TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 W205 2017571-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W205 2017571-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2014, Zahl: 1039043010/140086881, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 20.12.2014 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegt eine EURODAC-Treffermeldung hinsichtlich einer Asylantragstellung in der Slowakei vom 29.07.2013 vor.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 22.10.2014 brachte der Beschwerdeführer vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten und keine Medikamente einzunehmen. In Österreich oder einem anderen EU-Staat habe er keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten. Er sei im Juli 2013 mit einem gefälschten Pass via Flugzeug in die Slowakei ausgereist. Dort sei er von der Polizei aufgegriffen und für drei Monate inhaftiert worden. Er habe einen Asylantrag stellen müssen. Nach seiner Haft sei er für neun Monate in ein Lager gekommen. Am 20.10.2014 sei er mit einem Bus von Bratislava nach Wien und von dort mit einem Zug weiter zum Lager gefahren. Er habe in der Slowakei einen Asylantrag gestellt und einen negativen Bescheid bekommen. Zu seinem Aufenthalt in der Slowakei führte er aus, dass es ein schrecklicher Aufenthalt gewesen sei. Er sei rassistisch behandelt, schrecklich ernährt und misshandelt worden. Er wolle nicht dorthin zurück, außerdem habe er einen negativen Bescheid erhalten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 10.11.2014 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Slowakei. Mit Schreiben vom 19.11.2014 stimmten die slowakischen Behörden der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu. Mit Schreiben vom 24.11.2014 informierte das BFA die slowakischen Dublin-Behörden davon, dass der Beschwerdeführer untergetaucht sei und sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängere.

Eine Abfrage des Zentralen Melderegisters ergab, dass der Beschwerdeführer mit 10.11.2014 von der Betreuungseinrichtung abgemeldet worden war. Eine diesbezügliche Anfrage an den Vertreter des Beschwerdeführers ergab, dass auch diesem der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht bekannt sei und sonstige Versuche, eine Kommunikation mit diesem herzustellen, fehlgeschlagen seien. Das Vollmachtsverhältnis bleibe vorerst dennoch bestehen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Slowakei für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung in die Slowakei gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Das BFA traf Länderfeststellungen zur Lage in der Slowakei und führte aus, dass kein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, im Verfahren erstattet worden sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

Der Bescheid wurde dem Vertreter des Antragstellers nachweislich am 18.12.2014 zugestellt.

3. Gegen den Bescheid richtet sich die am 23.12.2014 eingebrachte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machte. Durch das Vorbringen seien unter Berücksichtigung der Berichtslage jedenfalls besondere Gründe geltend gemacht worden, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in der Slowakei sprechen würden. Im konkreten Fall sei die Überstellung des BF "nach Ungarn" nicht zulässig, mindestens sei die Sache noch nicht entscheidungsreif. Das BFA hätte im gegenständlichen Fall vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.

4. Mit hg. Beschluss vom 28.01.2015, W205 2017571-1/3Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

5. Mit Schreiben vom 07.05.2018 wurden dem Beschwerdeführer an seinen Vertreter aktuelle Länderfeststellungen zur Lage in der Slowakei übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu sowie zur Frage der Beurteilung der Zuständigkeit Österreichs zur Behandlung seines Antrages auf internationalen Schutz eine Stellungnahme abzugeben. Innerhalb der eingeräumten Frist wurde keine Stellungnahme erstattet und langte eine solche bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer reiste über die Slowakei, wo er am 29.07.2013 einen Asylantrag stellte, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten ein. In weiterer Folge gelangte er nach Österreich, wo er am 20.10.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutzes stellte.

Das BFA richtete am 10.11.2014 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Slowakei. Mit Schreiben vom 19.11.2014 stimmten die slowakischen Behörden der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Der Beschwerdeführer wurde mit 10.11.2014 von seiner Betreuungseinrichtung abgemeldet und ist seither unbekannten Aufenthaltes. Mit Schreiben vom 24.11.2014 informierte das BFA die slowakischen Dublin-Behörden davon, dass der Beschwerdeführer untergetaucht sei und sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängere.

Das Bundesverwaltungsgericht legt seinem Erkenntnis die dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelten Länderfeststellungen zur Slowakei zu Grunde, die wie folgt lauten (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

In der Slowakei gibt es ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (USDOS 13.4.2016; MINV o.D.; EK o. D.; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

MINV - Slowakisches Amt für Migration o.D.): Zámerom migracnej politiky Slovenskej republiky je zabezpecit, http://www.minv.sk/?zamer-migracnej-politiky-slovenskej-republiky, Zugriff 3.3.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung ist vom Stand des Verfahrens in der Slowakei abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von der Slowakei im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche die Slowakei verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten und die Rechtsmittelfrist verstrichen ist, ist diese Entscheidung endgültig. Der Rückkehrer kann aber einen neuen Antrag stellen, der als Folgeantrag betrachtet wird (EASO 12.2015).

Die Slowakei macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung (EASO 2.2016).

Quellen:

-

EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix

Report: Dublin procedure, per E-Mail

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Mitte 2015 wurde festgelegt, dass unbegleitete Minderjährige während ihres gesamten Verfahrens in Kinderschutzeinrichtungen untergebracht werden sollen (USDOS 13.4.2016; vgl. EK o.D.).

Weitere gesetzliche Änderungen betrafen u.a. die Einführung einer finanziellen Beihilfe um die Unabhängigkeit von UMA in Betreuungseinrichtungen zu steigern. Wenn ein UMA sich unerlaubt aus dem Heim entfernt und nicht binnen 7 Tagen zurückkehrt, wird dessen Asylverfahren ausgesetzt. Für Asylwerber mit speziellen Bedürfnissen wurden Vorkehrungen getroffen, wie etwa die Möglichkeit das Asylinterview zu verschieben. Dazu wurde die Dokumentation verbessert und ein Register geschaffen, dem alle Akteure wichtige Informationen, wie eben Vulnerabilität und damit verbundene spezielle Bedürfnisse, entnehmen und entsprechend berücksichtigen können - etwa bei der Unterbringung und Betreuung. 2015 gab es in der Slowakei 26 Fälle unbegleiteter Minderjähriger, von denen 5 einen Asylantrag stellten (EK o.D.).

Quellen:

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

4. Non-Refoulement

Die slowakischen Gesetze sehen vor, dass das Wohlergehen einzelner Antragsteller bei Außerlandesbringungen in Nicht-EU-Länder nicht gefährdet sein darf. Einige Beobachter kritisieren, die verantwortliche Grenz- und Fremdenpolizei verfüge nicht über die notwendigen Informationen, dies zu beurteilen. Die Slowakei kennt subsidiären Schutz für Antragsteller, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren, deren Außerlandesbringung aber aufgrund administrativer Probleme oder Sicherheitsbedenken nicht möglich ist (USDOS 13.4.2016).

Darüber hinaus gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes (EK 12.2015).

Quellen:

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (12.2015): EMN Focussed Study 2015. Integration of beneficiaries of international/humanitarian protection into the labour market. policies and good practices. Contribution of the Slovak Republic, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovak_integration_of_beneficiaries_of_international_protection_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

5. Versorgung

Zur Erstaufnahme verfügt die Slowakei über 550 Unterbringungsplätze im Zentrum Humenne, in dem sich jeder Antragsteller einer 20-tägigen medizinischen Quarantänephase unterziehen muss. Das Zentrum darf währenddessen nicht verlassen werden. Danach erfolgt eine Verlegung in eines der beiden offenen Unterbringungszentren Opatovská Nová Ves oder Rohovce. Diese haben eine Kapazität von je 140 Plätzen (in Summe 280 Plätze); Opatovská Nová Ves ist für vulnerable Gruppen reserviert (EASO 2.2016).

In den Unterbringungszentren erhalten die Antragsteller außerdem Verpflegung, Hygieneartikel, Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung sowie ein Taschengeld (EK 2016). Da die Antragsteller alle notwendigen Sachleistungen im Rahmen der Unterbringung kostenlos erhalten, beträgt das Taschengeld EUR 0,40 pro Tag für einen Erwachsenen und EUR 0,27 pro Tag für ein Kind (EASO 2.2016).

Seit Juli 2015 haben Asylwerber bereits nach neun Monaten ohne Arbeitserlaubnis Zugang zum Arbeitsmarkt (zuvor 12 Monate) (EK o. D.).

Quellen:

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (2016):

EMN Study 2016. Resettlement and Humanitarian Admission Programmes in Europe - What Works?,

https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/networks/european_migration_network/reports/docs/emn-studies/emn-studies-24a_slovak_republic_resettlement_study_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

6. Schutzberechtigte

International Schutzberechtigte besitzen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Slowakei (EK 12.2015). Subsidiär Schutzberechtigte müssen ihren Schutzstatus nach einem Jahr erneuern lassen, danach alle zwei Jahre (USDOS 13.4.2016). Erst nach 5 Jahren kommen sie für einen dauerhaften Aufenthalt infrage. Neben internationalem Schutz und subsidiärem Schutz gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes. Wer diese Schutzform genießt, hat ein Recht auf dieselben Integrationsmaßnahmen wie andere Inhaber eines Schutzstatus, außer der Familienzusammenführung (EK 12.2015).

2015 wurde ein Integrationsprogramm für subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge gestartet - zunächst als Interimsprojekt bis 2017. Im Fokus des Programms stehen Unterbringung, Arbeit und Bildung (EK o.D.).

In der Slowakei gab es 2015 330 Asylanträge, von denen acht Asylstatus und 41 subsidiären Schutz erhielten. Im selben Jahr gab es in der Slowakei 120 Asylberechtigte (internationaler Schutz und Subschutz), die aktiv bei der Integration unterstützt wurden, hauptsächlich durch Vertragspartner des slowakischen Innenministeriums (NGOs), jedoch ohne systemischen Ansatz. Besonderer Wert wurde dabei auf Unterbringung, Sprachkurse für Slowakisch, Arbeitssuche und psychosoziale sowie rechtliche Beratung gelegt. Es gibt auch Zugang zu Jobtrainings. Gerade die Integration in den Arbeitsmarkt wird als einer der wichtigsten Faktoren der Integration betrachtet. Daher gelten alle Inhaber eines Schutzstatus in der Slowakei als "benachteiligte Arbeitnehmer" und brauchen damit keine Arbeitserlaubnis - sie dürfen sofort mit Erhalt ihres Schutzstatus arbeiten. Dennoch haben sie Probleme Arbeit zu finden und ihre Beschäftigungsrate ist weiter sehr niedrig, was vor allem auf die Sprachbarriere zurückgeführt wird.

Es gibt Berichte über subsidiär Schutzberechtigte mit beschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Das Innenministerium gibt die Krankenversicherungsdokumente direkt an die Subschutzberechtigten aus, was manchmal zu Verwirrung bei den Gesundheitsdienstleistern führt, die nicht wissen, welche Behandlung durch diese Dokumente abgedeckt ist (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (12.2015): EMN Focussed Study 2015. Integration of beneficiaries of international/humanitarian protection into the labour market. Policies and good practices. Contribution of the Slovak Republic, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovak_integration_of_beneficiaries_of_international_protection_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

Festgestellt wird, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das slowakische Asylwesen grobe systemische Mängel, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in der Slowakei, aufweist.

Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und es bestehen keine besonderen privaten, familiären oder beruflichen Bindungen im österreichischen Bundesgebiet.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 18.12.2014 zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie den Asylantragstellungen in der Slowakei und in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Erstbefragung im Zusammenhalt mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.

Die Feststellung bezüglich des Wiederaufnahmeersuchens seitens der österreichischen Dublin-Behörde und der damit einhergehenden Zustimmung der Slowakei beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen und in denen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Slowakei auch Feststellungen zur slowakischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen wurden. Bei den herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen. Es handelt sich nach Ansicht des Gerichts bei den Länderfeststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material, welches auch ein durchaus differenziertes Bild der Situation in der Slowakei zeichnet. Von einer Unausgewogenheit der Quellen kann nicht gesprochen werden.

Aus den Länderinformationen ergeben sich - wie oben festgestellt - keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowakische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Feststellungen des Nichtvorliegens schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen sowie besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich basieren auf ihren eigenen Angaben.

Die Feststellungen zum unbekannten Aufenthalt des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Auskunft aus dem Zentralen Melderegister, wonach der Beschwerdeführer am 10.11.2014 von seiner Betreuungseinrichtung abgemeldet wurde, und aus der Anfrage an seinen Vertreter, dem der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ebenfalls nicht bekannt war.

Der Zeitpunkt der Übernahme des angefochtenen Bescheides durch den Vertreter des Beschwerdeführers ist aus der im Akt einliegenden Übernahmebestätigung ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 15. (1) Ein Asylwerber hat am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er

...

4. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht, auch nachdem er Österreich, aus welchem Grund auch immer, verlassen hat, seinen Aufenthaltsort und seine Anschrift sowie Änderungen dazu unverzüglich bekannt zu geben. Hierzu genügt es, wenn ein in Österreich befindlicher Asylwerber seiner Meldepflicht nach dem Meldegesetz 1991 - MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992 nachkommt. Unterliegt der Asylwerber einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a, hat die Bekanntgabe im Sinne des ersten Satzes spätestens zeitgleich mit der Änderung des Aufenthaltsortes zu erfolgen. Die Meldepflicht nach dem MeldeG bleibt hievon unberührt;

...

§ 19. (1) ...

(2) Ein Asylwerber ist vom Bundesamt, soweit er nicht auf Grund von in seiner Person gelegenen Umständen nicht in der Lage ist, durch Aussagen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, zumindest einmal im Zulassungsverfahren und - soweit nicht bereits im Zulassungsverfahren über den Antrag entschieden wird - zumindest einmal nach Zulassung des Verfahrens einzuvernehmen. Eine Einvernahme kann unterbleiben, wenn dem Asylwerber, ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt (§ 12a Abs. 1 oder 3). Weiters kann eine Einvernahme im Zulassungsverfahren unterbleiben, wenn das Verfahren zugelassen wird. § 24 Abs. 3 bleibt unberührt.

§ 24. (1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn

1. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder

2. ...

3. ...

(3) Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununter-brochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATES

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

[...]

Artikel 29

Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

[...]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

3.2. Die Verpflichtung der Slowakei zur Wiederaufnahme des Antragstellers ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO, da er dort erstmals um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchte und während der Prüfung seines Asylantrages den vorliegenden Antrag in Österreich stellte. Die Slowakei hat auf dieser Rechtsgrundlage der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auch ausdrücklich zugestimmt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Slowakei in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit hg. Beschluss vom 28.01.2015 wurde die Überstellungsfrist unterbrochen (29 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-VO).

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der beschwerdeführenden Partei.

3.3. Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Sache noch nicht entscheidungsreif sei:

Nach § 19 Abs. 2 AsylG muss mit Asylwerbern im Zulassungsverfahren zumindest eine Einvernahme durchgeführt werden, jedoch bleibt § 24 Abs. 3 AsylG unberührt, wonach die unterlassene Einvernahme einer Entscheidung dann nicht entgegensteht, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat. Betreffend den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung bereits Angaben zu seinem Aufenthalt, zu möglichen Gründen gegen seine Überstellung in die Slowakei, zu seinem Gesundheitszustand sowie zu möglichen Familienangehörigen im Bundesgebiet bzw. in der EU gemacht hat. Hinsichtlich des zweiten Punktes geht aus der Verfahrensdarstellung hervor, dass sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall dem Verfahren entzogen hat, indem er seinen bisherigen Aufenthaltsort verließ, seiner Meldeverpflichtung nicht nachkam und weder dem BFA noch seinem Vertreter einen neuen Aufenthaltsort bekanntgab. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen seiner Erstbefragung durch mehrere Informationsblätter über seine Mitwirkungspflichten belehrt. Durch sein oben dargelegtes Verhalten hat er - mangels Kontaktmöglichkeit - eine weitere Einvernahme selbst verhindert. Dazu kommt, dass auch in der Beschwerde jegliche konkreten inhaltlichen Angaben über Gründe, warum er nicht in die Slowakei zurückgehen könnte, fehlen, sodass nicht einmal ansatzweise zu erkennen ist, dass der von der Behörde festgestellte Sachverhalt entscheidungsrelevante Umstände vermissen lassen könnte. Schließlich wurden dem Vertreter des Beschwerdeführers auch aktuelle Länderfeststellungen zur Lage in der Slowakei übermittelt, zu denen keine Stellungnahme einlangte. Dem diesbezüglichen Vorbringen ist daher kein Erfolg beschieden.

3.3. Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

3.3.1. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten