TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/6 G307 1437247-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2018
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Entscheidungsdatum

06.07.2018

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch

G307 1437247-2/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA: Serbien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst, gemeinnützige Gesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2018, ZahlXXXX, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z FPG erlassen(Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 FPG Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) sowie einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.)

2. Gegen diesen Bescheid, welcher dem BF am 24.01.2018 persönlich zugestellt wurde, erhob dieser durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Darin wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung samt Einvernahme des BF durchzuführen, den bekämpften Bescheid des BFA wegen Rechtswidrigkeit gänzlich zu beheben, in eventu das Einreiseverbot (gemeint wohl: dessen Dauer) wesentlich zu verkürzen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

3. Die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt wurde dem BVwG vom BFA am 13.02.2018 vorgelegt und langte dort am 14.02.2018 ein.

4. Mit Beschluss des BVwG vom 09.05.2018 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

5. Am 13.05.2018 fand im Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF, seine Lebensgefährtin und seine Tochter teilnahmen.

6. Mit Schreiben vom 22.06.2018, beim BVwG eingelangt am selben Tag, erstattete der BF durch seine RV letztmalig eine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der BF heißt XXXX, ist am XXXX in XXXX in (Serbien) geboren und geschieden. Er ist serbischer Staatsbürger, seine Muttersprache ist Serbokroatisch. Diese beherrscht er nach wie vor gut.

Der BF besuchte in Österreich die Pflichtschule und machte keine Lehre oder erlernte einen Beruf. In den Jahren 1987 und 1988 absolvierte er bei der jugoslawischen Armee den dortigen Präsenzdienst.

1.2. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Der BF verfügt über eine Einstellungszusage vom XXXX.2017 als Schlosserhelfer bei XXXX, welche nach wie vor aufrecht ist. Letzterer betreibt in XXXX am XXXX eine Schlosserei. Der BF betrieb zumindest im Jahr 2003 für einen nicht feststellbaren Zeitraum das Lokal "XXXX" in der XXXX in XXXX sowie im Jahr 2004 in der XXXX in XXXX innerhalb einer ebenso nicht feststellbare Zeitspanne das Lokal "XXXX".

Es konnte nicht festgestellt werden, ob, wie lange und, wenn ja, um welches Entgelt der BF Harmonika gespielt hat. Er war zuletzt vom XXXX.2009 bis zum XXXX.2009 bei XXXX in XXXX in geringfügigem Ausmaß im Arbeiterverhältnis beschäftigt.

Insgesamt kommt der BF - gerechnet ab seinem 15. Lebensjahr - in Österreich auf eine legale Beschäftigungszeit rund 3,5 Jahren bei 5 Arbeitgebern. Legt man diese Zeitspanne auf die gesamte Zeit um, innerhalb der er arbeiten hätte können (also vom 15. Bis zum 50. Lebensjahr), beträgt das Verhältnis Beschäftigungszeit zur gesamt möglichen Zeit der Erwerbstätigkeit 1 : 10.

1.3. Der BF ist im Besitz von rund € 2.500,00 bis 3.000,00 an Bargeld, hat jedoch kein Konto und verfügt davon abgesehen über kein Vermögen und kein regelmäßiges Einkommen.

1.4. Er ist (leiblicher) Vater der XXXX, geboren am XXXX, welche bei ihrer leiblichen Mutter in Wien gemeldet und wie auch die Mutter österreichische Staatsbürgerin ist. Das Verhältnis zwischen Tochter und BF ist sehr gut, was sich auch darin zeigt, dass sie vor dem letzten Haftantritt rund 4 bis 5 Monate beim ihm wohnte.

Weiteres leben an Angehörigen die Brüder des BF, XXXX, XXXX sowie dessen Schwester XXXX in Wien, wobei XXXX bereits österreichischer Staatsbürger ist. XXXX und XXXX besitzen jeweils eine gültige Aufenthaltsgenehmigung. Der BF und seine Geschwister sehen einander 3 bis 4 Mal pro Woche.

1.5. Der BF führt zumindest seit Ende 2016 eine Beziehung mit der serbischen Staatsbürgerin XXXX, geb. am XXXX. Beide verfügen über getrennte Wohnsitze, leben jedoch in XXXX in der XXXX im gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin (LG) des BF arbeitete bis zum 30.06.2018 bei der XXXX des XXXX und erhielt hiefür ein monatliches Entgelt in der Höhe von rund € 1.000,00. Aktuell ist keine Beschäftigung der LG aktenkundig. Der BF und seine LG unterhalten sich sowohl in Deutsch als auch in Serbokroatisch miteinander.

1.6. Der BF stellte am XXXX.2013 beim BFA, Außenstelle Wien, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieses Verfahren wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 27.03.2014, Zahl G312 1437247/4E, rechtskräftig zum Nachteil des BF abgeschlossen. Der BF reiste im Jahr 1974 auf legalem Wege mit seinen Eltern aus Serbien aus und mit dem Bus nach Österreich. Seine Eltern haben in den 90iger Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, sind aber in der Zwischenzeit verstorben. Der BF war zuletzt im Besitz einer von der MA 35 ausgestellten, bis zum 11.01.2011 gültigen Aufenthaltsberechtigung. Dieser wurde ihm jedoch aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilungen entzogen. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland XXXX vom XXXX 1997 war gegen den Beschwerdeführer wegen mehrerer Verurteilungen nach dem StGB gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und 2 des Fremdengesetzes 1992 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren rechtskräftig erlassen worden. Die gegen dieses Aufenthaltsverbot erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 3. November 1999 als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, weil der angefochtene Bescheid in den Bestimmungen des am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 (FrG) nicht offensichtlich auch eine Grundlage finden würde und demnach gemäß § 114 Abs. 4 FrG außer Kraft getreten sei. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.11.2012, Zahl 2011/23/0534 wurde die gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektikon XXXX vom 22.06.2009 zu Zahl XXXX erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Zuge der Änderung des Fremdenpolizeigesetzes ab dem 01.01.2006 wurde dieses in ein 10jähriges Aufenthaltsverbot umgewandelt, welches am 29.06.2009 in Rechtskraft erwuchs und nach wie für gültig ist.

Der BF verblieb dem entgegen, wie den übrigen Aufenthaltsverboten zum Trotz, in Österreich. Der BF hielt sich vom 02.11.2010 bis 25.11.2011 in Serbien auf, am 02.11.2010 wurde ihm der serbische Pass ausgestellt, am 26.11.2011 hat er sich mit diesem Dokument melderechtlich in Österreich registrieren lassen. Seitdem lebte der BF unrechtmäßig in Österreich.

Gegen den BF besteht von Seiten der BPD XXXX ein mit Bescheid vom XXXX.2007 verhängtes, bis zum 28.02.2020 gültiges Waffenverbot.

Ein durchgehender Aufenthalt des BF in Österreich seit dem Jahr 1974 konnte - sieht man von kurzen, einige Wochen übersteigenden Zeitspannen ab - nicht festgestellt werden.

1.7. Der BF hält keine Kontakte (mehr) zu in Serbien lebenden Familienangehörigen oder Verwandten und verfügt auch sonst über keine nennenswerten sozialen Bindungen in Serbien.

1.8. Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2008 wegen absichtlicher, schwerer Körperverletzung und gefährlicher Drohung gemäß §§ 87 Abs. 1, 107 Abs. 1. 1. und 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Ferner wurde der BF vom selben Gericht zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2008 wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB verurteilt, wobei gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die erstgenannte Verurteilung keine Zusatzstrafe ausgesprochen wurde.

Schließlich wurde der BF vom LG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2008 wegen versuchter Erpressung gemäß §§ 15, 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 24 Monaten verurteilt, wovon 16 Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren ausgesprochen wurden.

Im Zuge dieser jüngsten Verurteilung wurde dem BF zur Last gelegt, er habe am XXXX.2017 gemeinsam mit einem weiteren Mittäter den Genötigten durch die seitens des Mittäters getätigte Äußerung, der BF werde ihm die Beine und Arme brechen und ihn umbringen, wenn dieser nicht die geforderten € 30.000,00 bezahle, erpresst. Ferner habe der zweite Mittäter in Anwesenheit des BF dem Opfer anschließend den Ratschlag gegeben, der BF meine es gut mit diesem und - sollte der Genötigte nicht zur Zahlung bereit sein - wäre dieser gut beraten, aufgrund der Gefährlichkeit des BF das Land zu verlassen und unter falschem Namen weiterleben.

Als mildernd wurde hiebei der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe gewertet. Festgestellt wird, dass der BF dass darin beschriebene Verhalten gesetzt und die angeführte Tat begangen hat.

Der BF wurde am XXXX.2017 festgenommen, befand sich aus Anlass dieser Verurteilung bis zum XXXX.2018 in der Justizanstalt XXXX und wurde an diesem Tag aus der Haft entlassen.

Der BF wurde abgesehen von den aktuellen 3 Verurteilungen in Österreich bereits mehrmals strafrechtlich belangt, und zwar vom BG XXXX am XXXX.1991 zu XXXX wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von ATS 6.000,00 unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren; vom BG XXXX zu Zahl XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX1993 wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von ATS 1.200,00; vom BG für Strafsachen XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.1994, wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von ATS 900,00; vom BG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.1995 wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von ATS 7.200,00, vom LG für Strafsachen XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.1998 wegen Nötigung und versuchter Erpressung gemäß §§ 105 Abs. 1, 15, 144 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren.

Der BF verfügt über gute Deutschkenntnisse, wobei keine solchen eines bestimmten Niveaus festgestellt werden konnten.

1.9. Der BF war ferner Anführer einer dreiköpfigen Bande, welche in der serbischen Lokalszene in XXXX Schutzgeld erpresste, wofür der BF zuletzt auch verurteilt wurde. Er trug den Spitznamen "XXXX". Am XXXX.2013 wurde von Seiten des Bundesasylamtes hinsichtlich der Person des BF ein Auskunftsersuchen an das Bundeskriminalamt (BKA) dahingehend gestellt, ob bestätigt werden könne, dass er seit mehr als 20 Jahren eine Vertrauensperson für die XXXX und das Sicherheitsbüro gewesen sei und er XXXX über seine Beobachtungen berichtet habe. Dies wurde seitens des BKA grundsätzlich bestätigt, jedoch hervorgehoben, dass der Genannte mit einer sogenannten Warnmeldung belegt sei und daher nicht mehr als Vertrauensperson arbeiten dürfe. Zu der Anfrage bezüglich der Aussetzung eines angeblichen Kopfgeldes auf ihn, wurde bekannt gegeben, dass dies seitens des BKA nicht nachvollzogen werden könne.

Mittels Personendatenauskunft wurde in Erfahrung gebracht, dass weitere Identitäten des BF alias XXXX, Spitzname XXXX, vorlägen. Der BF war im Besitz einer Niederlassungsbewilligung, welche jedoch durch das oberwähnte Aufenthaltsverbot vom XXXX.2009 außer Kraft gesetzt wurde.

1.10. Gegen den BF wurden in den Jahren 1994 bis 2007 in insgesamt 19 Fällen Strafen im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens erlassen.

1.11. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF innerhalb folgender Zeitspannen durchgehend im Bundesgebiet aufhältig war:

* 11.01.2003 bis 02.07.2003

* 22.04.2004 bis 19.09.2005

* 14.03.2006 bis 01.11.2006

* 03.11.2010 bis 24.11.2011

* 31.12.2013 bis 11.09.2017

1.12. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Gefahr iSd Art 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Kenntnissen der serbokroatischen Sprache, Schulbildung, Einreise nach Österreich, Absolvierung des Militärdienstes in Jugoslawien, fehlenden Anknüpfungspunkten in Serbien, Existenz der Geschwister, Tochter, Lebensgefährtin und dem Verhältnis des BF zu diesen getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dem Inhalt der Vorakte des Bundesasylamtes, der belangten Behörde und des erkennenden Gerichtes, der dem Bundesamt im dortigen Verfahren übermittelten Stellungnahme, dem Inhalt der mündlichen Verhandlung und den eigenen Ausführungen des BF.

Die Höhe der Ersparnisse und die fehlende Existenz eines Kontos ergeben sich aus den Ausführungen des BF in der mündlichen Verhandlung und widerspräche es der Lebenserfahrung, wenn der BF seine Vermögenslage bewusst ins Negative verzerrt hätte.

Wenn der BF behauptet, er halte sich seit 1974 durchgehend im Bundesgebiet auf, so kann dem aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. So war er innerhalb der unter II.1.10. angeführten Zeiträume nicht im Bundesgebiet gemeldet. In der mündlichen Verhandlung sicherte der BF zu, er werde dem erkennenden Gericht Beweismittel vorlegen, die belegen, dass er sich während dieser Zeit in Österreich aufgehalten hat. Dies ist ihm jedoch nicht gelungen. Bei den in der dem BVwG am 22.06.2018 übermittelten Stellungnahme erwähnten Zeitpunkten (17.03.2011, 26.02.2014, 23.06.2014, 20.11.2014 und 30.10.2015) handelt es sich um einzelne Tage, an welchen der BF behördliche oder gerichtliche Termine wahrzunehmen hatte. Dieser Umstand belegt jedoch keinesfalls einen darüber hinausgehenden, geschweige denn ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet, zumal der BF keine weiteren Beweise in diese Richtung lieferte. Selbst der Bescheid der SID XXXX vom 22.09.1997 geht (nur) von einem gesicherten Aufenthalt in Österreich ab dem Jahr 1988 aus. Auch aus dem Betrieb der oben angeführten Lokale lässt sich nichts gewinnen, konnte nicht festgestellt werden, wie lange der BF diese geführt hat.

Entgegen dem Vorbringen des BF muss sich dieser zwecks Ausstellung seines aktuellen Reisepasses im November 2010 in Serbien aufgehalten haben. Dies ergibt sich einerseits aus dem Ausstellungsdatum im Pass (02.11.2010), der austellenden Behörde (XXXX), dem, auf den BF lautenden ZMR-Auszug und dem Inhalt des Aktes G312 1437247. Letzteres Erkenntnis hat der BF weder bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten, noch ist er dem diesbezüglichen Inhalt im gegenständlichen Verfahren substantiiert entgegengetreten. Auch der vom 02.11.2010 bis 25.11.2011 andauernde Aufenthalt des BF in Serbien folgt dem unwidersprochen gebliebenen Akteninhalt des soeben zitierten Erkenntnisses.

Vor dem Hintergrund der Einstellungszusage des XXXX, die sich im Akt befindet und deren Aktualität von Seiten des BF in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, kann davon ausgegangen werden, der BF sei arbeitsfähig. Ferner hat er bestätigt, gesund zu sein und fanden sich dem Akteninhalt nach keine dem entgegenstehenden Anhaltspunkte.

Aus den, den BF betreffenden Sozialversicherungsdatenauszügen vom 16.01.2018 und 10.07.2013 finden sich in der Zeit seit dem Jahr 1972 bis dato insgesamt 9 Arbeitsverhältnisse bei 5 Arbeitgebern. Zählt man die Beschäftigungszeiten zusammen, gelangt man zu einer Gesamterwerbsdauer von rund 3,5 Jahren.

Den - zumindest kurzfristigen - Betreib der Lokale "XXXX" und "XXXX" an der unter I.2. angeführten Anschrift folgt einerseits dem Inhalt des zu XXXX vom Polizeikommissariat XXXX am XXXX.2003 eingeleiteten Strafverfahrens (XXXX) sowie dem Straferkenntnis de magistratischen Bezirksamtes des XXXX Bezirks der Stadt Wien vom XXXX2005, ZahlXXXX (XXXX). In Ermangelung der Vorlage weiterer Beweise hinsichtlich der Dauer des Betriebs dieser Lokale durch den BF konnten keine dahingehenden Zeitspannen festgestellt werden. Er war weder in der Lage, Aufzeichnungen (etwa buchhalterischer Natur) über die von ihm angeblich geführten Betriebe, noch einen Gewerberegisterauszug noch sonstige Belege vorzulegen, die seine diesbezüglichen Behauptungen bestätigt hätten. Zum Bestand des dritten Lokals konnten in Ermangelung substantiierter Hinweise keine Feststellungen getroffen werden.

Gleiches gilt für die Tätigkeit als Harmonikaspieler. Die einzig vorstellbare Variante ist, dass der BF diese musikalischen Darbietungen, wenn überhaupt, unter Umgehung der Gesetze ausgeübt hat, zumal er selbst behauptet hat, diese nicht angemeldet gehabt zu haben. In der dem BVwG am 22.06.2018 übermittelten Stellungnahme heißt es, die Tochter des BF habe seiner RV einen Brief übermittelt, in welchem sie bestätigte, in jedem der drei vom BF angeblich geführten Lokale Zeit verbracht zu haben. Abgesehen davon, dass dem erkennenden Gericht das zitierte Schreiben nicht übermittelt wurde und diesem Vorbringen die Zeitspanne, welche die Tochter in den Lokalen des BF insgesamt verbracht haben soll, nicht zu entnehmen ist, liefert diese Behauptung angesichts des zuvor Gesagten keinen Beweis für den längerfristigen Betrieb der seinerzeitigen Lokale des BF, weil er eben keine weiteren dahingehenden Bescheinigungen vorzulegen vermochte. Des Weiteren brachte er in der mündlichen Verhandlung selbst vor, zuletzt bis etwa 2008 ein Lokal geführt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war die Tochter des BF jedoch erst 9 Jahre alt und stellt sich schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung die Frage, ob sie in diesem Alter wie in den Jahren zuvor überhaupt in der Lage war, zu bestätigen, dass der BF selbst ein Lokal oder mehrere geführt hat. Der BF könnte diese etwa auch mit seiner Tochter besucht haben, ohne selbst den Betrieb geleitet zu haben. Im Übrigen ist der Logik folgend, davon auszugehen, dass ein Lokal auch - wenn nicht vorwiegend - am Abend von Gästen besucht wird und die Tochter des BF wegen ihres damals kindlichen Alters und der Schulpflicht - bei unterstelltem Wahrheitsgehalt - wohl kaum in den Abendstunden die gesamte Zeit bei ihrem Vater verbracht hat.

Die Existenz der abgeführten Verwaltungsstrafen ist dem vom Fremdenpolizeilichen Büro der BPD XXXX am 12.03.2007 eingeholten Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister zu entnehmen, das Waffenverbot dem dahingehenden Auszug des Büros Für Administration und Waffenwesen der BPD XXXX.

Die bisher verhängten zwei Aufenthaltsverbote samt deren Dauer ergeben sich aus dem Akteninhalt samt Vorakten, insbesondere des im Akt einliegenden Erkenntnis des VwGH vom 22.11.2012, Zahl 2011/23/0534. Das abgeführte Asylverfahren samt Ausgang folgt dem Inhalt des zu G312 1437247/4E vor dem BVwG vormals geführten Verfahrens. Der Verbleib in Österreich entgegen dieser Verfügungen ist den eigenen Angaben des BF zu entnehmen und ist mit den immer wieder kehrenden polizeilichen, verwaltungs- und justizstrafrechtlichen Amtshandlungen des BF wie dem zeitweisen Nachgehen von Beschäftigungen in Einklang zu bringen.

Die Bezeichnung des BF als "XXXX" folgt dem Inhalt eines Zeitungsartikels des XXXX vom XXXX.2007 sowie einem Amtsvermerk der verwaltungspolizeilichen Abteilung der BPD XXXX vom XXXX.2007.

Der Bestand der Lebensgemeinschaft zwischen dem BF und XXXX steht außer Zweifel, aufgrund der divergierenden Angaben zu ihrer Dauer - die LG sprach von 2 1/2 Jahren, der BF von 1 1/2 Jahren - ist davon auszugehen, dass diese zumindest sei Ende 2016 andauert. Die gemeinsame Haushaltsführung folgt den dahingehend überstimmenden Angaben des BF und seiner LG. Deren zuletzt ausgeübte Tätigkeit ergibt sich aus ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung und deckt sich mit dem Inhalt des auf sie lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Dieser weist sie aktuell als beschäftigungslos aus. Die Höhe des dafür bezogenen Entgelts hat die LG des BF in der mündlichen Verhandlung angeführt. Die getrennten Meldungen des BF und seiner LG schlagen sich im ZMR nieder.

Die mündliche Verhandlung wurde in Deutsch abgehalten und konnte der BF den an ihn gestellten Fragen ohne Probleme folgen. Seine Kenntnisse sind demnach als gut einzustufen. Wegen der Judikatur des VwGH zur Feststellung von Sprachkenntnissen eines bestimmten Niveaus (VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0203) war des dem erkennenden Gericht jedoch verwehrt, Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus festzustellen.

Die Verurteilungen des BF samt näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die ihm angelasteten Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten schlüssigen Urteils. Die Verurteilungen der Jahre 1991 bis 1998 ergeben sich aus dem Strafregisterauszug vom 05.06.1999, welcher sich ebenso im Akt befindet. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der BF das erkennende Gericht - trotz ausdrücklicher Aufforderung, wahrheitsgemäße Angaben zu machen - die älteren Verurteilungen bewusst geleugnet hat.

Der Zeitpunkt der Festnahme wie jener der Entlassung des BF aus der Haft ist aus dem Inhalt der Vollzugsdateninformation der JA XXXX vom XXXX.2017 wie jenem des ZMR zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG lautet:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.3. Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art 6 lit e) des Schengener Grenzkodex (EU-VO 2016/399 vom 09.03.2016) darf der Drittstaatsangehörige keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedsstaates darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbaken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.1.4. Der BF ist mangels (am 11.01.2011 abgelaufener) Aufenthaltsberechtigung nicht (mehr) im Besitz eines Aufenthaltstitels, verblieb entgegen dem noch immer aufrechten Aufenthaltsverbot beharrlich im Bundesgebiet und erweist sich sein Verhalten - wie noch näher ausgeführt werden wird - wegen seiner rechtskräftigen Verurteilungen zudem als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, weshalb sich dessen aktueller Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls als unrechtmäßig erweist. Das Bundesamt hat seine Rückkehrentscheidung daher zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

3.1.5. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

o die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

o das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

o die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

o den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

o die Bindungen zum Heimatstaat,

o die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

o auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft scha

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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