Entscheidungsdatum
12.07.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W205 2130647-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2016, Zahl:
1097224506-151899918, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und stellte am 30.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen zufolge suchte er zuvor am 30.12.2008 in Italien und am 14.09.2009 in den Niederlanden um Asyl an.
Bei seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er im Jahr 2008 Somalia verlassen habe. Er sei über Äthiopien, den Sudan und Libyen nach Italien gereist, wo er sich etwa fünf Monate aufgehalten habe. Danach habe er eineinhalb Jahre in Holland verbracht und sei in den nächsten vier Jahren abwechselnd in Holland und Italien gewesen. Anschließend sei er für ca. drei Monate nach Somalia zurückgekehrt, ehe er danach weitere dreieinhalb Jahre in Italien verbracht habe. Er verfüge für Italien über einen Aufenthaltstitel, der von Mai 2009 bis Mai 2015 gültig sei. Das Leben dort sei schwierig gewesen, er habe keine Arbeit gehabt und nur ab und zu auf einem Bauernhof gearbeitet. Er wolle in Österreich bleiben, da seine Familie nun hier lebe. Seine Mutter sei schwer krank und seine Frau sei hochschwanger. Sie brauche seine Hilfe und Unterstützung.
Am 26.01.2016 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Informationsersuchen an die italienischen und niederländischen Behörden sowie ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO an die italienischen Behörden.
Mit Schreiben vom 16.02.2016 führten die italienischen Behörden aus, dass dem Wiederaufnahmeersuchen nicht entsprochen werden könne, da dem Beschwerdeführer in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden sei und er über eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter verfüge, die am 04.09.2015 abgelaufen sei. Eine Überstellung nach der Dublin III-VO könne daher nicht erfolgen und es sollte eine gesonderte Anfrage nach Rückübernahme-Vereinbarungen gestellt werden.
Mit hierauf erstatteter Remonstration vom 26.02.2016 führte das BFA aus, dass Italien nach Ablauf der Aufenthaltsberechtigung erneut der zuständige Staat für die Prüfung des Asylantrages sei.
Mit Schreiben vom 02.03.2016 führten die italienischen Behörden erneut aus, dass keine Zuständigkeit nach der Dublin III-VO bestehe und eine gesonderte Anfrage nach Rückübernahme-Vereinbarungen gestellt werden solle.
Mit Schreiben vom 14.04.2016 gaben die niederländischen Behörden bekannt, dass der Beschwerdeführer in den Niederlanden am 14.09.2009 um Asyl angesucht habe. Nachdem Italien der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers zugestimmt habe, sei der Beschwerdeführer nach Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz am 23.08.2010 nach Italien überstellt worden und seitdem in den Niederlanden nicht mehr behördlich in Erscheinung getreten.
Am 22.04.2016 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung.
Der Beschwerdeführer gab an, dass sich in Österreich seine Ehefrau, seine Mutter und seine drei Kinder aufhalten würden. Sie seien seit ca. einem Jahr in Österreich und seine Ehefrau und seine Kinder hätten die gleiche Karte wie er. Seit vier bis fünf Tagen würde er bei ihnen leben und sei dort auch gemeldet. Er sei seit 2005 verheiratet und sie hätten von 2005 bis 2008 in Somalia in einem gemeinsamen Haushalt gelebt.
Zu seinem Reiseverlauf gab er an, dass er von 2009 bis 2012 in Italien gewesen sei, dann nach Holland gegangen sei und sich dann wieder in Italien aufgehalten habe. Im Jahr 2012 sei er wieder nach Somalia gegangen, aber da die familiären Probleme nicht aufgehört hätten, sei er wieder nach Italien gegangen. Dort habe er vor einem Jahr von einem guten Freund erfahren, dass seine Familie in Österreich sei. Er sei daraufhin im Mai in Österreich gewesen, aber da er nicht gewusst habe, wo er schlafen könne, sei er nach zwei Tagen wieder nach Italien gefahren.
Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückzuweisen, gab er an, dass er bei seinen Kindern und bei seiner Ehefrau bleiben wolle. Er wolle auch seiner Mutter helfen, die eine Herzkrankheit habe. Seine Ehefrau habe ihm erzählt, dass seine Mutter nur noch drei Wochen zu leben habe. Er kenne die Krankheit nicht genau, er könne nur erzählen, wie er sie pflege. Seine Frau sei auch krank.
Vom Rechtsberater zu seinem Leben in Italien befragt gab er an, dass er sich gefreut habe, weil er sicher gewesen sei. Wenn er Arbeit gehabt habe, habe er Geld bekommen, wenn er keine Arbeit gehabt habe, habe er auf der Straße schlafen müssen. Auf die Frage, ob er in Italien die Möglichkeit gehabt habe, seine Familie nachzuholen, gab er an, dass das unmöglich sei und sie das fast nie erlauben würden. Er habe es auch nicht versucht.
In der Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen Arztbrief über den stationären Krankenhausaufenthalt seiner Mutter von 01.12.2015 bis 19.12.2015 mit der Diagnose "Seropos., CCP-Antikörper pos. RA, ED im August 2015 mit pulmonaler Beteiligung; Exacerbation unter fraglicher laufender Arava-Therapie, Beginn einer Arava-Therapie im Okt. 2015" vor.
2. Mit Bescheid vom 04.07.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführende Partei die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 2 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht wurde in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Italien Schutz erhalten habe und kein Grund bestehe, anzunehmen, dass er dort Gefahr liefe, einer Verletzung seiner durch die EMRK gewährleisteten Recht ausgesetzt zu sein. In Österreich würden sich seine Frau, seine kranke Mutter und seine drei Kinder aufhalten. Dazu werde ausgeführt, dass er und der Rest seiner Familie über viele Jahre hinweg getrennt gelebt hätten und seine Familie erst vor kurzer Zeit nach Europa nachgereist sei. Weiters habe seine Frau in ihrer Erstbefragung angegeben, dass sie keine Ahnung hätte, wo er sich aufhalte und dass sie beide getrennt leben würden. In Bezug auf den Arztbrief seiner Mutter werde diesem Schriftstück keine Bedeutung zugemessen, als sich dieser ausschließlich auf die Person seiner Mutter beziehe. Der Beschwerdeführer würde an keinen schweren psychischen Störungen oder schweren oder ansteckenden Krankheiten leiden, weiters sei keine ausgeprägte Integrationsverfestigung in Österreich eingetreten. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG seien nicht gegeben.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 06.07.2016 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, mit welcher der Bescheid in vollem Umfang angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde keine Einzelfallprüfung durchgeführt und keine individuelle Zusicherung für seine Unterbringung und Versorgung eingeholt habe. Dem Beschwerdeführer würden in Italien Obdachlosigkeit, menschenunwürdige Bedingungen und unzureichende Versorgung drohen, sodass das Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet sei und seine Überstellung nach Italien Art. 3 EMRK verletzen würde. Außerdem bestehe im Fall einer Rücküberstellung nach Italien die reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer keine Verlängerung seines abgelaufenen subsidiären Schutzes bekommen werde und in sein Heimatland, wo sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit sehr gefährdet seien, abgeschoben werde. Weiters bestehe in Österreich ein relevanter Familienbezug, da seine kranke Mutter, seine Frau und seine drei Kinder hier seien und sie gemeinsam in einem Quartier leben würden. Der Beschwerdeführer habe nach einer Einschulung die Pflege seiner kranken Mutter übernommen, wobei die daraus resultierende Notwendigkeit einer ständigen Hilfe und Pflege von ihr durch seine Person nicht berücksichtigt worden sei. Es sei daher zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben.
Der Beschwerde beigelegt war ein Schreiben eines Arztes für Allgemeinmedizin, wonach die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund einer schweren rheumatischen Erkrankung mit Pancytopenie und rezidivierenden Ulcera am ganzen Körper ständig auf Hilfe und Pflege anderer angewiesen sei. Aufgrund seiner Einschulung sei der Beschwerdeführer der alleinige Pfleger seiner Mutter im gemeinsam Haushalt und aus diesem Grund sei es von großer Wichtigkeit, dass er auch weiterhin im gemeinsamem Haushalt respektive am gleichen Ort verbleibe.
3. Mit hg. Beschluss vom 28.07.2016 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
4. Mit hg. Schreiben vom 22.05.2018 wurden dem Beschwerdeführer aktualisierte Feststellungen zur Lage in Italien übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Unter einem wurden der Beschwerdeführer aufgefordert, Zweckdienliches zur Frage der Beurteilung der Zuständigkeit Österreichs zur Behandlung seines Antrages auf internationalen Schutz vorzubringen, beispielsweise, ob sich an seiner persönlichen (privaten) Situation in Österreich bzw. allenfalls an seinem Gesundheitszustand seit Beschwerdeeinbringung gravierende Veränderungen ergeben hätten.
Mit Stellungnahme vom 01.06.2018 wurde unter Anführung zahlreicher Berichte zur Lage in Italien im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer Obdachlosigkeit drohe und eine Rücküberstellung jedenfalls eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstelle. Zu seiner privaten und familiären Situation werde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits gut integriert sei und als Fußballtrainer im örtlichen Fußballverein tätig sei. Er arbeite ehrenamtlich im Altenheim, habe die A1- und A2-Prüfung bestanden und lerne derzeit für die B1-Prüfung. Die medizinische Situation der Mutter habe sich inzwischen stabilisiert, doch müsse der Beschwerdeführer ständig kontrollieren, dass sich seine Mutter genügend bewege und gemeinsam mit ihr spazieren gehen. Er habe vier Kinder und seine Frau sei gerade im sechsten Monat schwanger, sie seien daher auf seine Hilfe angewiesen. Vorgelegt wurde ein Mutter-Kind-Pass mit voraussichtlichem Geburtstermin am XXXX , eine Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin über den (bei bekannter seropos. Rheumat. Arthritis mit Lungenbeteiligung sehr zufriedenstellenden) Gesundheitszustand der Mutter des Beschwerdeführers, die Geburtsurkunde seiner am XXXX in Österreich geborenen Tochter sowie Prüfungszertifikate über die A1- und A2-Deutschprüfung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und stellte am 30.12.2008 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz, woraufhin ihm subsidiärer Schutz zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat.
In weiterer Folge begab sich der Beschwerdeführer in die Niederlande und stellte dort am 14.09.2009 einen Asylantrag. Aufgrund der Zuständigkeit Italiens wurde sein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen und der Beschwerdeführer am 23.08.2010 nach Italien überstellt. Der Beschwerdeführer brachte in weiterer Folge am 30.11.2015 in Österreich den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Konkrete, in der jeweiligen Person der beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen, liegen nicht vor.
Im Bundesgebiet halten sich die Mutter, die schwangere Ehefrau und die vier Kinder des Beschwerdeführers als Asylwerber auf. Der Beschwerdeführer und seine Familie reisten getrennt nach Österreich ein und erst seit 20.04.2016 in einem gemeinsamen Quartier der Grundversorgung. Die Mutter des Beschwerdeführers leidet an seropos. Rheumat. Arthritis mit Lungenbeteiligung, ihr Gesundheitszustand stellt sich jedoch als sehr zufriedenstellend dar. Eine dauernde Pflegebedürftigkeit der Mutter oder sonstige ausgeprägten Abhängigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Angehörigen können nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat die A1- und die A2- Deutschprüfung bestanden, ist als Fußballtrainer im örtlichen Fußballverein tätig und arbeitet ehrenamtlich im örtlichen Altenheim.
Hinweise auf das Vorliegen von Umständen, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen in Betracht kommen könnten, bestehen nicht.
1.2. Das Bundesverwaltungsgericht trifft zur Lage im Mitgliedstaat folgende Feststellungen:
Anerkannte Flüchtlinge / subsidiär Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten Aufenthaltsberechtigungen für jeweils 5 Jahre. Bei humanitärem Aufenthalt gelten diese 2 Jahre. Um diese zu erhalten brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann, vor allem bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung, welche postalisch beantragt werden muss. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für 6 weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für 12 oder mehr Monate. Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge, die im SPRAR-System untergebracht sind, werden in der Regel in ihrem Integrationsprozess durch individualisierte Projekte mit Berufsausbildung und Praktika unterstützt. Das Angebot ist aber von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Die Kapazität des SPRAR-Systems ist aber begrenzt. Bei Unterbringung in anderen Strukturen, ist die Praxis nicht einheitlich. In vielen temporären Aufnahmezentren (CAS), ist ein Verbleib Schutzberechtigter entweder nicht vorgesehen, oder auf wenige Tage beschränkt. Unbegleitete Minderjährige, welche die Volljährigkeit erreichen, dürfen für 6 weitere Monate in der Unterbringung bleiben. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen wie italienische Staatsbürger. Die Aufenthaltsberechtigung in Italien berechtigt die Inhaber eines Schutzstatus auch zu Zugang zum Arbeitsmarkt im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger. Mittel für die Berufsausbildung oder andere Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte können durch nationale öffentliche Mittel (8xmille) oder den EU-Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) bereitgestellt werden. Die im Rahmen des AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Tätigkeit und die Anzahl der Begünstigten sehr begrenzt. Auch Gemeinden können berufliche Schulungen, Praktika und spezifische Beschäftigungsstipendien finanzieren ("borse lavoro"), die für Italiener sowie Ausländer (auch Asylbewerber und Schutzberechtigte) zugänglich sind. Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltserlaubnis und erlischt auch nicht während einer etwaigen Verlängerungsphase. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen. In manchen Regionen gilt die Befreiung weiter, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 2.2017).
Die formellen Bemühungen, Flüchtlinge in die italienische Gesellschaft zu integrieren, sind begrenzt. Darüber hinaus schränkt die hohe Arbeitslosigkeit die Möglichkeit einer legalen Beschäftigung für viele Flüchtlinge ein. Nicht-Italiener werden auf dem Arbeitsmarkt weiterhin diskriminiert und die entsprechenden rechtlichen Schutzbestimmungen werden nicht effizient genug umgesetzt. (USDOS 3.3.2017).
Die sozioökonomische Integration von Schutzberechtigten ist de facto an die Regionen delegiert. Die Regionen haben dabei weitreichende Kompetenzen zur Regelung sozialer Belange. Insgesamt ist das Niveau der Integration von Flüchtlingen zwischen einzelnen Regionen und Gemeinden sehr unterschiedlich und unklare Kompetenzverteilungen verkomplizieren die Abläufe. Aufgrund der Wirtschaftskrise gab es budgetäre Kürzungen mit unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die Unterstützung Schutzberechtigter. Die Integrationsaussichten Schutzberechtigter in Italien sind damit begrenzt. Die Ausübung bestimmter Rechte bedingt angeblich das Vorhandensein von Dokumenten, welche viele Schutzberechtigte nicht haben und aus ihren Herkunftsstaaten auch nicht erhalten können (UNHCR 3.2015).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 11.5.2017
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2015): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees For the Office of the High Commissioner for Human Rights' Compilation Report - Universal Periodic Review: Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1430987595_5541e115d.pdf, Zugriff 11.5.2017
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,
https://www.ecoi.net/local_link/337159/466919_en.html, Zugriff 11.5.2017
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die festgestellten Tatsachen zu Herkunft und Identität, Verfahrensgang und Reiseweg und zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, den im Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melde- und Fremdenregister sowie dem Betreuungsinformationssystem.
Die Feststellungen zur Asylantragstellung sowie zur Gewährung von subsidiärem Schutz in Italien stützen sich auf die EURODAC-Treffermeldungen und den Schreiben der italienischen Behörden vom 16.02.2016 und 02.03.2016.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben.
Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, den Erkrankungen seiner Mutter, dem gemeinsamen Haushalt mit seinen Angehörigen und seinen bisherigen Integrationserfolgen stützen sich auf seine Angaben im Verfahren und den vorgelegten Unterlagen.
2.2. Die Feststellungen zur Gesamtsituation im Mitgliedstaat Italien sowie zur konkret auf die Situation des Beschwerdeführers bezogenen Lage ergeben sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen, die auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation beruhen und den Verfahrensparteien zum Parteiengehör zugestellt wurden. Es besteht im Hinblick auf die Auswahl und Bewertung der herangezogenen Quellen kein Zweifel daran, dass diese ausreichend aktuell und auch ausgewogen sind und daher eine geeignete Grundlage für die Beurteilung der Situation des Beschwerdeführers im Falle ihrer Rückkehr nach Italien bilden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
...
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
3.2. Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/19/0072 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016). Eine Anwendung von Art. 16 und Art. 17 der Dublin III-VO kommt sohin nicht in Betracht.
3.2.1. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Italien aufgrund einer dort erfolgten Asylantragsstellung bereits subsidiären Schutz zuerkannt bekommen und somit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das BFA zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG wegen Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.
Unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung war auch nicht zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in Italien eine Verlängerung seiner abgelaufenen Aufenthaltsgenehmigung erlangen könnte.
3.2.2. Der Beschwerdeführer befindet sich seit November 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
3.3. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.
Es entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ. Es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, wofür die Behörden verantwortlich gemacht werden können (EGMR 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich Rz 29; 28.02.2008 (GK), 37201/06, Saadi/Italien Rz 134).
Wie unter Heranziehung zahlreicher aktueller Berichte dargelegt wurde, gewährleistet Italien grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge und ist somit nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Überstellung nach Italien Gefahr liefe, in seinen von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. So haben Personen mit Schutzstatus dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf die medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Schutzberechtigte haben weiters Zugang zu Unterbringung in den SPRAR-Projekten der Gemeinden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer in Italien keinerlei Existenzgrundlage vorfinden würde. Zwar sind die Aufnahmekapazitäten in Italien unbestritten knapp und das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der italienische Staat Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern und Personen mit Aufenthaltstiteln hat. Jedoch ist zu bedenken, dass Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften, wobei nach den Länderfeststellungen auch der Zugang zu Jobtrainings und Praktika - wie für italienische Staatsbürger - gegeben ist. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, bestehen keine Bedenken, dass es ihm möglich sein würde, sich eine - wenn auch bescheidene - Existenzgrundlage in Italien zu schaffen. Die allgemein gehaltenen Befürchtungen im Hinblick auf eine Unterkunftssituation in Italien sind schon insofern unbeachtlich, als auch die eigenen Staatsangehörigen eines Landes mit mitunter minder günstigen entsprechenden Bedingungen konfrontiert sind.
Der Beschwerdeführer machte zwar eine mangelhafte Situation im Hinblick auf die Lebensumstände von Schutzberechtigten geltend, doch ist darauf hinzuweisen, dass die in den Länderfeststellungen durchaus angesprochenen Probleme von Schutzberechtigten in Italien beim Zugang zu Versorgungsleistungen nicht ein solches Ausmaß erreichen, dass einer realen Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition entsprechen würde. Der pauschale Einwand des Antragstellers, die Behörde habe keine individuelle Zusicherung Italiens eingeholt und es würde Obdachlosigkeit und menschenunwürdige Behandlung drohen, sind letztlich nicht geeignet, um eine Anordnung zur Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen zu lassen.
Wie festgestellt, leidet der Antragsteller nach den getroffenen Feststellungen an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Zudem ist nach den Länderfeststellungen im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zur Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollten, eine solche gewährleistet ist.
Insgesamt ergeben sich aus dem Parteivorbringen weder eine systemische, noch eine individuell drohende Gefahr des Beschwerdeführers in Italien, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würde, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
3.3.2. Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Schutzbereich des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK wird als autonomer Rechtsbegriff der EMRK in der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Ausländerrechts - im Unterschied zum Familienbegriff in den übrigen Rechtsmaterien - auf die Kernfamilie beschränkt, also auf die Beziehungen zwischen Ehegatten sowie zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern. Andere Beziehungen, etwa zwischen Eltern und ihrem erwachsenen Kind, fallen nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR nur dann unter den Schutz des Familienlebens, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 30.06.2015, 39350/13, A.S., Rn. 49; 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 18.11.2014, 5049/12, Senchishak, Rn. 55; 20.12.2011, 6222/10, A. H. Khan, Rn. 32; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 32; 17.02.2009, 27319/07, Onur, Rn. 43-45; 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 10.07.2003, 53441/99, Benhebba, Rn. 36; 07.11.2000, 31519/96, Kwakye-Nti und Dufie; gelegentlich stellt der EGMR auf das Kriterium ab, ob der junge Erwachsene bereits eine eigene Familie gegründet hat, z. B. EGMR 23.09.2010, 25672/07, Bousarra, Rn. 38; vgl. auch Rudolf Feik, Recht auf Familienleben, in: Gregor Heißl [Hg.], Handbuch Menschenrechte, 2009, S. 187, Rn. 9/22). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 09.03.2016, E 22/2016; 20.02.2014, U 2689/2013; 12.06.2013, U 485/2012;
06.06.2013, U 682/2013; 09.06.2006, B 1277/04) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0149;
09.09.2014, 2013/22/0246; 16.11.2012, 2012/21/0065).
Die Rechtsfrage, ob zwischen den Beteiligten tatsächlich noch ein Familienleben im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK besteht, kann jedoch in gewissen Fällen letztlich dahingestellt bleiben, weil etwa Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht mehr unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren sind und daher auch einen gewissen Schutz genießen, wobei allerdings bei der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK das Gewicht eines Privatlebens typischerweise geringer anzusetzen sein wird als das eines Familienlebens (EGMR 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 31 ff).
Das Privatleben ist ein weiter Begriff und einer erschöpfenden Definition nicht zugänglich. So schützt Art. 8 EMRK auch ein Recht auf Identität und persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und mit der Außenwelt zu schaffen und zu entwickeln, und kann auch Handlungen beruflichen oder geschäftlichen Charakters einschließen. Es gibt daher einen Bereich der Interaktion einer Person mit anderen, selbst in einem öffentlichen Zusammenhang, der in den Bereich des "Privatlebens" fallen kann (z. B. EGMR 28.01.2003, 44647/98, Peck, Rn. 57).
Im Rahmen der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Achtung des Privatlebens ist Schutzgut unter anderem auch die psychische und physische Integrität des Einzelnen und damit auch die körperliche Unversehrtheit. Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, welche nicht die von Art. 3 EMRK geforderte Schwere und Intensität erreichen, sind folglich an Art. 8 EMRK zu messen (EGMR 13.05.2008, 52515/99, Juhnke, Rn. 71; VfGH 21.09.2015, E 332/2015).
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:
Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).
Wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.
Es bleibt schließlich noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07).
Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07).
Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).
Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Umso mehr gilt diese Überlegung für das gegenständliche Verfahren, das sich noch im Zulassungsstadium befindet und in dem der beschwerdeführenden Partei nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt.
Im vorliegenden Fall halten sich die Mutter, die schwangere Ehefrau und die vier Kinder des Beschwerdeführers als Asylwerber in Österreich auf und der Beschwerdeführer lebt mit ihnen in einer gemeinsamen Betreuungseinrichtung. Es war sohin zu prüfen, ob eine Trennung des Beschwerdeführers durch die Überstellung nach Italien von seinen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen gemäß Art. 8 EMRK zulässig ist.
Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten:
Der Beschwerdeführer verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat und reiste im Jahr 2008 ohne seine Ehefrau aus Somalia aus. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer - ebenso wie seine als Asylwerber im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen - zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich verfügte und seinen Aufenthalt vielmehr nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz aufgrund des gegenständlichen unzulässigen Antrages auf internationalen Schutz stützte. Allen Beteiligten war der unsichere Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers in Österreich bewusst und sie konnten zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass sein Aufenthalt in Österreich dauerhaft wäre, zumal ihm die beabsichtigte Außerlandesbringung nach Italien nachweislich zur Kenntnis gebracht worden ist.
Bezüglich der Intensität des Familienlebens ist auszuführen, dass ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehefrau in Somalia lediglich in den Jahren 2005 bis 2008 bestand und der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben und den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen danach mehrere Jahre ohne seine Ehefrau bzw. seiner Familie gelebt hat. Sofern dazwischen Kontakt bestanden haben sollte - dagegen spricht etwa die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er erst von einem Freund erfahren habe, dass seine Familie in Österreich sei bzw. die Angaben der Ehefrau in der Erstbefragung, wonach sie getrennt von ihrem Ehemann lebe - kann dieser Kontakt (wieder) über fernmündliche Kommunikationsmittel erfolgen. Das Familienleben mit seiner Mutter, seiner Ehefrau und seinen Kindern wurde demnach erst nach seiner Asylantragstellung in Österreich wiederaufgenommen, nachdem der Beschwerdeführer mit seiner Familie ab April 2016 gemeinsam in einer Betreuungseinrichtung untergebracht wurde. Zu diesem Zeitpunkt durfte der Beschwerdeführer mit der Fortsetzung des Familienlebens nicht ohne weiteres rechnen. Im Hinblick auf die diagnostizierten Erkrankungen seiner Mutter wurde keine derartige Krankheit festgestellt, die zum Entscheidungszeitpunkt eine dauernde Pflegebedürftigkeit nach sich ziehen würde, sodass eine ständige Pflege und Betreuung durch den Beschwerdeführer zwingend notwendig wäre. Es wird nicht verkannt, dass eine Unterstützung des Beschwerdeführers für seine Mutter von Vorteil ist, doch kann eine ausgeprägte Abhängigkeit nicht erkannt werden. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Ehefrau auf die Hilfe des Beschwerdeführers im Alltag derart angewiesen ist, dass eine Trennung nicht zumutbar wäre. Diesbezüglich ist insbesondere festzuhalten, dass es seiner Familie vor Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich auch möglich war, ohne seine Hilfe zurechtzukommen und weder für die Ehefrau noch die Kinder eine existenzbedrohende Lage eingetreten ist. Vor diesem Hintergrund ist daher davon auszugehen, dass auch im vorliegenden Fall während der Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens eine solche Existenzbedrohung nicht eintreten wird. Im Übrigen kann der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter, seiner Ehefrau sowie seinen Kindern zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet aufrechterhalten werden und es besteht zudem nach den Schengen-Bestimmungen die Möglichkeit zur - wenn auch eingeschränkten - Fortsetzung des Privat- und Familienlebens im Rahmen von regelmäßigen Besuchen im Ausmaß von bis zu drei Monaten, etwa durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich (Art. 21 Abs. 1 SDÜ und § 31 Abs. 1 Z 3 FPG).
Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) lautet:
"Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen."
§ 31 Abs. 1 Z 3 FPG ordnet Folgendes an:
"(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
...
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt) "
Ferner war im Rahmen der Abwägung zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei zu berücksichtigen, dass sie strafgerichtlich unbescholten ist.
Auch die zwischenzeitlich erreichten Integrationserfolge und das freiwillige Engagement des Beschwerdeführers sind beachtenswert, jedoch war der in Österreich zugebrachte Zeitraum gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).
Schwer ins Gewicht fällt allerdings die Missachtung der österreichischen Einreise- und Einwanderungsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, dann kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise der beschwerdeführenden Partei innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den 28 Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.
Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Die privaten und familiären Interessen der beschwerdeführenden Partei an einem Verbleib im Bundesgebiet treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.
3.3.3. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher hat das Bundesamt auch im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer bereits in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist und er - vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur aktuellen Lage für Schutzberechtigte in diesem Staat und unter Berücksichtigung der ihrer individuellen konkreten Situation - sohin in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass er sich nach Italien zurück zu begeben habe.
3.4. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird. Wie oben ausgeführt, stellt die Anordnung zu ihrer Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der beschwerdeführenden Partei auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens dar, sodass die Anordnung gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.
3.5. Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Verfolgungssicherheit im Zielstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Außerlandesbringung, Mitgliedstaat, subsidiärer SchutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2130647.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.09.2018