TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 W192 2201101-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W192 2201101-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2018, Zl. 1185548504-180334221, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 06.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihrer Person liegt eine EURODAC-Treffermeldung hinsichtlich Stellung eines Asylantrags am 21.06.2016 in Frankreich vor.

Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.04.2018 brachte die Beschwerdeführerin vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden und in Österreich oder einem anderen EU-Mitgliedstaat keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten zu haben. Sie habe sich im Februar 2016 zur Ausreise aus dem Herkunftsstaat entschlossen und sei über Niger und Libyen im Mai 2016 nach Italien und im Juni 2016 nach Frankreich gelangt, wo sie sich bis März 2018 aufgehalten habe, bevor sie über Deutschland nach Österreich weitergereist wäre. In Frankreich habe sie einen Asylantrag gestellt, der abgewiesen worden sei. Sie habe in Frankreich in einem Zimmer gelebt, das eine nigerianische Frau zur Verfügung gestellt habe. Deshalb und wegen Forderungen dieser Frau nach Geld für die Reise sei die Beschwerdeführerin von dieser Frau zur Prostitution gezwungen worden. Im Falle einer Rückkehr nach Frankreich fürchte sie von dieser Frau getötet zu werden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 13.04.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Frankreich.

Die französischen Behörden stimmten der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.04.2018 (eingelangt am 24.04.2018) gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 04.06.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab die Beschwerdeführerin an, im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben erstattet zu haben. Sie leide an keinen Krankheiten und benötige keine Medikamente. Sie habe keine Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat. Informiert über die geplante Vorgehensweise des BFA im Sinne einer Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz und Außerlandesbringung nach Frankreich sowie über die vorliegende Zustimmungserklärung der dortigen Behörde, fragte die Beschwerdeführerin zunächst nach der Möglichkeit, freiwillig selbstständig nach Frankreich zu gehen.

In Frankreich habe sie mit einer Freundin gewohnt. Sie habe Geld von den französischen Behörden erhalten und im Dezember 2017 sei ihr Asylantrag abgewiesen worden. Wegen der bei der Erstbefragung behaupteten Bedrohung durch eine nigerianische Frau habe sie sich nicht an die Polizei gewandt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Frankreich gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Frankreich wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

2. Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büros für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Der Begriff des unbegleiteten Minderjährigen ist im französischen Recht nicht explizit definiert, deshalb werden diese, unabhängig von Nationalität und rechtlichem Status, wie in Not geratene französische Minderjährige, behandelt. Das Gesetz über Kinderschutz vom März 2016 regelt die Verteilung von UMA und garantiert ihnen denselben Schutz wie für französische Minderjährige. UMA fallen in die Zuständigkeit der lokalen Behörden (Départements / Conseils généraux), daher ist es schwierig einen Überblick über deren Situation auf nationaler Ebene zu schaffen (AIDA 2.2017; vgl. MEFAF 13.11.2017). Der Caritas Frankreich zufolge sind UMA beim Zugang zu ihrem Recht auf Schutz, Bildung und Integration jedoch stark diskriminiert (HRC 2.11.2017).

UMA sind nicht rechtsfähig. Sie müssen also im Asylverfahren vertreten werden. Wurde zuvor noch kein Vormund bestellt, muss der zuständige Staatsanwalt einen Administrateur ad hoc benennen, der nur als Vertreter im Asylverfahren fungiert. In der Praxis kann die Bestellung eines Administrateur ad hoc bisweilen 1-3 Monate dauern (AIDA 2.2017).

Der Prozess der Altersfeststellung wurde 2016 gesetzlich neue geregelt. Vorgesehen ist ein multidisziplinärer Ansatz mit starker Betonung des Gesprächs mit dem Betroffenen. Dies wurde aber noch nicht von allen französischen Départements umgesetzt und wird dort häufig immer noch auf eine medizinische Altersfeststellung (Knochenuntersuchung, etc.) zurückgegriffen. Das Berufungsgericht Lyon hat Anfang 2016 klargestellt, dass eine medizinische Altersfeststellung nicht zulässig ist, wenn Dokumente vorliegen, die ohne berechtigte Zweifel das Alter des Minderjährigen bestätigen. Angeblich wird der Regel, im Zweifel die Minderjährigkeit des Betreffenden anzunehmen, in der Praxis kaum gefolgt. Der Staatsanwalt entscheidet über die Unterbringung eines Minderjährigen in Pflege und ordnet im Zweifel auch eine Altersfeststellung an (AIDA 2.2017).

Die Versorgung von UMA basiert auf den Bestimmungen zu gefährdeten Kindern, für welche die Départements zuständig sind. Das Regierungsrundschreiben vom 31. Mai 2013 zielt unter anderem darauf ab, die Unterbringungsbedingungen und Unterstützungsleistungen für UM zu harmonisieren und Unterschiede zwischen den Départements zu beseitigen. Daher deckt der Staat die Kosten für die ersten 5 Tage der Betreuung von UM, in denen die Evaluierung und Orientierung vorgenommen wird. Wenn in diesen 5 Tagen die Minderjährigkeit festgestellt wird, bestimmt der Staatsanwalt den Unterbringungsplatz in einem Département. Manchmal weigern sich Départements UM zu übernehmen und obwohl sie die rechtliche Möglichkeit hätten, greifen die Staatsanwälte selten zu verbindlichen Maßnahmen. In der Regel werden UMA (einschließlich Jugendliche zwischen 16-18 Jahren) nach der Identifizierung in speziellen Heimen, bei Pflegefamilien oder in manchen Regionen in Zentren für sozial schutzbedürftige Kinder untergebracht. Es gibt nur eine Unterkunft für UMA, die von der NGO Coallia in Côtes-d'Armor (Samida) betrieben wird. Im Jahr 2014 wurden die Unterbringungsmöglichkeiten für UMA in Frankreich von mehreren internationalen Organisationen als unzureichenden und unangemessenen kritisiert (AIDA 2.2017). Im Jahr 2016 waren 8.054 UMA in staatlichen Zentren untergebracht (HRC 13.11.2017).

2015 wurden spezifische Bestimmungen zur Identifizierung und Orientierung von Asylwerbern mit besonderen Bedürfnissen eingeführt. Dieses Verfahren wird nach der Asylantragsstellung im Rahmen eines Interviews von speziell ausgebildeten Referenten des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII) durchgeführt. Danach erfolgt die Zuweisung an die Unterkunft. Es wird jedoch angemerkt, dass während des Interviews praktisch in erster Linie die sichtbare Vulnerabilität festgestellt wird, obwohl man durch die Asylreform hoffte, auch vermehrt nicht offensichtliche Verwundbarkeit besser erkennen zu können. In den Einrichtungen der Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile (CADA) werden meist Asylwerber mit sofort erkennbaren Merkmalen von Vulnerabilität untergebracht, also Familien mit Kleinkindern, Schwangere und Alte. Sollten sich die speziellen Bedürfnisse im Laufe des Asylverfahrens herausstellen, sind sie zu berücksichtigen. Besondere Bedürfnisse werden theoretisch bei der Unterbringung beachtet, Berichten zufolge ist das jedoch in der Praxis nicht immer der Fall. So zum Beispiel wurden Asylwerber im Rollstuhl in Zentren ohne Barrierefreiheit untergebracht. Weiters ist Kritiken zu entnehmen, dass beim Umgang mit Vulnerabilität im Asylverfahren ein Verbesserungsbedarf besteht, wozu aber weitere rechtliche aber auch praktische Maßnahmen erforderlich wären (AIDA 2.2017). Im Asylverfahren können aufgrund der speziellen Bedürfnissen oder Vulnerabilität besondere Verfahrensgarantien (Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse bei Unterbringung und Asylverfahren; Befreiung vom Schnellverfahren, usw.) gewährt werden (AIDA 2.2017; vgl. MEFAF 13.11.2017). Der Rechtsrahmen sieht zwar die Verwendung von medizinischen Gutachten im Asylverfahren nicht vor, die Berücksichtigung von ärztlichen Attesten kann in der Praxis jedoch sehr unterschiedlich sein (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (6.2017): France: At a crossroads, https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, https://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

HRC - UN Human Rights Council (13.11.2017): Compilation on France; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights [A/HRC/WG.6/29/FRA/2],

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1513870380_g1733919.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

HRC - UN Human Rights Council (2.11.2017): Summary of Stakeholders' submission on France; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights [A/HRC/WG.6/29/FRA/3],

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1513871095_g1733169.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

MEFAF - Ministry of Europe and Foreign Affairs France (13.11.2017): National report submitted in accordance with paragraph 5 of the annex to Human Rights Council resolution 16/21 - France, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1513869957_g1733960.pdf, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

4. Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

5. Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

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FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

6.1 Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

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AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

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FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

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FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

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Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

6.2 Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

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Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

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RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO Frankreich für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Beschwerdeführerin leide an keinen schweren Erkrankungen. Hinsichtlich der bei der Erstbefragung behaupteten Bedrohung durch eine nigerianische Frau könne die Beschwerdeführerin wirksamen Schutz der französischen Behörden in Anspruch nehmen. Eine derartige Bedrohung durch Privatpersonen werde in Frankreich als strafbare Handlung von den Behörden verfolgt und geahndet. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch ausgeprägte private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

Der Bescheid wurde der Antragstellerin nachweislich am 20.06.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

3. Gegen den dargestellten Bescheid richtet sich die mit Schreiben vom 12.07.2018 - nach dem am 06.07.2018 erfolgten Untertauchen der Beschwerdeführerin - durch deren Rechtsvertretung eingebrachte Beschwerde, in welcher ausgeführt wurde, die Behörde habe die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren verletzt. Die Beschwerdeführerin müsse nach den Länderfeststellungen mit Problemen rechnen, eine Unterkunft zu finden und sei von Obdachlosigkeit in Frankreich bedroht, was eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeute.

Die in der Erstbefragung vorgebrachte Behauptung, die Beschwerdeführerin sei in Frankreich durch eine nigerianische Frau, welche sie zur Prostitution zwingen wolle, bedroht, wurde in der Beschwerde nicht aufrecht erhalten; den Feststellungen des angefochtenen Bescheids über die Bereitschaft und Fähigkeit der französischen Behörden, der Beschwerdeführerin erforderlichenfalls wirksamen Schutz vor einer solchen Bedrohung zu leisten, wurde nicht entgegengetreten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin reiste von Nigeria über Niger, Libyen und Italien nach Frankreich, wo sie am 21.06.2016 einen Asylantrag stellte, in dessen Prüfung die französischen Behörden eingetreten sind und der abgewiesen wurde

Das BFA richtete am 13.04.2018 ein die Beschwerdeführerin betreffendes Wiederaufnahmegesuch an Frankreich. Am 24.04.2018 erklärte sich Frankreich mit Nachricht vom 19.04.2018 auf der Grundlage von Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich damit einverstanden, die Beschwerdeführerin wieder aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.

Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Die Antragstellerin leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich des Eintretens der französischen Behörden in die Prüfung des dort gestellten Asylantrags der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Eurodac-Treffermeldung und dem Inhalt der Zustimmungserklärung der französischen Behörden vom 19.04.2018.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der beschwerdeführenden Partei seitens Frankreichs leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Die Beschwerdeführerin hat selbst angegeben, bei ihrem Voraufenthalt finanzielle Leistungen der französischen Behörden erhalten zu haben, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass sie in Frankreich nunmehr von Obdachlosigkeit bedroht sein sollte.

Überdies ist der Asylantrag der Beschwerdeführerin von den französischen Behörden bereits abgewiesen worden, weshalb nach der Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich nicht die Gewährleistung der Versorgung in einem etwaigen weiteren Asylverfahren sondern die Sicherung der weiteren Rückführung im Vordergrund steht.

Die Feststellungen des Nichtvorliegens gesundheitlicher Beeinträchtigungen und besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich basieren auf ihren eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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