TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/9 G311 2158714-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2018
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Entscheidungsdatum

09.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a

Spruch

G311 2158714-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2017, Zahl: XXXX, betreffend Einreiseverbot zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots auf 9 (neun) Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich, wurde der, sich seit 17.04.2017 in Verwaltungshaft befindenden, Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.). Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin unter Verwendung gefälschter griechischer Dokumente illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und es feststehe, dass die Beschwerdeführerin in Österreich den Besitz der Mittel zur Finanzierung ihres Unterhalts nicht nachweisen habe können. Die belangte Behörde traf weiters Feststellungen zur allgemeinen Lage in Albanien.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 19.04.2017 wurde über die Beschwerdeführerin zudem gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Die Beschwerdeführerin wurde am 20.04.2017 auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Albanien abgeschoben.

Mit dem am 02.05.2017 bei der belangten Behörde per Fax eingelangten Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom selben Tag wurde gegen die Verhängung des Einreiseverbotes (Spruchpunkt II. des verfahrensgegenständlichen Bescheides) fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zur Gänze aufheben; in eventu den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides dahingehend abändern, dass die Dauer des Einreiseverbotes reduziert wird; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass das erlassene Einreiseverbot nur auf Österreich eingeschränkt wird.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise, Festnahme und Verhängung der Schubhaft bereit gewesen sei, sofort das Bundesgebiet zu verlassen. Aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht ersichtlich, warum anzunehmen sei, dass von der Beschwerdeführerin gegenwärtig und auch in Zukunft eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen solle, die ein Einreiseverbot rechtfertigen würde. Die belangte Behörde habe hinsichtlich der von ihr festgestellten Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin keine genaue Prüfung der Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin (Ersparnisse, Liegenschaften) durchgeführt. Weiters habe die belangte Behörde ihre Entscheidung damit begründet, dass die Beschwerdeführerin für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht über ausreichende Barmittel verfüge, damit aber außer Acht gelassen, dass die Beschwerdeführerin über £ 1.000,00 sowie € 1.100,00 verfüge, sich nicht längere Zeit in Österreich habe aufhalten wollen und erstmals - wenn auch illegal - in das Bundesgebiet eingereist sei. Von der Beschwerdeführerin gehe keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, insbesondere keine, die ein Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren rechtfertigen würde, zumal die Beschwerdeführerin auch das Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht verletzt habe. Sie sehe ein, dass sie sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe und daher gegen sie eine Rückkehrentscheidung habe erlassen werden müssen. Das Einreiseverbot, jedenfalls aber die verhängte Dauer von zwei Jahren, sei unverhältnismäßig und daher nicht geboten.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 24.05.2017 ein.

Am 18.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Bundeskriminalamtes des Bundesministeriums für Inneres vom 16.10.2017 ein, wonach die Beschwerdeführerin nunmehr unter den von ihr angegebenen Personalien von Interpol tatsächlich identifiziert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Albanien und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Die Beschwerdeführer reiste von Albanien nach Griechenland, wo sie sich mehr als drei Monate aufhielt, und sich in weiterer Folge zum Preis von EUR 2.500,00 einen gefälschten griechischen Reisepass, eine gefälschte griechische Identitätskarte sowie eine gefälschte Bankkarte besorgte. Die Dokumente wurden der Beschwerdeführerin von einem aus Albanien stammenden Mann am 14.04.2017 übergeben. Daraufhin reiste die Beschwerdeführerin von Griechenland wieder (illegal) nach Albanien aus, von wo aus sie sich unter Verwendung ihres echten, albanischen, Reisepasses auf dem Luftweg nach XXXX, Slowenien, und weiter in das Bundesgebiet auf den Flughafen XXXX begab (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Beschuldigtenvernehmung LPD vom 17.04.2017; Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.04.2017).

Die Beschwerdeführerin übergab nach ihrer Ankunft im Bundesgebiet ihren albanischen Reisepass einem Passagier ihres Fluges von XXXX nach XXXX, welchen sie zuvor in XXXX kennengelernt hatte. Dieser ließ den albanischen Reisepass der Beschwerdeführerin offenbar einer der in England lebenden Töchter der Beschwerdeführerin zukommen (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Beschuldigtenvernehmung LPD vom 17.04.2017; Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.04.2017).

Die Beschwerdeführerin versuchte sodann am 17.04.2017 mit ihrem total gefälschten griechischen Reisepass auf dem Luftweg von XXXX nach XXXX auszureisen. Sie verfügte bei ihrer Betretung über Barmittel in Höhe von £ 1.000,00 sowie € 1.100,00 (vgl aktenkundiger Amtsvermerk der LPD vom 17.04.2017). Ob die Beschwerdeführerin sonst über Vermögen oder Ersparnisse verfügt, konnte nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin wurde sodann festgenommen sowie von der zuständigen Landespolizeidirektion und dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 19.04.2017 wurde über die Beschwerdeführerin zudem gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin befand sich bislang in Albanien. Sie hat dort acht Jahre eine Grundschule und zwei Jahre eine Mittelschule besucht und war zuletzt als Reinigungskraft tätig (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Beschuldigtenvernehmung LPD vom 17.04.2017). Die Beschwerdeführerin ist geschieden. Der Sohn der Beschwerdeführerin lebt in Griechenland, ihre drei Töchter leben in England. Die Beschwerdeführerin hat weiters Verwandte in Albanien. Der Aufenthalt in Griechenland wurde vom Sohn der Beschwerdeführerin finanziert (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.04.2017, Seite 3).

Die Beschwerdeführerin beabsichtigte ihren Angaben nach, zu ihren in England lebenden Töchtern zu reisen und nach erfolgter Einreise mit dem gefälschten griechischen Reisepass über einen Anwalt ihre Aufenthaltsberechtigung in England regeln zu lassen (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.04.2017, Seite 3).

Ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu den Familienangehörigen der Beschwerdeführerin wurde weder vorgebracht noch ist sein solches sonst hervorgekommen.

Im Bundesgebiet verfügte die Beschwerdeführerin bisher über keinen Aufenthaltstitel sowie weder über familiäre noch private Bindungen. Sie ging hier bisher keiner Berufstätigkeit nach und verfügte über keinen gemeldeten Wohnsitz. Die Beschwerdeführerin spricht kein Deutsch und hat sich nur wenige Tage im Bundesgebiet aufgehalten. Sie ist strafgerichtlich unbescholten (vgl eigene Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.04.2017;

Auszug Zentrales Melderegister vom 11.06.2018;

Sozialversicherungsdatenauskunft vom 11.06.2018; Strafregisterauszug vom 11.06.2018; Fremdenregisterauszug vom 11.06.2018). Maßgeblich

Die Beschwerdeführerin wurde am 20.04.2017 auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Albanien abgeschoben (vgl aktenkundiger Abschiebebericht der LPD vom 20.04.2017).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, der aktenkundigen Kopie des albanischen Personalausweises der Beschwerdeführerin sowie der nunmehr vorliegenden Identitätsbestätigung von Interpol Albanien.

Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Zentralmelderegisterauszug, einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister, einen Auszug aus dem Schengener Informationssystem sowie des Strafregisters ein und nahm weiters Einsicht in die Sozialversicherungsdaten der Beschwerdeführerin.

Der Mandatsbescheid über die Verhängung der Schubhaft ist aktenkundig.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren von der Beschwerdeführerin gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und von der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit (substanziiert) bestritten wurden.

Die Beschwerdeführerin verfügte zwar bei ihrer Betretung über Barmittel in Höhe von etwas über 1.000,00 britischen Pfund sowie EUR 1.100,00, hat jedoch weder substanziiertes Vorbringen zur Finanzierung ihres weiteren Aufenthalts im Schengen-Raum bzw. innerhalb der europäischen Union noch zu allenfalls vorhandenen Vermögenswerten oder Ersparnissen erstattet. Ob die Beschwerdeführerin daher über die vorhandenen Barmittel hinausgehende Unterhaltsmittel verfügt, konnte daher nicht festgestellt werden, zumal die Beschwerdeführerin angab, zuletzt mehr als drei Monate in Griechenland gelebt zu haben und alle ihre Habseligkeiten bei sich zu haben (vgl. eigene Angaben der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt am 19.04.2017, Seite 3). Ein diesbezüglich konkretisiertes Vorbringen samt entsprechender Nachweise wurde auch in der Beschwerde nicht erstattet.

Die Feststellungen zur persönlichen Situation der Beschwerdeführerin beruhen auf ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren und der Beschwerde. Es wurde zu keiner Zeit ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis der Beschwerdeführerin zu ihren in Griechenland bzw. in England lebenden Kindern oder sonstigen Verwandten vorgebracht oder hat sich sonst ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu den Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Bescheides:

Im gegenständlichen Fall wurde ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot) Beschwerde erhoben. Damit erwuchsen die übrigen Spruchpunkte I. und III. in Rechtskraft.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG in der Fassung des Fremdenrechts-Änderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG in der Fassung FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017, lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in

§ 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.01.2013, 2012/18/0143).

Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; 26.06.2014, Ro 2014/21/0026).

Die aus Albanien stammende Beschwerdeführerin hat sich am Flughafen XXXX mit einem gefälschten griechischen Reisepass ausgewiesen, um nach XXXX zu reisen. Dies wurde von der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit bestritten und auch ausdrücklich bestätigt. Aufgrund der gewählten Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, nämlich mittels eines gefälschten Reisedokumentes von Österreich nach Irland reisen zu wollen, ist von vorsätzlichem Handeln der Beschwerdeführerin auszugehen, zumal die Beschwerdeführerin vor der Landespolizeidirektion angab, dass ihr klar gewesen sei, mit ihren gefälschten Dokumenten nicht reisen zu dürfen. Das Vorbringen, dass ihr nicht klar gewesen sei, dass es sich dabei um eine Straftat handelt, ist als Schutzbehauptung zu werten. Ihr Verhalten zeigt, dass sie mit beträchtlicher krimineller Energie ausgestattet ist, weshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme gerechtfertigt ist, dass ein Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer ihres Aufenthaltes in der Europäischen Union und der dabei geplanten Bestreitung ihres Unterhaltes hat die Beschwerdeführerin nicht substanziiert erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt, zumal die Beschwerdeführerin eigenen Angaben nach eine illegale Einreise nach England plante und erst in weiterer Folge über "einen Anwalt" ihren Aufenthalt dort legalisieren wollte, weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.

Die genannten Umstände rechtfertigen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des den 2. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 bildenden § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, nunmehr § 9 BFA-VG, ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Die Beurteilung nach § 9 BFA-VG, ob ein Einreiseverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, verlangt eine abwägende Gegenüberstellung der persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib in Österreich mit den öffentlichen Interessen an der Erlassung der fremdenpolizeilichen Maßnahme (vgl. VwGH 22.09.2009, 2009/22/0147; 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat zu Österreich keine familiären Bindungen. Sie ist hier keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Familiäre und private Bezugspunkte zum Bundesgebiet waren daher nicht zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin hat jedoch eigenen Angaben nach familiäre Bindungen sowohl in England (drei Töchter) als auch in Griechenland (ein Sohn). Ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis ist jedoch nicht hervorgekommen. Das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Einreiseverbot stellt daher einen Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin zumindest in Bezug auf ihre familiären Beziehungen in Griechenland, da Großbritannien nicht an die Rückführungsrichtlinie gebunden ist und somit das Einreiseverbot nicht für das Vereinigten Königreich gilt, dar.

Unter Abwägung aller Gesamtumstände war dennoch der von der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefährdung (Verwendung eines gefälschten Identitätsdokumentes sowie Fehlen von Unterhaltsmitteln) und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes auf Grund ihres bisherigen Fehlverhaltens größeres Gewicht beizumessen als ihren persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet bzw. dem Schengen-Raum.

Die Verhängung eines Einreiseverbotes von zwei Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin letztlich voll geständig war, strafrechtlich unbescholten ist und über familiäre Bindungen im Schengen-Raum verfügt, jedoch nicht geboten. Es konnte daher mit der spruchgemäßen Befristung das Auslangen gefunden werden.

Im Hinblick auf die schengenweite Erlassung des Einreiseverbotes ist die Beschwerdeführerin zu ihrer Information auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten vorherigen Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein sind an die Rückführungsrichtlinie gebunden (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29. September 2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff "Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten" auszulegen (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021).

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Sein Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Angemessenheit, aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot,
Gefährdungsprognose, Herabsetzung, Interessenabwägung,
Mittellosigkeit, öffentliche Ordnung, öffentliches Interesse,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G311.2158714.1.01

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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