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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GSpG 1989 §52 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der U G s.r.o. in B, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 31. Oktober 2017, LVwG-S-1521/002-2017, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. Mai 2017 wurde aus näher ausgeführten Gründen gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) iVm. § 53 Abs. 3 GSpG die Beschlagnahme von insgesamt zehn bestimmt bezeichneten Eingriffsgegenständen, die im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehen, angeordnet.
2 Aufgrund der von der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) eine öffentliche mündliche Verhandlung durch und wies in der Folge die Beschwerde mit Erkenntnis vom 31. Oktober 2017 ab. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.
3 Die gegen dieses Erkenntnis zunächst erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 26. Februar 2018 abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
4 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 29. November 2017 wurden die beschlagnahmten zehn Glücksspielgeräte gemäß § 54 GSpG eingezogen.
5 Die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde wurde vom LVwG mit Erkenntnis vom 15. Mai 2018 abgewiesen und die Einziehung der Eingriffsgegenstände bestätigt.
6 Gegen das Erkenntnis des LVwG vom 31. Oktober 2017, mit dem die Beschlagnahme der Eingriffsgegenstände bestätigt wurde, richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision vom 17. April 2018, die am 18. April 2018 beim LVwG einlangte. Die revisionswerbende Partei bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass das LVwG aktenwidrige Feststellungen getroffen sowie den Akteninhalt nicht verlesen habe. Es werde von der Rechtsprechung des EuGH abgewichen, weil keine dynamische Kohärenzprüfung durchgeführt worden sei. Die Werbung der Konzessionäre bewirke die Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG. § 14 Abs. 3 GSpG sei unionsrechtswidrig. Illegales Online-Glücksspiel werde nicht verfolgt.
7 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, § 33 Abs. 1 VwGG lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verstehe. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens (z.B. VwGH 8.9.2016, Ro 2015/17/0028, mwN).
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Beschluss vom 1. Oktober 1985, 85/04/0025, die Auffassung vertreten, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG verfügte Beschlagnahme außer Kraft tritt, wenn das zugrunde liegende Strafverfahren rechtskräftig eingestellt wird. Ebenso hat er ausgesprochen, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG erfolgte Beschlagnahme durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft tritt (vgl. VwGH 24.4.1990, 89/04/0175; 19.6.1990, 87/04/0252). Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Relevanz eines rechtskräftigen Ausspruches über den Verfall etwa in seinem Erkenntnis, vom 16. September 2003, 2002/05/1033, neuerlich bekräftigt.
9 Ist daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Ausspruch des Verfalls erreicht, oder steht fest, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben ist, dann hat der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren.
10 Dies ist auch bei Beschlagnahmen gemäß 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der Fall: Diese Beschlagnahme dient nicht nur der Sicherung des Verfalls (§ 52 Abs. 4 zweiter Satz GSpG) sondern auch der Sicherung der Einziehung nach § 54 GSpG (vgl. näher VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0103, sowie VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021, Rn. 15).
11 Zu den Prozessvoraussetzungen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gehört nach dessen ständiger Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse der revisionswerbenden Partei. Dieses besteht bei Revisionen nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG im objektiven Interesse des Revisionswerbers an einer Beseitigung der angefochtenen, ihn beschwerenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Dieses Interesse ist daher immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen also nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Fehlte es schon im Zeitpunkt der Revisionserhebung am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, ist die Revision zurückzuweisen (siehe dazu etwa VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0235, mwH).
12 Da das die Beschlagnahme betreffende Erkenntnis, mit dem der Beschlagnahmebescheid bestätigt wurde, aufgrund der mit Erkenntnis vom LVwG vom 15. Mai 2018 rechtskräftig verfügten Einziehung gemäß § 54 GSpG mit Zustellung am 22. Mai 2018 keine normative Wirkung mehr entfaltet, ist das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung über das angefochtene Erkenntnis - da sich die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei nicht verbessern würde - nach der Revisionserhebung am 18. April 2018 weggefallen (vgl. z.B. VwGH 12.4.2018, Ra 2017/17/0839, mwN).
13 Das Revisionsverfahren war daher nach Anhörung der revisionswerbenden Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
14 Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 VwGG. Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Kostenersatz zugesprochen wird (VwGH 30.5.2017, Ro 2017/17/0003, mwN).
15 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 20. August 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170128.L00Im RIS seit
12.09.2018Zuletzt aktualisiert am
20.12.2018