Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §32 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des Dr. PS in P in T, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 1. September 2017, LVwG-411955/5/Sch/HUE, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15. 9. 2011, Dickinger und Ömer, C- 347/09, Rn. 83 f, 30. 4. 2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff, 30. 6. 2016, Admiral Casinos & Entertainment, C- 464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. dazu weiters das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11.7.2018).
6 Der Revisionswerber rügt außerdem, dass es für eine taugliche Verfolgungshandlung erforderlich sei, dass dem Beschuldigten alle maßgeblichen Tatbestandselemente vorgehalten werden. Dies sei erstmals im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes durch die Einfügung des Spruchelementes "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" erfolgt. Es sei daher keine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 VStG gesetzt worden.
7 In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Mai 2016, welche sich mit dem Spruch des Straferkenntnis vom 3. März 2017 deckt, wird dem Revisionswerber vorgeworfen die in Rede stehende Übertretung als das nach außen vertretungsbefugte Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft und somit als Lokalbetreiber gesetzt zu haben. Durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wird die Verantwortlichkeit des Beschuldigten dahingehend konkretisiert, dass der Revisionswerber die Tat "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" gesetzt habe.
8 Eine Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG hat sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigter, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen, für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung ist aber noch nicht gefordert, dass dem individuell bestimmten Beschuldigten allenfalls auch vorgeworfen werden muss, er habe die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener iSd § 9 VStG zu verantworten. Damit ist es aber im Stadium der Setzung von Verfolgungshandlungen auch noch nicht erforderlich, bereits die Art der Organfunktion, aus der sich die Verantwortlichkeit, ergibt, konkret zu determinieren (vgl. VwGH 30.6.2011, 2011/03/0078, und VwGH 24.1.2008, 2004/03/0007). Es lagen daher auch ohne Nennung der konkreten Organfunktion, die den Revisionswerber zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigte, wirksame Verfolgungshandlungen vor (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0902).
9 Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Spruch des Straferkenntnisses dahin konkretisierte, dass der Revisionswerber "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" vertretungsbefugtes Organ der GmbH war.
10 Ebenso wenig ist dem Revisionswerber darin zu folgen, dass im Straferkenntnis die als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandmerkmals der "verbotenen Ausspielung" mangelhaft umschrieben worden sei, zumal sich die Qualifikation der durchgeführten Glücksspiele als verbotene Ausspielungen unmissverständlich bereits aus der Bezeichnung der angelasteten Tat als Verstoß gegen § 2 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ergibt (vgl. z.B. VwGH 11.8.2017, Ra 2017/17/0489, mwN). Der Revisionswerber zeigt im Zulässigkeitsvorbringen somit betreffend den behaupteten Verstoß gegen die Anforderungen des § 44a VStG keine erhebliche Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
11 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 10. August 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170886.L00Im RIS seit
07.09.2018Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019