RS OGH 2018/7/19 11Ns29/18f, 11Ns35/18p, 11ns3/19h, 11Os148/18a, 14Ns29/19d, 11Os78/19h (11Os86/19k)

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 19.07.2018
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Norm

StPO §4 Abs2
StPO §37 Abs3

Rechtssatz

1. Die Verbindung zweier Hauptverfahren gemäß § 37 Abs 3 StPO setzt – auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts oder dem Bezirksgericht – die Rechtswirksamkeit (§ 4 Abs 2 StPO) beider Anklagen voraus. Im Fall des § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz iVm Abs 2 zweiter Satz StPO zuständigkeitsbegründend zuvorgekommen ist jenes Gericht, bei dem die Anklage zuerst rechtswirksam wurde.

2. Im einzelrichterlichen Verfahren tritt die Rechtswirksamkeit der Anklage mit dem positiven Abschluss einer amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags ein. Sie findet dort jedoch – anders als im kollegialgerichtlichen Verfahren – keinen beschlussförmigen Ausdruck, sondern zeigt sich erst im darauf folgenden Akt der Einleitung des Hauptverfahrens.

3. Die Einleitung des Hauptverfahrens (§ 4 Abs 2 StPO) geschieht im einzelrichterlichen Verfahren durch die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 450 und § 485 Abs 1 Z 4 StPO). Unter dieser Anordnung wird (keineswegs nur das "Ausschreiben" einer Hauptverhandlung, sondern) jedes Verhalten des Gerichts verstanden, das die Bejahung der Prozessvoraussetzungen (den positiven Ausgang der amtswegigen Vorprüfung) unmissverständlich erkennen lässt. Dies trifft auf jede Entscheidung zu, deren Ergebnis keines nach (im landesgerichtlichen Verfahren:) § 485 Abs 1 Z 1 bis Z 3 StPO oder (im bezirksgerichtlichen Verfahren:) § 450 erster Satz StPO (beschlussförmiger Ausspruch sachlicher Unzuständigkeit), § 451 Abs 2 StPO (beschlussförmige Verfahrenseinstellung) oder § 38 StPO (Wahrnehmung eigener Unzuständigkeit nach § 36 Abs 3, Abs 5; § 37 Abs 1, Abs 2 StPO) ist, also jeder contrarius actus dazu.

4. Bei der amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags (noch) außer Betracht zu bleiben hat die Anhängigkeit eines im Sinn des § 37 Abs 3 StPO konnexen Hauptverfahrens bei (irgend-)einem Gericht. Vielmehr hat sich die Vorprüfung – isoliert – auf jenes (Haupt-)Verfahren zu beziehen, das durch die Einbringung dieses (einen) Strafantrags begonnen hat.

Entscheidungstexte

  • 11 Ns 29/18f
    Entscheidungstext OGH 19.07.2018 11 Ns 29/18f
    Beisatz: Im bezirksgerichtlichen Verfahren ist von Rechtswirksamkeit eines Strafantrags (sofern sie bei ein und demselben Gericht eingebracht wurden: beider Strafanträge) bereits dann auszugehen, wenn das damit angerufene Bezirksgericht die Verbindung des Verfahrens über diesen Strafantrag mit jenem über den anderen Strafantrag verfügt, ohne das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen infrage zu stellen. Ebenso ist Rechtswirksamkeit eines Strafantrags anzunehmen, wenn das damit angerufene Bezirksgericht „sein“ Verfahren – iSd § 37 Abs 3 StPO – einem anderen Gericht zur Verbindung mit einem dort anhängigen Hauptverfahren überweist. (T1)
  • 11 Ns 35/18p
    Entscheidungstext OGH 19.07.2018 11 Ns 35/18p
    Beis wie T1
  • 11 Ns 3/19h
    Entscheidungstext OGH 26.02.2019 11 Ns 3/19h
    Beisatz: Die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 450 StPO) kann darin bestehen, dass das Bezirksgericht die Hauptverhandlung (erstmalig) „ausschreibt“ (vgl § 221 Abs 1 StPO). Werden aber – ohne dass zunächst die Hauptverhandlung „ausgeschrieben“ wird – sonstige Verfügungen getroffen oder Beschlüsse gefasst, die das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen nicht infrage stellen, ist bereits die erste solche Entscheidung des Gerichts als „Anordnung“ der Hauptverhandlung aufzufassen. (T2)
    Beisatz: Hier: Eintragung der Akten in den Geschäftskalender zu dem Zweck, den Eintritt der Rechtskraft eines in einem anderen Verfahren ergangenen Urteil zu überwachen. (T3)
  • 11 Os 148/18a
    Entscheidungstext OGH 29.01.2019 11 Os 148/18a
    Beis wie T1
  • 14 Ns 29/19d
    Entscheidungstext OGH 21.05.2019 14 Ns 29/19d
    Beis wie T1
  • 11 Os 78/19h
    Entscheidungstext OGH 25.06.2019 11 Os 78/19h
    Vgl
  • 11 Os 116/19x
    Entscheidungstext OGH 08.10.2019 11 Os 116/19x
    Vgl; Beisatz: Abweichend von §§ 450 und 485 Abs 1 StPO versteht § 491 Abs 8 StPO unter Anordnung der Hauptverhandlung nur die "Ausschreibung". (T4)
  • 11 Ns 42/20w
    Entscheidungstext OGH 03.08.2020 11 Ns 42/20w
    Beisatz: Zur ? jedenfalls gebotenen ? Zustellung des Strafantrags an den Angeklagten. (T5)
    Beisatz: Gemäß § 484 zweiter Satz StPO „hat“ der Einzelrichter des Landesgerichts den bei ihm eingebrachten (§ 210 Abs 2 StPO) Strafantrag dem Angeklagten „unverzüglich zuzustellen“ (vgl § 71 Abs 4 erster Satz StPO für das Verfahren über eine Privatanklage und § 451 Abs 1 letzter Halbsatz StPO für das Verfahren vor dem Bezirksgericht). Dieser Gesetzesbefehl gilt unabhängig von einer (idR gleichzeitigen) Vorgangsweise nach § 485 Abs 1 Z 1 bis 3 oder Z 4 StPO. Die betreffende Verfügung ist daher ? für sich allein genommen – nicht schon als Anordnung der Hauptverhandlung (§ 485 Abs 1 Z 4 StPO) aufzufassen. (T6)
  • 13 Ns 87/20b
    Entscheidungstext OGH 18.11.2020 13 Ns 87/20b
    Vgl
  • 15 Ns 74/20f
    Entscheidungstext OGH 14.01.2021 15 Ns 74/20f
    Vgl
  • 13 Os 49/21m
    Entscheidungstext OGH 14.07.2021 13 Os 49/21m
    Vgl
  • 12 Ns 64/21i
    Entscheidungstext OGH 22.10.2021 12 Ns 64/21i
    Vgl

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132157

Im RIS seit

11.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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