TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/11 L519 1262716-3

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Veröffentlicht am 11.07.2018
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Entscheidungsdatum

11.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

L519 1262716-3/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Türkei, vertreten durch RA. Dr. Mario ZÜGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 20.12.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A. Die Beschwerde wird gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG), idgF sowie § 70 Abs. 3 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I zu lauten hat:

Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG wird gegen Sie ein für die Dauer von 4 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

B. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF), ein türkischer Staatsangehöriger, reiste illegal in Österreich ein und stellte am 09.06.2005 einen Asylantrag in Österreich. Begründend gab der BF im Wesentlichen an, als Kurde in der Türkei diskriminiert zu sein und den Militärdienst nicht ableisten zu können. Er sei zwar kein ideologischer Wehrdienstverweigerer, könne aber aktuell den Dienst nicht leisten, da er dann an der Grenze in Kriegsgebieten eingesetzt werde. Er werde landesweit gesucht, da er sich dem Wehrdienst entzogen habe.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2005 wurde der Asylantrag des BF ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der BF aus dem Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen.

3. Am XXXX2005 ehelichte der BF die österreichische Staatsbürgerin

XXXX.

4. Der Unabhängigen Bundesasylsenat hat mit Bescheid vom 10.10.2005 den Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2005 behoben.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.04.2007 wurde der Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF für zulässig erklärt und der BF aus dem Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 04.02.2009 vollinhaltlich abgewiesen.

6. Der BF reiste im Jänner 2011 aus dem Bundesgebiet aus.

Am 16.11.2011 wurde dem BF durch die Magistratsabteilung 35 der Stadt XXXX ein Aufenthaltstitel für Familienangehörige erteilt. Dieser Aufenthaltstitel wurde in der Folge mehrfach verlängert, zuletzt im Jahr 2015 bis 14.07.2018.

Der BF reiste am 23.11.2011 wieder in das Bundesgebiet ein.

7. Am XXXX2012 wurde die Ehe mit Frau XXXX durch das BG Leopoldstadt geschieden.

8. Am XXXX.2012 heiratete der BF die österreichische Staatsbürgerin

XXXX geb. XXXX1992, geborene COBAN.

9. Am 02.06.2015 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil in der Berufungsverhandlung vom XXXX vor dem Oberlandesgericht XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 (1) StGB und wegen des versuchten Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 15, § 207 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Verhängung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

10. Dem BF wurde mit Verständigung von der Beweisaufnahme vom 13.06.2016 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, bei rechtskräftiger Verurteilung gegen ihn eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen. Es wurde ein Fragenkatalog übermittelt und der BF zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert. Der BF wurde überdies auf die Möglichkeit und Auswirkungen einer Antragseinbringung gemäß § 51 FPG hingewiesen.

11. Eine Stellungnahme des BF langte über die nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung des BF am 04.07.2016 ein. Es wurden diverse Beweismittel vorgelegt (Personaldokumente, Scheidungsunterlagen, Unterlagen zur zweiten Ehe, Unterlagen zum Gewerbe des BF).

Ausgeführt wurde, dass bereits das Berufungsgericht in seinem strafrechtlichen Verfahren gerade keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gesehen habe, da es den überwiegenden Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen habe. Deliktspezifisch sei zu berücksichtigen, dass die Verurteilung nicht wegen einer Gefährdung von Leib, körperlicher Unversehrtheit oder Vermögen von Dritten erfolgt sei und in der Sache auch kein massiver Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung vorlag, weil weder Gewalt angewandt wurde noch es überhaupt zu einer sexuellen Manipulation am Körper des Opfers gekommen sei. Der Unrechtsgehalt der Tat - so verabscheuungswürdig sie auch sei - sei daher vergleichsweise gering und hätte jedenfalls nicht die Sicherheit anderer Personen betroffen.

Hinsichtlich der Abwägung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK sei das Familienleben des BF nicht ausreichend berücksichtigt worden.

12. Am 29.09.2016 langte eine Meldung über den Vollzug der Freiheitsstrafe des BF sowie dessen Entlassung aus der Strafhaft über die Justizanstalt ein.

13. Am 03.12.2016 langte per Mail eine Ergänzung zur Stellungnahme ein und wurden weitere Unterlagen (zur Verurteilung, zu den Beschäftigungen des BF) vorgelegt.

14. Am 13.12.2016 wurde die nunmehrige Ehegattin des BF als Zeugin einvernommen.

15. Mit im Spruch genannten Bescheid hat das BFA gegen den BF gem. § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) ein für die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gem. § 70 Abs. 3 FPG wurde dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung hingewiesen und festgehalten, dass es der Ehegattin des BF zumutbar sei, den BF in der Türkei zu besuchen bzw. den Kontakt über die neuen Medien aufrecht zu erhalten.

16. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 05.01.2017 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass außer Acht gelassen wurde, dass gemäß § 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verfügt werden dürfte. Das BFA sei dem strengen Prüfungsmaßstab des § 67 FPG nicht gerecht geworden und habe das Aufenthaltsverbot lediglich auf eine strafgerichtliche Verurteilung gestützt.

Zu Unrecht sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der BF ein beharrlich fortgesetztes Verhalten gezeigt hat. Der BF sei zwar wegen zwei Verbrechen verurteilt worden, habe diese aber in einem Zuge durch dieselben Tathandlungen innerhalb desselben Lebenssachverhaltes begangen und sei es hinschlich des sexuellen Missbrauchs beim Versuch geblieben.

Der BF sei mit Ausnahme dieser Verurteilung völlig unbescholten, sei durchgängig Erwerbstätig gewesen, führe ein harmonisches Familienleben und sei in persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht bestens integriert. Aus dem einmaligen Fehlverhalten könne nicht abgeleitet werden, dass der BF in Zukunft gleichartige oder andere Delikte begehen werde. Der BF habe das Haftübel verspürt, sei geläutert und habe versucht, durch Zahlung von Schmerzensgeld das verursachte Unrecht wieder gut zu machen.

Die bedingte Strafnachsicht und das Wohlverhalten in der Strafhaft, welches zur vorzeitigen Entlassung geführt habe, wären nicht berücksichtigt worden. Das Vollzugsgericht selbst habe festgehalten, dass trotz des Gewichts der Tat mit Rücksicht auf das offenbar gesicherte Entlassungsumfeld angenommen werden könne, dass der BF durch eine bedingte Entlassung nicht weniger als durch eine weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werde. Auch die vom Vollzugsgericht dem Beschwerdeführer beigestellte Bewährungshilfe konstatiere dem Beschwerdeführer eine positive Zukunftsprognose. Die Feststellung der "pädophilen Neigungen" sei durch nichts belegt, es handle sich bei der Straftat um einen einmaligen Ausrutscher und sei der BF in der Lage, seine Triebe so zu steuern, dass er nicht wieder in die Kriminalität abrutscht. Es könne keinesfalls von einer gegenwärtigen Gefahr die vom BF ausgehe, gesprochen werden.

Im Rahmen der Interessensabwägung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass

-

der bisherige Aufenthalt des BF seit Oktober 2011 durchgehend rechtmäßig war;

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der BF abgesehen von einer Verurteilung unbescholten geblieben ist;

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seit September 2012 ein harmonisches Familienleben mit einer österreichischen Staatsbürgerin besteht, die dem BF trotz der strafgerichtlichen Verurteilung die Treue gehalten und mit ihm gemeinsam von XXXX XXXX gezogen ist um dort gemeinsam mit ihm ein tatsächliches Familienleben zu führen;

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das Privatleben des BF schützenswert sei, weil er sich in Österreich aus eigener Kraft ein Gewerbe aufgebaut und die dafür erforderlichen Befähigungsnachweise erworben hat;

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der Integrationsgrad des BF insbesondere auch durch die Ablegung der Deutschprüfung vom Niveau B1 ein hoher ist;

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die Bindungen des BF fast ausschließlich zu Österreich bestehen und sich die Kontakte zu den in der Türkei lebenden Eltern und Geschwistern auf Urlaubsreisen im üblichen Ausmaß beschränken;

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sich der gesamte Freundes- und Bekanntenkreis des BF und seiner Ehegattin in Österreich befindet, wobei zu bemerken ist, dass es den BF wegen seiner hohen sozialen Kompetenz und Sprachgewandtheit gelungen ist, sich ein engmaschiges Freundesnetzwerk aufzubauen, welches er auch nach dem Umzug nach XXXX weiter pflegt;

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das schützenswerte Privat sowie Familienleben während des rechtmäßigen Aufenthalts und weit vor Beginn des strafrechtlichen Delikts aufgebaut wurde;

Der BF sei auch sofort nach Entlassung aus der Strafhaft wieder im Betrieb seiner Ehegattin als Friseur angestellt worden. Weiters sei er in einem anderen Frisörgeschäft gewerberechtliche Geschäftsführer. Nun sei die Ehegattin des BF schwanger geworden und erwarte im August 2017 ein Kind. Die Behörde hätte damit feststellen müssen, dass im Rahmen der Interessenabwägung die persönlichen Interessen des BF an der Fortsetzung des in Österreich rechtmäßig begründeten Privat und Familienlebens dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung insbesondere durch Verhinderung weiteren strafrechtlichen Fehlverhaltens zumindest gerade noch überwiegt.

Zur Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes wurde ausgeführt, dass die Verurteilung des BF nicht wegen einer Gefährdung von Leib, körperliche Unversehrtheit oder Vermögen von Dritten erfolgte und der Sache nach auch kein massiver Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung vorlag, weder Gewalt angewandt wurde noch es überhaupt zu einer sexuellen Manipulation am Körper des Opfers gekommen sei. Der Unrechtsgehalt der Tat sei daher vergleichsweise gering und hätte nicht die Sicherheit anderer Personen betroffen. Es sei keine Gewalt im Spiel gewesen und erscheine daher die Dauer von zwei Jahren zu hoch bemessen.

17. Die Beschwerdevorlage langte am 12.01.2017 beim BVwG ein.

18. Für den 09.03.2018 lud das Bundesverwaltungsgericht den BF samt seiner nunmehrigen Ehegattin als Zeugin zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Vorweg ersuchte der BF um Verlegung der Verhandlung auf einen Montag, da an diesem Tag sein Ruhetag im Geschäft sei, während der Freitag ein umsatzstarker Tag wäre. Die Ehegattin befände sich in Karenz und sei ein Termin in der Früh aufgrund der Wegstrecke für sie ungünstig, weshalb um eine zeitliche Verlegung ab etwa 10h gebeten werde. Der BF und seine Ehegattin sprächen ausgezeichnet Deutsch, sodass ein Dolmetscher für die Verhandlung nicht erforderlich sei. Die Verhandlung fand am 09.03.2018 statt.

In der Verhandlung legte der BF einen Kontoauszug, einen Jahreslohnzettel, einen Versicherungsdatenauszug, den Staatsbürgernachweis und die Geburtsurkunde seines Sohnes, einen Zeitungsbericht einer Lokalzeitung über den Friseursalon, eine Spendenbestätigung der Caritas, den Reisepass des BF und der Ehegattin und den österreichischen Aufenthaltstitel vor.

19. Mit Eingabe vom 13.03.2018 wurde ein Schreiben der Bewährungshilfe vorgelegt.

20. Mit Schreiben vom 04.05.2018 übermittelte die Polizei einen Bericht hinsichtlich des BF. Demnach wurde im Zuge einer Lenkerkontrolle der polnische Führerschein, mit welchem sich der BF auswies, sichergestellt. Eine kriminalpolizeiliche Untersuchung des Landeskriminalamtes hat ergeben, dass es sich bei dem Führerschein um eine Totalfälschung handelt. Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft sowie eine Verwaltungsanzeige würden gemäß Schreiben noch erstattet werden.

Der Bericht wurde vom BFA nochmals übermittelt.

Am 04.06.2018 langte eine Verständigung über die Anklageerhebung gegen den BF gemäß § 224 StGB ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, in der Türkei geboren und verbrachte die Kindheit und Jugend bis zu seinem 19ten Lebensjahr in der Türkei. Er machte dort nach der Schule eine Ausbildung zum Frisör. Die Mutter des BF sowie sieben Geschwister leben nach wie vor in der Türkei. Der BF hat Kontakt mit seiner Familie, besucht sie in der Türkei (zuletzt 2017) und unterstützt seine Mutter finanziell.

Der BF ist gesund und ein arbeitsfähiger, junger Mann. Er spricht Türkisch und Deutsch auf Niveau B1 und hat die entsprechende Prüfung abgelegt. Er besuchte zahlreiche Deutschkurse.

Am XXXX ehelichte der BF die österreichische Staatsbürgerin XXXX. Bei der dritten Antragstellung wurde dem BF am XXXX2011 als Angehöriger einer Österreicherin eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Seither wurde der Aufenthaltstitel mehrfach verlängert, zuletzt bis XXXX2018 und hält sich der BF damit rechtmäßig aufgrund dieses Titels in Österreich auf.

Der Asylantrag vom 08.06.2005 wurde mit rechtskräftiger, negativer Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 04.02.2009 abgewiesen.

Der BF ist am 21.01.2011 aus Österreich ausgereist und im November 2011 wieder eingereist. Der BF selbst war zwischen 09.06.2005 und 02.07.2011 mit diversen Haupt- bzw. Nebenwohnsitzen in Österreich gemeldet. Seit 21.11.2011 ist er durchgängig in Österreich gemeldet.

Am XXXX wurde die Ehe mit XXXX geschieden. Am XXXX heiratete der BF die österreichische Staatsbürgerin XXXX, geborene XXXX. Die Ehegatten sind seit 21.05.2012 an einer gemeinsamen Meldeadresse gemeldet. Der Ehe entstammt das am XXXX geborene Kind XXXX.

Die Ehegattin wurde bereits in Österreich geboren, ihre Familie stammt aus der Türkei und lebt teilweise in Österreich. In Österreich leben die Schwestern und die Eltern, mit welchem die Ehegattin auch in Kontakt ist. Die Ehegattin spricht Deutsch und Türkisch. Sie hat keine Berufsausbildung, arbeitete als Verkäuferin und wird vom BF aktuell in ihrem Friseurgeschäft angelernt. Ihre Großeltern, Onkel und weitere Verwandte leben in der Türkei. Sie besucht ihre Verwandten ca. 2 mal jährlich in der Türkei.

Der BF bezog in Österreich keine Leistungen der Grundversorgung und scheinen im Versicherungsdatenauszug seit dem Jahr 2005 mehrere Anstellungen als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer, als Selbständiger und als Arbeiter auf. Er erwarb am 19.10.2011 den individuellen Befähigungsnachweis für das Friseur- und Perückenmachergewerbe für Herren. Der BF übernahm nach seiner Einreise im Jahr 2011 den Friseurbetrieb seiner ersten Ehegattin in XXXX und führte diesen selbstständig ab November 2011. Im Jänner 2014 legte der BF die Befähigungsprüfung für das gesamte Friseur- und Perückenmachergewerbe ab. Den Betrieb in XXXX verkaufte der BF Anfang 2015 und arbeitete im Anschluss in Friseurbetrieben als Angestellter. Im Mai 2016 meldete die zweite Ehegattin des BF das Gewerbe bzw. einen Friseurladen in XXXX an. Seit der Haftentlassung arbeitet der BF wieder als Arbeitnehmer im Geschäft seiner zweiten Ehegattin und verdiente er im Jahr 2017 EUR 26.515 Brutto. Der BF lukriert zusätzlich aus privaten Aufträgen "Trinkgelder", welche er nicht versteuert in Höhe von 500 bis 3000 Eur. Im Jahr 2011 erhielt der BF in der Türkei einen Preis in der Friseurbranche.

Seit Oktober 2017 spendet der BF 10 Eur monatlich an die Caritas. Die Ehegattin des BF hat im Jänner 2017 eine Liegenschaft in XXXX erworben und bestehen auch noch Schulden hinsichtlich des Autokaufes eines BMW X5.

Der BF hält den Kontakt mit der Bewährungshilfe ein. Eine Zusammenarbeit in der Deliktbearbeitung ist gegeben.

1.2. Gegen den BF wurde wegen § 224 StGB Anklage erhoben, da er verdächtig ist, sich am 09.04.2018 mit einem gefälschten Führerschein ausgewiesen zu haben. Das Verfahren ist offen.

Im Kriminalpolizeilichen Aktenindex scheinen hinsichtlich des BF 4 Einträge auf, einer wegen Vergewaltigung im August 2012, einer wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz im Jänner 2014, einer wegen geschlechtlicher Nötigung im Oktober 2014 (vgl. Verurteilung unten) sowie einer wegen Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden zwischen 2009 und 2016.

2014 wurde beim BF ein verbotenes Messer sichergestellt und ein Waffenverbot ausgesprochen.

Es scheint eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung bei der LPD XXXX hinsichtlich erhöhter Geschwindigkeit in einer 30iger- Zone auf.

1.3. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wegen der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB, des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15 Abs. 1, 207 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag spruchgemäß zugrunde, dass der BF am 30.10.2014 eine Minderjährige mit Gewalt, indem er sie, als sie aufstehen wollte, mit den Händen zurück auf die Couch drückte, zur Duldung bzw. Vornahme geschlechtlicher Handlungen genötigt hat. Dies indem er ihr T-Shirt und den BH hochzog, ihre linke Brust in den Mund nahm und diese massierte sowie sie über der Kleidung Vaginalbereich massierte und anschließend ihre rechte Hand auf seinen Penis legte (§ 202 Abs. 2 StGB). Zudem hat der BF demnach versucht an der Minderjährigen eine weitere geschlechtliche Handlung vorzunehmen, indem er nach der vorbeschriebenen Tat seinen Penis entblößte und von der Minderjährigen verlangte, diesen mit den Händen zu berühren, was die Minderjährige (idF M) jedoch verweigerte, weshalb es beim Versuch geblieben ist (§§ 15, 207 Abs. 1 StGB).

Als erwiesen festgestellter Sachverhalt wurde zusammengefasst festgehalten, dass der BF die M, welche gerade mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Behandlung ins Krankenhaus fahren wollte, mit Winken in sein Geschäft lockte. Die 13-jährige befand sich zum damaligen Zeitpunkt bereits seit ca. 2 Monaten wegen Sozialphobie in Behandlung. Im Geschäft des BF befanden sich zu diesem Zeitpunkt keine Kunden. M erkundigte sich nach einem neuen Haarschnitt, wobei sie dem BF ihr korrektes Alter nannte, welcher meinte, sie sehe wie 17 bis 18 Jahre aus. Im Zuge der weiteren Unterhaltung folgte M dem BF ins Hinterzimmer und nahm dort auf der Couch Platz. Während des Gespräches über Tiere und Krieg versperrte der BF die Geschäftseingangstüre. Bei seiner Rückkehr erklärte er M, dass er sie "heiß und süß" findet. Der Einladung, näher zu ihm zu rücken folgte die M, woraufhin der BF sich zu ihr beugte, sie zu sich zog und küsste. Die überraschte und sexuell noch unerfahrene M erwiderte den Kuss. Als der BF ihr aber dann oberhalb der Kleidung zwischen die Beine griff und ihren Vaginalbereich intensiv berührte, indem er diesen massierte, wollte M aufstehen. Daran wurde M aber vom BF gehindert, indem er M mit seinen Händen zurück auf die Couch drückte und weiterhin im Schrittbereich berührte. Die nunmehr vor Angst erstarrte M hat keinen Ton mehr herausgebracht und der BF hat mit seinen Übergriffen weitergemacht, indem er zunächst oberhalb der Kleidung auf die linke Brust der M griff und diese massierte. Danach hat er ruckartig das T-Shirt der M sowie deren BH hochgezogen und die linke, nackte Brust in seinen Mund genommen. M versuchte mehrfach aufzustehen, wurde aber vom BF immer wieder zurückgedrückt. Als der BF 2malig ihre Hand zu seinem noch bekleideten Penis führte und darauflegte, zog sie diese jedes Mal sofort wieder weg. Daraufhin entblößte der BF sein Glied und forderte die M auf, dieses anzugreifen. Entsetzt von den bisherigen Übergriffen und dem Begehren sprang M auf und erklärte, dass sie nunmehr dringend gehen muss. Erst als sie versprach, am nächsten Tag wieder zu kommen und ihm dann auch ihre Telefonnummer zu geben, sperrte der BF das Geschäft wieder auf und ließ M gehen. M fuhr zu ihrer (regelmäßigen psychischen) Behandlung ins AKH, wo sie sich zunächst einer Freundin und dann einer Sozialpädagogin und ihrer behandelnden Ärztin anvertraute. Im Anschluss suchte sie mit ihrer Mutter am selben Tag die Polizei auf und wurden von ihrer linken, geröteten und angeschwollenen Brust DNA-Spuren abgenommen, wobei der M diese Prozedur sehr peinlich war. Seit diesem Vorfall leidet M an Alpträumen.

Bei seinem Vorgehen hielt es der BF jedenfalls ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er damit an einer unter 14-jährigen und somit unmündigen Person geschlechtliche Handlungen vornimmt. Dabei war ihm klar, dass eine bewusste Körperkontaktherstellung von zu unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen, dem weiblichen oder männlichen Körper spezifisch eigentümlichen Körperpartien, wie das Berühren und Massieren des-wenn auch bekleideten-Vaginalbereichs sowie der bereits ausgebildeten weiblichen Brust des Mädchens samt deren in den Mund nehmen sowie das Verlangen und Bewirken seinen Penis zu berühren geschlechtliche Handlungen darstellen. Überdies zog er ernsthaft in Erwägung und nahm es billigend hin, entgegen dem Willen der M diese gewaltsam, indem er sie zurückdrückte bzw. zog, zur Duldung seiner diversen sexualbezogenen Berührungen, sowie indem er ihre Hand wiederholt zu seinem Geschlechtsteil führte und auf diesen legte, zur Vornahme von geschlechtlichen Handlungen zu nötigen.

Der BF verantwortete sich gemäß ausführlichster Beweiswürdigung im Urteil nicht geständig und hinterließ vor Gericht einen äußerst ungünstigen sowie uneinsichtigen Eindruck. Er relativierte seine Angaben selbst und verstrickte sich dabei in Widersprüche, sodass an seiner Glaubwürdigkeit massive Zweifel bestanden. So wurde beispielsweise angeführt, dass der BF vorerst behauptet hat, die M nicht zu kennen und keine Damen zu bedienen, ja diese nicht einmal zu beraten, um dann 4 Monate später anzugeben, dass M ihn in einem Park angesprochen habe und er sie über Frisuren beraten hätte. Gravierend gegen den BF sprach weiters der Umstand, dass die linke Brust gemäß Wahrnehmungen der den Vorfall aufnehmenden Polizisten gerötet war und vor allem, dass das aus dem Abstrich von der Brust erstellte DNA-Profil in allen untersuchten Merkmalen mit dem des Angeklagten übereinstimmt, sodass es praktisch als erwiesen angenommen werden kann, dass diese Spur vom BF stammt. Hierzu gab der BF an, dass seine DNA-Spur möglicherweise durch einen Händedruck zwischen ihm und der M später an die Brust gelangt sei und leide er unter "Handschweiß". Sämtliche Angaben des M wären gemäß dem BF erlogen und als Intrige der Familie zu werten. Darüber hinaus wurde von M das Hinterzimmer bzw. dessen Mobiliar richtig beschrieben und waren deren Angaben im Gegensatz zu denen des BF im Wesentlichen gleichlautend.

Bei der Strafbemessung bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren führte das Strafgericht den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist als mildernd und als erschwerend das Zusammentreffen von insgesamt drei Verbrechen an.

In diesem Zusammenhang hielt das Landesgericht fest, dass das Verhalten des BF in der Verhandlung, in welcher er nicht nur abschätzige Bemerkungen über das Opfer machte, sondern trotz der erdrückenden Beweislage dieses der Lüge bezichtigte und ihm und seiner Familie unterstellte, sich die Geschichte ausgedacht zu haben, eine empfängliche Strafe gebieten würde, um in Hinkunft das rechtsreue Verhalten sicherzustellen. Das Landesgericht erachtete eine unbedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten als täter-, tat- und schuldangemessen, wobei das rücksichtslose Vorgehen und die erkennbar gleichgültige Einstellung des BF gegenüber rechtlich geschützten Werten der Gesellschaft, insbesondere der sexuellen Integrität und Selbstbestimmungen anderer, eine bedingte oder teilbedingte Nachsicht von der verhängten Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Überlegungen nicht in Erwägung gezogen wurde.

Das OLG gab in seiner Entscheidung der Berufung dann dahingehend Folge, dass die Freiheitsstrafe auf 18 Monate herabgesetzt und hiervon ein Teil von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wird. Dies da die sonst zutreffenden Strafzumessungsgründe einer Korrektur zu Gunsten des BF bedurften, da sämtliche Missbrauchshandlungen iSd § 207 Abs. 1 StGB in Zuge eines einheitlichen Geschehens an ein- und demselben Oper passierten. Aufgrund dieser Handlungseinheit wurde der Schuldspruch betreffend die Aufforderung des BF an die M, den entblößten Penis zu berühren, als bereits vom Schuldspruch betreffen § 207 Abs. 1 StGB mitumfasst gesehen. Demnach fiel dem BF nur das Zusammentreffen von zwei und nicht drei Verbrechen zur Last und wurde vom Berufungsgericht ohne nähere Begründung in der Abwägung festgehalten, dass die Höhe der Freiheitsstrafe etwas zu hoch bemessen gewesen sei. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der BF erstmalig straffällig geworden ist, sozial integriert ist und seit der Tat seit einem Jahr unbescholten blieb, nichts gegen eine teilbedingte Nachsicht der Strafe spricht.

Der BF befand sich von XXXX in Haft. Von der gesamt verhängten unbedingten Freiheitsstrafe von gesamt 6 Monaten wurde ihm gemäß § 46 Abs. 1 StGB der Rest der Strafe von 2 Monaten bedingt nachgesehen. Dies aufgrund der ordnungsgemäßen Führung trotz des Gewichts der Tat unter Berücksichtigung des gesicherten Entlassungsumfeldes. Es wurde eine Bewährungshilfe angeordnet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt des BFA (insbesondere Versicherungsdatenauszug, Urteile, vorgelegte Personaldokumente und Nachweise zur Beschäftigung) und des Asylgerichtshofes, das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, durch die Einholung einer aktuellen Strafregisterauskunft und durch eine aktuelle ZMR-Anfrage den BF, seiner Ehegattin und des Kindes betreffend sowie durch Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens des BF vorgelegten Bescheinigungsmittel.

2.3. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des BF in Österreich sowie im Herkunftsstaat stützen sich auf die Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, die Ausführungen des BF und der Ehegattin im Rahmen der mündlichen Verhandlung, das Vorbringen in der Stellungnahme und der Beschwerde und nachfolgende Beweiswürdigung.

2.4. Zum Vorbringen des BF zu seinen persönlichen Umständen sowie den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes

2.4.1. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat der BF befragt zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung vorerst angegeben, dass er nicht zu 100% schuldig sei. Er verwies darauf, dass die Richterin Menschenkenntnis hätte und wenn sie die Minderjährige (M) sehe, dem BF vielleicht Recht geben wird. Er nehme die Schuld aber auf sich, schäme und entschuldige sich für die Tat. Während sich der BF in der Verhandlung "stellvertretend" bei der Richterin entschuldigte, gab er an, dies dem Mädchen gegenüber nicht getan zu haben, allerdings habe er Geld überwiesen. Für eine Entschuldigung habe sich noch keine Gelegenheit geboten. Befragt vom Vertreter, ob er die Gelegenheit gesucht hätte, gab der BF an, dass er sich bei der Mutter und der Rechtsanwältin entschuldigt habe, eine Gelegenheit habe sich noch nicht ergeben. Mit der Bewährungshilfe spreche der BF schwerpunktmäßig darüber, dass er Verhalten vermeidet, um nicht nochmals inhaftiert zu werden. Befragt dazu, ob auch über die sexuellen Triebe und die Kontrolle darüber gesprochen werde, gab der BF an, dass er kein "so ein Triebtäter" sei, er sei ein verheirateter Mann mit gutem Familienleben.

Über Nachfragen seines Vertreters gab der BF dann an, dass er mit "nicht zu 100 % schuldig" gemeint habe, dass M nicht so jung aussehe. Sie hätte jedenfalls älter als 18 ausgesehen. Ein großer Teil der Einvernahme der M sei "fantasiert" gewesen. Er verstehe aber, dass er sich von ihr fernhalten hätte sollen. Über weitere Nachfragen gab der BF konkretisierend an, dass er glaube, deshalb nicht zu 100 % schuld zu sein, weil die Aussagen der M zum Teil erfunden waren, und nicht, weil er das Alter falsch eingeschätzt hat. Zur Frage seines Vertreters, ob er gestehe, dass er M geschlechtlich genötigt hat, gab der BF an, dass er "das" nicht als eine Nötigung bezeichnen würde. Nochmals nachgefragt, ob geschlechtliche Handlungen vorgefallen sind, gab der BF an "Ja das schon. Nötigung kommt mir so vor, als ob ich sie dabei attackieren würde." Die mehrfachen Versuche seines Vertreters, vom BF eine Erklärung dafür zu bekommen, was damals passiert ist, beantwortete der BF letztlich dahingehend, dass er nicht auf der Suche gewesen sei, es sich um eine Affekthandlung gehandelt habe und sich M ihm zuerst genähert habe. Letzter Umstand steht in diametralen Widerspruch zu den oben wiedergegebenen Feststellungen aus dem strafgerichtlichen Urteil, wonach der BF die M zu sich herangewunken hat, die letztlich nur bei einer Haltestelle auf ihr Verkehrsmittel gewartet hat, um zu ihrer Therapie zu kommen.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung hat auch das nunmehr entscheidende Gericht - wie bereits das den BF zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilende Landesgericht für Strafsachen - den Eindruck in der Verhandlung gewonnen, dass der BF nach wie vor den Unrechtsgehalt der Tat nicht voll eingesehen hat bzw. einen äußerst ungünstigen und uneinsichtigen Eindruck hinterlassen hat. Zwar hat der BF - entgegen seiner bis zum Schluss leugnenden Verantwortung trotz erdrückender Beweislast im Strafverfahren - nunmehr vor dem BVWG zumindest eingestanden, "nicht 100% schuldig" zu sein. Von einem reumütigen Verhalten kann jedoch nicht gesprochen werden und hatte der BF auch keinerlei einleuchtende Begründung dafür, warum er bislang nicht versucht hat, sich beim Opfer zu entschuldigen. Zahlungen an einen Opferhilfeverein vermögen dem nicht zu entsprechen.

Auch die Angabe, im Rahmen der Bewährungshilfe schwerpunktmäßig zu verhindern, nicht wieder in Haft zu geraten und nicht über seine sexuellen Triebe und deren Kontrolle zu sprechen, deutet vielmehr auf eine Verdrängung als auf eine Aufarbeitung seines Verhaltens hin. Vor allem gab die Ehegattin des BF in der Verhandlung an, ihrem Mann zu glauben. Sie hätten den Vorfall mit M besprochen, und habe ihr der BF gesagt, dass er "nicht gemacht" hätte, was M behauptete. Die Frage, ob sie glaube, dass ein österreichisches Gericht jemanden zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt, wenn es nicht ausreichend Beweise dafür gibt, bejahte die Ehegattin.

Nicht nur, dass vor diesem Hintergrund von einem reumütigen, geläuterten Verhalten nicht gesprochen werden kann, dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des in der strafgerichtlichen Verurteilung des LG dargestellten Verhaltens des BF, welcher gemäß Ausführungen zu den Strafzumessungsgründen sogar in der Hauptverhandlung abschätzige Bemerkungen über das Opfer machte. Das BVwG zieht auch das bis zum Schluss leugnende Verhalten des BF vor dem Strafgericht in die Beweiswürdigung mit ein und sieht darin einen Umstand, welcher im Rahmen der Bemessung des Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen ist.

Auch konnte der BF in der Verhandlung nicht genau erläutern, warum ihm ein solcher Fehler nicht nochmals passieren sollte. Er gab letztlich lediglich an, dass er nicht so ein Mensch sei und verwies auf seine Ehegattin, mit welcher er ein gutes Familienleben führe. Gerade dieses Familienleben und seine Ehegattin konnten ihn aber auch offensichtlich nicht davon abhalten ein - wie in der Beschwerde selbst angegeben - verabscheuungswürdiges Verhalten zu setzen. Wie bereits mit den Auszügen aus dem Strafurteil dargestellt hat der BF als 30ig jähriger Mann eine damals 14-jährige zu geschlechtlichen Handlungen genötigt und darüber hinaus deren psychischen Zustand ausgenutzt und verschlechtert. Die BF befand sich damals schon in Behandlung wegen einer Sozialphobie, hatte gemäß Aussage des BF "Atheistenschminke" aufgelegt bzw. war nach Angabe des Vertreters wie eine Satanistin geschminkt und litt nach dem Vorfall unter Albträumen. Gerade das Risiko derartiger psychischer Beeinträchtigungen von Opfern in diesem Zusammenhang wiegen gemäß der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Judikatur besonders schwer. Auch kommt mit dem Ausdruck Atheistenschminke zum Ausdruck, dass der BF nach wie vor keinen Respekt vor dem Opfer hat bzw. wäre gerade dies ein Hinweis darauf, dass M im Tatzeitpunkt keine gefestigte Persönlichkeit hatte.

Zu den Kriminalpolizeilichen Einträgen im Aktenindex gab der BF vorerst über Vorhalt der Richterin an, bei "so etwas nie erwischt worden" zu sein. An späterer Stelle in der Verhandlung bat der Vertreter des BF darum diesen nochmals zu verlesen, was auch durchgeführt wurde. Plötzlich wollte sich der BF doch zum Waffengebot äußern und gab er an, im Rahmen einer Verkehrskontrolle sei ein Messer bei ihm sichergestellt worden. Er hätte nicht gewusst, dass es sich dabei um ein verbotenes Messer gehandelt hat. Seither habe man ihm ein Waffenverbot erteilt. Vor diesem Hintergrund kann auch davon ausgegangen werden, dass dem BF letztlich bekannt ist, um welche Verfahren es sich bei den anderen Eintragungen handelte und stellen diese - wenn auch nur in indizienform - einen weiteren Mosaikstein zur Beurteilung der Gefährlichkeit des BF dar. Auch im nunmehrigen Verfahren wegen des vorgelegten, gefälschten Führerscheins äußert sich die kriminelle Energie des BF.

Am Rande sei mangels Relevanz im gegenständlichen Verfahren, jedoch im Hinblick auf das Aussageverhalten des BF abschließend erwähnt, dass der BF zwar behauptete, bei seiner letzten Türkeireise am Flughafen Probleme wegen des Militärdienstes gehabt zu haben. Die Ehegattin des BF hat die Frage des Vertreters, ob ihr Mann Schwierigkeiten bei der Ausreise aus der Türkei wegen des Militärdienstes gehabt hätte, jedoch dezidiert verneint. Nach Rückübersetzung stellte der Vertreter des BF dann noch zwei Fragen, im Rahmen deren Beantwortung der BF angegeben hat, dass er bei der Reise mit dem Vorfall am Flughafen alleine gewesen wäre. Zusätzlich wurde dem BF in der Verhandlung aufgetragen und bestätigte er dies, Unterlagen zur angeblich nunmehr nicht mehr möglichen Aufschiebung des Wehrdienstes vorzulegen. Der Rechtsanwalt versuchte in der Verhandlung dem BF darauf aufmerksam zu machen, dass er einen Einberufungsbefehl vorlegen solle, wobei der BF letztlich unplausibel angab, er sei sich nicht sicher, ob er diesen letztlich über seine kranke Mutter beischaffen könne. Der BF hat mehrere Geschwister, denen es an sich möglich sein sollte, derartige Unterlagen bei tatsächlicher Existenz zu besorgen. Diesbezüglich wurden vom BF keinerlei Unterlagen vorgelegt.

Während der BF auch selbst in der Verhandlung bestritt, dass seine Ehegattin in der Türkei noch Verwandte hat, gab die Ehegattin selbst an, dass ihre Großeltern, Onkeln und weitere Verwandten in der Türkei leben und sie diese ca. 2 mal jährlich besucht.

Auch dieses Verhalten entspricht dem bereits im Urteil des Landesgerichts für Strafsachen festgehaltenen relativierenden Aussageverhalten des BF und bestätigt den Eindruck des Gerichts, dass der BF sein Vorbringen entsprechend anpasste, so wie es ihm günstig erschien. Es drängte sich auch der Eindruck auf, dass der BF selbst keinerlei Verantwortung für das Sittlichkeitsdelikt übernehmen wollte, jedoch im Hinblick - etwa auch über entsprechende Erklärungen durch die Vertretung - auf entsprechende Folgen eines Leugnens geständig und kooperativ erscheinen wollte. Vor dem Hintergrund der oben widergegebenen Auszüge aus dem Gerichturteil bestanden jedoch keinerlei Zweifel, dass der BF die ihm vorgeworfenen Taten genau wie im Sachverhalt beschrieben begangen hat.

Weiters ist festzuhalten, dass der BF offensichtlich ohne entsprechende Steuern zu bezahlen, aus privaten Aufträgen "Trinkgelder", welche er nicht versteuert, in Höhe von 500 bis 3000 Eur monatlich lukriert.

Zu den Angaben der rechtsfreundlichen Vertretung, dass Trinkgelder nicht zu versteuern wären, ist festzuhalten, dass das Gericht dennoch davon ausgeht, dass es sich dabei um steuerlichen Missbrauch durch den BF handelt.

Das Trinkgeld muss in Österreich ortsüblich sein und einem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von einem Dritten, freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch darauf besteht sowie zusätzlich zu dem Betrag, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist, zugewendet werden.

Liegen sämtliche Voraussetzungen vor, so sind Trinkgeldzahlungen von der Lohnsteuer sowie vom Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer befreit.

Es kann an sich schon hinsichtlich der Höhe der "Trinkgelder" diskutiert werden, ob diese ortsüblich sind. Jedenfalls hat der BF jedoch gemeint, dass für seine Friseurtätigkeit für Prominente an sich kein fixbetrag zu bezahlen ist, sondern er ausschließlich "Trinkgeld" für seine Leistung bekäme. Trinkgeld liegt jedoch nur vor, wenn es zusätzlich zu dem Betrag gegeben wird, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist.

Schließlich bleibt zu erwähnen, dass eine Aufenthaltsehe des BF mit seiner ersten Ehegattin zwar nunmehr aufgrund der zwischenzeitlich vergangenen Zeitspanne nicht mehr zu prüfen ist. Dennoch wird im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF, welches letztlich seit der Einreise 2005 darauf gerichtet ist, in Österreich mit allen Mitteln einen legalen Aufenthaltstitel zu erlangen und erhalten, festzuhalten, dass die erste Ehe des BF bereits wenige Monate nach seiner Einreise geschlossen und dann 7 Monate nach Erhalt des Aufenthaltstitels als Familienangehöriger geschieden wurde. Der BF hat dann in weiterer Folge 2012 drei Monate nach der Scheidung die zweite, aktuelle Ehegattin geheiratet und waren letztlich weder der BF noch die Ehegattin in der Verhandlung in der Lage, konsistent anzugeben, seit wann sie sich kennen bzw. eine Beziehung führen.

2.4.2. Hinsichtlich der Frage des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers ist weiter festzuhalten, dass sich im Rahmen der Beschwerdeverhandlung gezeigt hat, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehegattin in der Türkei noch über Anknüpfungspunkte verfügen. Großeltern, Onkel und weitere Verwandte besucht die Ehegattin des BF regelmäßig ca. 2 mal jährlich, teilweise gemeinsam mit dem BF. Die Mutter und sieben Geschwister des BF leben nach wie vor in der Türkei und steht der BF mit diesen auch in Kontakt, da er insbesondere seine Mutter auch mit ca. 100 - 200 Eur monatlich aufgrund deren Erkrankung finanziell unterstützt. Die anderen Familienmitglieder werden von ihm nicht unterstützt. Darüber hinaus nahm der BF in der Türkei an Friseurmeisterschaften erfolgreich teil und kann damit davon ausgegangen werden, dass er bei einer Rückkehr jederzeit wieder in dieses Geschäft einsteigen und damit für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.

Befragt dazu, welche Auswirkungen die Außerlandesbringung des BF für die M habe, gab diese an, dass es zu finanziellen Schwierigkeiten kommen würde, da sie in Karenz ist und sie viele Schulden haben. Dies aufgrund eines Grundstückkaufes sowie der Anschaffung eines BMW X5. Da ihr Mann im Geschäft arbeite, müsste sie dieses schließen. Vom rechtsfreundlichen Vertreter danach gefragt, wovon sie dann leben würde, gab die BF an, dass sie das Geschäft schließen und selbst arbeiten müsste.

Die Ehegattin wird bei einem entsprechenden Unvermögen des BF, Zahlungen an die Gattin und den Sohn nachzukommen, in Österreich staatlich entsprechend sozial abgesichert. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der BF nicht wieder bei seinen Eltern bzw. nunmehr seiner Mutter - wie vor seiner Ausreise - leben kann, dies auch mit der Ehegattin und dem Sohn gemeinsam. Die Ehegattin hat wie dargestellt selbst Verwandte in der Türkei, türkische Wurzeln und spricht die türkische Sprache

Der BF hat auch bisher regelmäßig mehrmals in der Türkei Urlaube verbracht und bis zu seinem 19ten Lebensjahr in der Türkei gelebt, wurde dort Sozialisiert und kann davon ausgegangen werden, dass neben den bereits erwähnten Familienmitgliedern noch weitere Verwandte von ihm in der Türkei leben. Aus diesem Grund geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, er würde über keine sozialen Kontakte mehr in der Türkei verfügen, ins Leere.

2.4.3. Hinsichtlich des Aufenthaltsverbotes bleibt an dieser Stelle auszuführen, dass der BF während aufrechter Ehe das Sittlichkeitsdelikt begangen hat und ihm damit auch das schon zu diesem Zeitpunkt mit seiner Ehegattin vorliegende Familienleben nicht von der Straftat abhalten konnte. Die Ehegattin war auch während der Inhaftierung des BF auf sich alleine gestellt und kann aufgrund ihres familiären Anschlusses in Österreich davon ausgegangen werden, dass sie entsprechende Hilfe von ihrer Familie erhält, insbesondere von ihrer geschiedenen Mutter, welche von Beginn der Beziehung hinter den Ehegatten stand.

Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse, ihres kulturellen Hintergrundes und der in der Türkei noch vorhandenen Verwandtschaft sowohl von der Ehegattin selbst als auch vom BF kann nicht erkannt werden, dass es der Ehegattin nicht zumutbar wäre, mit dem Kind und Ehegattin in die Türkei zu übersiedeln und dort den BF wieder in einem neuen Friseurgeschäft zu unterstützen oder einer sonstigen Tätigkeit nachzugehen. Der Sohn des BF wurde offensichtlich erst nach Verurteilung und Erlassung des Aufenthalstverbotes geboren und damit zu einem Zeitpunkt, in dem sich der BF wie auch seine Ehegattin bewusst sein mussten, dass der Aufenthalt des BF jederzeit beendet werden kann.

Der Vollständigkeit halber ist auch noch festzuhalten, dass weder im Verfahren vor dem BFA noch in der Beschwerdeverhandlung hervorgekommen ist, dass der BF mit seiner Ehegattin und dem in Österreich geborenen Sohn nicht das Familienleben nach Ablauf des Aufenthaltsverbotes wieder in Österreich aufnehmen könnten. Zwischenzeitlich sind auch keine Umstände hervorgekommen, die nahe legen würden, dass Ehegattin und die Tochter den BF nicht regelmäßig in der Türkei besuchen können und den Kontakt über Internet und das Telefon in der Zwischenzeit aufrechterhalten.

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den Eingriff in sein Privat- und Familienleben hinzunehmen hat, zumal dies durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt ist (vgl. rechtliche Beurteilung unten).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

3.2. Am 12. September 1963 schlossen die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Rat der Europäischen Gemeinschaften mit der Türkei ein Abkommen zur Gründung einer Assoziation (Assoziierungsabkommen). Am 23. November 1970 verabschiedeten die Vertragsparteien das "Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation" (im Folgenden: ZP), das am 1. Januar 1973 in Kraft trat. In weiterer Folge wurde am 19.09.1980 durch den Assoziationsrat (dem durch das ZP Normsetzungskompetenz übertragen wurde) der Beschluss Nr. 1/80 über die Entwicklung der Assoziation (kurz: ARB 1/80) gefasst, welcher den vorangegangenen Beschluss Nr. 2/76 weitgehend ablöste.

Da der BF über einen Aufenthaltstitel für Österreich (Aufenthaltskarte für Familienangehörige, gültig bis 14.07.2016) verfügt, prüfte die belangte Behörde daher zu Recht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG. Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot stellen die fremdenpolizeiliche Standardmaßnahme gegen nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige dar (VwGH 15. Dezember 2011, 2011/21/0237). Gegen Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel kommt dagegen, ebenso wie gegen unionsrechtlich begünstigte und ihnen gleichgestellte Personen, nach wie vor nur die Erlassung von Ausweisung oder Aufenthaltsverbot in Betracht (VwGH 28.02.2013, Zl. 2012/21/0127).

Am Rande sei erwähnt, dass die Eigenschaft des BF als begünstigter Drittstaatsangehöriger unstrittig feststeht. Es kann dahingestellt bleiben, ob der BF tatsächlich aufgrund seiner Beschäftigungen in Österreich gemäß § 6 ARB 1/80 diese Eigenschaft erworben hat, da er jedenfalls als türkischer Angehöriger einer Österreicherin unter die Stillhalteklausel dieses Beschlusses des Assoziationsrates EWG / Türkei bzw. des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen fällt. Demnach sind auf den BF die günstigsten Rechtsvorschriften seit in Kraft treten des Abkommens anzuwenden.

Gemäß Art 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen.

Gemäß Art 14 Abs 1 ARB 1/80 gilt dieser Abschnitt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind.

Gemäß Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls verpflichten sich die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen.

Wenn die aktuelle Rechtslage nach dem NAG der Rechtslage nach dem FrG 1997 gegenübergestellt wird, so wird schnell klar, dass die des FrG 1997 als die günstigere zu beurteilen ist. Beispielsweise:

1. Das FrG 1997 hat in § 49 Abs. 1 FrG 1997 für (türkische) Angehörige von Österreichern die Möglichkeit vorgesehen, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen.

2. Weiters genossen nach dem FrG 1997 alle Angehörigen von Österreichern gem. § 47 Abs. 3 FrG 1997 Niederlassungsfreiheit, weshalb diese Personengruppe nicht nur zur Inlandsantragstellung berechtigt ist, sondern auch dazu, die Entscheidung im Inland abzuwarten und zwar ungeachtet einer rechtswidrigen Einreise und/ oder eines rechtswidrigen Aufenthaltes.

3. Weiters ist anzumerken, dass in den Vorgängerbestimmungen (Aufenthaltsgesetz und Fremdengesetz 1992, bzw. FrG 1997) kein Ehegattenmindestalter vorgesehen war.

4. Da zum maßgeblichen Zeitpunkt (Inkrafttreten des ARB in Österreich am 01. Jänner 199

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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