TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/6 G314 2196604-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2018
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Entscheidungsdatum

06.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2196604-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, serbische Staatsangehörige, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2018, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene

Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass Spruchpunkt IV. ersatzlos behoben wird und es in Spruchpunkt V. zu lauten hat: "Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung".

Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Spruchpunkte I. und VI. entfallen und es in Spruchpunkt II. zu lauten hat: "Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG erlassen".

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) wurde am XXXX.2018 in XXXX wegen des Verdachts auf Begehung eines Ladendiebstahls angezeigt. Am 24.04.2018 wurde sie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes befragt.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Dies wurde im Wesentlichen mit dem aufgrund der Begehung eines Ladendiebstahls unrechtmäßigen Aufenthalt der BF im Bundesgebiet und ihrer Mittellosigkeit begründet.

Dieser Bescheid wurde der BF durch persönliche Übergabe am 24.04.2018 zugestellt. Gleichzeitig wurde sie mit einem Schreiben in deutscher und serbischer Sprache über die Verpflichtung zur Ausreise, Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung, die Möglichkeit der Rückkehr auf freiwilliger Basis und über Organisationen, die sie dabei beraten und unterstützen könnten (Verein Menschenrechte Österreich, Caritas Rückkehrhilfe), informiert.

Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Beschwerdeverhandlung zur Einvernahme der BF und ihres Ehemanns anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid, insbesondere die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot, aufzuheben, in eventu, die Dauer des Einreiseverbots auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, in eventu, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen. Die BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass sie keinen Ladendiebstahl begangen habe; das Ermittlungsverfahren gegen sie sei vielmehr am 23.03.2018 eingestellt worden. Sie sei auch nicht mittellos, zumal sie bei ihrem in Österreich lebenden Ehemann wohnen könne, der als Fensterputzer monatlich knapp EUR 1.300 verdiene und für ihren Unterhalt aufkomme. Sie habe sich am 30.01.2018 im Rahmen des visumfreien Aufenthalts rechtmäßig in Österreich aufgehalten und diesen ab 19.04.2018 nur wegen der Sicherstellung ihres Reisepasses - und damit nicht vorwerfbar - überschritten. Die Sicherstellung des Reisepasses sei jedenfalls nach der Einstellung des Strafverfahrens am 23.03.2018 rechtswidrig gewesen. Aufgrund ihres rechtmäßigen Inlandsaufenthalts hätte keine Rückkehrentscheidung erlassen werden dürfen. Die Rückkehrentscheidung greife unverhältnismäßig in ihr Familienleben mit ihrem Ehemann ein. Sie habe vor, eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen, um sich legal bei ihm in Österreich aufhalten zu dürfen. Da er willens und in der Lage sei, für ihren Unterhalt aufzukommen, sei sie nicht mittellos, sodass kein Einreiseverbot zu erlassen war. Zum Beweis dafür, dass der Ehemann der BF über ein ausreichendes Einkommen verfüge und die BF nicht mittellos sei, werde seine Einvernahme als Zeuge bei der durchzuführenden Beschwerdeverhandlung beantragt.

Am 18.05.2018 reiste die BF freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 28.05.2018 einlangten.

Mit Beschluss vom 01.06.2018 (OZ 2Z) wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am 15.06.2018 übermittelte die BF dem BVwG auftragsgemäß ergänzende Unterlagen.

Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige von Serbien, wo sie ihren Lebensmittelpunkt hat. Ihre Familienangehörigen (Vater, zwei Brüder und deren Kinder) leben ebenfalls in Serbien. Die BF spricht Serbisch; Deutschkenntnisse können nicht festgestellt werden. Sie ist gesund und arbeitsfähig.

Die BF ist kinderlos. Sie war von XXXX.1995 bis XXXX.2005 mit dem am XXXX geborenen serbischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet. Zwischen XXXX.2009 und XXXX.2012 war sie mit einem Österreicher verheiratet. Am XXXX.2014 schloss sie neuerlich die Ehe mit XXXX. Sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach und wird von ihrem Ehemann finanziell unterstützt.

XXXX lebt seit März 2010 in Österreich und besaß einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus". Er lebt aufgrund eines bis April 2021 befristeten Mietvertrags in einer Mietwohnung in XXXX; der monatliche Mietzins beträgt EUR 270. Er war im Bundesgebiet seit Ende April 2010 mit Unterbrechungen bei verschiedenen Arbeitgebern als Reinigungskraft, teils auch nur geringfügig, beschäftigt; dazwischen bezog er Arbeitslosen- oder Krankengeld. Zuletzt war er (nach einer geringfügigen Beschäftigung zwischen 01.02.2017 und 30.04.2017) von 01.05.2017 bis 12.01.2018 und von 26.01.2018 bis 03.04.2018 als Arbeiter erwerbstätig. Sein monatliches Nettoeinkommen betrug ca. EUR 1.270 (im Oktober 2017) bzw. EUR 1.160 (im Februar 2018). Zwischen 16.01.2018 und 21.01.2018 bezog er Arbeitslosengeld. Seit 18.04.2018 bezieht er wieder Arbeitslosengeld von EUR 30,08 pro Tag.

Die BF reist immer wieder nach Österreich, um ihren Ehemann zu besuchen. Während ihrer Aufenthalte im Bundesgebiet hat sie häufig Kontakt mit ihren Angehörigen in Serbien. Sie beantragte mehrfach erfolglos die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG. Am 23.12.2015 wurde ihr Antrag vom 15.06.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" als Familienangehörige von XXXX abgewiesen. Am 01.03.2017 wurde ein weiterer derartiger Antrag wegen unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen. Zuletzt wurde der Antrag der BF vom 17.01.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" mit Bescheid vom 06.03.2018 mangels persönlicher Antragstellung zurückgewiesen.

Die BF verfügt über einen am 24.11.2017 ausgestellten und bis 24.11.2018 gültigen serbischen Reisepass, mit dem sie am 09.12.2017 (Ausreise am 08.01.2018), am 12.01.2018 (Ausreise am 16.01.2018) und zuletzt am 19.01.2018 (Ausreise am 18.05.2018) in den Schengenraum einreiste.

Am XXXX.2018 wurde die BF wegen des Verdachts der Begehung eines Ladendiebstahls in einem Supermarkt in Wien angezeigt und von der Polizei dazu befragt. Sie wurde verdächtigt, Lebensmittel im Wert von EUR 24,42 aus dem Regal genommen, in ihre Einkaufstasche gesteckt und anschließend den Kassenbereich ohne Bezahlung passiert zu haben. Die Waren wurden nach der Betretung der BF unbeschädigt retourniert. Das daraufhin eingeleitete Strafverfahren gegen die BF wurde am XXXX.2018 eingestellt. Sie ist strafgerichtlich unbescholten.

Die BF hatte bei ihrer Einreise in den Schengen-Raum am 19.01.2018 EUR 350 bei sich. Für ihren Lebensunterhalt in Österreich kam ihr Ehemann auf, in dessen Wohnung sie Unterkunft nahm. Abgesehen von ihm hat sie keine familiären, sozialen, beruflichen oder gesellschaftlichen Bindungen in Österreich.

Am 30.01.2018 wurde der Reisepass der BF gemäß § 39 BFA-VG sichergestellt und ihr am 15.05.2018, nach der Vorlage eines Bustickets für ihre Heimreise nach Serbien am 18.05.2018, wieder ausgefolgt. Vor diesem Zeitpunkt versuchte die BF nicht, nach Serbien zurückzukehren.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität und die Staatsangehörigkeit der BF werden durch die im Akt erliegende Kopie aus ihrem serbischen Reisepass belegt. Auch ihre Geburtsurkunde liegt vor.

Die Feststellungen zu den privaten und familiären Lebensverhältnissen der BF in Serbien und der (fehlenden) Erwerbstätigkeit basieren auf ihren plausiblen und glaubhaften Angaben bei ihrer Einvernahme durch das BFA am 24.04.2018. Da sie dabei eine Wohnadresse in Serbien angab und aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und aus den Grenzkontrollstempeln in ihrem Reisepass nur sporadische Aufenthalte im Schengengebiet hervorgehen, ist davon auszugehen, dass ihr Lebensmittelpunkt in Serbien liegt, zumal sie keinen österreichischen Aufenthaltstitel besitzt.

Die Serbischkenntnisse der BF sind aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit und ihres Lebensmittelpunkts plausibel und können auch deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit der Dolmetscherin für diese Sprache bei der Einvernahme vor dem BFA problemlos möglich war. Anhaltspunkte für Deutschkenntnisse der BF liegen nicht vor, zumal auch in der Beschwerde vorgebracht wird, dass sie "nicht ausreichend Deutsch spricht".

Die Arbeitsfähigkeit der BF kann aufgrund des Fehlens von Anhaltspunkten für gesundheitliche Beeinträchtigungen und aufgrund ihres erwerbsfähigen Alters festgestellt werden.

Die BF erklärte gegenüber dem BFA, keine Kinder zu haben. Die Feststellungen zu ihren Ehen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Aktenvermerk vom 23.09.2015 und aus der vorliegenden Heiratsurkunde. Die BF gab vor dem BFA an, dass ihr Lebensunterhalt von ihrem Mann bestritten würde, sodass eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann.

Die Feststellungen zum Aufenthaltstitel des Ehemannes der BF, zu seinem Aufenthalt in Österreich und seiner beruflichen Tätigkeit basieren auf den dazu eingeholten Registerauszügen (Fremdenregister, ZMR, Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger) und stehen im Einklang mit den Angaben der BF dazu. Aus dem Fremdenregister ergibt sich zwar, dass die Gültigkeitsdauer des ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitels ablief, er hält sich aber aufgrund des ebenfalls im Fremdenregister dokumentierten Verlängerungsantrags weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet auf (vgl § 24 NAG). Die Feststellungen zu seiner Mietwohnung in XXXX basieren auf der vorgelegten Nachtragsvereinbarung vom 15.02.2018 und auf der Bestätigung vom 09.12.2017. Aus dem ZMR ergibt sich seine Hauptwohnsitzmeldung an dieser Adresse seit 13.09.2012. Da die BF immer wieder Hauptwohnsitzmeldungen dort aufweist (zuletzt von 23.01.2018 bis 17.05.2018 und von 10.07.2017 bis 28.07.2017), ist davon auszugehen, dass sie sich bei ihren Inlandsaufenthalten in der Mietwohnung ihres Ehemanns aufhielt.

Die Feststellung, dass der Ehemann der BF seit Ende April 2010 in Österreich immer wieder berufstätig war bzw. Krankengeld oder Arbeitslosengeld bezog, ergibt sich aus dem Versicherungsdatenauszug. Die Feststellungen zu seinem Einkommen im Oktober 2017 sowie im Februar 2018 beruhen auf den vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Die Höhe des aktuellen Arbeitslosengelds kann aufgrund der Mitteilung des AMS vom 19.04.2018 festgestellt werden.

Die BF schilderte ihre Besuche bei ihrem Ehemann vor dem BFA stringent und mit ihren Wohnsitzmeldungen laut ZMR und den Grenzkontrollstempeln in ihrem am 24.11.2017 ausgestellten Reisepass übereinstimmend. Die Feststellung, dass sie bei ihrer letzten Einreise am 19.01.2018 EUR 350 bei sich hatte, beruht auf ihren diesbezüglichen Angaben bei der Einvernahme am 24.04.2018.

Die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die Entscheidung darüber sind im Fremdenregister dokumentiert. Sie ergeben sich auch aus den aktenkundigen Schreiben der XXXX vom 01.07.2015 und vom 26.04.2017 sowie aus den Bescheiden vom 01.03.2017 und vom 06.03.2018.

Die Feststellungen zum Strafverfahren ergeben sich aus dem vorliegenden Abschlussbericht der Polizeiinspektion (PI) XXXX vom 17.03.2018 und der Bekanntgabe der PI an das BVwG vom 05.06.2018. Im Abschlussbericht ist festgehalten, dass die BF die Tat zugegeben und Geldnot als Motiv für den Ladendiebstahl angegeben habe. Da sie nicht förmlich vernommen wurde und ihrer Befragung kein Dolmetscher beigezogen wurde, kann angesichts der Einstellung des Strafverfahrens keine entsprechende Feststellung getroffen werden, zumal die BF in der Folge bestritt, einen Ladendiebstahl begangen zu haben und z.B. vor dem BFA behauptete, dass sie die Waren bezahlen wollte. Ihre strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.

Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für weitere familiäre, soziale oder berufliche Anbindungen der BF in Österreich. Integrationsbemühungen sind - auch wegen der kurzen Dauer ihrer Aufenthalte im Bundesgebiet - nicht nachvollziehbar.

Aus den im Akt erliegenden Bestätigungen ergibt sich, dass der Reisepass der BF am 30.01.2018 sichergestellt und der von ihr am 09.05.2018 bevollmächtigten Betreuerin des Vereins Menschenrechte Österreich am 15.05.2018 wieder ausgefolgt wurde. Das Busticket für die Rückreise nach Serbien ist ebenfalls aktenkundig. Die Ausreise am 18.05.2018 ergibt sich aus dem Ticket und dem Fremdenregister sowie aus den Angaben in der Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A:

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen, zumal der Beschwerde mit dem Beschluss vom 01.06.2018 ohnedies von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

Zu Spruchteil B:

Die BF ist als Staatsangehörige von Serbien Fremde iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben. Die übrigen Fälle des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) kommen hier nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einer dieser Tatbestände erfüllt sein könnte.

Die BF ist als serbische Staatsangehörige mit einem noch bis zum 24.11.2018 gültigen biometrischen Reisepass gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs 4 Z 20 FPG) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Zu den Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt der BF im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gehört weiters, dass sie Dokumente vorzeigen kann, die ihren Aufenthaltszweck und die Umstände ihres Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem ihre Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex [Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF]; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ [Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG]). Außerdem darf sie keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit e SDÜ).

Im 180-Tage-Zeitraum hielt sich die BF - wie die Grenzkontrollstempel in ihrem Reisepass belegen - von 09.12.2017 bis 08.01.2018 (31 Tage), von 12.01.2018 bis 16.01.2018 (5 Tage) und von 19.01.2018 bis 24.04.2018 (96 Tage), somit insgesamt 132 Tage, im Schengenraum auf. Ab 14.03.2018 überstieg ihr Aufenthalt 90 Tage und war somit nicht mehr rechtmäßig. Die BF hielt sich daher jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids am 24.04.2018 nicht mehr rechtmäßig in Österreich auf.

Dem Beschwerdevorbringen, der BF sei die Einhaltung der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer wegen der Sicherstellung ihres Reisepasses nicht möglich gewesen, ist zu entgegnen, dass keine Bemühungen der BF, Österreich vor dem 18.05.2018 zu verlassen und die visumfreie Aufenthaltsdauer nicht zu überschreiten, erkennbar sind. Sie hat nicht einmal versucht, ihren Reisepass vor dem Ablauf der zulässigen Aufenthaltsdauer zurückzuerhalten. Auch nach der Einstellung des Strafverfahrens und der Erlassung des angefochtenen Bescheids vergingen noch mehrere Wochen bis zu ihrer Ausreise, sodass davon auszugehen ist, dass sie nicht nur wegen der Sicherstellung ihres Reisepasses in Österreich verblieb.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG):

Es liegen keine Umstände vor, die dazu führen, dass der BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre.

Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung"; §§ 41 ff FPG) fällt. Im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG hielt sich die BF allerdings nicht mehr im Bundesgebiet auf, weshalb die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG weggefallen ist. Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG hat daher zu entfallen (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).

Zu Spruchpunkten II. des angefochtenen Bescheids (Rückkehrentscheidung):

Gemäß § 52 Abs 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF durfte sich im Rahmen des visumfreien Aufenthalts maximal 90 Tage in 180 Tagen im Schengen-Raum aufhalten. Da sie diesen Zeitraum überschritt, war ihr Aufenthalt ab 14.03.2018 nicht rechtmäßig. Die Rückkehrentscheidung wurde im angefochtenen Bescheid daher zutreffend auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützt.

Bei der vorliegenden Entscheidung ist allerdings der geänderte Umstand zu berücksichtigen, dass die BF Österreich am 18.05.2018 verließ. Im Fall einer während des Beschwerdeverfahrens erfolgten Ausreise ist der Fall erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs 1 Z 2 FPG zu beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abzuweisen, zumal eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs 1 FPG) nicht in Frage kommt (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 12 und 21).

Seit der freiwilligen Ausreise der BF findet die Rückkehrentscheidung daher in § 52 Abs 1 Z 2 FPG ihre weitere Rechtsgrundlage, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon vor der Ausreise und daher jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist (sechs Wochen ab Ausreise) eingeleitet wurde.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm Art 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Die Rückkehrentscheidung greift in das Familienleben der BF ein. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass sie ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in Österreich hat, weil ihr Ehemann hier lebt und immer wieder erwerbstätig war. Ihrem Interesse an einer Fortsetzung dieses Familienlebens steht aber das große öffentliche Interesse am geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber. Das Gewicht des Familienlebens der BF im Inland wird dadurch entscheidend gemindert, dass es zu einer Zeit entstand, zu der sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal die BF über keine über die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer hinausgehende Aufenthaltsgenehmigung in Österreich verfügte und ihr dies - insbesondere aufgrund der vorangegangenen aufenthaltsrechtlichen Verfahren - zweifellos bekannt war.

Die BF hat bis auf ihren in Österreich lebenden Ehemann, der serbischer Staatsangehöriger ist, im Bundesgebiet keine familiären oder privaten Anknüpfungen, zumal sich ihr eigener Lebensmittelpunkt stets in Serbien befand, sie in Österreich nie erwerbstätig war, die deutsche Sprache nicht beherrscht und Mitglieder ihrer Herkunftsfamilie, zu denen sie regelmäßig Kontakt hat, in Serbien leben. Im Hinblick auf die kurze Dauer ihrer Aufenthalte im Inland liegt zum Entscheidungszeitpunkt keine berücksichtigungswürdige Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht vor. Dagegen bestehen starke Bindungen an ihren Herkunftsstaat, wo die BF den Großteil ihres Lebens verbrachte. Sie ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und sprachkundig; sie verfügt auch über private Bindungen, zumal ihr Vater und ihre beiden Brüder samt Kindern dort leben.

Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit vermag weder ihr Interesse an einem längerfristigen Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, Zl. 2011/18/0253). Die BF kann die Beziehung zu ihrem Ehemann wie schon bisher über diverse Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) und bei Besuchen in Serbien oder in anderen Staaten aufrecht halten. Ihr Ehemann kann sie von Österreich aus auch in Serbien finanziell unterstützen.

Eine Trennung von einem in Österreich dauerhaft niedergelassenen Ehepartner ist dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, etwa bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130). Die Ehe der BF führt nicht dazu, dass eine Rückkehrentscheidung unter dem Gesichtspunkt von Art 8 EMRK unzulässig wäre, zumal das Familienleben in Kenntnis des unsicheren Aufenthaltsstaus begründet wurde und bereits mehrere Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ab- bzw. zurückgewiesen wurden, sodass davon auszugehen ist, dass sie bei ihrer nunmehrigen Einreise vorhatte, die Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" zu umgehen. Dies zeigt sich nicht zuletzt an ihrem Beschwerdevorbringen, wonach sie vorhabe, eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen, um sich legal bei ihrem Ehemann in Österreich aufhalten zu dürfen, zumal gemäß § 21 Abs 1 NAG eine Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich im Ausland zu beantragen und der Verfahrensausgang auch dort abzuwarten ist. Dies war der BF - jedenfalls aufgrund des Bescheids vom 01.03.2017 über die Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" wegen unzulässiger Inlandsantragstellung - sehr wohl bekannt. Es ist ihr zumutbar, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen. Ebenso ist es ihrem serbischen Ehemann, der in Österreich aktuell ohne Beschäftigung ist, zumutbar, sie nach Serbien zu begleiten.

Den Behörden zurechenbare überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.

Im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm Art 8 Abs 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass die familiären oder privaten Bindungen der BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen. Das BFA ging somit im Ergebnis zu Recht davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Da die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nunmehr gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG mit der in Spruch angeführten Maßgabe als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat):

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs 9 FPG festzustellen, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat zulässig. Die Unzulässigkeit der Abschiebung wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet. Es sind keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass - auch unter dem Gesichtspunkt des Familienlebens der BF in Österreich - unter Berücksichtigung ihrer konkreten Situation in Serbien die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Daher ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids (Einreiseverbot):

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Das gegen die BF erlassene Einreiseverbot wurde auf § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG gestützt und dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel begründet.

Das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel für die beabsichtigte Aufenthaltsdauer hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 21.12.2010, 2009/21/0157).

Gemäß Art 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Das BFA ging im angefochtenen Bescheid von der Mittellosigkeit der BF aus und kam zu dem Schluss, dass von ihr eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe, die eine Erlassung eines Einreiseverbotes erforderlich mache, weil sie aus Geldnot einen Ladendiebstahl begangen habe. Dabei blieb unberücksichtigt, dass die BF einen Unterhaltsanspruch gegen ihren in Österreich lebenden Ehemann hat, der aufgrund seines Erwerbseinkommens bzw. des Bezugs von Arbeitslosengeld über ein regelmäßiges Einkommen aus legalen Quellen verfügt, und während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet in seiner Mietwohnung Unterkunft nahm, sodass sie nicht als mittellos anzusehen ist. Ihr Ehemann verfügte auch nach dem Ende seines letzten Beschäftigungsverhältnisses über ausreichende Einkünfte, um bei entsprechend bescheidener Lebensführung für die Mietzinszahlungen und den Lebensunterhalt für sich und die BF aufzukommen.

Die BF stand zwar im Verdacht, einen Ladendiebstahl begannen zu haben, jedoch wurde das Strafverfahren gegen sie eingestellt. Konkrete Umstände, weshalb dennoch davon auszugehen wäre, dass eine neuerliche Rückkehr nach Österreich oder in den Schengen-Raum eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen würde, sind nicht erkennbar.

Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt ist noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebietet. Wenn sich das Fehlverhalten darauf beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vorliegt, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen (vgl VwGH 15.05.2012, 2012/18/0029).

Hier liegt - da das Strafverfahren gegen die BF eingestellt wurde, sie aufgrund des Unterhaltsanspruchs gegen ihren Ehemann nicht mittellos ist, keine gravierende Überschreitung des visumfreien Aufenthalts vorlag und die BF freiwillig nach Serbien zurückkehrte, eine so geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung vor, dass das Einreiseverbot laut Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids in teilweiser Stattgebung der Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 iVm § 27 VwGVG ersatzlos aufzuheben ist.

Zu den Spruchpunkten V. und VI. des angefochtenen Bescheids (aufschiebende Wirkung; Frist für die freiwillige Ausreise):

Der Beschwerde wurde mit Beschluss vom 01.06.2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt, sodass Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entfällt.

Gemäß § 55 Abs 1 FPG ist gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Entscheidungen, in denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sind gemäß § 55 Abs 1a FPG nicht mit einer Frist für die freiwillige Ausreise zu verbinden. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids, sofern nicht besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist gemäß § 55 Abs 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen; zugleich muss er einen Termin für seine Ausreise bekanntgeben. Gemäß § 55 Abs 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Kommt es nach Vorlage der Beschwerde zu einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG, so hat dieses bei Bestätigung der Rückkehrentscheidung im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 55 FPG K9).

Da hier der Beschwerde der BF die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, aber die Rückkehrentscheidung zu bestätigen war, ist eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Da keine besonderen Umstände vorgebracht wurden oder hervorgekommen sind, die einen längeren Zeitraum für die freiwillige Ausreise rechtfertigen würden und die BF bereits am 18.05.2018 freiwillig ausgereist ist, beträgt diese Frist entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist insoweit abzuändern.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck von der BF bei einer mündlichen Verhandlung kein Entfall der Rückkehrentscheidung möglich wäre, kann eine Beschwerdeverhandlung entfallen. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten Tatsachenbehauptungen der BF ausgegangen wird. Die beantragte Einvernahme des Ehemanns der BF zu seinem Einkommen ist entbehrlich, zumal dieses Beweisthema ohnehin anhand der vorgelegten Einkommensunterlagen und des Versicherungsdatenauszugs im Sinne des Vorbringens der BF geklärt werden konnte.

Zu Spruchteil C (Unzulässigkeit der Revision):

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung, Einreiseverbot aufgehoben,
Gefährdungsprognose, Interessenabwägung, mangelnder
Anknüpfungspunkt, öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung,
Spruchpunktbehebung, strafrechtliche Verfolgung,
Verfahrenseinstellung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2196604.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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