgehend ungeregelt und damit geradezu ausschließlich von der Auslegung der vom EuGH aufgestellten rudimentären Rechtsprechungsgrundsätze abhängig sei. So werde die Frage der Wesentlichkeit einer Leistungsänderung selbst vom EuGH nicht ganz einheitlich beantwortet. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich erst einmal mit Kernfragen einer nachträglichen Leistungsänderung beschäftigt. Im gegenständlichen Fall sei etwa die Rechtsfrage entscheidungswesentlich, ob die im Leistungsvertrag vorgesehenen Leistungsänderungsvorbehalte hinreichend konkret ausgestaltet und überhaupt geeignet seien, die Zulässigkeit einer Leistungsänderung zu begründen. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der grundsätzlichen Rechtsfrage, ob Änderungsvorbehalte überhaupt eine Rechtfertigung nachträglicher Leistungsänderungen darstellen könnten, aber auch der Frage, wie konkret derartige Änderungsvorbehalte ausgestaltet sein müssten, für eine Vielzahl anderer Fälle ganz erhebliche Bedeutung zukomme.

26 Darüber hinaus handle es sich bei den zu beurteilenden Änderungsvorbehalten in den AGB 2010-Bau und den AGB 2013-Bau nicht um individuelle Vertragsklauseln, sondern um solche, die geradezu wortgleich der Bestimmung Pkt. 7.1. der ÖNORM B 2110 sowie auch der ÖNORM 2118 entsprächen und diesen offensichtlich entnommen seien. Die grundsätzliche Bedeutung der Beurteilung dieser Klauseln liege darin, dass gemäß § 99 Abs. 2 BVergG 2006 zwingend geeignete Leitlinien, wie explizit auch ÖNORMEN, als Vertragsbestimmungen öffentlicher Aufträge heranzuziehen seien. Von den genannten ÖNORMEN umfasste Änderungen der Leistung unterlägen nicht der Ausschreibungspflicht.

27 Darüber hinaus bestehe keine Rechtsprechung zur Frage, wann ein solcher Änderungsvorbehalt in zeitlicher Hinsicht Eingang - insbesondere in ein Verhandlungsverfahren - zu finden habe, um überhaupt noch als zulässig erachtet zu werden. Das rechtliche Schicksal der Revision hänge auch von dieser Frage ab, weil die vergaberechtliche Zulässigkeit der Änderungsvorbehalte zu einer Abweisung des Nachprüfungsantrages hätte führen müssen.

28 Die Revision ist aus den vorgebrachten Gründen zulässig. Sie erweist sich jedoch als nicht begründet.

29 3.1. Die Revisionswerberin erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses zunächst darin, dass dem erkennenden Senat des Verwaltungsgerichts mit Mag. WH ein befangener Laienrichter angehört habe. Mag. WH sei als Geschäftsführer der Sparte "Gewerbe und Handwerk" weisungsgebundener Angestellter der Wirtschaftskammer Salzburg. Diese bilde auch die gesetzliche Interessenvertretung der S GmbH, die der mitbeteiligten Bietergemeinschaft angehöre. Die Wirtschaftskammer Salzburg und die Kollegen von Mag. WH spielten gegenständlich eine wesentliche Rolle. Durch Dr. FH, der ebenfalls als Laienrichter am Verwaltungsgericht zum Einsatz komme, sei die "offizielle Auffassung der Wirtschaftskammer" des vermeintlichen Vorliegens einer wesentlichen Leistungsänderung nach außen offen und vehement kommuniziert worden. Dr. FH sei Wirtschaftskammerkollege von Mag. WH und dessen unmittelbarer Vorgänger als Spartengeschäftsführer. Er leite aktuell die Stabstelle Rechtspolitik und Rechtsservice. Dr. FH und Mag. WH pflegten untereinander das "Du-Wort" und dementsprechend sei auch die Vernehmung des Zeugen Dr. FH "per-Du" erfolgt.

30 Ob eine unmittelbare Weisungsbefugnis zwischen einem Spartenobmann und dem Leiter der Stabstelle Recht in der Wirtschaftskammer Salzburg bestehe, könne von der Revisionswerberin nicht beurteilt werden. Es ergebe sich jedenfalls aus der Aussage des Zeugen Dr. FH, dass auch die Leitung der Wirtschaftskammer Salzburg mit der Frage der Neuausschreibungspflicht der Projektmanagementleistungen betraut gewesen sei und dass man die Rechtsauffassung der Wirtschaftskammer in weiterer Folge auch offen nach außen kommuniziert habe. Zwischen dem Kammerdirektor und Mag. WH sei jedenfalls eine berufliche Weisungsbefugnis gegeben. Die als Interessenvertretung durchaus zuzugestehende Intervention von Dr. FH gehe schließlich so weit, dass er sich hinsichtlich der Frage der Neuausschreibungspflicht auch "unterstützend" an kammerfremde Unternehmer, wie der S Ziviltechnikergesellschaft m.b.H, die der mitbeteiligten Bietergemeinschaft angehöre, gewendet habe.

31 Die nicht ausreichend gewährleistete Unvoreingenommenheit des Laienrichters Mag. WH bzw. die nicht nähere Erforschung der wirtschaftskammerinternen Weisungsbefugnisse führten zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.

32 3.2. Art. 135 Abs. 1 vierter Satz B-VG ermächtigt den Materiengesetzgeber, eine Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern an der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte vorzusehen. Davon wird in § 3

Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 (S.VKG 2007), LGBl. Nr. 28 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2013, wie folgt Gebrauch gemacht:

"Senatsentscheidungen des Landesverwaltungsgerichts § 3

(1) Zur Entscheidung über Beschwerden gemäß § 2 sind Senate des Landesverwaltungsgerichts berufen, die aus einem Richter und zwei fachkundigen Laienrichtern (§ 7 S.LVwGG) bestehen. Die fachkundigen Laienrichter sind von der Landesregierung in der erforderlichen Anzahl zu bestellen, wobei zwei Bestellungen auf Grund von Vorschlägen der Wirtschaftskammer Salzburg und zwei Bestellungen auf Grund von Vorschlägen der Landesgruppe Salzburg des Österreichischen Städtebundes und des Salzburger Gemeindeverbandes zu erfolgen haben. Als weitere Laienrichter sind Personen zu bestellen, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen. Jedem Senat hat ein auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Salzburg bestellter fachkundiger Laienrichter und entweder ein auf Vorschlag der Interessenvertretungen der Gemeinden bestellter fachkundiger Laienrichter oder ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der zu solchen bestellten Landesbediensteten anzugehören.

(2) Die fachkundigen Laienrichter müssen besondere Kenntnisse des Vergabewesens in rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Hinsicht besitzen. Bei ihrer Bestellung ist auf ein zahlenmäßig ausgewogenes Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Mitgliedern Bedacht zu nehmen."

33 Gemäß § 7 Abs. 3 Salzburger Landesverwaltungsgerichtsgesetz (S.LVwGG), LGBl. Nr. 16/2013 in der Fassung LGBl. Nr. 101/2013, sind die fachkundigen Laienrichterinnen und -richter sowie die Ersatzrichterinnen und -richter in Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen gebunden. Anders als das Bundesvergabegesetz 2006 (vgl. § 296 BVergG 2006) sieht das Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 keine spezifische Regelung betreffend den möglichen Ausschluss fachkundiger Laienrichter vor.

34 § 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, ordnet an, dass Mitglieder des Verwaltungsgerichtes, fachkundige Laienrichter und Rechtspfleger sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, ist die zu § 7 AVG ergangene Rechtsprechung auch für eine Befangenheit im Sinn des § 6 VwGVG maßgeblich, wobei die "sinngemäß" (§ 17 VwGVG) verwiesenen Bestimmungen des AVG dabei nicht wörtlich, sondern mit der nach dem Kontext des VwGVG erforderlichen Anpassung anzuwenden sind (vgl. VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0034).

35 Der (relative) Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG - auf diesen will die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen im vorliegenden Fall offenbar hinaus -, wonach sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten haben, wenn "sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen", ist im Lichte des Art. 6 EMRK auszulegen und anzuwenden. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinn vorliegt, kommt es darauf an, ob ein an einem Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (vgl. VwGH 19.10.2017, Ra 2017/09/0038, mwN). Das Verwaltungsgericht hat daher eine Zusammensetzung aufzuweisen, die keinen berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ihrer Mitglieder entstehen lässt. Dabei ist nicht nur eine allfällige tatsächliche Befangenheit entscheidend, sondern auch der "äußere Anschein der Parteilichkeit" (vgl. VfSlg. 20.028/2015, mwN).

36 Die Revisionswerberin sieht im vorliegenden Fall eine Befangenheit darin, dass der dem erkennenden Senat angehörende fachkundige Laienrichter Mag. WH weisungsgebundener Angestellter der Wirtschaftskammer Salzburg sei, die in der gegenständlichen Angelegenheit ihre Rechtsauffassung betreffend das Vorliegen einer wesentlichen Leistungsänderung "nach außen offen und vehement" geäußert habe.

37 Zur Befangenheit im Sinn des § 6 VwGVG führende Zweifel an der Unabhängigkeit einer Person, die einem Gericht im Sinn des Art. 6 EMRK angehört, können unter anderem dann entstehen, wenn sie sich sowohl in Hinblick auf ihre Pflichten als auch auf die Organisation ihres Amtes im Verhältnis zu einer der Parteien in untergeordneter Stellung befindet (vgl. VfSlg. 20.028/2015 unter Hinweis auf EGMR 22.10.1984, Sramek/Österreich, 8790/79, sowie VwGH 9.3.2016, Ra 2016/08/0045). In Vergaberechtsangelegenheiten wird die Befangenheit eines Laienrichters etwa dann angenommen, wenn dieser über eine Auftragsvergabe eines Bundesministeriums (mit)entscheidet, dem er selber angehört (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 6 VwGVG Anm. 6). Im vorliegenden Fall liegt keine dieser Konstellationen vor. Die Wirtschaftskammer Salzburg ist im gegenständlichen Verfahren weder Auftraggeberin noch kommt ihr sonst Parteistellung zu.

38 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im bereits zitierten Beschluss Ra 2017/09/0038 unter Einbeziehung der Judikatur des EGMR mit der Frage der Mitwirkung fachkundiger Laienrichter auseinandergesetzt. Danach ist die gemischte Zusammensetzung eines unter dem Vorsitz eines Richters stehenden Tribunals, dem auf fünf Jahre bestellte Mitglieder angehören, die Beamte und Vertreter von interessierten Vereinigungen sind, unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK in Hinblick auf eine mögliche Befangenheit nicht bedenklich, wenn das Verfahren die entsprechenden Garantien enthält. Laienbeisitzer sind wegen ihrer spezialisierten Erfahrung grundsätzlich besonders gut geeignet, an bestimmten gerichtlichen Entscheidungen teilzunehmen. Die Einbeziehung von Laienrichtern als Mitglieder verschiedener spezialisierter Gerichte bildet zudem ein gemeinsames Merkmal in vielen Mitgliedstaaten der EMRK. Jedoch ist die Mitwirkung von durch Interessenvertretungen nominierten Laienrichtern dann unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK bedenklich, wenn diese Interessenvertretungen ein fortdauerndes Interesse an der Beurteilung einer im Verfahren gestellten Frage haben, eine Partei daher berechtigter Weise befürchten muss, dass die Laienbeisitzer ein gemeinsames Interesse gegen ihren Standpunkt haben und die Balance der Interessen bei der Zusammensetzung des Gerichts in Frage gestellt ist. Wenn aber die Balance der Interessen durch die Zusammensetzung des Gerichts nicht in Frage gestellt und die Natur der Streitigkeit derart gestaltet ist, dass die Laienbeisitzer und die nominierenden Organisationen objektiv kein anderes Interesse haben können als sicherzustellen, dass die anzuwendenden Rechtsvorschriften richtig ausgelegt und angewendet werden, bestehen insofern keine Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit eines derart zusammengesetzten Gerichts (vgl. dazu die in VwGH Ra 2017/09/0038 angeführten EGMR-Urteile).

39 Im vorliegenden Fall werden derartige Bedenken in Hinblick auf die von der Revisionswerberin gerügte Mitwirkung des von der Wirtschaftskammer Salzburg nominierten Mitglieds des erkennenden Senats nicht geltend gemacht. So ist dem Vorbringen, Mag. WH sei ein weisungsgebundener Angestellter der Wirtschaftskammer Salzburg, entgegenzuhalten, dass fachkundige Laienrichter gemäß § 7 Abs. 3 S.LVwGG in Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen gebunden sind (vgl. zur Unabhängigkeit der Laienrichter auch Ennöckl, Einzelrichter-, Senats-, Laienrichter- und Rechtspflegerzuständigkeiten, in Holoubek/Lang (Hrsg.), Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014) 175 (180)). Ausgehend davon bedurfte es auch keiner näheren "Erforschung der wirtschaftskammerinternen Weisungsbefugnisse". Allein aus dem Umstand, dass Dr. FH und Mag. WH untereinander das "Du-Wort" pflegten (und auch die Vernehmung des Zeugen Dr. FH "per-Du" erfolgte), ist eine Befangenheit ebenso nicht abzuleiten.

40 4.1. In der Revision wird weiters gerügt, dass der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei bei richtiger rechtlicher Beurteilung als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen. Das Verwaltungsgericht stelle nämlich in Bezug auf die Frage der Verfristung darauf ab, wann die mitbeteiligte Partei Kenntnis davon erlangen konnte, dass die Auftraggeberin keine Neuausschreibung des Projektmanagements beabsichtige. Dabei werde ein wesentlicher Widerspruch übersehen. Das Leistungsmerkmal des Projektmanagementvertrages, das nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nachträglich geändert worden sei, bilde der Umstand, dass das Projektmanagement das Projekt der H-Architekten betreffe. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht trete die als wesentlich angesehene Leistungsänderung tatsächlich bereits im Zeitpunkt des definitiven "Wegfalls" des Entwurfes der H-Architekten ein. Ausschlaggebend sei daher nicht, wann der mitbeteiligten Partei mitgeteilt worden sei, dass keine Neuausschreibung der Projektmanagementleistungen erfolge, sondern wann diese vom Verwerfen des Projektes der H-Architekten hätte Kenntnis erlangen können. Dass die Auftraggeberin das Projekt verworfen habe, sei bereits am 30. Juni 2014 medial bekannt gewesen. Weiters hätte die mitbeteiligte Partei über Nachfrage bei der Wirtschaftskammer Salzburg und bei der Auftraggeberin darüber "Kenntnis erlangen können".

Bei der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation sei der Nachprüfungsantrag zudem formell nicht zulässig und daher zurückzuweisen gewesen. Die mitbeteiligte Partei hätte sich der Rechtsschutzinstrumentarien nach Zuschlagserteilung bedienen müssen. Es liege kein Fall vor, in dem eine Leistungsänderung und der tatsächliche "vergabefreie" Bezug von Leistungen durch Herantreten an einen potenziellen Vertragspartner durch den Auftraggeber oder durch Nachverhandeln mit einem Vertragspartner erst eintreten würden. Bei der vom Verwaltungsgericht angenommenen Leistungsänderung würden Leistungen bereits durch Eintritt der wesentlichen Vertragsänderung, also ab dem Zeitpunkt des Verwerfens des Architekturkonzepts der H-Architekten erbracht. Der Zeitpunkt, ab dem die Aufraggeberin "vergabefrei" direkt Leistungen beziehe, müsse jedoch zwingend nach der Zuschlagserteilung (eine solche gebe es in diesem Sinn nicht) liegen.

41 4.2. Bei der Durchführung einer Direktvergabe beträgt die Frist für Nachprüfungsanträge gemäß § 22 Abs. 3 S.VKG 2007, LGBl. Nr. 27 in der Fassung LGBl. Nr. 92/2013, sieben Tage ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können.

42 Im vorliegenden Fall ist strittig, wann die mitbeteiligte Partei Kenntnis von der Entscheidung der Auftraggeberin, keine Neuausschreibung des Projektmanagements vorzunehmen und somit den Auftrag über den geänderten Leistungsinhalt direkt zu vergeben, erlangt hat oder erlangen hätte können.

43 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei gesondert anfechtbaren Entscheidungen des Auftraggebers (im Sinn des § 141 Abs. 5 BVergG 2006) nicht um Vorgänge interner Willensbildung, sondern um Willenserklärungen, die nach außen in Erscheinung treten. Bei der Auslegung von Willenserklärungen des Auftraggebers ist der objektive Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt maßgebend (vgl. VwGH 17.9.2014, 2013/04/0149, mwN). Im Erkenntnis VwGH 13.11.2013, 2012/04/0022, wurde das Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung fallbezogen deswegen bejaht, weil der Inhalt der Entscheidung (dort: keine Neuvergabe durchführen zu wollen) nach ihrem objektiven Erklärungswert eindeutig feststellbar war.

44 Das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach es für den Beginn des Fristenlaufes darauf ankomme, wann die mitbeteiligte Partei vom Verwerfen des Projektes der H-Architekten erfahren habe, und dieser Umstand bereits am 30. Juni 2014 medial bekannt gewesen sei, erweist sich deshalb als unzutreffend, weil allein aus dem Abgehen vom Architekturprojekt noch nicht geschlossen werden konnte, dass die Auftraggeberin von einer Neuausschreibung des Projektmanagements absehen wird. Erst mit dem von der Wirtschaftskammer Salzburg am 27. Oktober 2014 übermittelten Schreiben der Auftraggeberin vom 16. Oktober 2016 war für die mitbeteiligte Partei ersichtlich, dass es zu keiner Neuausschreibung kommt und die Auftraggeberin die Projektmanagementleistung ungeachtet des neuen Architekturprojekts von der Revisionswerberin beziehen wird. Auch wenn nach § 22 Abs. 3 S.VKG 2007 die siebentägige Frist auch schon ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis "erlangen hätte können", bedeutet das im vorliegenden Fall nicht, dass die mitbeteiligte Partei - wie die Revisionswerberin meint - verpflichtet gewesen wäre, sich nach Bekanntwerden des Abgehens vom ursprünglichen Architekturprojekt bei der Auftraggeberin über die Neuausschreibung der Projektmanagementleistungen zu erkundigen.

45 Die Revisionswerberin geht zwar zu Recht davon aus, dass ein Nachprüfungsantrag nur bis zur Zuschlagserteilung zulässig ist (vgl. § 21 Abs. 1 S.VKG 2007) und dass daher mit Beendigung des Verfahrens zur Direktvergabe durch Zuschlagserteilung die Möglichkeit zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages endet (vgl. Oppel/Schultes in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2014) § 321 Rz. 89). Entgegen dem Revisionsvorbringen handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch weder beim Schreiben der Auftraggeberin an die Wirtschaftskammer Salzburg (vom 16. Oktober 2014) noch bei der schriftlichen Mitteilung der Auftraggeberin an die mitbeteiligte Partei (vom 30. Oktober 2014) um eine Zuschlagserteilung. Es liegen vielmehr jeweils nach außen in Erscheinung getretene Willenserklärungen der Auftraggeberin vor, die sich in beiden Fällen an Dritte und somit nicht an die Auftragnehmerin richten. Dass es vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu einer Zuschlagserteilung im Sinn des § 2 Z 50 BVergG 2006 betreffend den geänderten Leistungsgegenstand gekommen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

46 5.1. In der Revision wird vorgebracht, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei zu keinem Zeitpunkt eine wesentliche Leistungsänderung des auf der ursprünglichen Ausschreibung des Projektmanagements beruhenden Vertrages im Sinn der Rechtsprechung des EuGH eingetreten. Der Bieterkreis für die Ausschreibung des Projektmanagements könne sich nicht ändern, weil der konkrete Leistungsvertrag "Projektmanagement mit betriebsorganisatorischer Beratung" mit den Generalplanerleistungen und dem Architektenentwurf für das Bauvorhaben nichts zu tun habe. Durch den Austausch des Projekts ändere sich weder der Leistungsgegenstand des ursprünglichen Verfahrens, noch werde der Auftrag erweitert. Da das Leistungsbild auch für das neu festzulegende Projekt unverändert bleibe, weise der Auftrag keine wesentlich anderen Merkmale als der ursprüngliche Auftrag auf. Es gäbe zwingend keine Einführung neuer Bedingungen, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes erlaubt hätten. Die Ausschreibung sei exakt dieselbe. Da im Fragenkatalog lediglich generelle Projektmanagementkompetenzen zu beurteilen gewesen seien, würde auch dieser bei einer neuen Ausschreibung unter Zugrundelegung eines anderen Architektenentwurfes derselbe bleiben können.

47 Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses betreffend das Projektmanagement sei kein Vertrag mit dem Generalplaner des Siegerprojektes vorgelegen. Jeder am Projektmanagement interessierte Bieter habe mit einem Umstieg auf ein anderes Architekturprojekt rechnen müssen. Aus dem objektiven Erklärungswert von Punkt 3.12. der Ausschreibungsunterlagen in zweiter Fassung ergebe sich eindeutig, dass die Bieter bei der Kalkulation des Angebotspreises nicht konkret vom Siegerprojekt des Architekturwettbewerbs ausgegangen seien. Dies sei auch nicht notwendig gewesen, weil die Vergütung im Projekt ohnehin auf Basis der tatsächlich abgerechneten Errichtungskosten anhand des Honorarsatzes erfolge. Zwar habe man den Fragenkatalog anhand des ursprünglichen Siegerprojektes erstellt. Die Bewertung erfolge jedoch anhand von Kriterien, die völlig unabhängig von diesem Projekt seien und die ausschließlich auf die erkennbare Kompetenz der späteren Auftragnehmerin abstellten. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass nur die Zuschlagskriterien ausschlaggebend für die Frage des Vorliegens einer Wettbewerbsverzerrung sein könnten. Es sei daher unmöglich und objektiv auszuschließen, dass die Zugrundelegung eines anderen Architektenentwurfes hinsichtlich der zu beantwortenden Fragen zur Annahme eines anderen Angebotes geführt hätte.

48 Selbst wenn eine nachträgliche Leistungsänderung durch den Wegfall des Projektes der H-Architekten eingetreten sein sollte, wäre - so die Revision weiter - die Leistungsänderung betreffend das Projektmanagement von den vertraglichen Änderungsvorbehalten erfasst und vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH daher zulässig. Der Umstand, dass die Änderungsklausel in Pkt. 3.12 erst in der zweiten Stufe des Verfahrens Eingang in die Ausschreibungsunterlagen gefunden habe, sei rechtlich nicht von Bedeutung. Die Klausel erweise sich auch als hinreichend bestimmt. Aus ihr gehe klar hervor, dass das Wettbewerbsprojekt infolge eines negativen Machbarkeitsnachweises gegen ein anderes Projekt getauscht werden könne. Die Rechtsprechung des EuGH liefere wenig konkrete Anhaltspunkte dafür, wie weit der erforderliche Determinierungsgrad derartiger Klauseln reichen müsse.

49 Es gäbe zudem weitere, bereits der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens zugrunde gelegte Vorbehaltsklauseln. Die Änderungsklausel in den AGB 2010-Bau und den AGB 2013-Bau seien geradezu wortgleich mit der Bestimmung Pkt. 7.1. der ÖNORM B 2110 sowie der ÖNORM 2118 und dieser offensichtlich entnommen. Die davon erfassten Änderungen der Leistung seien nicht ausschreibungspflichtig. Der Änderungsvorbehalt stelle einen geeigneten, weil hinreichend bestimmten Vorbehalt im Sinn der Rechtsprechung des EuGH dar. Er sei nämlich durch die Notwendigkeit begrenzt, das Leistungsziel zu erreichen. Im vorliegenden Fall folge aus dem negativen Ergebnis des Machbarkeitsnachweises die drohende Verfehlung des Leistungszieles des Projektmanagements, nämlich die Unterstützung der Auftraggeberin bei der (bzw. bis zur) Errichtung des gegenständlichen Bauvorhabens.

50 5.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf:

51 5.2.1. Der EuGH hat sich zur unionsrechtlichen Zulässigkeit nachträglicher Vertragsänderungen bereits mehrfach geäußert. Im Urteil vom 7. September 2016 in der Rechtssache C- 549/14, Finn Frogne, führt der Gerichtshof - aufbauend auf seiner bisherigen Rechtsprechung - wie folgt aus:

"28 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stehen der Grundsatz der Gleichbehandlung und die daraus folgende Transparenzpflicht dem entgegen, dass der öffentliche Auftraggeber und der Zuschlagsempfänger nach der Vergabe eines öffentlichen Auftrags dessen Bestimmungen so verändern, dass sie sich von den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags wesentlich unterscheiden. Dies ist der Fall, wenn die beabsichtigten Änderungen den Auftrag in großem Umfang um ursprünglich nicht vorgesehene Bestandteile erweitern, wenn sie das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags zugunsten des Auftragnehmers ändern oder wenn sie Anlass zu Zweifeln an der Auftragsvergabe geben, und zwar in dem Sinne, dass, wenn diese Änderungen in den Unterlagen des ursprünglichen Vergabeverfahrens enthalten gewesen wären, entweder ein anderes Angebot den Zuschlag erhalten hätte oder andere Bieter hätten zugelassen werden können (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, EU:C:2008:351, Rn. 34 bis 37).

29 Was den letztgenannten Fall betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung der Auftragsbestandteile, die in einer bedeutenden Verringerung des Auftragsgegenstands besteht, dazu führen kann, dass der Auftrag für eine größere Zahl von Wirtschaftsteilnehmern durchführbar wird. Soweit nämlich der ursprüngliche Umfang des Auftrags so groß war, dass nur bestimmte Unternehmen in der Lage waren, sich zu bewerben oder ein Angebot abzugeben, ist eine Verringerung des Umfangs geeignet, den Auftrag auch für kleinere Wirtschaftsteilnehmer interessant zu machen. Überdies kann eine Reduzierung des Auftragsgegenstands, da die für einen bestimmten Auftrag gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein müssen, eine proportionale Verringerung der an die Leistungsfähigkeit der Bewerber und Bieter gestellten Anforderungen mit sich bringen.

(...)

30 Grundsätzlich darf eine wesentliche Änderung eines öffentlichen Auftrags nach dessen Vergabe nicht freihändig von dem öffentlichen Auftraggeber und dem Zuschlagsempfänger vorgenommen werden, sondern sie muss zu einem neuen Vergabeverfahren über den so geänderten Auftrag führen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. April 2010, Wall, C-91/08, EU:C:2010:182, Rn. 42). Etwas anderes kann nur gelten, wenn diese Änderung in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags eingeplant war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, EU:C:2008:351, Rn. 37, 40, 60, 68 und 69).

(...)

37 Obwohl der Grundsatz der Gleichbehandlung und die Transparenzpflicht auch bei besonderen öffentlichen Aufträgen zu beachten sind, hindert dies nämlich nicht daran, auf deren spezifische Eigenschaften Rücksicht zu nehmen. Das entsprechende rechtliche Gebot und die betreffenden konkreten Erfordernisse sind dadurch in Einklang zu bringen, dass einerseits die Auftragsbedingungen, wie sie in den entsprechenden Unterlagen festgelegt wurden, bis zum Abschluss der Phase der Erfüllung des Auftrags strikt eingehalten werden, andererseits aber der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit hat, sich in diesen Unterlagen ausdrücklich die Befugnis vorzubehalten, bestimmte, selbst wichtige Bedingungen nach der Vergabe des Auftrags anzupassen. Indem er sich diese Befugnis ausdrücklich vorbehält und in den besagten Unterlagen die Modalitäten festlegt, unter denen davon Gebrauch gemacht wird, gewährleistet der öffentliche Auftraggeber, dass sämtliche an dem Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hiervon von Anfang an Kenntnis haben und daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt sind (vgl. entsprechend Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P, EU:C:2004:236, Rn. 12, 115, 117 und 118).

38 Fehlt es hingegen an solchen Bestimmungen in den Auftragsunterlagen, erfordert die Notwendigkeit, für einen bestimmten öffentlichen Auftrag auf alle Wirtschaftsteilnehmer dieselben Bedingungen anzuwenden, die Eröffnung eines neuen Vergabeverfahrens (vgl. entsprechend Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P, EU:C:2004:236, Rn. 127).

(...)

40 Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 2 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass ein öffentlicher Auftrag nach seiner Vergabe nicht wesentlich geändert werden darf, ohne dass ein neues Vergabeverfahren eröffnet wird, selbst wenn die betreffende Änderung objektiv eine Vergleichsvereinbarung darstellt, die von Seiten beider Parteien wechselseitige Zugeständnisse beinhaltet und dazu dient, einen Streit mit ungewissem Ausgang beizulegen, der aus einer Störung des Vertragsverhältnisses entstanden ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Auftragsunterlagen sowohl die Befugnis vorsehen, bestimmte, selbst wichtige Bedingungen nach der Auftragsvergabe anzupassen, als auch die Modalitäten regeln, nach denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird."

52 5.2.2. Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrages während seiner Geltungsdauer sind demnach als Neuvergabe des Auftrags anzusehen, wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrages erkennen lassen. Als wesentlich gilt die Änderung dann, wenn sie Bedingungen einführt, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/04/0071). Folglich kommt es auf die Wettbewerbsrelevanz der nachträglichen Vertragsänderung an. Für die vergaberechtliche Beurteilung ist daher entscheidend, ob die Änderung den Wettbewerb zwischen den potenziellen Interessenten verfälschen und den Auftragnehmer gegenüber anderen Unternehmern bevorzugen könnte (vgl. Heid/Steindl in Heid/Preslmayr (Hrsg), Handbuch Vergaberecht4 (2015) Rz. 742).

53 Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht von einer wesentlichen Vertragsänderung ausgegangen und hat dies in erster Linie damit begründet, dass der Ausschreibung des Projektmanagements das (ursprüngliche) Siegerprojekt der H-Architekten zugrunde gelegt worden sei. Durch den Austausch des Architekturprojektes ändere sich nicht nur der Leistungsgegenstand des Verhandlungsverfahrens betreffend das Projektmanagement, es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die für das Projektmanagement geforderte Sachkompetenz eines Bieters bei einem Wechsel des Architekturprojekts anders beurteilt worden wäre.

54 Die Revisionswerberin hält dem entgegen, dass der konkrete Leistungsvertrag für das Projektmanagement mit dem Architekturentwurf für das Bauvorhaben nichts zu tun habe. Es sei lediglich der Fragenkatalog anhand des ursprünglichen Architekturprojektes erstellt worden. Für die Frage des Vorliegens einer Wettbewerbsverzerrung komme es jedoch auf die Zuschlagskriterien an. Diese seien im vorliegenden Fall völlig unabhängig vom Architekturprojekt und stellten allein auf die Kompetenz der Bieter ab.

55 Es trifft zwar zu, dass die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Bewertungskriterien (zB "die Fragebeantwortung ist fachlich überzeugend und nachvollziehbar", "die Ausarbeitung entspricht den formalen Vorgaben" oder "die erkennbare Sachkompetenz des Vortragenden und dessen Fähigkeit Inhalte zu vermitteln") für sich genommen keinen Bezug zum Projekt der H-Architekten aufweisen. Die Revisionswerberin verkennt dabei jedoch, dass diese abstrakten Kriterien nicht losgelöst vom Fragenkatalog gesehen werden können. Die darin vorgesehenen Fragen stellten konkret auf das ursprüngliche Architekturprojekt ab, wodurch dieses mit seinen spezifischen Eigenheiten in die für die Vergabe des Projektmanagements maßgeblichen Zuschlagskriterien eingeflossen ist. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass angesichts des Abgehens vom ursprünglichen Architekturprojekt eine andere Bewertung der Angebote nicht auszuschließen sei, also ein anderer Unternehmer den Zuschlag hätte erhalten können, und dass deshalb eine wesentliche Vertragsänderung vorliege, ist somit nicht entgegenzutreten.

56 5.2.3. In Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Änderungsvorbehalten hat es der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend vom Urteil des EuGH in der Rechtssache C-549/14 (Finn Frogne) - für maßgeblich erachtet, ob die Auftragsunterlagen (die Bedingungen des bereits geschlossenen Vertrages) die Befugnis des öffentlichen Auftraggebers vorsehen, bestimmte Bedingungen nach der Auftragsvergabe anzupassen, und auch die Modalitäten regeln, nach denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. VwGH 15.3.2017, Ra 2016/04/0064). Der Verwaltungsgerichtshof schließt aus der vom EuGH vorgenommenen Umschreibung dieser Befugnis ("bestimmten Bedingungen", "certaines conditions" bzw. "certain conditions"), dass eine Vertragsklausel, die eine Befugnis zur nachträglichen Anpassung des abgeschlossenen Vertrages beinhaltet, die anzupassenden Bedingungen des Vertrages entsprechend zu konkretisieren hat und in diesem Sinn eine Bestimmtheit aufweisen muss. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich mit einer allgemein gehaltenen Vertragsklausel völlig unbeschränkt die Möglichkeit nachträglicher Änderungen einräumen kann. Dies würde zunächst den aus dem AEUV hervorgehenden Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie der sich daraus ergebenden Transparenzpflicht widersprechen, auf die der EuGH im Urteil "Finn Frogne" hinweist (Rn. 34). Dafür spricht auch, dass der EuGH bei seiner Aussage, ein Vertrag kann wesentlich geändert werden, "wenn diese Änderung in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags eingeplant war" (Rn. 30), auf seine Vorjudikatur im Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, Rn. 37, 40, 60, 68 und 69, verweist. In diesem Urteil ging es um konkretisierte Bedingungen des Vertrages (eine vorgesehene Unterbeauftragung, die Umrechnung der Preise in Euro und die Anpassung einer Wertsicherungsklausel).

57 Im vorliegenden Fall vertritt die Revisionswerberin die Ansicht, dass eine allenfalls eingetretene nachträgliche Leistungsänderung von der Änderungsklausel in den AGB 2010-Bau und den AGB 2013-Bau erfasst und daher zulässig sei. Diese erweise sich als hinreichend bestimmt, weil sie durch die Notwendigkeit beschränkt sei, das Leistungsziel zu erreichen. Konkret drohe angesichts des negativen Machbarkeitsnachweises, dass das Leistungsziel des Projektmanagements verfehlt werde.

58 Die Revisionswerberin übersieht hier allerdings, dass die Leistung des in Folge des Vergabeverfahrens für das Projektmanagement geschlossenen Leistungsvertrages das Projektmanagement basierend auf dem Projekt der H-Architekten war. Schon aus diesem Grund kann der Austausch des Architekturprojektes nicht zur Erreichung des Leistungszieles des geschlossenen Projektmanagementvertrages "notwendig" sein. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die eingetretene nachträgliche Leistungsänderung nicht vom Anwendungsbereich der Änderungsklausel in den AGB 2010-Bau und den AGB 2013-Bau umfasst angesehen hat.

59 Soweit sich die Revisionswerberin auf die erst in der zweiten Stufe des Verfahrens in die Ausschreibungsunterlagen aufgenommene Änderungsklausel in Pkt. 3.12 beruft, ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH im Urteil "Finn Frogne" auch die Transparenz derartiger Änderungsklauseln fordert. Demnach gewährleistet der öffentliche Auftraggeber bei solchen Vertragsklauseln, dass sämtliche an dem Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hiervon von Anfang an Kenntnis haben und daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt sind (Rn. 37). Das setzt voraus, dass der ursprünglich geschlossene Vertrag samt der Vertragsklausel, die seine nachträgliche Änderung ermöglicht, den interessierten Wirtschaftsteilnehmern vorab zur Kenntnis gebracht wurde.

60 Diese Vorgabe ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Auftraggeberin hat die Änderungsklausel in Pkt. 3.12 erst in der zweiten Stufe des Verfahrens eingeführt, weshalb nicht sämtliche am Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hievon von Anfang an Kenntnis hatten. Damit scheidet die Änderungsklausel schon wegen ihrer mangelnden Transparenz als taugliche Grundlage für die eingetretene nachträgliche Vertragsänderung aus.

61 6. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

62 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. August 2018

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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