TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/2 G301 2199010-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.2018
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Entscheidungsdatum

02.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G301 2199010-1/2Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Vereinigte Staaten von Amerika (USA), vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2018, Zl. XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Wien, der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) durch Hinterlegung zugestellt am 18.05.2018, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Vereinigten Staaten von Amerika zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Mit dem am 14.06.2018 beim BFA, Regionaldirektion Wien, eingebrachten (undatierten) Schriftsatz erhob die BF durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zuerkennen, in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 56, 56 AsylG 2005 zuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung aufzuheben und für auf Dauer unzulässig erklären, in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und an die belangte Behörde zurückverweisen, sowie eine mündliche Verhandlung anberaumen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 25.06.2018 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika

(USA).

Die BF hat seit 05.10.2017 im Bundesgebiet durchgehend einen amtlich angemeldeten Wohnsitz, zunächst einen Nebenwohnsitz und seit 09.01.2018 einen Hauptwohnsitz in XXXX.

Der genaue Zeitpunkt und die näheren Umstände der letztmaligen Einreise in Österreich bzw. in das Gebiet der Schengener Vertragsstaaten konnten nicht näher bestimmt werden.

Am 09.10.2017 beantragte die BF beim XXXX, die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler (nur selbstständige Erwerbstätigkeit)" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Dieser Antrag wurde mit Bescheid des XXXX, vom 18.12.2017 gemäß § 43a Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 2 Z 3 NAG abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob die BF kein Rechtsmittel, weshalb dieser Bescheid in Rechtskraft erwuchs.

Die BF verblieb aber auch danach weiterhin im Bundesgebiet. Einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Berechtigung für ihren Aufenthalt in Österreich, etwa einen Aufenthaltstitel nach dem NAG oder nach dem AsylG 2005, stellte die BF bislang nicht.

Nach Verständigung des BFA gemäß § 55 Abs. 3 NAG über die Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und unrechtmäßigen Aufenthaltes der BF in Österreich, beim BFA eingelangt am 06.02.2018, wurde die BF für 11.04.2018 zur persönlichen Einvernahme vor dem BFA, RD Wien, geladen. Die an die gemeldete Wohnsitzadresse der BF gerichtete Ladung wurde zunächst zur Abholung bereitgehalten und schließlich als nicht behoben an das BFA retourniert. Mit Schreiben des BFA vom 22.03.2018, zugestellt durch Hinterlegung am 27.03.2018, wurde die BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und sie zur Stellungnahme zu den angeführten Punkten aufgefordert. Eine Reaktion oder Stellungnahme seitens der BF erfolgte nicht.

Das Vorbringen in der Beschwerde, wonach die BF im Besitz eines von XXXX2017 bis XXXX2018 gültigen deutschen Visums D gewesen sei und auch aktuell über ein solches Visum D verfügen würde, konnte nicht festgestellt und somit dieser Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

Nach Angaben in der Beschwerde ist die BF seit vielen Jahren in Österreich als Sopranistin in XXXX beschäftigt. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass die BF in Österreich konkret einer solchen oder einer anderen selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Die BF verfügt in Österreich über keine familiären Bindungen. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer zu berücksichtigenden nachhaltigen Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Sicht liegen nicht vor. Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, insbesondere zur rechtskräftigen Abweisung des beantragten Aufenthaltstitels und zum weiterhin aufrechten Aufenthalt der BF im Bundesgebiet, nicht entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach die BF im Besitz eines von der "Deutschen Botschaft" (gemeint wohl: "Konsulat", zumal die deutsche Botschaft in den USA ihren Sitz in Washington D.C. hat) in San Francisco ausgestellten Visums D mit Gültigkeit vom XXXX2017 bis XXXX2018 sei und auch ein aktuelles Visum D nachreichen könne, konnte nicht als Sachverhalt festgestellt werden, zumal keinerlei Nachweise über das tatsächliche Bestehen eines solchen Visums D vorgelegt wurden (etwa Vorlage des Reisepasses mit der darin angebrachten Visum-Vignette), obwohl kein Grund ersichtlich ist, weshalb dies nicht bereits vor der belangten Behörde, jedenfalls aber im Zuge der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde erfolgen hätte können. Auch eine Nachreichung - wie in der Beschwerde angekündigt - erfolgte nicht.

Was die erstmals in der Beschwerde behauptete Ausübung einer Beschäftigung in Österreich anbelangt, wonach die BF als angesehene Sopranistin mit internationaler Spielerfahrung auch Gastspielverträge mit der XXXX GmbH von Februar 2016 und den XXXX GmbH, zuletzt vom Mai 2018, habe, ist entgegenzuhalten, dass entsprechende Nachweise (Verträge, Beschäftigungsnachweise) über die tatsächliche Ausübung einer derartigen oder einer anderen Tätigkeit bzw. über die Dauer und Art der konkreten Beschäftigung (unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit) weder vor der belangten Behörde noch mit der gegenständlichen Beschwerde vorgelegt wurden, obwohl kein Grund ersichtlich ist, weshalb dies der BF nicht möglich gewesen wäre, zumal es gerade im Hinblick auf die negativen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu erwarten wäre, dass jedenfalls im Zuge der Beschwerde alle zweckdienlichen Unterlagen (Beweismittel) dem erkennenden Gericht vorgelegt werden. Es wurde aber lediglich von einem Auszug aus der Homepage der XXXX zitiert, wonach sie 2012 an der XXXX debütierte. Dies allein reicht allerdings noch nicht aus, um von einem bis dato bestehenden Bühnenengagement oder aufrechten Gastspielvertrag ausgehen zu können. Dass auf der offiziellen Internet-Homepage der XXXX für den XXXX, XXXX und XXXX 2018 künftige Vorstellungen mit Beteiligung der BF angekündigt sind, ist für die Beurteilung des bereits zurückliegenden bzw. zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung bestehenden Aufenthaltsstatus der BF aber nicht von Relevanz.

Es konnte daher auch keine Sachverhaltsfeststellung getroffen werden, wonach die BF tatsächlich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis stand oder nach wie vor stünde.

Insoweit in der Beschwerde das Versäumen der vom BFA eingeräumten Stellungnahmefrist damit gerechtfertigt wird, dass die BF im Ausland auftreten hätte müssen, ist entgegenzuhalten, dass die BF im gesamten Verfahren vor dem BFA nicht nur keine Stellungnahme abgab, sondern bereits vorher schon der Ladung zur persönlichen Einvernahme unentschuldigt nicht nachkam. Überdies wurde in der Beschwerde auch nicht näher dargelegt, wann und wo sich die BF jeweils "im Ausland" aufgehalten hätte. In diesem Zusammenhang muss der BF aber auch vorgeworfen werden, dass sie nunmehr auch im Zuge der gegenständlichen Beschwerde keine näheren Angaben zu ihren konkreten Lebensumständen und persönlichen Verhältnissen tätigte, wenn man vom Hinweis auf ihre Tätigkeit als Sopranistin für die XXXX absieht.

Dass die BF - wie in der Beschwerde behauptet - über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen würde und auch sehr gut in die österreichische Gesellschaft integriert sei, konnte letztlich auch nicht festgestellt werden, zumal in der Beschwerde dazu überhaupt keine näheren Umstände dargelegt und auch keine entsprechenden Nachweise vorgelegt wurden.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit beruht auf der Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF ist Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und als solche Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist als Inhaber eines gültigen biometrischen US-amerikanischen Reisepasses nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 Visumpflicht-Verordnung für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.

Die BF reiste zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in Österreich und damit in das Gebiet der Schengener Vertragsstaaten ein. Auch in der Beschwerde wurde nicht vorgebracht, wann die BF zuletzt einreiste. Die BF ist in Österreich seit 05.10.2017 mit einem Wohnsitz amtlich angemeldet. Die letzte Hauptwohnsitzmeldung vom 09.01.2018 ist nach wie vor aufrecht. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass sich die BF jedenfalls seit Oktober 2017 (dauerhaft oder überwiegend) in Österreich aufhält, zumal auch in der Beschwerde keine Umstände vorgebracht wurden, die eine andere Beurteilung ihres Aufenthalts in Österreich unter Berücksichtigung ihrer aufrechten Hauptwohnsitzmeldung zur Folge hätten.

Vor diesem Hintergrund war somit anzunehmen, dass die BF für höchstens 90 Tage ab dem Tag der Einreise - jedenfalls ab 05.10.2017 - ohne weitere Voraussetzungen zum Aufenthalt in Österreich bzw. im Schengen-Raum berechtigt war. Dieser Zeitraum des erlaubten visumfreien Aufenthalts endete demnach - unter Berücksichtigung einer anzunehmenden Einreise vor dem 05.10.2017 - Anfang Jänner 2018. Der Aufenthalt der BF in Österreich erweist sich somit jedenfalls seit 05.01.2018 und folglich seit fast sechs Monaten als unrechtmäßig, zumal die BF für die Zeit danach auch keinen Nachweis über das Bestehen einer Berechtigung zum weiteren Aufenthalt in Österreich erbracht hat. Zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung im angefochtenen Bescheid war die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts somit schon längere Zeit abgelaufen.

Auch der Umstand, dass die BF noch fristgerecht während ihres erlaubten visumfreien Aufenthalts beim XXXX einen - nach § 21 Abs. 2 Z 5 NAG zulässigen - Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" nach den Bestimmungen des § 43a NAG stellte, vermag im Lichte des § 21 Abs. 6 NAG einen rechtmäßigen Aufenthalt nicht zu verschaffen, zumal die zulässige Stellung eines Antrages nach dem NAG im Inland kein weiteres Bleiberecht begründet. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Überdies ist festzuhalten, dass die BF gegen die abweisende Entscheidung über ihren Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG kein Rechtsmittel erhob und daher diese Entscheidung auch in Rechtskraft erwuchs. Die Behauptung in der Beschwerde, wonach sie aufgrund "ihrer kurzfristigen Aufenthalte in Österreich" die Beschwerde gegen den Bescheid der Niederlassungsbehörde nicht rechtzeitig einbringen habe können, ist hier nicht weiter von Belang. Überdies wurde in der Beschwerde an anderer Stelle ausgeführt, dass sich die BF mit der negativen Entscheidung seitens der Niederlassungsbehörde abgefunden habe.

Insoweit sich die BF in der Beschwerde erstmals darauf berief, dass sie im Besitz eines von der Deutschen "Botschaft" in San Francisco ausgestellten und von XXXX2017 bis XXXX2018 gültigen Visums D befand und sie sich daher auch legal in Österreich aufgehalten habe, ist zunächst einzuwenden, dass die BF auch hinsichtlich dieser Behauptung keinen entsprechenden Nachweis vorlegte, weshalb auch nicht festgestellt werden konnte, dass die BF tatsächlich im Besitz eines solchen Visums D war. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass die BF - wie in der Beschwerde angeführt - über ein "aktuelles Visum D" verfügen würde, zumal ein Nachweis auch darüber - entgegen der Ankündigung in der Beschwerde - bislang nicht nachgereicht wurde, weshalb auch nicht davon auszugehen ist, dass die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlich angefochtenen Rückkehrentscheidung (Zustellung am 18.05.2018) tatsächlich im Besitz eines solchen Visums D war.

Bei einem Visum der Kategorie D handelt es sich um ein - von den Regelungen des EU-Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009 ausgenommenes - nationales "Visum für den längerfristigen Aufenthalt" im Sinne des Art. 18 SDÜ, welches eine Gültigkeitsdauer von höchstens einem Jahr haben kann, wobei ein Aufenthalt (und allenfalls auch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach nationalstaatlichen Regelungen) während der gesamten Gültigkeitsdauer eines solchen nationalen Visums D nur im ausstellenden Staat zulässig ist. Ein solches Visums D berechtigt zwar gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b Schengener Grenzkodex und Art. 21 Abs. 2a SDÜ - gleichermaßen wie ein von einem Schengen-Staat ausgestellter Aufenthaltstitel - zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bis zu 90 Tagen innerhalb des insgesamt zulässigen Zeitraums, allerdings ist damit eine Berechtigung zur Ausübung einer (fortgesetzten) Erwerbstätigkeit in einem anderen Schengen-Vertragsstaat als in dem, für den das Visum D erteilt wurde, nicht automatisch verbunden. Demnach kann selbst bei Vorliegen eines nicht von Österreich ausgestellten Visums D ein solches zwar zum bloßen Aufenthalt in Österreich berechtigen, nicht aber ohne weiteres auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. So ist bei Künstlern in beschäftigungsrechtlicher Hinsicht - unbeschadet des Vorliegens eines rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 FPG - bei einer bloß kurzfristigen Beschäftigung von Konzert- oder Bühnenkünstlern vor allem die Bestimmung des § 3 Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr 218/1975 idgF, und darüber hinaus die für die Beschäftigung ausländischer Künstler vorgesehenen Regelungen, insbesondere nach den §§ 14 und 20d AuslBG, zu beachten.

Aus all dem ergibt sich, dass die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass sich die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Sie hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Die BF verfügt über keine familiären Bindungen in Österreich. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, konnten auch sonst keine maßgeblichen privaten Umstände festgestellt werden, welche auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende und hier zu berücksichtigende Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht hingewiesen hätten.

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen der BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht einmal ansatzweise vor.

Da ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen war, alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen und sich auch die Abschiebung in den Herkunftsstaat als zulässig erweist, war gemäß § 57 AsylG 2005 und § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 FPG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkt IV.) gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt diese Frist 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen solcher besonderen Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

Besondere Umstände, welche eine längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage zu Ausreise erforderlich gemacht hätten, wurden von der BF im Verlauf des gesamten Verfahrens weder vorgebracht noch nachgewiesen und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher - trotz eines entsprechenden Antrages - gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung,
visumfreie Einreise, Zeitablauf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2199010.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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