TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/4 G307 2015428-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2018
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Entscheidungsdatum

04.07.2018

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G307 2015428-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Wolfgang AUNER in 8700 Leoben, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2017, Zahl XXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt.

II. Der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis 04.07.2019 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte am XXXX.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt.

3. Am 02.06.2014 wurde die BF im Asylverfahren niederschriftlich durch ein Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einvernommen.

4. Mit Bescheid des BFA, Zahl XXXX vom 03.06.2014, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz vollinhatlich abgewiesen, gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

5. Die BF erhob gegen den zuvor genannten Bescheid mit Schriftsatz vom 10.04.2014, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden. BVwG), welcher dieser mit Beschluss, G307 2015428-1/2Z, vom 29.12.2014, die aufschiebe Wirkung zuerkannt hat.

Mit Erkenntnis, Gz.: G307 2015428-1/3E, vom 29.12.2014 wurde der Antrag der BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigen rechtskräftig abgewiesen, die Rechtsache hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen und Ausspruches einer Rückkehrentscheidung zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

6. Am 06.07.2017 fand eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA statt und nahm die BF durch ihren Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) mit Schriftsatz vom 10.07.2017 hiezu ergänzend Stellung.

7. Mit oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem RV der BF zugestellt am 27.11.2017, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt IV.) sowie der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt V.).

8. Mit per Telefax am 20.12.2017 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF durch ihren RV Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid an das BVwG.

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung, beantragt.

9. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 22.12.2017 beim BVwG eingelangt.

10. Am 03.05.2018 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die BF sowie deren RV persönlich teilnahmen und zwei Brüder und eine Schwester der BF als Zeugen einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist kosovarische Staatsbürgerin. Sie ist Angehörige der Volksgruppe der Albaner und bekennt sich zum Islam. Ihre Muttersprache ist Albanisch.

Die BF reiste am 25.05.2014 aus ihrem Herkunftsstaat aus, am XXXX.2014 ins Bundesgebiet ein, in dem sie sich seither durchgehend aufhält und am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Die BF ist ledig und (leibliche) Mutter des am XXXX in Österreich geborenen XXXX, StA: Kosovo, für welchen die BF ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und mit dem sie im gemeinsamen Haushalt lebt.

Die BF besuchte im Herkunftsstaat für mehrere Jahre die Schule sowie einen Schneider- und Friseurkurs, ging jedoch keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach, sondern lebte im Familienverband und überwiegend von Zuwendungen und Unterstützungen ihrer Familie.

Die BF verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat vermittel durch ihre Mutter, einen Bruder und eine Schwester, zu denen sie jedoch keinen Kontakt mehr hält.

Im Bundesgebiet halten sich zwei Brüder und eine Schwester der BF auf, wobei sie zu diesen - insbesondere zu ihrer Schwester - engen Kontakt pflegt.

Die BF ist arbeitsfähig und gesund, ging bisher jedoch keiner Beschäftigung im Bundesgebiet nach, sondern lebte überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die BF erweist sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten und ist der deutschen Sprache auf dem Niveau B1 mächtig.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF eine Einstellung als Sekretärin bei der XXXXin Aussicht hat.

Die BF verfügt zudem über soziale Anknüpfungspunkte in Österreich, jedoch konnten darüber hinaus keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.

Die Republik Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Die BF ging eine Beziehung mit einem verheirateten Mann im Kosovo ein, von welchem ihr Sohn abstammt und der sich weigerte, die Verantwortung für die BF und deren Kind zu übernehmen.

Die BF verlor daraufhin, aufgrund ihrer außerehelichen Schwangerschaft, jegliche Unterstützung seitens ihrer im Kosovo wohnhaften Familienangehörigen und entschloss sich zur gegenständlichen Ausreise.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat erneut Unterstützung ihrer Familie erhält.

Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:

1. Relevante Bevölkerungsgruppen

1.1. Frauen

Die kosovarische Gesellschaft ist weiter stark von traditionellen Formen geprägt. In diesem Zusammenhang sind z. B. das spezifische Verständnis von Ehe, Familie, Verwandtschaft, Geschlecht, Zentrum - Peripherie oder Recht zu nennen (GIZ 6.2016). Das gesetzliche Regelwerk bezüglich der Gleichstellung von Mann und Frau hat sich verbessert und entspricht europäischen Standards. Strukturelle Herausforderungen bestehen und die Umsetzung bedarf weiterhin großer Anstrengungen. Jede Polizeistation hat eine Einheit, die sich mit geschlechtsspezifischer Gewalt beschäftigt. Trotz Ernennung eines nationalen Koordinators gegen häusliche- und sexuelle Gewalt, gab es in der Bekämpfung derselben keine Fortschritte. Wegen fehlender Datenerfassung laufender Verfahren und Verurteilungen fehlen dazu allerdings statistische Daten. Auch die Rechte der Frauen in Bezug auf Erbschaft oder eingetragener Eigentumsrechte bedürfen weiterer Verbesserungen in der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen (EC 10.11.2015).

Laut des Kosovo-Länderreports des Deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2015 ist geschlechts-spezifische Gewalt gegen Frauen und Mädchen (Belästigung, Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Zwangsprostitution, Menschenhandel, frühe Verheiratung) weit verbreitet und vorherrschend kulturell akzeptiert. Nach Angaben von Igballe Rogova, der Direktorin des Kosovo Women's Network, ist das Problem nicht nur die Haltung der Männer, sondern auch die hohe Akzeptanz der Gewalt unter den Frauen. Laut einer aktuellen Studie von UNICEF und der Kosovo Statistics Agency haben in einer Umfrage rund 42% der befragten Frauen zwischen 15 und 49 Jahren angegeben, dass ein Mann das Recht habe, seine Frau zu schlagen, wenn diese das Haus verlasse, ohne es ihm zu sagen. Das Gleiche gelte, wenn die Frau die Kinder vernachlässige, wenn die Eheleute einen Streit hätten, wenn die Ehefrau Geschlechtsverkehr verweigere, wenn sie das Essen anbrenne, wenn sie sich nicht genügend um den Haushalt und die Hygiene oder um die Eltern des Ehemanns kümmerte, oder wenn die Ehefrau Entscheidungen bezüglich der Familie treffe, ohne den Ehemann zu fragen. Die kosovarische Polizei hat laut eigenen Angaben eine spezielle Abteilung für häusliche Gewalt. So habe es in jeder Polizeistation in Kosovo zwei Untersuchungsbeamte, welche einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst unterhalten. Die Polizei habe ebenfalls standardisierte Arbeitsabläufe bei Eingang derartiger Anzeigen. Die spezialisierten Einheiten der Polizei führen bei Anzeigen bezüglich häuslicher Gewalt die Untersuchungen durch und übergeben die Fälle der Staatsanwaltschaft. Zudem informiert die Polizei die zuständigen Akteure, welche kostenlose Rechtshilfe für Opfer anbieten. Gemäß den Praxiserfahrungen der spezialisierten NGO Women Wellness Center, welche in der Stadt Peja ein Frauenhaus betreibt, sei die Reaktion der Polizei vielfach nicht angemessen. So würde diese oft Partei für die Männer ergreifen, die Opfer beschuldigen und weitere Beweise verlangen (SFH 7.10.2015)

Diskriminierungen aufgrund der Rasse, des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Sprache, der sexuellen Orientierung oder des sozialen Status sind verboten. Auch häusliche Gewalt ist verboten, dabei besteht auch ein Wegweisungsrecht im Falle gesetzter Bedrohungen. Die Polizei reagierte angemessen auf Fälle von Vergewaltigungen und häuslicher Gewalt. Allerdings sind Verurteilungen und Anzeigen selten, was kulturellen Normen, aber auch mangelnden Schutzeinrichtungen, Zurückziehung der Anzeige und schlechten Beschäftigungsmöglichkeiten geschuldet war. Das Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt unterstützte NGOs finanziell, die einige Frauenhäuser für Opfer von Gewalt betrieben und bot Sozialdienste mittels der Sozialämter an (USDOS 13.4.2016).

Die rechtliche Stellung betroffener Frauen wurde z.B. durch die UNMIK Regulation 2003/12 sowie durch das vorläufige Strafgesetzbuch verbessert. Daneben wurden Spezialeinheiten gegen Missbrauch und Misshandlungen in jeder größeren Polizeiwache sowie Anlaufstellen bei Gericht und bei Nichtregierungsorganisationen eingerichtet. Verteilt auf die kosovarischen Regionen bestehen derzeit in Pec/Peja, Gjakova/Djakovica, Prizren, Gjilan/Gnjilane, (Süd-)Mitrovica und Pristina sechs Frauenhäuser, die als sog. "sichere Häuser" bezeichnet werden (AA 9.12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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EC - European Commission (10.11.2015): KOSOVO* 2015 REPORT, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf, Zugriff 4.7.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 4.7.2016

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (7.10.2015): Kosovo: Gewalt gegen Frauen und Rückkehr von alleinstehenden Frauen, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1444397675_151007-kos-gewaltgegenfrauen-themenpapier.pdf, Zugriff 4.7.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 4.7.2016

1.2. Kinder

Nur ca. 10% der Kinder im Kosovo besuchen vorschulische Einrichtungen, wobei hier deutliche regionale Unterschiede festzustellen sind. Exklusion im Bereich Bildung ist erheblich für Mädchen aus den ländlichen Gebieten und für Minderheiten, wobei die serbische Minderheit hierbei eine Ausnahme darstellt. Bis zu 10% der weiblichen Jugendlichen (16-19 Jahre) in ländlichen Gebieten können nicht Lesen und Schreiben. Die Qualität der Bildung ist allgemein als vergleichsweise schlecht zu beurteilen. Unterrichtsmaterialien und die Infrastruktur sind unzureichend. Viele Jugendliche verlassen die Schule ohne adäquate Vorbereitung für die Arbeitswelt. Fehlende Qualifikationen behindern den erfolgreichen Übergang zwischen Schule und Beruf (GIZ 6.2016).

Kindesmissbrauch blieb ein Problem. Laut Angaben von UNICEF waren 30% der Kinder im Kosovo Opfer von Missbrauch, wobei die Dunkelziffer höher ist, schon allein wegen mangelnden öffentlichen Bewusstseins dafür. Das PIK leitete eine Untersuchung ein gegen 8 Polizeibeamte wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, Amtsmissbrauchs und Bedrohung und übergab diese den Strafverfolgungsbehörden. Das Phänomen Zwangs- und Frühheirat kommt noch in bestimmten Gruppen (Roma, RAE) vor. Lokale Regierungseinrichtungen und die Agentur für Gleichheit der Geschlechter versuchten in diversen Kampagnen dagegen zu steuern (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 4.7.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 4.7.2016

2. Grundversorgung und Wirtschaft

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Staatliche Sozialhilfeleistungen werden aus dem Budget des Sozialministeriums finanziert. Sie sind bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung zu beantragen und werden für die Dauer von bis zu sechs Monaten bewilligt. Die Leistungsgewährung für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wird durch Mitarbeiter der Kommunen und des Sozialministeriums überprüft. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR) betreut. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfebezieher nicht eingeschränkt. Der Wohnortwechsel ist der bisherigen Gemeinde anzuzeigen. Die von der bisherigen Kommune ausgestellte Registrierungsbescheinigung ist innerhalb einer Frist von sieben Tagen bei der Kommune des neuen Wohnsitzes bei der Anmelderegistrierung vorzulegen. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Der Umzug wird durch Mitarbeiter des Sozialministeriums überprüft. Wohnraum - wenn auch mitunter auf niedrigem Standard - steht ausreichend zur Verfügung (AA 9.12.2015).

Das Pro-Kopf-Einkommen lag 2014 nach Angaben der kosovarischen Regierung bei EUR 3.084, das BIP insgesamt bei etwa EUR 5,5 Mrd. Damit bleibt Kosovo das ärmste Land auf dem Balkan. Allerdings sind zuverlässige Angaben über die Höhe der Transferleistungen der Diaspora und Informationen über das Ausmaß der Schattenwirtschaft letztlich nur schwer zu erhalten (AA 12.2015). Der Umfang der Auslandsüberweisungen wird auf einen Anteil am BIP zwischen 11% und 13% geschätzt, was in etwa den öffentlichen Ausgaben für soziale Sicherung entspricht. Haushalte, die auf Auslandsüberweisungen zurückgreifen, geben im Vergleich zu Nicht-Empfängern 22% mehr für medizinische Versorgung aus. Ähnliches lässt sich für den Bildungsbereich konstatieren. Auslandsüberweisungen sind somit für viele Menschen im Kosovo eine vitale Strategie bei der Prävention bzw. bei der Überwindung von sozialen Risiken. Dem Kosovo Human Development Report 2014 zu Folge können sich ca. 50% der jungen Kosovaren zwischen 18 und 36 Jahre vorstellen ihr Land für eine Beschäftigung, eine Ausbildung oder ein Studium temporär oder dauerhaft zu verlassen. Im Lichte dieser Beschreibung ist ersichtlich, welche Bedeutung Migration für die kosovarische Gesellschaft besitzt und welchem Umfang Migration zu der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Stabilität des Landes beiträgt (GIZ 6.2016).

34% der kosovarischen Bevölkerung leben in absoluter Armut (täglich verfügbares Einkommen geringer als EUR 1,55) und 12% in extremer Armut (EUR 1,02). Armutsgefährdung korreliert stark mit Ethnizität (RAE-Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen), Alter, Bildung, Geographie und Haushaltsgröße. Der Lebensstandard ist im Kosovo sehr ungleich verteilt, mit Unterschieden in der durchschnittlichen Lebenserwartung von bis zu 10 Jahren zwischen einzelnen Gemeinden. Ein bedeutender Teil der Gesellschaft ist als mehrdimensional arm zu bezeichnen: Neben dem Mangel an finanziellen Ressourcen ist der Zugang zu sozialer Infrastruktur bzw. die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse für viele Menschen begrenzt (GIZ 6.2016).

Kosovo gehört zu den ärmsten Staaten der Region und ist auf die Hilfe der EU und der im Ausland lebenden Kosovo-Albaner angewiesen. Der Anteil der informellen Wirtschaftsleistung ist immens - schätzungsweise zwischen 27% und 45%. Weitere Probleme sind die unzureichende Infrastruktur (Energie, Wasser und Verkehr), ungelöste rechtliche Verhältnisse, mangelnde politische Transparenz, Korruption, Kriminalität, etc. Die Mehrheit der Beschäftigten zahlt weder Steuern noch Sozialabgaben. Zudem sind viele Arbeitnehmer ohne Arbeitsvertrag beschäftigt. Der Durchschnittslohn liegt bei ca. EUR 300 bis 450. Der Durchschnittslohn im öffentlichen Dienst liegt zwischen EUR 290 und 375. Die Beschäftigungsrate beträgt lediglich 28%. Zuverlässige Zahlen über die tatsächliche Höhe der Arbeitslosigkeit liegen nicht vor (BAMF 5.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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AA - Auswärtiges Amt (12.2015): Kosovo - Wirtschaftspolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Wirtschaft_node.html, Zugriff 5.7.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 5.7.2016

2.1. Sozialbeihilfen

Das Gesetz über die soziale Grundsicherung umfasst zwei Kategorien von Leistungsempfängern. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, z.B. Kinder bis 14 Jahre, Jugendliche bis 18 Jahren, insofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderungen über 18 Jahre, ältere Personen über 65 Jahre. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Die Leistungen aus beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die Grundrente (EUR 45) wird aus Mitteln des öffentlichen Haushalts finanziert, Rentner, die Beitragszahlungen von mindestens 15 Jahren nachweisen können, erhalten zusätzlich eine erweiterte Grundrente in Höhe von EUR 35. Das durchschnittliche Niveau der Leistungen liegt bei ca. EUR 60 (GIZ 6.2016, vgl. AA 9.12.2015, BIO 6.6.2016).

Das Sozialsystem ist nur rudimentär ausgebaut und bietet keine angemessene Versorgung. Ein Gesetz zum Aufbau einer staatlichen Krankenversicherung wurde verabschiedet, aber noch nicht umgesetzt. Ein Altersversorgungsystem ist eingerichtet, die Renten bewegen sich aber auf niedrigem Niveau. Die Registrierung am Wohnort sowie der Besitz von Personenstandsurkunden sind Voraussetzungen für den Zugang zu vielen Leistungen. Wegen der strengen Anspruchsvoraussetzungen oder mangels Registrierung erhalten nur wenige Familien staatliche Leistungen in Form von Sozialhilfe oder Renten. Mit Stand August 2014 erhielten etwa 30.000 Familien Sozialhilfeleistungen. Die staatlichen Hilfen betragen zwischen EUR 60 bis EUR 110 im Monat. Das wirtschaftliche Überleben dieser Familien sichern in der Regel der Zusammenhalt der Familien und die in Kosovo noch ausgeprägte gesellschaftliche Solidarität. Eine große Rolle spielen dabei die Schattenwirtschaft, Spenden und die Unterstützung durch die Diaspora (BAMF 5.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

-

BIO - Belgian Immigration Office (6.6.2016): Accessibility of healthcare - Kosovo, Country Fact Sheet, Zugriff 6.7.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 5.7.2016

3. Rückkehr

Von der kosovarischen Regierung wurde im Mai 2010 eine Strategie für Rückkehrer und Reintegration verabschiedet. Im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie unterstützt die Regierung seit dem 1. Januar 2011 Rückkehrer aus Drittstaaten - unabhängig von ihrer Ethnie - mit Geld-, Sach- und Beratungsleistungen. Die "National Strategy for Reintegration of Repatriated Persons in Kosovo" (2013 - 2017), die vor allem organisatorische Änderungen der Strategie aus dem Jahre 2010 betrifft, sieht für die Haushaltsjahre 2014 bis 2017 Mittel in Höhe von EUR 3,2 Mio. pro Jahr vor. Damit keine Anreize für eine Ausreise aus Kosovo bestehen, erhalten nur diejenigen Rückkehrer Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm, die vor dem 28. Juli 2010 Kosovo verlassen haben. Ausnahmen gelten bei aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung, familiärer oder sozialer Probleme besonders gefährdeten Personen ("vulnerable persons"). Zuständig für die Antragstellung zur Gewährung von Leistungen an Rückkehrer sind die Kommunen, in denen die Rückkehrer registriert werden oder bereits registriert sind. In fast allen Gemeinden Kosovos wurde hierfür ein Büro für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR) sowie kommunale Ausschüsse für Reintegration (MCR) eingerichtet (AA 9.12.2015, vgl. BAMF 5.2015).

Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium. Für diese Abteilung arbeiten u.a. sechs sog. Regionalkoordinatoren, die dezentral in den größeren Gemeinden von Kosovo (auch Nord-Mitrovica) tätig sind und als Ansprechpartner für die MOCR fungieren sollen sowie auch Mitglieder der MCR sind. Zu den Aufgaben der Regionalkoordinatoren gehört auch ein Monitoring der MOCR und der MCR. Im Bereich der Wohnraumbeschaffung können sie zudem eigenständig tätig werden. Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigenen Büro des DRRP im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transport in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Einrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit dem kosovarischen Gesundheitsministerium organisiert werden (AA 9.12.2015).

Derzeit liegen der Staatendokumentation keine Erkenntnisse vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr in den Kosovo allein wegen deren Beantragung von Asyl im Ausland mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben (Stdok 7.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

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Stdok - BFA-Staatendokumentation (7.2016)

2.2. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF)/alleinstehende Frauen

Für unbegleitete Minderjährige ist das Amt für soziale Angelegenheiten der Gemeinde zuständig, in der die Minderjährigen zuletzt registriert waren. Dort wird zunächst geprüft, ob eine Aufnahme bei Verwandten möglich ist. Falls eine Unterbringung bei Verwandten oder auch einer anderen aufnahmewilligen Familie nicht möglich ist, wendet man sich an SOS-Kinderdorf. Die Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen ist grundsätzlich kein Problem, wenn die Finanzierung gesichert ist. Zurzeit reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um allen Anfragen gerecht zu werden. Darüber hinaus existiert ein Haus vom Ministry of Labour and Social Welfare (MLSW) für Waisenkinder bzw. für Kinder mit Behinderungen. Die Aufnahmekapazität liegt bei bis zu 10 Personen (AA 9.12.2015).

Alleinstehende oder allein erziehende Frauen, die keine Unterstützung durch Angehörige erhalten, sind wegen der hohen Arbeitslosenquote zumeist unmittelbar abhängig von Sozialhilfe bzw. von Hilfeleistungen von Nichtregierungsorganisationen. Dies hat regelmäßig eine untergeordnete soziale Stellung zur Folge. Frauen können in diese Situation kommen, wenn ihre Familienangehörigen sie nach einer Scheidung oder der Geburt eines nichtehelichen Kindes verstoßen (AA 9.12.2015).

Quelle:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

Eine an die Staatendokumentation im Jahr 2016 gerichtete Anfrage wurde wie folgt beantwortet:

* Gibt es Einrichtungen, an die sich alleinstehende Frauen wenden können (vorübergehende Unterkunftsmöglichkeiten, Frauenhäuser, Hilfe bei der Jobsuche, etc.)? (Anfragenbeantwortung 2016)

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass es in jeder Provinz Notunterkünfte für Frauen gibt. Dort können Frauen jedoch nur in bestimmten Fällen und nur für eine eingeschränkte Zeit untergebracht werden. Bei der Arbeitssuche erhalten Freuen keine Unterstützung.

Einzelquellen:

Der Verbindungsbeamte des BM.I in Kosovo berichtete im Jahr 2011:

Es gibt in jeder Provinz eine Unterstützungsstätte für alleinstehende Frauen. Solche sind aber nur temporär und in schweren Fällen benutzbar.

VB des BM.I in Prisitna (15.08.2015: Bericht des VB: per E-Mail

* Gibt es Einrichtungen, an die sich alleinstehende Frauen wenden können (vorübergehende Unterkunftsmöglichkeiten, Frauenhäuser, Hilfe bei der Jobsuche, etc.)? (Anfragenbeantwortung 2017)

Quellenlage, Quellenbeschreibung:

Siehe oben.

Zusammenfassung:

Sie Einzelquelle.

Einzelquelle:

Das VB Büro berichtet, dass die Antwort vom Februar 2016 noch immer gültig ist. Die Frauenhäuser, die es in Kosovo gibt, sind nur für die Opfer häuslicher Gewalt gedacht. Im Unterschied zu anderen Regionen hat die Gemeinde Pristina ein Sozialprogramm für Familien, die eine familiäre Unterkunft benötigen, gestartet.

Allerdings sind die Kategorien der Familien, die von diesem Programm profitieren könne, sehr begrenzt; dass sind Familien der Kriegsinvaliden, Familien der Gefallenen im Krieg zwischen 1998-1999, Familien mit Angehörigen mit "besonderen Bedürfnissen" und schließlich "üblichen armen" Familien

* Kann eine alleinstehende, unverheiratet oder geschiedene Frau (mit oder ohne Kinder) auch alleine wohnen?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die Situation alleinstehender Frauen im Allgemeinen nicht sehr gut ist. Deren Lage hängt jedoch stark von den familiären Verhältnissen, von der eigenen und von der finanziellen Situation der Familie ab. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist in den Stätten höher, als in ländlichen Regionen.

Einzelquellen:

Der Verbindungsbeamte des BM.I in Kosovo berichtete im Jahr 2011:

Die Situation von allein stehenden Frauen im Kosovo ist im Allgemeinen nicht sehr gut. Es gibt natürlich Ausnahmefälle (eine Mitarbeiterin der ÖB Pristina) denen es gut geht, die Arbeit haben und Anschluss an ihre Familie. Dies sind jedoch die Ausnahmefälle. Die anderen Frauen haben es hier schwerer und müssen teils um halbwegs zu überleben eine für sich nicht immer angenehme "neue" Beziehung eingehen, sollte sie keine Arbeit haben und nicht zur Familie zurückkehren können bzw. von dieser Familie Unterstützung erhalten. Stadt und Land sind schon noch unterschied. In den Städten kümmert man sich nicht so sehr, wie überall um seine Nachbarn. Im Landbereich kann es dann schon eher zu Problemen kommen.

Wenn sie genügend Geld hat, dann auf jeden Fall. Dass ist es möglich, dass eine Frau in den Städten wie Pristina oder Prizren alleine wohnen kann. Voraussetzungen genug Geld (pro Person = Peron allein Wohnung mit Leben ca 350 Euro) monatlich im Kosovo.

VB des BM.I in Pristina (15.8.2011): Bericht des VB: per E-Mail

* Welche Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es für Frauen?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass es eine breite Auswahl an Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen gibt. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt hängen jedoch sehr stark vom Bildungsgrad und bei bestimmten Positionen von Beziehungen ab.

Einzelquellen:

Der Verbindungsbeamte des BM.I in Kosovo berichtete im Jahr 2011:

In Kosovo gibt es eine breite Beschäftigungsmöglichkeit für Frauen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor (Neue Präsidentin des Kosovo ist eine Frau = Frauen sind in Polizei, Krankenpflegedienst und in vielen andere Bereichen). Die Arbeitslosenrate ist sehr hoch. Wer jedoch eine qualifizierte Ausbildung hat, kann auch uU Arbeit bekommen. Auch weniger qualifizierte Frauen bekommen uU Arbeit als Hilfskraft.

VB des BM.I in Pristina (15.08.2015): Bericht des VB: per E-Mail

Ergänzend zum oben zitierte Bericht vom August 2011 berichtet der BM.I-Verbindungsbeamte für Kosovo nach Rücksprache mit dem MASW, dass die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt stark vom Bildungsgrad und bei bestimmten Positionen von Beziehungen abhängig sind. Ohne eine angemessene Qualifikation hat eine Frau keine guten Chancen, einen Job zu bekommen.

* Selbst wenn es eine Existenzgrundlage für Alleinerzieherinnen gibt: wie sieht die Situation hinsichtlich gesellschaftlicher Diskriminierung aus, vor allem wenn es sich bei dem Kind um ein uneheliches Kind handelt?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben.

Zusammenfassung:

Siehe Einzelquelle.

Einzelquelle:

Zu dieser Fragestellung hat das VB Büro berichtet, dass die Situation für Alleinerzieherinnen hinsichtlich gesellschaftlicher Diskriminierung sehr schwierig in den Dörfern sein könnte. Weiters wird auf den Bericht vom Februar 2016 verwiesen:

In Villages this issue might eventually be difficult, otherwise, please refer to our report from Feb. 2016

VB des BMI für Kosovo (2.10.2017): Auskunft des VB, per E-Mail

Im Folgenden werden - über den Umfang der eigentlichen Anfrage hinaus, aber durchaus für die Fragestellungen von Relevanz - allgemeine Informationen zur Lage der alleinstehenden Frauen mit Kinder in Kosovo - zur Verfügung gestellt:

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

In öffentlich zugänglichen Quellen wurden im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche auf Deutsch/Englisch einige zusätzliche Informationen gefunden. Im Folgenden wird eine Auswahl der öffentlichen Quellen, entsprechend den Standards der Staatendokumentation, zur Verfügung gestellt. Eine ausführliche Quellenbeschreibung zu einigen der verwendeten Quellen findet sich unter http://www.ecoi.net/5.unsere.quellen.htm. Als allgemein bekannt vorausgesetzte Quellen werden im Abschnitt "Einzelquellen" näher beschrieben.

Zusammenfassung:

Sie Einzelquellen.

Einzelquellen:

Das deutsche Auswärtige Amt (AA) schrieb auf seiner Homepage im April 2017 Folgenden über Arbeitslosigkeit in Kosovo:

Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 30%, bei Jugendlichen sogar noch deutlich höher. Allerdings ist das Ausmaß informeller Beschäftigungsverhältnisse schwer abzuschätzen.

AA - Auswärtiges Amt (4.2017): Kosovo, Wirtschaftspolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Wirtschaft_Node.html, Zugriff 9.10.2017

Das deutsche Auswärtige Amt (AA) berichtete am 7.12.2013 unter anderem, dass alleinstehende oder allein erziehende Frauen, die keine Unterstützung durch Angehörige erhalten, wegen der hohen Arbeitslosenquote zumeist unmittelbar von Sozialhilfe bzw. von Hilfsleistungen von Nichtregierungsorganisationen sind. Es gibt sieben Frauenhäuser, die als sog. "sichere Häuser" bezeichnet werden. Frauen können dort nur bis zu 6 Monaten untergebracht werden:

Alleinstehende oder allein erziehende Frauen, die keine Unterstützung durch Angehörige erhalten, sind wegen der hohen Arbeitslosenquote zumeist unmittelbar abhängig von Sozialhilfe bzw. von Hilfeleistungen von Nichtregierungsorganisationen. Die hat regelmäßig eine untergeordnete soziale Stellung zur Folge. Frauen können in diese Situation kommen, wenn ihre Familienangehörigen sie nach einer Scheidung oder der Geburt eines nichtehelichen Kindes verstoßen.

[...]

Die rechtliche Stellung betroffener Frauen wurde z.B. durch das Gesetz Law No.03/L-182 "On Protection against Domestic Violence" sowie durch das vorläufige Strafgesetzbuch verbessert. Daneben wurden Spezialeinheiten gegen Missbrauch und Misshandlungen in jeder größeren Polizeiwache sowie Anlaufstellen bei Gericht und bei Nichtregierungsorganisationen eingerichtet (s.a. IV, Punkt 1.2.4.). Verteilt auf die kosovarischen Regionen bestehen derzeit in Pec/Peja, Gjakova/Djakovica, Prizren, Gjilan/Gnjilane, (Süd-)Mitrovica, Nord-Mitrovica und Pristina sieben Frauenhäuser, die als sog. "sichere Häuser" bezeichnet werden. Frauen können dort nur bis zu 6 Monate untergebracht werden [...]

Auswärtiges Amt (7.12.2016): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481897064_deustschland-auswaertiges-amt-bericht-republik-Kosovo-07-12-2016.pdf, Zugriff 7.9.2017

* Welche Sozialleistungen und medizinische Leistungen stehen alleinerziehende Frauen bei Arbeitslosigkeit zu?

Quellenlage,Quellenbeschreibung:

Sieh oben.

Zusammenfassung:

Siehe Einzelquelle.

Einzelquelle:

Das VB Büro teilt zusätzlich zum ersten, oben schon erwähnten Bericht, der immer noch korrekt ist, mit, dass es in Kosovo keine Krankenversicherung gibt; bestimmte medizinische Leistungen würden im Krankenhaus ohne Bezahlung erbracht, während Medikamente und Laboruntersuchungen privat bezahlt werden müssen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und der Durchführung einer mündlichen Verhandlung geführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1 Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität (Namen und Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit, Glaubensbekenntnis, Muttersprache, Volksgruppenzugehörigkeit, Familienstand, Schul- sowie Näh- und Friseurkursbesuch, familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat, Arbeitsfähigkeit, Gesundheitszustand, r Mutterschaft, Erwerbslosigkeit sowie Bezug der BF von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde und mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten wurde.

Die gegenständliche Ausreise aus dem Herkunftsstaat, die Einreise ins Bundesgebiet und Antragstellung ergeben sich aus dem unbestrittenen und schlüssigen Akteninhalt.

Die gemeinsame Haushaltsführung der BF und mit ihrem Sohn ergibt sich aus dem Datenbestand des ZMR, und ergibt sich die Asylwerbereigenschaft des Sohnes der BF aus der beim BVwG zur GZ G307 2180613-1, protokollierten Beschwerde desselben.

Der regelmäßige Kontakt der BF zu ihren im Bundesgebiet aufhältigen Geschwistern samt deren Intensität folgt den glaubwürdigen Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung, welche durch die Aussagen der als Zeugen einvernommenen besagten Familienangehörigen untermauert wurden.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF beruht auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) und ergibt sich das Deutschniveau aus einer in Vorlage gebrachten Bestätigung über die positive Absolvierung einer Deutschprüfung des Niveaus "B1" sowie der in der mündlichen Verhandlung gezeigten, damit in Einklang befindlichen, Deutschkenntnisse.

Dass die Anstellung als Sekretärin bei der XXXX nicht festgestellt werden konnte, ist den unglaubwürdigen Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung geschuldet. Weder vermochte die BF konkret befragt, nähere Angaben zum Geschäftsführer der besagten Firma, der Vermittlerin zwischen diesen und der BF sowie der Tätigkeit der Firma an sich und der Einkommenshöhe zu machen. Auch wenn die Deutschkenntnisse der BF das Niveau B1 erreichen, können diese als hinreichend angesehen werden, um den Ansprüchen der Tätigkeit einer Sekretärin, insbesondere vor dem Hintergrund des Fehlens jeglicher einschlägiger Berufserfahrung, gerecht zu werden. Unter Beachtung all dieser Umstände kann der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der von der BF in Vorlage gebrachte Einstellungszusage um ein Gefälligkeitsschreiben handelt.

Das Vorhandensein sozialer Anknüpfungspunkte in Österreich beruht auf dem Vorbringen der BF in der mündlichen Verhandlung sowie der bisherigen Aufenthaltsdauer in Österreich.

Anhaltspunkte für eine tiefgreifende Integration im Bundesgebiet ergaben sich nicht. Bis auf Deutschkenntnisse und familiäre Bezugspunkte vermochte die BF keine weiteren Integrationsschritte, wie beispielsweise die Ausübung Erwerbstätigkeiten, Mitgliedschaften in Vereinen oder Fortbildungen zu setzen.

Das Eingehen einer Liebesbeziehung im Kosovo zu einem verheirateten Mann, dessen Verantwortungszurückweisung sowie die damit im Zusammenhang stehende Ausreise aus dem Kosovo, beruhen auf den Feststellungen im rechtskräftig abweisenden Erkenntnis des BVwG, GZ.: 2015428-1/3E, vom 29.12.2014, sowie den gleichbleibenden Vorbringen der BF vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Der Verlust der familiären Unterstützung im Herkunftsstaat beruht - wie noch näher ausgeführt werden wird - auf dem glaubwürdigen, widerspruchsfreien Vorbringen der BF vor der belangten Behörde und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. Zudem wurde dies auch von den Aussagen der als Zeugen in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Geschwister der BF insofern bestätigt, als diese vermeinten, die BF seinerzeit - teils direkt teils indirekt - unterstützt zu haben. Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes könnten diese die BF jedoch nur noch in Österreich unterstützen, zumal sie im Falle einer Unterstützungsübernahme der BF im Falle deren Rückkehr in den Kosovo von Seiten der ebendort aufhältigen Familienangehörigen Probleme bekämen.

Die Erwerbslosigkeit der BF sowie die überwiegende Unterstützung durch die Familie beruht - wie noch näher ausgeführt wird - ebenfalls, genauso wie die fehlende Feststellbarkeit einer neuerlichen Unterstützung der BF seitens ihrer Familie im Falle deren Rückkehr in den Kosovo, auf dem glaubwürdigen, durch die Aussagen der Geschwister der BF bestätigten Angaben der BF im bisherigen Verfahren.

2.2.2. Das Vorbringen der BF zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und deren Situation im Fall der Rückkehr dorthin ist ihren Angaben in der Erstbefragung, ihrem Vorbringen in den Einvernahmen vor der belangten Behörde sowie auf den Ausführungen in der Beschwerde und der mündlichen Verhandlung zu entnehmen.

Die BF brachte dabei - durchgehend gleichlautend - vor, als ledige Frau mit einem verheirateten Mann den nunmehr 4jährigen Sohn gezeugt zu haben, welcher jedoch eine Verantwortung für die BF und deren Kind ablehnte und aus diesem Grund, konkret ihres traditionswidrigen Verhaltens, von ihrer Familie verstoßen worden zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die erwerbslose, einzig Einnahmen aus Näharbeitern lukrierende BF immer im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter und überwiegend von Zuwendungen ihrer Familie gelebt.

Nachdem die BF von ihrer im Kosovo lebenden Familie verstoßen worden sei, habe diese vorübergehend Unterkunft bei ihrer Schwester gefunden, welche jedoch ebenfalls nicht bereit gewesen sei, die BF dauerhaft aufzunehmen. Aus diesem Grund sei die BF nach Österreich gereist um erfolgreich Anschluss bei ihren im Bundesgebiet aufhältigen Familienmitgliedern zu suchen, welche diese aktuell unterstützten.

Das Vorbringen der BF erweist sich vor dem Hintergrund ihrer gleichbleibenden und in sich nicht widersprüchlichen Erzählungen vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren als durchaus glaubwürdig. Zudem wird das Vorbringen der BF durch die Angaben ihrer im Bundesgebiet aufhältigen Geschwister untermauert.

So gab der, aktuell von Notstandshilfe lebende, Bruder der BF, XXXX an, in Zeiten seiner Erwerbstätigkeit seine im Kosovo lebende Mutter, und damit einhergehend - jedoch nicht unmittelbar - auch die damals bei dieser wohnhafte BF bis zum Jahr 2004 finanziell unterstützt zu haben. Seit dem unfallbedingen Verlust seiner Arbeit sei er jedoch nicht mehr in der Lage gewesen, die besagte finanzielle Unterstützung aufrecht zu erhalten. Dennoch unterstützte er die BF aktuell anderwertig und stehe mit dieser in Kontakt.

Ein weiterer Bruder der BF, XXXX, sagte aus, die BF seinerzeit im Kosovo bis zu deren Schwangerschaft finanziell unterstützt zu haben, sowie, dass diese ausschließlich von Zuwendungen ihrer Familie gelebt hätte. Er zeige sich auch aktuell bereit, die BF finanziell zu unterstützen, jedoch nur solange sie sich in Österreich aufhalte. Gegen eine Unterstützung der BF im Kosovo spreche er sich insofern aus, als dies bedeutete, Probleme mit seiner dort aufhältigen Familie, konkret mit seinem Bruder, zu bekommen, zumal diese die BF verstoßen hätten.

Schließlich gab die Schwester der BF, XXXX, an, die BF im Kosovo zwar nicht finanziell unterstützt zu haben, diese jedoch überwiegend von familiären Zuwendungen gelebt hätte. Eine finanzielle Unterstützung der BF in Österreich wäre denkbar, jedoch nicht wenn die BF in den Kosovo zurückkehrte. Ihre Mutter erlaubte dies nicht und verstoßte auch sie. Deshalb verschweige sie dieser gegenüber bereits aktuell ihre Unterstützung für die BF. Die Mutter der BF wolle diese nicht mehr sehen und stelle sie selbst die familiäre Bezugsperson für die BF dar.

Anhaltspunkte dafür, dass den Zeugen kein Glauben zu schenken wäre, konnten vor dem Hintergrund der sich im Grunde deckenden Aussagen nicht festgestellt werden.

Insofern diese sohin übereinstimmend angaben, der BF im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo keine finanzielle Unterstützung mehr bieten zu können, ist es nachvollziehbar, dass sie das zum Schutze der eigenen Stellung in der Familie bzw. zum Erhalt noch bestehender Familienstrukturen, getan haben. Hält man sich - wie aus den Länderfeststellungen ersichtlich - das Traditionsbewusstsein des albanischen Volkes vor Augen, erscheinen diese Aussagen plausibel.

Demzufolge, insbesondere aufgrund der angekündigten Weigerung der Geschwister der BF, weiter Unterstützung zu leisten sowie deren Bestätigung, dass die BF von ihren im Kosovo lebenden Angehörigen verstoßen worden sei, kann gegenständlich nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo familiäre Unterstützungsleistungen, egal welcher Form, erhalten wird können.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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