TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/22 W168 2182741-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2018
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Entscheidungsdatum

22.06.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W168 2182741-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. MACALKA über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017, Zl. 1159884402 / 170882850 -EAST West zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 27.07.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine durchgeführte Eurodac - Abfrage ergab eine fremdenrechtliche Registrierung der beschwerdeführenden Partei in Italien mit Datum 14.07.2017.

Bei der durchgeführten Erstbefragung gab die beschwerdeführende Partei befragt zum Reiseweg an, dass sie ihre Heimat 2011 verlassen hätte. Sie wäre nun über Libyen, wo sie sich sechs Jahre lang aufgehalten hätte, und Italien nach Österreich gereist. In Italien wäre alles gut gewesen. Doch ihr Zielland wäre Österreich gewesen, da hier ein Cousin und eine Familie, die die Nachbarn des BF in Syrien gewesen waren, leben würden. Befragt zu Italien führte die beschwerdeführende Partei aus, dass es ihr in Italien schlecht gegangen sei. Sie sei dort krank gewesen und habe Medikamente benötigt. Als sie diese verlangt habe, sei sie aus dem Lager geschmissen worden und habe anschließend auf der Straße leben müssen.

Das Bundesamt richtete aufgrund des vorliegenden Kategorie 2 Eurodac - Treffers, als auch aufgrund der Aussagen der beschwerdeführenden Partei während ihrer Erstbefragung zu ihrem Reiseweg ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. Über das Führen von Konsultationen wurde die beschwerdeführenden Partei nachweislich informiert.

Aufgrund des Unterbleibens einer fristgerechten Antwort wurde Italien vom Eintritt der Zuständigkeit mit Schreiben des BFA vom 02.10.2017 durch Fristablauf gem. Art 13 Abs. 1 iVm. Art. 22 Abs. 7 Dublin III VO beginnend mit 01.10.2017 verständigt.

Am 10.10.2017 langte ein Befundbericht der Universitätsklinik Innsbruck ein dem zu entnehmen ist dass der BF wegen Schlafstörung, psychischer Überforderung und fraglichen Hallunzinationen an die Allgemein Ambulanz überwiesen wurde. Es hätte sich eine depressive Symptomatik mit Schlafstörungen ergeben, bzw. wurde eine Einstellung auf ein Medikament empfohlen. Hinweise auf das Vorliegen einer akuten Selbst bzw. Fremdgefährdung würden nicht vorliegen. Der Patient wäre nach der Aufklärung nach Hause entlassungsfähig.

Am 12.10.2017 wurde nach erfolgter Rechtsberatung eine Einvernahme im Zulassungsverfahren mit der beschwerdeführenden Partei seitens des BFA durchgeführt. In der Einvernahme gab die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen an, dass sie physisch und psychisch in der Lage sei, an der Einvernahme teilzunehmen. Weiter zum Gesundheitszustand befragt führte der BF aus, dass er psychische Probleme hätte, da seine Familie sich noch in Syrien befinden würde und er diese schon mehrere Jahre lang nicht gesehen hätte. Er würde sich große Sorgen um seine Familie machen. Er könne diesbezüglich keine ärztlichen Unterlagen vorlegen. Doch wäre er bereits seit seiner Geburt damit belastet, dass er nicht einschlafen könne. Er würde seine Familie benötigen, damit es ihm besser gehen würde. Befragt zu Familienangehörigen im Bundesgebiet führte der BF aus, dass sich im Bundesgebiet ein Bruder befinden würde. Weitere 4 Brüder würden sich in Deutschland befinden. Es würde zu dem sich in Österreich befindlichen Bruder ein telefonischer Kontakt bestehen. Seit zweieinhalb Monaten hätten sie sich nicht gesehen. Der Bruder hätte in Österreich bleiben dürfen, da seine sich ebenfalls in Österreich aufhältige Tochter krank wäre. Befragt zur seitens des Bundesamtes aufgrund der durch Verschweigen erfolgten Zustimmung Italiens angenommen Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates, führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie nicht nach Italien zurückwolle. Sie hätte sich dort für rund 5 Tage aufgehalten. Er wolle bei seinem Bruder in Österreich bleiben. Er könne nicht zurück nach Italien. Er würde die Unterstützung seines Bruders benötigen. Er wäre alleine in Italien und hätte aufgrund seiner psychischen Probleme dort Angst. Zu den Länderinformationen zu Italien befragt führte der BF aus, dass er diese nicht gelesen hätte, da er Kopfschmerzen gehabt hätte. Eine Dolmetscherin hätte ihn diese übersetzt, er wisse jedoch nicht, was darinstehen würde. Abschließend dem BF die Möglichkeit weitere Ausführungen zu erstatten führte dieser aus, dass er in Österreich in der Nähe seines Bruders bleiben wolle, bzw. wolle er auch seine Familie nach Österreich bringen. Die Rechtsberatung beantragte die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Feststellung des allgemeinen Gesundheitszustandes des BF, bzw. wäre anzuzweifeln, dass die Einvernahmefähigkeit überhaupt gegeben wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO zuständig ist, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Der Bescheid legt in seiner Begründung und den aktuellen Feststellungen insbesondere ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung, die aktuelle Unterbringungssituation, den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für Antragsteller, sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.

Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 26.07.2017, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung)

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 24. Juli 2017 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 18 SPRAR-Projekte mit zusammen 78 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 24.7.2017).

Aus einer Statistik des UNHCR geht hervor, dass 2017 bis 16. Juli

93.213 Bootsflüchtlinge in Italien gelandet sind. Das sind um 13.373 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings ist der Juli 2017 bislang mit 9.461 Migranten etwas schwächer als der Vergleichszeitraum 2016 (9.618). Aus den Statistiken geht hervor, dass mehr Personen in Italien Asylanträge stellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wobei diese Anträge nicht notgedrungen von Neuankünften gestellt worden sein müssen (UNHCR 16.7.2017).

Laut offizieller italienischer Statistik haben 2017 bis zum 14. Juli

80.665 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit selbem Datum waren

22.406 Anträge negativ erledigt, 3.842 erhielten Flüchtlingsstatus,

4.165 erhielten subsidiären Schutz, 10.632 erhielten humanitären Schutz. 2.118 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (VB 19.7.2017a).

Mit Stand 18. Juni 2017 waren 194.809 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 19.7.2017b).

Quellen:

- MdI - Ministero dell Interno (24.7.2017): Circular Letter, per -E-Mail, UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (16.7.2017): Italy weekly snapshot - 16 Jul 2017, per E-Mail VB des BM.I Italien (19.7.2017a): Statistiken der ital. Asylbehörde, per E-Mail VB des BM.I Italien (19.7.2017b): Auskunft des VB, per E-Mail

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Aus aktuellen Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es im Jahre 2016 insgesamt 123.600 Asylanträge gegeben hat, was einer Steigerung von 47% gegenüber 2015 entspricht (MdI 10.3.2017, vgl. Eurostat 16.3.2017). 4.808 Personen haben 2016 Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, 12.873 subsidiären Schutz und

18.979 internationalen humanitären Schutz. 54.254 Anträge (60%) wurden abgewiesen (MdI - 10.3.2017).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 21. April 46.225 Asylanträge gab. (VB 26.4.2017)

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 MdI - Ministero dell'Interno (10.3.2017): Dati e statistiche,

http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/i-numeri-dellasilo; Zugriff 23.3.2017USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017 VB des BM.I Italien (26.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

3. Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3 Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

4. Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,

http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016

5. Versorgung

5.1. Unterbringung

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

Wie die untenstehende Statistik des italienischen Innenministeriums zeigt, wurden die Unterbringungskapazitäten in den letzten 3 Jahren massiv gesteigert. (MdI - 31.3.2017)

Mit Stand 31.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 137.599 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 2.204 in den sogenannten Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunterkünfte in ganz Italien), 13.835 in Erstaufnahmezentren, 137.599 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.867 in staatlicher Betreuung (SPRAR):

(VB 19.4.2017)

CPSA - (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots

Menschen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Einwanderungszentren bzw. Hotspots (AIDA 2.2017, vgl: MdI 28.7.2015). Die ursprünglichen CPSA in Lampedusa und Pozzallo bilden seit 2016 zusammen mit den Zentren Taranto und Trapani die sogenannten Hotspots. Dieses Hotspot-Konzept wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um jene Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die an den EU-Außengrenzen einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind. Nähere Informationen sind weiter unten dem Abschnitt "Hotspots" zu entnehmen (AIDA 2.2017, vgl. EC o. D.). Nach dieser Phase der ersten Hilfe unmittelbar nach Ankunft in den CPSA bzw. Hotspots werden die Fremden, je nach Status, entweder rückgeführt oder in andre Unterkünfte verlegt (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). (Für weitere Informationen siehe Kapitel 6.2 Hotspots.)

CDA, CARA und CAS

CDA, CARA und CAS sind Erstaufnahmezentren und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Erstaufnahmezentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen (AIDA 2.2017).

Die CDA (centri di accoglienza) sind allgemeine Aufnahmezentren, in denen insbesondere die auf dem Staatsgebiet aufgegriffenen Fremden zur Identitätsfeststellung und Statusbestimmung untergebracht werden, während CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) Zentren für die Aufnahme von Asylwerbern sind. CDA und CARA umfassen derzeit 15 Erstaufnahmezentren mit ca. 14.694 Plätzen (AIDA 2.2017). Asylwerber sollen dort einige Wochen oder Monate untergebracht werden, bis die administrativen Formalitäten bezüglich eines Asylantrags abgeschlossen und ein neuer Unterkunftspatz gefunden ist. Sprachtraining oder andere Integrationsmaßnahmen finden in diesen Zentren nicht statt (CoE 2.3.2017).

CARA, CDA und CPSA sollen sukzessive in den durch das Gesetz 142/2015 eingeführten sogenannten "hub regionali" aufgehen. Jede Region soll über einen solchen hub verfügen. Migranten, die in den Hotspots um internationalen Schutz ansuchen, sollen dann an diese "hub regionali" als Erstaufnahmezentren weitergeleitet werden. Ziel ist es, die Strukturen zu straffen und die Schutzsuchenden in Zentren unterzubringen, die in der Nähe von Einwanderungsbüros liegen (AIDA 2.2017, vgl. MdI 2016; SFH 8.2016)

Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) sind temporäre Aufnahmezentren, die speziell in Zeiten hoher Migrationsströme andere Zentren entlasten sollen. De facto dienen sie zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen. Ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die CAS dienen auch als "Second-Line-Aufnahme" in Vorbereitung auf die Unterbringung in SPRAR. Derzeit sind ca. 130.000 Personen in über 7000 CAS-Unterkünften in ganz Italien untergebracht (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). Primär als Notunterkünfte vorgesehen, liegt der Schwerpunkt der CAS nicht auf einer längerfristigen Integration, obwohl viele Asylsuchende während der Bearbeitung ihrer Asylanträge in einem CAS untergebracht sind (CoE 2.3.2017).

Grundsätzlich sollen Asylwerber jedenfalls in allen hier genannten Einrichtungen nur temporär untergebracht werden, bis eine Verlegung in das SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) möglich ist. Da SPRAR aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, gibt es einen chronischen Rückstau, der wiederum eine zum Teil massive Überbelegung der CAS-Unterkünfte zur Folge hat. Viele Asylsuchende bleiben bis zum Asylentschied in den CAS. Um eine gewisse Entlastung des Systems herbeizuführen, werden Asylwerber oft sofort nach Erhalt eines positiven Bescheids aus dem Aufnahmesystem genommen (AIDA 2.2017).

Generell variiert die Qualität zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften und auch innerhalb der jeweiligen Kategorien stark und hängt vom Ausmaß der jeweiligen Überbelegung und dem lokalen Management ab (AIDA 2.2017). Die Bedingungen in einigen Einrichtungen führen zu Bedenken nach den Artikeln 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (CoE 2.3.2017).

SPRAR - (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)

Das SPRAR besteht derzeit (Stand 2. Februar 2017) aus 640 kleineren dezentralisierten Zweitaufnahmezentren/Projekten mit einer aktuellen Gesamtkapazität von 25.838 betreuten Personen. Etwa 95 dieser Projekte widmen sich unbegleiteten Minderjährigen (2.007 Personen) und 44 Unterkünfte mit insgesamt 592 Plätzen widmen sich Menschen mit psychischen Problemen (SPRAR 2.2.2017).

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren und bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung sowie Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es steht mehr Platz pro Person zur Verfügung (in kleineren Einheiten teilen sich oft nur zwei Personen ein Zimmer) und die hygienischen Standards sind besser. Es gibt Erholungsbereiche, manchmal besteht auch die Möglichkeit, selbst zu kochen. Bei Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger werden diese Standards normalerweise - beispielsweise um Sportmöglichkeiten - nochmals ausgeweitet (AIDA 2.2017).

Trotz aller positiver Aspekte ist das Wachstum von SPRAR in den vergangenen Jahren nicht ausreichend, um den Unterbringungsbedürfnissen in ausreichendem Maße entsprechen zu können. SPRAR deckt derzeit nur etwa 20% der Aufnahmenachfrage ab (AIDA 2.2017, vgl. MdI 31.3.2017).

Ist in keiner der vorgesehenen Strukturen Platz für einen Asylwerber gegeben, wäre für den Zeitraum, in dem dieser nicht untergebracht werden kann, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt. Stattdessen wird der Asylwerber unter Inkaufnahme einer entsprechenden Überbelegung trotzdem untergebracht (AIDA 2.2017).

NGOs berichten, dass Tausende legale und illegale Fremde - ohne Zugang zu öffentlichen Diensten und Leistungen - in verlassenen alten Gebäuden leben (USDOS 3.3.2017).

NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von Familien (AIDA 2.2017).

CIE - (Centro di identificazione ed espulsione)

Personen, die sich illegal im Land aufhalten und für internationalen Schutz nicht in Frage kommen, werden in Erwartung der Abschiebung in den Schubhaftzentren CIE untergebracht. Die Dauer des Aufenthalts beträgt hierbei maximal 18 Monate (MdI 28.7.2015).

Italien verfügt mit Stand vom 20. Jänner 2016 über insgesamt sechs in Betrieb befindlichen CIEs mit einer theoretischen Kapazität von insgesamt 720 Plätzen (PI 2.2016).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder; internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit; Integration; etc.), https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017 EC - European Commission (o.D.), Hotspot-Konzept zur Steuerung außergewöhnlicher Migrationsströme, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/background-information/docs/2_hotspots_de.pdf, Zugriff 3.4.2017 MdI - Ministero dell'Interno Italiano (28.7.2015):

Centri per l'imigrazione,

http://www.interno.gov.it/it/temi/immigrazione-e-asilo/sistema-accoglienza-sul-territorio/centri-limmigrazione, Zugriff 28.3.2017MdI - Ministero dell'Interno Italiano (2016): Piano accoglienza 2016. Tavolo di ccordinamento nazionale, Zugriff 11.4.2017MdI - Ministero dell'Interno (31.3.2017): Dati e statistiche,

http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/cruscotto-statistico-giornaliero, Zugriff 4.4.2017 PI - Parlamento Italiano, Senato della Repubblica (2.2016): Rapporto sui centri di identificazione ed espulsione in Italia,

https://www.senato.it/application/xmanager/projects/leg17/file/repository/commissioni/dirittiumaniXVII/rapporto_cie.pdf, Zugriff 11.4.2017 SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016):

Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017 SPRAR - Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati (2.2.2017): Composizione di base della rete SPRAR, http://www.sprar.it/i-numeri-dello-sprar, Zugriff 11.4.2017 USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,

http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017 VB des BM.I Italien (19.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

5.2. Hotspots

Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission am 13. Mai 2015 eine Migrationsagenda zur "besseren Steuerung der Migration" verabschiedet. Eine der Maßnahmen ist der sog. "Hotspot approach", bei dem mit Unterstützung der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO (sowie unter Hinzuziehung von Frontex, Europol und Eurojust) mit den Behörden der Grenzstaaten eine rasche Identifizierung der ankommenden Migrantinnen und Migranten und die umfassende Registrierung sowie die Abnahme der Fingerabdrücke gewährleisten sollen. Menschen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, können von den betroffenen Mitgliedsstaaten an andere EU Mitgliedsstaaten umverteilt werden, wo ihr Asylantrag bearbeitet wird. Italien und Griechenland sind die ersten beiden Mitgliedstaaten, in denen das Hotspot-Konzept derzeit angewandt wird (EC 27.3.2017; vgl. SFH 8.2016).

Migranten, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Hotspot-Zentren. Dort werden ihre Daten erkennungsdienstlich aufgenommen, es erfolgt ein erster medizinischer Check und sie haben die Möglichkeit, um internationalen Schutz anzusuchen (AIDA 2.2017). Jene Menschen, die keinen Schutzanspruch haben, sollen rasch rückgeführt werden. Die anderen werden in die "hub regionali" (Regionalzentren) überstellt. Auch wird eine mögliche Umverteilung an andere EU-Staaten für die Durchführung des Asylverfahrens überprüft (AIDA 2.2017; vgl. EC 27.3.2017).

In Italien wurden bisher 4 Hotspots mit einer Kapazität von insgesamt 1.600 Personen eingerichtet (Lampedusa, Pozzallo, Taranto und Trapani) (EC 27.3.2017). Nach Medienberichten sollen diese nun durch weitere Hotspots ergänzt werden. Im Gespräch hierfür sind Messina und Palermo auf Sizilien sowie Corigliano, Reggio Calabria und Crotone in Kalabrien (AIDA 2.2017, vgl. GdS 17.3.2017).

Die gesetzlich zulässige Aufenthaltsdauer von 48 bzw. 72 Stunden in den Hotspots wird in der Praxis vielfach nicht eingehalten (AIDA 2.2017).

Die hohe Anzahl der Ankünfte hat sich negativ auf das System zur Registrierung und auf das italienische Empfangssystem als Ganzes ausgewirkt. Nicht immer ist die wirksame Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder Vulnerablen bzw. die Bereitstellung von angemessenen Informationen über deren Rechte gewährleistet. Dies ist insbesondere problematisch, wenn eine hohe Anzahl von Flüchtlingen und Migranten gleichzeitig eintrifft (CoE 2.3.2017).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder; internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit; Integration; etc.), https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017 EC - European Commission (27.3.2017), Hotspots in Italy,

https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/press-material/docs/state_of_play_-_hotspots_en.pdf, Zugriff 3.4.2017 GdS - Giornale di Sicilia (17.3.2017): Migranti, hotspot a Palermo e Messina. Tramonta l'ipotesi Mineo, http://catania.gds.it/2017/03/17/migranti-hotspot-a-palermo-e-messina-tramonta-lipotesi-mineo_641852/, Zugriff 4.4.2017 SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016):

Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017

5.3. Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind. Zuletzt wurde am 12. Oktober 2016 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 11 SPRAR-Projekte mit zusammen 58 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 12.10.2016).

Die NGOs Danish Refugee Council und Swiss Refugee Council haben Anfang 2017 6 Fälle von vulnerablen Rückkehrern (Familien mit Kindern bzw. Schwangeren) nach Italien einem Monitoring unterzogen und berichten, dass 2 dieser Fälle bei Rückkehr keinen Zugang zu Unterbringung hatten. Die übrigen 4 Fälle wurden zunächst übergangsweise untergebracht, wobei die Bedingungen als für Vulnerable unpassend kritisiert wurden. In weiterer Folge konnten Plätze in SPRAR gefunden werden. Die Betroffenen und die beteiligten NGOs sprechen von Willkür oder zumindest Unvorhersehbarkeit seitens der italienischen Behörden. Als problematisch wurde in den gemonitorten Fällen vor allem der mangelnde Informationsfluss betreffend die Vulnerabilität der Rückkehrer zwischen den Behörden des überstellenden Staats und Italiens beschrieben (DRC/SRC 9.2.2017).

Der BM.I-Verbindungsbeamte in Italien, der gegebenenfalls die Rückkehr vulnerabler Fälle aus Österreich am Flughafen Rom-Fiumicino begleiten kann, berichtete im Feber 2017 von der Rückkehr einer Familie mit Kindern nach Italien, woraus sich abseits des Einzelfalls interessante allgemeine Fakten ergeben. Am Flughafen Fiumicino sind ab 10:30 Uhr Vertreter der Vereinigung ITC (Interpreti Traduttori in Cooperativa) vertreten. Es handelt sich dabei um eine Kooperative von Übersetzern, Dolmetschern und Kulturmediatoren, die in ganz Italien mit über 2.000 Experten aktiv sind und mehrere italienische Behörden und internationale Organisationen mit ihrer Kompetenz beim Umgang mit Migranten unterstützen. Diese decken offenbar eine gewisse Bandbreite an Sprachen ab und unterstützen gegebenenfalls bei der niederschriftlichen Befragung zu den Asylgründen in Italien. Die Quästur hat direkt am Flughafen Rom Fiumicino eine Zweigstelle eingerichtet, um den administrativen Ablauf zu beschleunigen und den Rückkehrern die Anfahrt ins Zentrum von Rom zu ersparen. Nach der Befragung wurde der Familie der zeitlich auf 6 Monate befristete Aufenthaltstitel für Asylwerber von der Quästur ausgestellt und die Familie erhielt eine Mahlzeit, während mit der Präfektur von Rom abgeklärt wurde, wo die Rückkehrer vorübergehend unterzubringen wären. Da zum Zeitpunkt der Anreise keine Plätze in SPRAR-Strukturen (Unterkünfte der 2. Stufe; auch: Folgeunterkünfte) zur Verfügung standen, wurde die Familie zuerst außerordentlich untergebracht (in sogenannten Centri accoglienza straordinari). Auch bei dieser Art der Unterbringung werden Familien in eigenen Strukturen untergebracht. Sobald ein Platz in einer SPRAR-Struktur frei wird, werden die Familien dorthin verlegt. Der Transfer in die Unterbringung erfolgt entweder organisiert, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei die Kosten dann durch die Vereinigung "ITC" getragen werden. Im gemonitorten Fall war der Transfer für denselben Nachmittag angekündigt. (VB 14.2.2017; ITC o.D.).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 DRC - Danish Refugee Council / SRC - Swiss Refugee Council (9.2.2017): Is mutual trust enough? The situation of persons with special reception needs upon return to Italy, https://www.refugeecouncil.ch/assets/news/2017/drc-osar-drmp-report-090217.pdf, Zugriff 8.5.2017 ITC Interpreti Traduttori in Cooperativa (o.D.):

The Cooperative,

http://www.cooperativaitc.org/en/about-us/the-cooperative, Zugriff 9.5.2017 MdI - Ministero dell Interno (12.10.2016): Circular Letter, per -E-Mail VB des BM.I für Italien (14.2.2017): Bericht des VB, per E-Mail

5.4. Medizinische Versorgung

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das Recht auf medizinische Versorgung erfolgt im Moment der Registrierung eines Asylantrags, der wiederum von der Zuweisung eines "codice fiscale" (Steuer-Codes) abhängt, der von den Quästuren im Zuge der Formalisierung des Asylantrags vergeben wird. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern, zumal 2016 ein eigenes Steuercode-System für Asylwerber eingeführt wurde. Bis dahin haben Asylsuchende nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern (AIDA 2.2017).

Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist aber nicht im ganzen Land einheitlich. Auch bezüglich der Verlängerung der Befreiung gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Die Sprachbarriere ist das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung. Asylwerber und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. Seit April 2016 existiert in Rom ein NGO-Projekt zur Indentifizierung und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 2.2017).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylwerber und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn sie sich in einer prekären Wohnsituation befinden (SFH 8.2016).

Auch illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal, die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien,

https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017 UNHRC - United Nations Human Rights Council (21.7.2014): National report submitted by the Government of Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1414580593_g1408921.pdf, Zugriff 27.4.2016

Beweiswürdigend wurde festgestellt, dass die Identität des BF in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, da gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben. Beweiswürdigend wurde weiters insbesondere ausgeführt, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass eine Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Italien eine Verletzung des Art. 3 bzw. Art. 8 EMRK bedeuten würde. Der BF würde aktuell an keinen besonders schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des BF wäre nicht erkennbar, dass sich in Österreich Verwandte befinden würden zu denen ein besonderes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis nachvollziehbar bestehen würde. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Fall des BF akut schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Im Verfahren sei kein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 Grundrechte - Charta bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Italien sei bereit, den Antragsteller einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen ihn aus der Dublinverordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten treffenden Verpflichtungen dem Antragsteller gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen lasse sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Italien keinesfalls erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zeitgerecht erhobene Beschwerde. In dieser wird zusammenfassend zunächst ausgeführt, der BF sich nur 5 Tage in Italien augehalten habe, sich jedoch zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde bereits für rund 5 Monate in Österreich aufhalten würde. Auch würde sich die Familie des Bruders in Österreich aufhalten. Aufgrund des Vorliegens von psychischen Problemen würde es der BF in Italien nicht aushalten. Er wolle, dass sein Antrag in Österreich behandelt werde. Auch wäre festzuhalten, dass der Verweis der Behörde auf die "aktuellen" Länderfeststellungen zu Italien nicht die tagesaktuellen Gegebenheiten wiederspiegle. Zahlreiche Berichte von Menschenrechtsorganisationen und von Flüchtlingen würden eindeutig belegen, wie weit die tatsächliche Praxis von der Theorie abweiche. Die Situation für sogenannte Dublin Rückkehrer nach Italien sei menschenrechtlich höchst bedenklich und so würden genügend Gründe dafür sprechen, dass Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch mache. Es bestehe kein offenkundiger Grund, an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln, wenn er seine persönlichen Erfahrungen zu seinem Aufenthalt in Italien schildere, insbesondere, über keine Unterkunft in Italien zu verfügen, da dies ein mehr als bekanntes Problem des italienischen Asylsystems sei. Insgesamt könne festgestellt werden, dass die Situation der Flüchtlinge in Italien im Allgemeinen nicht den Standards genüge, die das EU-Recht vorschreibe. Als elementares Problem gelte die Tatsache, dass auch anerkannten Flüchtlingen und anderen Schutzberechtigten keinerlei Zugang zu sozialen Sicherungssystemen gewährt werde. Neben der Obdachlosigkeit sei das Leben von Flüchtlingen in Italien durch eine gravierende Armut bestimmt. Die weit verbreitete Obdachlosigkeit habe eine weitere Konsequenz: der Nachweis eines festen Wohnsitzes sei Voraussetzung für den Erhalt eines italienischen Gesundheitsausweises und somit für den Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Allerdings würden die wenigsten über einen solchen Ausweis verfügen und hätten daher nur Zugang zu einer minimalen, nicht ausreichenden Notversorgung. Die Entscheidung des EGMR Tarkhel vs. Switzerland gebe explizit vor, dass eine Überstellung von Asylwerbern nach Italien nur erfolgen dürfe, wenn die Behörden detaillierte und verlässliche Zusicherungen seitens der italienischen Behörden bezüglich einer menschenwürdigen Unterbringung erhalten hätten. In diesem Zusammenhang verfüge die belangte Behörde offensichtlich nicht über genügend detaillierte und vertrauenswürdige Informationen und habe infolgedessen den Umstand zu wenig Rechnung getragen, dass die Bedingungen in nahezu allen italienischen Flüchtlingsunterkünften eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würden. Beantragt wurde, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den gegenständlichen Bescheid zu beheben und das Asylverfahren in Österreich zuzulassen, sowie die gem. §61 Abs. 1 FPG angeordnete Außerlandesbringung aufzuheben.

Mit auf Nachfrage erstatteter Information des BFA vom 13.06.2018 wurde dem BVwG mitgeteilt, dass sich der BF dem Verfahren entzogen habe, der BF seit Jänner 2018 unbekannten Aufenthaltes sei und die italienischen Behörden über die Verlängerung der Überstellungsfrist mit Datum 22.01.2018 fristgerecht informiert wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei begab sich unberechtigt in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 27.07.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Es wird weiters festgestellt, dass das Bundesamt aufgrund der vorliegenden Informationen begründet ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO gestütztes Ersuchen an Italien richtete. Aufgrund Fristablaufes stimmten die italienischen Behörden ihre Zuständigkeit anerkennend der Aufnahme der beschwerdeführenden Partei zu.

Besondere in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren, oder akut lebensbedrohenden Krankheiten. Die Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Italien stellt keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Das Bestehen eines besonderen Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnisses zu sich im Bundesgebiet befindlichen Personen konnte nicht nachgewiesen werden. Eine Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Italien stellt unter Berücksichtigung der bewusst illegal vorgenommenen Einreise verbunden mit der kurzen Dauer des Aufenthaltes in Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Besondere individuelle Gründe, die für ein Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich sprechen, wurden während sämtlicher Befragungen und in der Beschwerde nicht vorgebracht bzw. konnten glaubhaft nicht dargelegt werden.

Die Überstellungsfrist wurde wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers am 22.01.2018 zu Recht verlängert.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere aus den Niederschriften und dem Ergebnis der Eurodac - Abfrage.

Die Feststellungen zum Reiseweg des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhalt mit der Eurodac - Abfrage, dem durchgeführten Konsultationsverfahren, sowie aus dem weiteren Akteninhalt.

Die Feststellung bezüglich der Zuständigkeit des zuständigen Mitgliedsstaates Italien ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den italienischen Dublin-Behörden, sowie der durch Verschweigen erteilten Zustimmung zur Aufnahme seitens der italienischen Behörde.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus der Aktenlage. In Bezug auf den gegenwärtigen gesundheitlichen Zustand der beschwerdeführenden Partei wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren. Sämtlichen Ausführungen des BF als auch den vorgelegten ärztlichen Befundberichten ist nicht zu entnehmen, dass der BF aktuell unter schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet. So der BF an Depressionen bzw. Schlaflosigkeit leidet, so ist festzuhalten, dass der BF aufgrund der vorliegenden Länderinformationen auch in Italien einen entsprechenden Zugang zu den erforderlichen medizinischen Leistungen erhält. Vom Vorliegen einer aktuellen Überstellungsfähigkeit kann aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ausgegangen werden, bzw. wird der BF vor einer Überstellung einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen um die Überstellungsfähigkeit konkret abzuklären. Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes kann nicht von der Unzulässigkeit der Überstellung aufgrund eines unzulässigen Eingriffes in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte ausgegangen werden.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei ergeben sich aus ihrer eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Dass ein besonderes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis zu seinem sich in Österreich befindlichen Bruder, bzw. zu sonstigen Personen bestehen würde, wurde vom BF nachvollziehbar nicht dargelegt. Ebenso wurde nicht dargelegt, dass der BF konkret die Hilfe und Unterstützung seines Bruders benötigt. Die unbestimmten, bzw. nicht durch ärztliche Befunde belegten Ausführungen des BF, wonach dieser in Italien Angst hätte, nicht alleine leben könne und deshalb in Österreich bleiben wolle reichen nicht aus um alleine hieraus vom Vorliegen einer besonderen Abhängigkeit- bzw. Pflegebedürftigkeit des BF in Bezug auf seinen Bruder auszugehen. Der BF hat vielmehr selbst ausgeführt, dass er seit mehreren Monaten seinen Bruder nicht mehr gesehen hätte, bzw. mit diesem nur in telefonischen Kontakt stehen würde. Dieserart Kontakt kann der BF auch aus Italien mit seinem Bruder aufrechterhalten. Der BF ist bewusst unberechtigt in das Bundesgebiet eingereist und hat sich hier nur für kurze Zeit aufgehalten. Das hohe öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Asyl- und Fremdenrechts überwiegt in casu das private Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet. Eine Überstellung des BF stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende reale, sowie aktuelle und ihn unmittelbar drohende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die unbedenkliche Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

Die Feststellung hinsichtlich der Erstreckung der Überstellungsfrist mit 22.01.2018 wegen unbekannten Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei ergibt sich aus der Information des BFA vom 13.06.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die gegenständliche Beschwerde ist nach dem 01.01.2014 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden, sodass insgesamt nach der Rechtslage ab diesem Tag vorzugehen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremde in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisung des Antrages ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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