TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 L519 2161168-2

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Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L519 2161168-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Iran, vertreten durch Verein für Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.04.2018, Zl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger des Iran, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte in der Folge am 13.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Wesentlichen begründete er seinen Antrag damit, dass er homosexuell sei und er im Iran aus diesem Grund Verfolgung zu befürchten habe.

2. Mit Bescheid vom 04.06.2007, Zl. 06 13.463 wies das Bundesasylamt (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, idF auch BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

In der Bescheidbegründung ist ausgeführt, dass wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht glaubhaft gemacht worden sei. Abschiebungshindernisse würden nicht vorliegen und der BF habe keine familiären Bindungen in Österreich, so dass die Ausweisung gerechtfertigt sei.

3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof.

Der Asylgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 07.06.2011, GZ E2 312.820-1/2008/14E, die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Der Asylgerichtshof erachtete das Vorbringen aufgrund auffälliger Widersprüche - ebenso wie das Bundesasylamt - als nicht glaubhaft, erkannte keine Abschiebungshindernisse und sah die Ausweisung aufgrund eines zu diesem Zeitpunkt erst 4 1/2 -jährigen Aufenthaltes und mangels vorhandener Integrationsbemühungen im Interesse höherwertiger öffentlicher Interessen als gerechtfertigt.

4. Am 11.07.2011 stellte der BF den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF gab zusammengefasst an, er stelle einen neuen Asylantrag aus religiösen Gründen. Er sei bereits 2008 zum Christentum konvertiert. Zu Untermauerung seiner Angaben legte er einen Taufschein und 3 Lichtbilder, die den BF und zwei weitere Personen - darunter einen Priester - offensichtlich neben einem Taufbecken einer Kirche zeigen, vor. Aus dem Taufschein ergibt sich, dass der BF am XXXX in T. römisch-katholisch getauft wurde. Weiters gab er an, regelmäßig den neuen Glauben zu praktizieren und gelegentlich auch zu missionieren. Er könne auf keinen Fall in den Iran zurückkehren, da er nach den islamischen Gesetzen als Ungläubiger gelte und wegen Abfalls vom islamischen Glauben hingerichtet werde. Bereits bei der Ankunft am Flughafen würde er festgenommen und wie beschrieben bestraft werden. Er habe erst durch die Zustellung des negativen Bescheides am 10.06.2011 erfahren, dass seine religiösen Gründe nicht berücksichtigt worden waren.

5. Mit Bescheid vom 21.12.2011 wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 11.07.2011 gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF wegen entschiedener Sache zurück (Spruchteil I) und verfügt es gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Asylg 2005 idgF die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran.

6. Mit Entscheidung vom 12.01.2012 wurde vom Asylgerichtshof die Beschwerde gemäß § 68 Abs.1 AVG hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 iVm § 10 Abs 5 AsylG idgF wurde die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Islamische Republik Iran auf Dauer für unzulässig erklärt.

7. Gemäß Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) wurde dem BF in der Folge vom zuständigen Magistrat ein Aufenthaltstitel, gültig von XXXX XXXX (Aufenthaltszweck gemäß Eintrag: Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG) ausgestellt. Den daraufhin eingebrachten vier Verlängerungsanträgen wurde vom Magistrat jeweils stattgegeben und wurde dem BF zuletzt eine Aufenthaltsberechtigungskarte, gültig bis

XXXX ausgefolgt. Der BF stellte zuletzt gemäß Eintragung im IZR am 08.02.2017 einen Verlängerungsantrag, über welchen aktuell noch nicht entschieden wurde.

8. Gemäß Schreiben im Akt des Magistrats XXXX wurde von diesem dem BFA mit 23.03.2017 ein Antrag auf Prüfung der Möglichkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen übermittelt, da die Voraussetzungen für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels nicht gegeben wären.

Mit Schreiben vom 09.04.2017 wurde der BF vom BFA verständigt, dass beabsichtigt ist, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, da eine Überprüfung nach fünf Jahren ergeben hätte, dass er keine Integrationsbemühungen gesetzt und auch keine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte.

Dieses an die Meldeadresse des BF gerichtete, am 13.04.2017 bei der Post hinterlegte Schreiben wurde vom BF nicht behoben.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.05.2017, Zl: 810701100-170382130 wurde der beschwerdeführenden Partei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Nach § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise und wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

10. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Ausgeführt wurde vorweg, dass der BF weder die Hinterlegungsanzeige bezüglich der Verständigung über die Beweisaufnahme, noch die Hinterlegungsanzeige betreffend gegenständlichem Bescheid erhalten habe. Die Verständigung über die Beweisaufnahme habe er nicht erhalten, den Bescheid erst über Nachfrage bei der Post, nachdem er vom Verein Menschenrechte auf die Übermittlung aufmerksam gemacht wurde. Der BF wisse nicht, warum ihm 2012 ein Aufenthaltstitel "Selbstständige Erwerbstätigkeit" ausgestellt worden ist und er damit nicht einer unselbstständigen Tätigkeit nachgehen konnte, was ihm aufgrund seiner zuvor gesetzten Tätigkeiten möglich gewesen wäre. Der BF habe die Deutschprüfung gut bestanden und habe er zuvor einen Alphabetisierungskurs machen müssen, was Zeit in Anspruch genommen habe.

Die Rückkehrentscheidung sei nach 11jährigem Aufenthalt in Österreich und der damit gesetzten Integration des BF nicht zulässig und hätte jedenfalls eine persönliche Einvernahme des BF erfolgen müssen. Der BF lebe mit der Asylberechtigten D seit fünf Jahren in einer Lebensgemeinschaft. Er sei D eine große Stütze, da bei ihr eine psychische Erkrankung vorläge und eine Sachwalterbestellung angeregt worden sei. Bereits aufgrund der Konversion des BF zum Christentum sei eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig.

Vorgelegt wurden:

-

Schreiben des Verein Menschenrechte

-

Taufschein

-

Reisepasskopie von D

-

A1 Deutschdiplom

-

Kursbestätigungen Deutsch 2016

-

Kursbestätigung Alphabetisierung 2016

-

Arbeitsvertrag ab 31.08.2013

-

Arbeitsbestätigung 2010/2011

11. In der Beschwerdevorlage vom 12.06.2017 wurde ausgeführt, dass das Bundesamt von der Niederlassungsbehörde informiert worden sei, dass die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitel nicht mehr gegeben wären und somit eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu prüfen wäre. Es entspräche "in der Regel den Erfahrungswerten des Bundesamtes", dass amtliche Schriftstücke wie im gegenständlichen Fall die Verständigung über die Beweisaufnahme nach Hinterlegungen nicht behoben werden und dann nach Erlass eines Bescheides der "Schuldige bei der Post" gesucht werde. In der Beschwerde seien mit Ausnahme des Umstandes, dass der BF in einer Lebensgemeinschaft mit einer zu besachwalternden asylberechtigten Serbin lebe, keine neuen Tatsachen hervorgekommen. Für die Lebensgemeinschaft mit der bereits zweifach straffälligen Asylwerberin, mit der der BF nie an einer gemeinsamen Adresse gemeldet gewesen sei, seien keine Beweise vorgelegt worden. Der BF habe den Alphabetisierungskurs erst im Jahr 2016 begonnen und die A1-Prüfung in diesem Jahr abgelegt. Damit zeige der BF keine Integration, und sei Bestandteil des Ausspruches über die dauerhafte Unzulässigkeit der Ausweisung durch den Asylgerichtshof im Jahr 2012 gewesen, dass der BF damals einer geregelten Arbeit nachgekommen ist.

12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2017 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

13. Die Entscheidung des BFA vom 10.05.2017 wurde vom BVwG mit Beschluss vom 08.08.2017 behoben.

14. Am 14.12.2017 wurde der BF in Anwesenheit seiner rechtsfreundlichen Vertretung sowie gemäß Niederschrift seiner "Lebensgefährtin" vor dem BFA einvernommen.

Der BF gab an, unter Depressionen zu leiden und Medikamente gegen Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen einzunehmen. Er ginge in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, da er nur einen Aufenthaltstitel "selbstständige Erwerbstätigkeit" besitze und eine Gewerbeberechtigung Geld kosten würde, welches er nicht habe. Er lebe gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in einer Mietwohnung. Die Lebensgefährtin sei besachwaltert, er wolle sie aber kirchlich heiraten. Neben seiner anwesenden Freundin habe er keine Verwandten in Österreich. Er legte drei Unterstützungsschreiben von Freunden vor. Er lebe von Sozialleistungen. Es folgten Ausführungen zur Konversion und der Homosexualität und damit verbundenen Gefährdungen im Falle der Rückkehr.

15. Innerhalb der gesetzten Frist erfolgte die Stellungnahme des BF zu den vorgehaltenen Länderfeststellungen. Der BF habe unzählige Bestätigungen des AMS vorgelegt, dass er sich um einen Arbeitsplatz bemüht habe. Er wolle seine Lebensgefährtin heiraten, sei integriert und sei auch die gesamte Einvernahme vor dem BFA in deutscher Sprache erfolgt. Der BF verfüge im Iran über kein Netzwerk mehr und wurden auch zur Konversion Ausführungen getroffen. Abschließend wurde "ersucht", dem Mandanten einen Aufenthaltstitel "aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" zu erteilen.

Vorgelegt wurde ein ärztliches Attest vom 28.12.2017, wonach der BF sehr depressiv sei, Angstzustände habe und an einer Schlafstörung leide. Er nehme aktuell die Medikamente Escitalopram, Trittico und Halcion. Weiters wurde eine Bestätigung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft per 02.01.2018 vorgelegt. Auch das Deutschzertifikat A1 sowie der Taufschein wurden nochmals vorgelegt.

16. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 52 Abs. 4 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung erlassen. Nach § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise vier Wochen.

17. Mit Fax vom 07.05.2018 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Ausgeführt wurde, dass die Behörde von einer falschen Sach- und Rechtslage ausgegangen sei, auf die Situation des BF nicht ausreichend eingegangen sei und Feststellungen zum Nachteil des BF getroffen habe, welchen keine nachvollziehbare Würdigung oder Ermittlungen zugrunde läge. Hingewiesen wurde insbesondere auf die Beziehung des BF zu seiner Lebensgefährtin, welche er gemäß unter einem vorgelegten Beweismittel (Bestätigung eines Pfarramtes vom 04.05.2018) zu heiraten beabsichtige. Es liege ein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Familienleben bei Erlassung der Rückkehrentscheidung vor. Weiters habe der BF sich bei unzähligen Firmen beworben und habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, dass der ihm ausgestellte Aufenthaltstitel ihm nicht ermöglicht habe, eine entsprechende Arbeit aufzunehmen. Es wurden Ausführungen zu seinen gesundheitlichen Problemen sowie den Problemen beim Erlernen der deutschen Sprache getroffen. Auch das Vorbringen, dass der BF Christ und aus dem islamischen Glauben ausgetreten sei, wäre nicht entsprechend berücksichtigt worden. Vorgelegt wurden noch der Taufschein und das ärztliche Schreiben vom 28.12.2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde hat zum zweiten Mal die Rechtslage verkannt und hat den gemäß behebender Entscheidung vom 08.08.2017 des BVwG herzustellenden Rechtszustand nicht hergestellt, vielmehr entsprechende Aufträge ignoriert. Sie hat - ohne entsprechende Ermittlungen - nicht eindeutig im gegenständlichen Verfahren anzuwendende Rechtsgrundlagen für die Entscheidung herangezogen und aktenwidrige bzw. widersprüchliche Feststellungen getroffen. Eine Beweiswürdigung an sich erfolgte nicht. Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Behebung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gem. § 28 Abs. 5 VwGVG ist das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Bis zum 31.12.2013 war es dem Asylgerichtshof und davor dem Unabhängigen Bundesasylsenat gemäß § 66 Abs 2 AVG möglich, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft war, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erschien. Abs 3 leg cit legte fest, dass der Asylgerichtshof die mündliche Verhandlung und unmittelbarer Beweisaufnahme auch selbst durchführen konnte, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden war.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnissen vom 21.11.2002, 2002/20/0315 und 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im zuletzt genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte auch berücksichtigt werden muss, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Der Gesetzgeber hat zur Sicherung der Qualität des Asylverfahrens einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt. Es kommt dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art 129c Abs 1 B-VG) zu. Diese wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, da es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen.

Im bereits zitierten Erkenntnis vom 21.11.2002, 2000/20/0084, sowie im Erkenntnis vom 22.12.2002, 2000/20/0236, weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass - auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens - eine ernsthaft Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich bei derselben Behörde enden solle. Ein Vorgehen gemäß § 66 Abs 2 AVG ermöglicht es daher, dem Abbau einer echten Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung der Funktion des unabhängigen Bundesasylsenates als Kontrollinstanz entgegenzuwirken.

Zu § 28 Abs. 3 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich meritorisch zu entscheiden haben, eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen jedoch insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen relevanter behördlicher Sachverhaltsermittlungen. Hinsichtlich dieser Voraussetzung gleicht die Bestimmung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG jener des § 66 Abs. 2 AVG, der als - eine - Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung gleichfalls Mängel der Sachverhaltsfeststellung normiert, sodass insofern - auch wenn § 66 Abs. 2 AVG im Gegensatz zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG als weitere Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraussetzt - auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG zurückgegriffen werden kann.

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Ersatzlose Behebung des Bescheides

Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. das Erkenntnis vom 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG zu nennen. § 28 Abs. 5 VwGVG regelt hingegen nur die Rechtsfolgen von Bescheidaufhebungen durch das Verwaltungsgericht und bietet keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung selbst, sei es - wie der Verwaltungsgerichtshof schon im soeben zitierten Erkenntnis vom 25. März 2015 ausgeführt hat - nach § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 (oder Abs. 4) VwGVG, sei es nach § 28 Abs. 1 und 2 oder Abs. 3 Satz 1 VwGVG (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0162).

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden für den Fall, dass das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Bei der Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch Behebung des angefochtenen Bescheides in Form eines Erkenntnisses (negative Sachentscheidung), welche ex-tunc-Wirkung hat (vgl. VwGH 25.3.2015, Ro 2015/12/0003; 4.8.2016, Ra 2016/21/0162, sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm 17). Als Behebungsgrund im Sinne des § 28 Abs. 5 VwGVG kommt somit - analog zum bisherigen Verständnis des § 66 Abs. 4 AVG - auch die rechtswidrige Zurückweisung eines Antrags in Betracht (vgl. dazu Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm 18).

3.3. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:

3.3.1. § 52 FPG lautet auszugsweise:

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige

Rückkehrentscheidung

§ 52.

...

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(...)

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(...)

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

§ 11 NAG lautet auszugsweise

...

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.

in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.

der Grad der Integration;

5.

die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.

die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.

sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.

der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

In der rechtlichen Beurteilung wird vom BFA darauf verwiesen, dass der BF § 52 Abs. 4 Z 1, 4 und 5 erfülle und damit eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Zudem widerstreite sein Aufenthalt gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG öffentlichen Interessen, gemäß Z 4 legcit führe der Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung und liege auch Z 6 legcit vor, da der BF die Integrationsvereinbarung nicht erfüllt habe.

3.3.2. Der BF hält sich laut Akteninhalt seit 19.12.2006 in Österreich auf, ist seit 28.12.2006 durchgängig in Österreich gemeldet und damit seit über 11 Jahren in Österreich aufhältig. Der Aufenthalt des BF war durchgängig rechtmäßig, da er sich bis zum Abschluss seines Asylverfahrens mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 12.01.2012 aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG und danach aufgrund von Niederlassungsbewilligungen nach Ausspruch, dass die Ausweisung des BF auf Dauer unzulässig ist, in Österreich aufgehalten hat. Laut Akteninhalt wurde dem BF erstmalig eine Niederlassungsbewilligung mit 09.02.2012 ausgestellt, welche auch viermal vom Magistrat verlängert wurde. Der letzte Verlängerungsantrag des BF scheint im IZR mit 08.02.2017 auf und ist somit noch vor Ablauf der letzten Bewilligung per 09.02.2017 eingebracht worden. Der BF ist damit aufgrund der rechtzeitigen Einbringung des Verlängerungsantrages gemäß § 24 NAG weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

3.3.3. Zu Spruchpunkt I Satz 1 ist vorweg nochmals - wie schon in der vorangegangenen Behebung festzuhalten, dass eine amtswegige Prüfung, ob dem Fremden ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen wäre, über deren "Ergebnis" gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen ist, nur für den Fall vorgesehen ist, dass eine Rückkehrentscheidung im Grunde des § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Jedenfalls nach der Neufassung des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 durch das FrÄG 2015 bietet dessen Abs. 3 keine Rechtsgrundlage (mehr), in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung erlassen oder nur für vorübergehend unzulässig erklärt wird, darüber hinaus auch noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen, mag der Fremde dadurch auch nicht in Rechten verletzt sein, wenn der im dargestellten Sinn erfolgte Abspruch über die Rückkehrentscheidung zu Recht ergangen war (VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101 vgl. auch 15.03.2016, Zl 2015/21/0174).

Zwar hat das BFA nunmehr richtig festgehalten, dass sich der BF aktuell rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Ignoriert wurden jedoch die rechtlichen Ausführungen des BVwG hinsichtlich der im gegenständlichen Fall wohl nicht gebotenen Anwendung des § 55 AsylG.

Im gegenständlichen Verfahrensgang stellt sich vielmehr die Frage, ob der BF mit dem "Ersuchen" in der Stellungnahme vom 08.01.2018, dem BF einen "Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilten", ein Antrag nach § 56 AsylG stellen wollte. Auch wenn sich der BF eines rechtsfreundlichen Vertreters bediente, hätte der BF in diesem Zusammenhang jedenfalls aufgefordert werden müssen, den Antrag entsprechend zu konkretisieren und ordnungsgemäß auszuführen bzw. hätte das BFA zumindest ausführen müssen, wie es zu der Annahme gelangt, dass der BF einen Antrag nach § 55 AsylG gestellt hätte.

Spruchpunkt I war daher schon aus diesem Grund ersatzlos zu beheben.

3.3.4. Der BF hat schon im Rahmen des ersten Verfahrens angegeben, dass er mit einer serbischen, asylberechtigten, psychisch erkrankten Frau seit 5 Jahren in einer Lebensgemeinschaft lebt.

Im Verfahrensgang des gegenständlichen Bescheides wurde zwar festgehalten, dass die Lebensgefährtin des BF bei der Einvernahme des BF anwesend gewesen ist und wurden kurze Feststellungen zur Lebensgefährtin des BF getroffen. Insgesamt ist zu den Feststellungen jedoch festzuhalten, dass diese weder auf einem tragfähigen Ermittlungsverfahren, noch auf einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung beruhen.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erschöpft sich insgesamt in dem Stehsatz, dass die Feststellungen sich aus den Ermittlungsergebnissen und er Aktenlage ergeben. Dies ist keinesfalls ausreichend, um den Bescheid entsprechend zu begründen. Beispielsweise wird in den Feststellungen zwar eine Lebensgefährtin als besachwalterte und im gemeinsamen Haushalt mit dem BF lebende Mindestsicherungsempfängerin benannt. Warum der BF jedoch dann in Österreich gemäß rechtlicher Würdigung keine familiären Anknüpfungspunkte hätte, erhellt sich für das BVwG nicht.

Nach Anführung weiterer rechtlicher Bestimmungen wurde nach der Behauptung, der BF habe keine familiären Anknüpfungspunkte, im nächsten individuellen Block im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Bescheides festgehalten, dass ein Eingriff in das Familienleben nicht vorliege, da der BF keine Familienangehörigen in Österreich besitze, er in keiner Lebensgemeinschaft lebe, nicht verheiratet sei und keine Kinder hätte.

Im nächsten individuellen Textblock wurde in zwei weiteren Sätzen im Bescheid angeführt, dass der BF den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Heimatland verbracht habe und zwei Asylanträge in Österreich gestellt hätte. Der Aufenthaltstitel könne auf Grund des Nichtvorliegens der rudimentärsten Grundvoraussetzungen nicht verlängert werden. Er habe während des beinahe 11jährigen Aufenthalts keinerlei Integrationsbemühungen gesetzt, die deutsche Sprache kaum erlernt, lebe von Mindestsicherung und sei nur ca 19 Monate einer Arbeit nachgegangen und habe keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

Der BF gebe an, in einer Lebensgemeinschaft zu leben, dies allerdings erst nach Erlassung der ersten Rückkehrentscheidung und sei der BF auch erst im Februar 2018 zur Freundin gezogen. Es folgten lediglich zwei weitere individuelle Absätze in der rechtlichen Beurteilung, welche letztlich - wie die bereits angeführte Passage - wohl wenn dann der Beweiswürdigung zuzuordnen wären. In diesen beiden Absätzen wird die persönliche Sichtweise des Referenten wiedergegeben. Ausführungen wie "Jetzt stellen Sie dem Bundesamt eine Freundin vor, welche seit ihres mehrjährigen Aufenthalts seit dem Jahr 2003 noch nie einen Tag gearbeitet hat, ausschließlich von Sozialzuwendungen lebt und der deutschen nicht einmal rudimentär mächtig ist. Es ist Ihnen somit keinerlei Integration zuzubilligen", stellen weder eine rechtliche Beurteilung dar, noch kann darin eine objektive Beweiswürdigung im Hinblick auf ein Familienleben des BF gesehen werden. Woher beispielsweise die in diesem Zuge auch getroffene Feststellung, der BF sei am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sich gründet, bleibt ebenfalls im Dunkeln.

Zur von der belangten Behörde in diesem Zuge noch erwähnten Nichterfüllung der Integrationsvereinbarung ist festzuhalten, dass sich diesbezüglich im Fremdenakt des BF ein Gutachten eines FA für Neurologie und Psychiatrie vom 27.01.2015 befindet, wonach der BF durch die üblichen Deutschkurse überfordert wäre und bei erzwungener Teilnahme damit gerechnet werden müsse, dass er einen Deutschkurs infolge seines Unvermögens nicht positiv abschließen können wird. Gemäß Schreiben vom 16.03.2017 im Fremdenakt wurde bei einer amtsärztlichen Untersuchung festgestellt, dass beim BF keine medizinische Erkrankung vorliegt. Er "scheine" aber in seinen kognitiven Fähigkeiten deutlich eingeschränkt zu sein. Ein medizinischer Grund sei nicht erkennbar, warum es bei mehrfachen Antretens trotz Bemühens und Teilnahme an den entsprechenden Kursen zu keinem positiven Abschluss der Deutschprüfung Niveau A 1 (6-7 Antritte) gekommen ist.

Auch mit den divergierend festgestellten Deutschkenntnissen wird sich die belangte Behörde nunmehr auseinanderzusetzen haben und festzustellen haben, inwiefern nun der BF einer Ausnahme hinsichtlich der Deutschkenntnisse unterliegt. Hierzu werden die beiden ärztlichen Schreiben entsprechend zu hinterfragen und abzuwägen sein, wobei zum amtsärztlichen Schreiben vom 16.03.2017 festzuhalten ist, dass der BF gemäß vorgelegten Beweismittel am 03.03.2017 das ÖSD Zertifikat A 1 mit gut bestanden hat.

Vor allem wird festgehalten, dass die belangte Behörde einerseits im Rahmen eines Abwägungsversuches festhält, dass der BF die deutsche Sprache kaum erlernt habe. Andererseits hat es die belangte Behörde nicht für nötig empfunden, der Einvernahme einen Dolmetscher beizuziehen. Auch dieser Widerspruch wird von der belangten Behörde im weiteren Verfahren zu erhellen sein bzw. bei tatsächlich kaum vorhandenen Sprachkenntnissen der weiteren Einvernahme ein Dolmetscher beizuziehen sein. Auch die widersprüchlichen Ausführungen betreffend dem Vorliegen einer Lebensgefährtin und dem nicht Vorhandensein von familiären Bindungen werden aufzulösen sein.

Am Rande wird an dieser Stelle unter Bezugnahme auf die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF und den inzwischen mehr als zehnjährigen, rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich darauf hingewiesen, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH vom 17.03.20216, Zl. Ro 2015/22/0016, vgl. auch VwGH 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; 19. November 2014, 2013/22/0270).

3.3.5. Zwar wurde nunmehr auch der Fremdenakt des Magistrats vorgelegt. Es ist jedoch daraus alleine nicht nachvollziehbar ersichtlich, wie die belangte Behörde zu der Annahme kam, dass dem letzten Verlängerungsantrag des BF von der Niederlassungsbehörde nicht stattgegeben werden kann. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass dem BF nach Feststellung der auf Dauer unzulässigen Ausweisung durch den Asylgerichtshof ein Aufenthaltstitel ausgestellt und dieser in der Folge bereits viermal verlängert wurde. Warum dies nunmehr nicht mehr möglich wäre - obwohl der BF schon zuvor gemäß Feststellungen keiner Beschäftigung nachgegangen wäre - erhellt sich für das BVwG nicht. Auch ist aus dem Fremdenakt des Magistrats nicht ersichtlich, warum dem BF - wie er mehrmals moniert - zuletzt nur mehr Aufenthaltstitel als Selbstständiger ausgestellt wurden. Es finden sich auch keinerlei AMS-Bestätigungen über Bemühungen des BF im Akt und ist auch dieser Behauptung nachzugehen. Diese Fragen wären vor einer neuerlichen Entscheidung ebenfalls abzuklären.

3.3.6. Es wurden zwar auch alle vom BF vorgelegten Beweismittel im Bescheid angeführt, eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung mit ihnen erfolgte jedoch nicht. Der BF hat drei Unterstützungsschreiben vorgelegt, was zumindest auf eine soziale Integration hindeutet und auch in der Einvernahme entsprechend zu hinterfragen gewesen wäre. Zusätzlich wurde ein ärztliches Schreiben betreffend Depressionen vorgelegt, welches nicht einmal am Rande erwähnt wurde. Im Rahmen der Prüfung der Abschiebung können sehr wohl Art. 3 EMRK relevante Umstände eine Rolle spielen und hätten insofern nicht nur die gesundheitlichen Probleme, sondern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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