TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/2 G301 2118098-2

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Veröffentlicht am 02.07.2018
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Entscheidungsdatum

02.07.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G301 2118098-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Ungarn, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017,

Zl. XXXX, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Tirol, zugestellt am 19.10.2017, wurde gegen die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß

§ 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Mit dem am 14.11.2017 beim BFA, RD Tirol, eingelangten und mit 13.11.2017 datierten Schriftsatz erhob die BF durch ihre damals bevollmächtigte Rechtsvertretung Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit gänzlich beheben; in eventu das Aufenthaltsverbot wesentlich verkürzen; in eventu den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 27.11.2017 vom BFA vorgelegt. Dabei beantragte das BFA als belangte Behörde, die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige von Ungarn.

Mit Bescheid des BFA RD Tirol vom 17.11.2015 wurde erstmalig gegen die BF ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG für die Dauer von fünf Jahren erlassen, wobei das BVwG mit Erkenntnis vom 11.12.2015, G307 211808-1/4E, in teilweiser Stattgabe der dagegen gerichteten Beschwerde die Dauer auf ein Jahr herabsetzte, das Aufenthaltsverbot jedoch bestätigte.

Die BF wurde am 07.12.2015 am Landweg nach Ungarn abgeschoben.

Die BF kehrte spätestens am 16.03.2017 wieder ins Bundesgebiet zurück.

Am XXXX2017 wurde die BF in Österreich bei einem Ladendiebstahl auf frischer Tat betreten.

Bis zum 10.07.2017 verfügte die BF lediglich über eine Obdachlosenadresse.

Die BF wurde am XXXX2017, XXXX2017, XXXX2017, XXXX2017 und am XXXX2017 von der Landespolizeidirektion (LPD) Tirol bei der Ausübung der gesetzlich verbotenen Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle betreten und angezeigt; es bestehen offene Verwaltungsstrafen.

Die BF wurde am XXXX2017 vom Magistrat der Stadt XXXX wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Geschlechtskrankheitengesetz rechtskräftig bestraft.

Die BF war bis zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes als Prostituierte außerhalb behördlich bewilligter Bordelle tätig. Die BF war von 26.06.2017 bis 02.10.2017 als Arbeiterin beschäftigt. Von 25.09.2017 bis 31.10.2017 war die BF als geringfügig beschäftigte Arbeiterin angemeldet.

Gegen die BF wurde am XXXX2017 von der Bezirkshauptmannschaft (BH) XXXX eine Strafverfügung gemäß § 51 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 1 und 2 NAG erlassen, da die BF trotz Wohnsitzmeldung keine Anmeldebescheinigung beantragt hatte.

Die BF ist seit dem XXXX2017 vom Bezirksgericht XXXX zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.

Die BF war gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten von 10.07.2017 bis 10.11.2017 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet, dort jedoch nicht dauernd aufhältig. Der Lebensgefährte der BF ist ungarischer Staatsangehöriger, er übt seit 10.10.2017 keine Erwerbstätigkeit mehr im Bundesgebiet aus.

Die BF verfügt außer ihrem ungarischen Lebensgefährten sonst über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Sicht liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbedenklichen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Der zeitweise wohnsitzmäßige Aufenthalt der BF und ihres Lebensgefährten in Österreich ergibt sich aus einer Abfrage im Zentralen Melderegister (ZMR).

Die Feststellungen zu den kurzfristigen legalen Beschäftigungen der BF und ihres Lebensgefährten in Österreich beruhen auf einem Versicherungsdatenauszug.

Die Feststellung zur Verwaltungsübertretung der BF beruht auf einer Mitteilung des Magistrates der Stadt XXXX vom 29.03.2017.

Die Feststellung zu den Verwaltungsübertretungen der BF nach dem Tiroler Landespolizeigesetz Anbahnung zur Prostitution beruht auf den vier Anzeigen der LPD Tirol vom XXXX2017, vom XXXX2017, vom XXXXXXXX2017, vom XXXX2017 und vom XXXX2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Abweisung der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot:

Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat

(§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit dem Ablauf des Tages der Ausreise.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF ist Staatsangehörige von Ungarn und als Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union EWR-Bürgerin im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Vorauszuschicken ist, dass sich die BF nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG (d.h. nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet) nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH vom 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Die BF war während ihres Aufenthalts in Österreich als Prostituierte stets unerlaubt außerhalb behördlich bewilligter Bordelle tätig und hat durch die vorschriftswidrige Anbahnung der Prostitution Verwaltungsübertretungen nach dem Tiroler Landespolizeigesetz sowie eine Übertretung nach dem Geschlechtskrankheitengesetz begangen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH im Zusammenhang mit einer Gefährdung im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG wird die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens erheblich gefährdet und ein Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung ansteckender Krankheiten verletzt, wenn aus dem Verhalten der Fremden abzuleiten ist, dass sie weiterhin die Prostitution ausüben werde, ohne ihrer Verpflichtung zu regelmäßigen amtsärztlichen Untersuchungen fristgerecht nachzukommen. (VwGH 07.05.2014, Zl. 2013/22/0233; 22.01.2014, Zl. 2012/22/0246).

Trotz zahlreicher einschlägiger Verwaltungsstrafen übte die BF die unerlaubte Prostitution unvermindert und weiterhin in der dargelegten Art und Weise aus, ohne sich den dafür in regelmäßigen Abständen notwendigen amtsärztlichen Untersuchungen unterziehen zu lassen. Dieses Verhalten einer fortgesetzten Anbahnung der Prostitution ohne Erfüllung der gesundheitlichen Voraussetzungen indiziert auf Grund der anzunehmenden großen Anzahl der sexuellen Kontakte ein erhebliches Risiko der Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit oder anderen schweren und sogar lebensbedrohlichen Krankheiten und ein nicht minder erhebliches Risiko der Weiterübertragung solcher Krankheiten auf andere Menschen. Durch ihr Verhalten hat die BF gezeigt, dass sie die Schädigung der Gesundheit anderer Menschen in Kauf nimmt.

Die wiederholten Anzeigen wegen illegaler Prostitution legen den Verdacht nahe, dass die BF ihren Unterhalt zumindest teilweise, wenn nicht sogar überwiegend aus dieser Tätigkeit bestreitet. Die BF ging nur kurze Zeit einer ordentlichen, legalen Beschäftigung nach, sie war ab dem 03.10.2017 nur mehr geringfügig, seit 31.10.2017 gar nicht mehr beschäftigt. Somit geht das Vorbringen in der Beschwerde, wonach eine legale Beschäftigung der BF vorliegen würde ins Leere.

Erschwerend kommt hinzu, dass gegen die BF aus diesem Grund bereits einmal ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde, was die BF jedoch nicht davon abhielt, an dieser illegalen Tätigkeit festzuhalten. Insofern ist der BF im Hinblick auf ihr bisheriges Fehlverhalten auch eine nachhaltige Unbelehrbarkeit vorzuwerfen.

Der BF sind überdies weitere Verstöße gegen die Rechtsordnung vorzuwerfen, indem sie es bis zuletzt unterließ, eine nach dem Meldegesetz (MeldeG) vorgeschriebene amtliche Anmeldung eines Wohnsitzes vorzunehmen und ihrer Verpflichtung zur Beantragung einer nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für einen mehr als drei Monate dauernden Aufenthalt vorgeschriebenen Anmeldebescheinigung nachzukommen.

Die beharrliche Unterlassung, sich von einem Amtsarzt auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und einer HIV-Erkrankung untersuchen zu lassen, die daraus resultierenden zahlreichen bereits rechtskräftig gewordenen Verwaltungsstrafen sowie das von der BF insgesamt gezeigte Fehlverhalten lassen erkennen, dass sie nicht bereit ist, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die zum Schutz vor schweren ansteckenden Krankheiten geltenden Rechtsvorschriften, zu halten.

Trotz des bereits gegen sie verhängten Aufenthaltsverbotes reiste die BF erneut in das Bundesgebiet, wo sie wiederum zahlreiche Verwaltungsübertretungen beging. Sie beantragte zwar sofort nach Einreise die Ausstellung eines Ausweises des Magistrats XXXX zum Nachweis der Untersuchungen gemäß Geschlechtskrankheiten- und Aidsgesetz, ging aber neuerlich der gesetzlich verbotenen Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle nach. Kurz nach ihrer Einreise wurde sie zudem bei einem Ladendiebstahl betreten. Die Beantragung einer Dokumentation ihres Aufenthalts nach dem NAG unterließ sie wiederum. Beim Strafamt der LPD Tirol scheinen noch rechtskräftige Verwaltungsstrafen der BF als ungetilgt auf. Zudem sind noch Strafverfügungen aufgrund der Ausübung der gesetzlich verbotenen Prostitution in Zustellung, welche bisher aufgrund des persönlichen Verhaltens der BF nicht zugestellt werden konnten. Die Ausschreibung durch das Bezirksgericht XXXX zur Aufenthaltsermittlung trotz damaliger Wohnsitzmeldung zeigt ebenso deutlich, dass die BF weder für Gerichte noch für Verwaltungsbehörde greifbar war und ist nur ein weiterer Hinweis auf ihr delinquentes Gesamtverhalten.

Auch aufgrund ihrer Mittellosigkeit und ihres unsteten Aufenthalts im Bundesgebiet ist ein weiteres Abdriften in ein rechtswidriges Verhalten konkret zu befürchten. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung verfügte die Beschwerdeführerin weder über einen Hauptwohnsitz noch über ein regelmäßiges legales Einkommen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten hätte können.

Abgesehen davon steht das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten der BF im Sinn der zitierten Verwaltungsstrafbestimmungen auf Grund der Rechtskraft der jeweiligen Strafbescheide fest und sind die Fremdenbehörden in einem Aufenthaltsverbotsverfahren an die Feststellungen dieser rechtskräftigen Strafbescheide gebunden (vgl. VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 17.02.2006, Zl. 2005/18/0667).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Es kann daher der belangten Behörde auch nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass sich auch im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm.

Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung nicht ergeben hat, dass allenfalls vorhandene familiäre oder private Bindungen in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden.

Der durch das Aufenthaltsverbot bedingten Einschränkung ihrer Beziehung zu ihrem Lebensgefährten, der ebenso wie die BF seit Herbst 2017 weder über eine Sozialversicherung noch über ein legales Einkommen, noch über eine Anmeldebescheinigung in Österreich verfügt, steht das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten der BF im Sinn der zitierten Verwaltungsstrafbestimmungen entgegen. Eine Fortsetzung ihrer Kontakte durch grenzüberschreitende Kommunikationsmittel oder außerhalb von Österreich ist zumutbar, zumal sowohl die BF als auch ihr Lebensgefährte ungarische Staatsangehörige sind. Die BF hat keine weiteren schutzwürdigen Bindungen in Österreich, sodass ihr persönliches Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich als gering anzusehen ist.

Das von der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 1 FPG angeordnete Aufenthaltsverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht kam.

Was die Dauer des von der belangten Behörde erlassenen Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von zwei Jahren anbelangt, ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Ein Tatbestand des § 67 Abs. 3 FPG liegt hier nicht vor. Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 2 FPG sind - in Abgrenzung zu den in § 67 Abs. 3 FPG angeführten besonders qualifizierten Straftaten - etwa auch strafbare Handlungen mit hohem Unrechtsgehalt und Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu berücksichtigen.

Das bereits dargestellte Fehlverhalten der BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung zum Schutz der Volksgesundheit und an der Einhaltung melde- und fremdenrechtlicher Bestimmungen zuwidergelaufen.

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von zwei Jahren steht - bei einem grundsätzlich zulässigen Höchstausmaß von zehn Jahren - in angemessener und daher rechtlich vertretbarer Relation zur Art und Schwere des hier festgestellten Fehlverhaltens der BF, insbesondere im Hinblick auf die im gegenständlichen Fall aufgezeigte besondere Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch schwere ansteckende Krankheiten im Zusammenhang mit der Ausübung illegaler Prostitution.

Im vorliegenden Fall wird eine Dauer von zwei Jahren auch als ausreichend erachtet, um in diesem Zeitraum eine nachhaltige Besserung des Verhaltens und der persönlichen Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken und vor allem Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit durch das Verhalten der BF zu verhindern. Eine Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes erschiene hingegen unter Berücksichtigung des bereits dargestellten Gesamtfehlverhaltens der BF und des sich daraus weiterhin ergebenden Gefährdungspotenzials als völlig unangemessen. Das persönliche Fehlverhalten der BF bestand letztlich nicht etwa in einem einmaligen "Fehltritt" und einer daran folgenden Besserung ihres Verhaltens, sondern die BF übte die unerlaubte Prostitution über einen längeren Zeitraum und trotz mehrerer einschlägiger Verwaltungsstrafen und eines bereits gegen sie angeordneten Aufenthaltsverbotes in unverminderter und unbelehrbarer Weise aus, wobei ihr die besondere Gefährlichkeit ihres rechtswidrigen Handelns gerade in Bezug auf die Gesundheit anderer Menschen bekannt sein musste und sie eine Gefährdung anderer ganz offensichtlich auch bewusst in Kauf nahm.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid weiters gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG der Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht dargelegt hat und wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, ist die sofortige Ausreise bzw. die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich. Die BF hat durch ihr Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass sie bislang nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. So hat die BF trotz verwaltungsstrafrechtlicher Sanktionen immer wieder unerlaubt die Prostitution ausgeübt, weshalb eine Änderung des rechtswidrigen Verhaltens auch künftig nicht zu erwarten ist und vielmehr davon ausgegangen werden kann, dass sie bei einem Verbleib im Bundesgebiet weiterhin unerlaubt als Prostituierte außerhalb behördlich bewilligter Bordelle tätig sein würde, ohne sich regelmäßig den vorgeschriebenen medizinischen Untersuchungen zu unterziehen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Letztlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der - rechtlich vertretenen - BF auch nicht beantragt.

3.4. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Gefährdungsprognose,
Geschlechtskrankheiten, illegale Prostitution, öffentliche Ordnung,
öffentliches Interesse, vorgesehene Untersuchungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2118098.2.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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