TE OGH 1984/9/6 8Ob595/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der H*****, geboren am *****, und der mj S*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters E*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 29. Juni 1984, GZ 13 R 474/84-82, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mauthausen vom 14. Mai 1984, GZ P 83/68-79, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am ***** geborene H***** und die am ***** geborene mj S***** sind eheliche Kinder des E***** und der H*****; die Ehe ihrer Eltern wurde mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 16. 9. 1970, AZ 6 Cg 179/68, aus dem überwiegenden Verschulden des beklagten Ehemanns rechtskräftig geschieden (ON 22 dA). E***** ist verpflichtet, für seine beiden Töchter einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.600 S (für H*****) und von 1.300 S (für S*****) zu bezahlen (Beschluss des Erstgerichts vom 21. 12. 1982, ON 61 dA). Am 12. 4. 1982 wies das Erstgericht den im Februar 1983 gestellten Antrag des Vaters auf Befreiung von der Unterhaltspflicht gegenüber seiner Tochter H***** ab (ON 63 dA).

Mit den am 19. 1. 1984 beim Erstgericht eingelangten Schreiben beantragte E*****, ihn von der Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt für seine Tochter H***** wegen Selbsterhaltungsfähigkeit zur Gänze zu befreien (ON 64 dA) und die ihm für die mj S***** auferlegten Unterhaltsleistungen auf 1.200 S monatlich herabzusetzen (ON 65 dA). In diesem Schriftsatz brachte er noch seine Absicht zum Ausdruck, Unterhalt für die mj S***** in der Höhe von 1.200 S monatlich bis Juli 1984 zu bezahlen, darüber hinaus sei er jedoch wegen Selbsterhaltungsfähigkeit auch dieser Tochter zu weiteren Unterhaltszahlungen nicht mehr bereit.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Mauthausen vom 14. 5. 1984 (ON 79 dA) wurden die Anträge des Vaters, die von ihm für die mj Tochter S***** zu bezahlenden Unterhaltsbeträge auf 1.200 S monatlich herabzusetzen und ihn von der Unterhaltsleistung für die Tochter H***** zur Gänze zu befreien, abgewiesen. Das Erstgericht traf dabei im Wesentlichen folgende Feststellungen:

E***** war bis Ende 1983 bei der M*****-GesmbH in W***** als kaufmännischer Angestellter bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von zuletzt 14.417,43 S beschäftigt. Vom 1. 1. 1984 bis 5. 2. 1984 war er arbeitslos. Seit 6. 2. 1984 ist er bei der A***** GesmbH in L***** beschäftigt; sein monatlicher Verdienst beträgt einschließlich anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld ca 11.600 S netto. Abgesehen von den beiden ehelichen Kindern hat er für den mj außerehelichen Sohn N***** zu sorgen. Die mj S***** besucht derzeit die 3. Klasse der Fachschule für wirtschaftliche Frauenberufe P*****. H***** ist nach wie vor Krankenschwesternschülerin im Landeskrankenhaus S***** und bezieht dort neben freier Verpflegung, Wohnung und Sozialversicherung ein monatliches Taschengeld von 1.617 S netto. Ihre Ausbildung wird Ende August 1985 beendet sein.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass die bisher gezahlten Unterhaltsbeträge sowohl für die mj S***** als auch für die mittlerweile großjährig gewordene H***** erforderlich seien. Die Bedürfnisse der mj S***** aufgrund ihres Schulbesuchs seien durch den Unterhaltsbetrag von 1.600 S ohnehin nur zum Teil abgegolten. H***** sei zur Zeit des Antrags auf Unterhaltsenthebung noch minderjährig gewesen. Von den durchschnittlichen Bedürfnissen einer solchen Minderjährigen ausgehend sei der dem Vater auferlegte Unterhaltsbetrag zusätzlich zu dem von H***** bezogenen Taschengeld zur Deckung deren gesamten Unterhaltskosten notwendig. H***** sei daher noch nicht selbsterhaltungsfähig.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem vom Vater gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs nicht Folge.

Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass die beiden Töchter von ihrer Mutter in deren Haushalt betreut würden, die Mutter daher ihrer anteiligen Unterhaltspflicht den Kindern gegenüber zur Gänze nachkomme, weshalb der Vater durch Geldalimentation für jene Bedürfnisse der Kinder aufzukommen habe, die damit nicht gedeckt seien. Das Rekursgericht billigte die Ansicht des Erstgerichts, dass die dem Vater auferlegten Unterhaltsleistungen trotz der zwischenweilig eingetretenen Änderung dessen Einkommensverhältnisse seiner Leistungsfähigkeit entsprächen, weil dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug seiner sämtlichen Unterhaltsverpflichtungen noch ein Betrag von mehr als 7.000 S zur Bestreitung seines eigenen Lebensaufwands zu Verfügung stehe, womit er das Auslangen finden könne. Weder die Großjährigkeit noch ein Wechsel des Schultyps bzw der gewählten Ausbildungsart seien geeignet, die Unterhaltsverpflichtung zum Erlöschen zu bringen. Maßgeblich sei das Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder, die erst dann gegeben sei, wenn das unterhaltsberechtigte Kind allein aufgrund seiner Einkünfte in der Lage sei, daraus alle Bedürfnisse zu befriedigen. Dies sei dann der Fall, wenn das Kind über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge und nach Beendigung der Ausbildung eine Stellung erlangt habe, die einen entsprechenden Eigenverdienst bringe.

Die Selbsterhaltungsfähigkeit trete ohne Rücksicht auf eine abgeschlossene Ausbildung bzw eine entsprechende Stellung nur dann ein, wenn es der Unterhaltsberechtigte aus nicht gerechtfertigten Gründen unterließe, die Voraussetzungen für die Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit zu schaffen oder wenn er sich als ungeeignet für die gewählte Ausbildung erwiesen habe. Wenn der Rekurswerber meine, seine Töchter hätten schon mehrere Schultypen absolviert, so spiele er wohl auf die mangelnde Eignung der gewählten Berufsausbildung der Kinder an, er habe jedoch nichts Konkretes dazu vorgebracht, dass der Schultypwechsel auf die mangelnde Eignung zurückzuführen gewesen wäre oder es sich bei diesen mehreren Schultypen nicht um die normale Aufeinanderfolge im Rahmen einer bestimmten Ausbildung handle. Es sei daher davon auszugehen, dass keine der Töchter bisher selbsterhaltungsfähig geworden sei.

Gegen diesen Beschluss des Gerichts zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, dem der Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Befreiung von Unterhaltsleistungen an beide Töchter zu entnehmen ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht hinsichtlich der mj S***** mit Recht nur über den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters entschieden hat und die vom Vater für die Zeit nach Juli 1984, somit nach der Beschlussfassung des Erstgerichts abgegebene Absichtserklärung, wegen Selbsterhaltungsfähigkeit (auch) der mj S***** für diese keinen Unterhalt mehr zahlen zu wollen, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war. Die Anfechtung einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung wird aber durch die Bestimmung des § 14 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler auch immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge (EFSlg 42.261, 37.333 uva).

Der Revisionsrekurswerber führt sein Rechtsmittel allerdings lediglich im Sinne des Anspruchs auf grundsätzliche Entbindung von seiner Unterhaltspflicht wegen Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit beider Kinder aus. Da auch die Beurteilung der Frage, ab wann Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten anzunehmen ist, eine Entscheidung über die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts darstellt (EFSlg 42.289, 39.731, 34.980 f ua), erweist sich der Revisionsrekurs hinsichtlich beider Kinder als unzulässig; weshalb er zurückgewiesen werden musste.

Textnummer

E122568

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00595.840.0906.000

Im RIS seit

07.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten