Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J*****, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 129.600 EUR sA und Räumung (Streitwert 43.200 EUR), aufgrund der Anzeige des Hofrats ***** vom 3. Juli 2018 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs ***** ist im Verfahren über die zu AZ 4 Ob 134/18m anhängige Revision der beklagten Partei nicht befangen.
Text
Begründung:
***** ist Berichterstatter im Verfahren über die im Spruch genannte Revision. Die Vorinstanzen hatten der Klage wegen Unschlüssigkeit des Bestreitungsvorbringens ohne Durchführung eines Beweisverfahrens stattgegeben.
Mit Note vom 3. Juli 2018 zeigte ***** nach § 22 GOG an, dass die Beklagte ihn im erstinstanzlichen Verfahren als Zeugen geführt habe. Hintergrund sei offenbar gewesen, dass er als Richter des Oberlandesgerichts ***** an Entscheidungen in einem im selben tatsächlichen Umfeld angesiedelten Verfahren mitgewirkt habe. Er erachte sich subjektiv nicht als befangen.
Rechtliche Beurteilung
Eine Befangenheit liegt nicht vor.
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (RIS-Justiz RS0046052 [T2]). Ein solcher Anschein ist hier aber nicht erkennbar: Dass Richter in Verfahren entscheiden, die einen inhaltlichen Zusammenhang aufweisen, entspricht dem Gerichtsalltag und liegt im Übrigen auch der ständigen Rechtsprechung zugrunde, dass gerichtskundige – also insbesondere aus anderen Verfahren bekannte – Tatsachen keines Beweises bedürfen (Rechberger in Fasching/Konecny3 § 269 Rz 7 mwN). Die Tätigkeit in einem Parallelverfahren kann daher für sich allein keinen Zweifel an der Unbefangenheit *****s begründen. Der Umstand, dass die Beklagte (offenkundig) im Hinblick auf diese amtliche Tätigkeit seine Einvernahme als Zeugen beantragt hatte (vgl allgemein zu dieser Problematik Rechberger in Fasching/Konecny3 § 269 Rz 9), ändert daran jedenfalls solange nichts, als tatsächlich keine Einvernahme erfolgte und auch nicht darüber zu entscheiden ist, ob sie zu erfolgen hat. Beides trifft hier nicht zu: Der Klage wurde ohne Durchführung eines Beweisverfahrens stattgegeben, und Gegenstand der Revision ist ausschließlich die Frage, ob das Bestreitungsvorbringen schlüssig war oder nicht. Wäre Schlüssigkeit anzunehmen, führte das zur Aufhebung in die erste Instanz, ohne dass damit bereits über die Notwendigkeit einer Einvernahme von ***** entschieden würde. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens lässt sich daher aus dem Beweisantrag der Beklagten kein Anschein der Befangenheit von ***** ableiten.
Textnummer
E122556European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0020NC00027.18W.0730.000Im RIS seit
07.09.2018Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019