TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/16 98/07/0064

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1999
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §56;
VwRallg;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §13 Abs2;
WRG 1959 §98;
WRG 1959 §99;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des AT in E, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in Wien I, Seilergasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. März 1998, Zl. 512.786/01-I5/95, betreffend Feststellung des Maßes der Wassernutzung gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aufgrund des Antrages des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers wurde am 3. Jänner 1967 von der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) als Wasserrechtsbehörde eine mündliche Verhandlung abgeführt, welche als Gegenstand die "wasserrechtliche Genehmigung für die Errichtung eines Fischzuchtbeckens auf Parzelle Nr. 468, mit Entnahme des hiezu erforderlichen Wassers aus der Fischa-Dagnitz" zum Inhalt hatte. Im Verhandlungsprotokoll ist u. a. fest gehalten:

"An der Stelle, an welcher die Fischa-Dagnitz fast in einem rechten Winkel gegen Nordwesten im Bereich des so genannten Fischafeldes führt, soll eine Ausleitung für die Entnahme von ungefähr 1,2 m3 Wasser aus der Fischa-Dagnitz für die Speisung eines neu anzulegenden Betonbeckens für eine Fischzucht und Hälterung von Forellen erfolgen, wobei für die Anlage das zur Zeit noch im Eigentum des K.H. in H. stehende Grundstück, Parz. 468, in Anspruch genommen wird. Nach der Ausleitung aus der Fischa-Dagnitz werden drei hintereinander geschaltete und mit betonierter Uferbefestigung ausgestattete Becken verschiedener Größe angeordnet, welche untereinander durch Verschlüsse im Hinblick auf die Forellenzucht abgeschlossen werden. Etwa 33 m unterhalb der Ausleitung wird über das kleine Becken das entnommene Wasser aus der Fischa-Dagnitz wieder in den Bach abgegeben werden.

Der Wasserspiegel der Fischa-Dagnitz ist im Bereiche der projektierten Anlage als gespannt anzusehen, weshalb durch die geplante Anlage in einer Hinsicht eine Entlastung des Wasserspiegels, aber keine Verminderung der Wassermenge gegeben sein dürfte.

Die für die Fischzuchtanlage vorgesehene Fläche wird ein Ausmaß von ungefähr 180 m2 betragen. Um die oben angeführte Wassermenge für die Speisung der Anlage zu halten, soll ungefähr senkrecht zum Stromstrich ein kurzes Querwerk in einer Länge von ca. 4 m in Form einer Pilotenwand mit Steinbruchbefestigung errichtet werden. In jedem Fall wird der Einbau des Querwerkes von der Notwendigkeit desselben abhängig sein. Das am rechten Ufer laut Plan vorgesehene Querwerk wird entfallen.

Gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung bestehen bei Einhaltung nachfolgender Bedingungen keine Bedenken:

1. Durch den Einbau des Querwerkes dürfen die Abflussverhältnisse in der Fischa-Dagnitz nicht behindert werden. In erster Linie ist darauf zu achten, dass das Treibgut nach wie vor ungehindert abfließen kann.

2. ...

..."

Mit Bescheid der BH vom 9. Jänner 1967 wurde die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Fischzuchtbeckens "mit Entnahme des hiezu erforderlichen Wassers aus der Fischa-Dagnitz nach Maßgabe der Ausführungen der Verhandlungsschrift vom 3. Jänner 1967 sowie der dem Verfahren zugrunde gelegenen und bei der mündlichen Verhandlung geringfügig abgeänderten Unterlagen erteilt". Die Verhandlungsschrift wurde zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt. Nähere Begründungen enthält der Bewilligungsbescheid nicht.

Mit Bescheid der BH vom 23. November 1967 wurde gemäß § 121 Abs. 4 WRG 1959 festgestellt, dass die Ausführung der Anlage im Wesentlichen mit der im Bewilligungsbescheid erteilten Bewilligung übereinstimmt. Gleichzeitig wurde jedoch zusätzlich folgende wasserrechtliche Bewilligung erteilt:

"Es wurde lediglich in Abänderung der erteilten Bewilligung zusätzlich ein viertes Becken mit Zulauf errichtet, wofür hiemit gemäß § 121 Abs. 1 WRG die wasserrechtliche Bewilligung nachträglich erteilt wird."

Im Wasserbuchbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 10. April 1968 wird unter Postzahl 3211 die Anlage und das Ausmaß der Wasserbenutzung wie folgt beschrieben:

"Mittels eines Querwerkes mit einer Länge von ca. 4 m in Form einer Pilotenwand mit Bruchsteinbefestigung in der Fischa-Dagnitz wird eine Wassermenge von ca. 1,2 m3/sek. in die Fischzuchtanlage ausgeleitet. Diese besteht aus vier betonierten Becken mit einer Gesamtfläche von ca. 220 m2 bis 1 m Tiefe. Beim Ein- und Auslauf sind Fischgitter eingesetzt, die einzelnen Becken sind verschließbar verbunden. Das ausgeleitete Wasser wird ca. 33 m abwärts der Entnahmestelle wieder in den Wildbach eingeleitet.

Die Anlage befindet sich auf der Parzelle Nr. 468 der KG. H."

Mit Bescheid der BH vom 7. Oktober 1970 wurde "die Bewilligung zur Errichtung von zwei neuen Betonfließkanälen, einem Laubtransportkanal und Brutaufzuchtbecken auf Parzelle Nr. 793, KG H., zu der unter Postzahl 3211 im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt eingetragenen Fischteichanlage mit Entnahme des erforderlichen Wassers aus der Fischa-Dagnitz in gleicher Art und Weise wie bisher nach Maßgabe der Ausführungen in der Verhandlungsschrift vom 22.9.1970 sowie der dem Verfahren zugrunde gelegten Unterlagen erteilt". Die Verhandlungsschrift wurde zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt.

Mit Bescheid der BH vom 8. März 1971 wurde gemäß § 121 Abs. 4 WRG 1959 die Übereinstimmung der Ausführung der Anlagen mit dem Bewilligungsbescheid festgestellt.

Mit Notariatsakt vom 28. Jänner 1980 kaufte der Beschwerdeführer die Fischzuchtanlage. Mit Schreiben vom 29. Jänner 1980 teilte der Beschwerdeführer den Erwerb dieser Anlage der Wasserrechtsbehörde mit.

Mit Eingabe vom 3. November 1982 beantragte der Beschwerdeführer die "wasserrechtliche Genehmigung für den Zubau von zwei Teichen in H. auf Parzelle Nr. 792" laut beiliegendem Plan und Baubeschreibung.

In der Kundmachung der BH vom 30. Mai 1983 wird festgehalten:

"Herr (Beschwerdeführer) hat um wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der bestehenden Fischzuchtanlage durch Errichtung von zwei Teichen im Ausmaß von 305 m3 und 2095 m3 mit einer Tiefe von 1 bis 1,10 m auf dem Grundstück Nr. 792, KG H., angesucht.

Die Speisung der Teiche ist mittels einer Pumpe (4 kW, 20 l/s) durch eine Wasserentnahme aus dem bestehenden Fischzuchtteich des Konsenswerbers vorgesehen. Die Teiche sollen mittels eines Mönchbauwerkes entleerbar mit Vorflut zur Fischa-Dagnitz eingerichtet werden. Die Teiche sollen vorwiegend für Anglerzwecke benutzt bzw. nur schwach besetzt werden.

Die weiteren Details sind den Projektsunterlagen zu entnehmen.

Gleichzeitig erfolgt die Überprüfung der bereits genehmigten Fischteiche zwecks Vorbereitung allenfalls erforderlicher zusätzlicher Vorschreibungen im Sinne des § 33 Abs. 2 WRG (...).

..."

In der am 15. Juni 1983 über diesen Antrag durchgeführten Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen festgehalten, dass die geplante Wasserentnahme von 20 l/s aus der Fischteichanlage Postzahl 3211 in Anbetracht der Vorfeldverhältnisse außer während des Befüllvorganges keine Beeinträchtigungen erwarten lasse. Der Betrieb der Fischteichanlage werde so ausgelegt, dass qualitative Veränderungen an den beiden Anglerteichen geringfügige Größenordnungen erreichten.

Im Zuge der Verhandlung betreffend Vorschreibung von Maßnahmen gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 hinsichtlich der bestehenden und wasserrechtlich unter Postzahl 3211 genehmigten Fischteichanlage wurde im Protokoll festgehalten, dass "für die Anlage (...) eine Ausleitungswassermenge von 1,2 m3/s genehmigt" worden sei. Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan beantragte daher ausgehend von der bewilligten Entnahmemenge, dass nach Prüfung der bestehenden Niederwasserführung und der bestehenden Wassergüte der Fischa-Dagnitz die entsprechenden Maßnahmen zur Verhinderung eines maßgeblichen Nährstoff- und Schmutzstoffeintrages in den Vorfluter vorgeschrieben werden. Des Weiteren wäre eine Neufestsetzung der zulässigen Wasserentnahme entsprechend dem derzeitigen Stand der Technik (Restwassermenge) vorzusehen, da in der Fischa-Dagnitz im Bereich der Fischzuchtanlage nur mehr mit einer Mittelwasserführung von ca. 0,3 bis 0,4 m3/s zu rechnen sei.

Mit Bescheid der BH vom 1. Juli 1983 wurde die beantragte wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Fischteichen auf dem Grundstück Nr.792, KG H., mit einem maximalen Fischbesatz von 200 kg bzw. 400 Stück Forellen und die Ausleitung von 20 l/s Wasser mittels Tauchpumpe aus der bestehenden Fischteichanlage Postzahl 3211 sowie die Einleitung des mit höchstens sechs Einwohnergleichwerten belasteten Wassers aus der neuen Fischteichanlage in den Zulauf zur bestehenden Fischteichanlage Postzahl 3211 erteilt.

Nach Durchführung mehrerer mündlicher Verhandlungen, welche die wasserrechtliche Überprüfung der Fischteich- bzw. Fischzuchtanlage des Beschwerdeführers zwecks Vorbereitung von Maßnahmen gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 zum Inhalt hatten, erstattete der Amtssachverständige ein Gutachten vom 9. November 1990, in welchem er ausführte, dass das im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 9. Jänner 1967 bewilligte Maß der Wassernutzung von 1,2 m3 dahingehend gedeutet worden sei, dass es sich hiebei um die Menge pro Sekunde handle; diese Annahme sei jedoch nicht gerechtfertigt. Die Mittelwasserführung der Fischa betrage nämlich ca. 300 l/sek. und die mittlere Niederwasserführung ca. 260 l/sek. Ein Konsens von 1200 l/sek. würde daher weit über der natürlichen Wasserführung der Fischa liegen. Es könne sich nur um eine Konsensmenge von 1,2 m3/min. = 20 l/s = 72 m3/h handeln. Das Volumen der im Jahre 1967 bewilligten Fischteiche betrage 72 m3. Bei einer Konsenswassermenge von 20 l/s sei somit ein stündlicher Wasserwechsel gegeben. Eine Berichtigung des Bescheides vom 9. Jänner 1967 könne daher dahingehend lauten, dass die Konsenswassermenge mit 1,2 m3/min. definiert werde.

In seiner Stellungnahme verwies der Beschwerdeführer dagegen auf den Wasserbuchbescheid und seinen Vertrag.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 5. März 1991 wurde gemäß § 13 Abs. 1 und Abs. 2 WRG 1959 festgestellt, "dass die Konsenswassermenge der mit Bescheid der BH Wiener Neustadt vom 9. Jänner 1967, ..., bewilligten Wasserbenutzung zum Betrieb eines Fischzuchtbeckens 1,2 m3/min. beträgt". Der tatsächliche Wasserbedarf zur Zeit der Bewilligung im Jahre 1967 habe mit einer Konsenswassermenge von 20 l/sek. bzw. 1,2 m3/min. abgedeckt werden können. Damit könne ein stündlicher Wasserwechsel des Fischzuchtteiches erreicht werden.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass die natürliche Wasserführung der Fischa-Dagnitz schwanke und er Pegelstandsauswertungen in Händen habe, wonach die Wasserführung über 1500 l/s gegeben gewesen sei. Nach der Pumpbewilligung für die Neudörfler Wasserleitung im Einzugsgebiet der Quelle sei die Wasserführung der Fischa-Dagnitz zurückgegangen; dies sei auch Gegenstand der diesbezüglichen Eingaben seines Rechtsvorgängers gewesen. Allein die Tatsache, dass ein 4 m breites Einlaufbauwerk bewilligt und gebaut worden sei (anstatt eines 20 cm Rohres, welches viel billiger gewesen wäre) beweise, dass auch 1967 (also zum Zeitpunkt der Bewilligung) der tatsächliche Bedarf nicht 1,2 m3/min. gewesen sein könne, sondern eben 1,2 m3/sek. Als die Wasserführung der Fischa-Dagnitz nach den Pumpvorgängen beim Bau des Krankenhauses Wiener Neustadt und beim Betrieb der Neudörfler Wasserleitung zurückgegangen sei, habe der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers durch Eingaben an die Behörde sofort reagiert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. März 1998 wurde der Bescheid der BH insofern abgeändert; "als dass die Konsenswassermenge der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 9.1.1967 bewilligten Wasserbenutzung zum Betrieb eines Fischzuchtbeckens 90 l/s (= 0,09 m3/s bzw. 5,6 m3/min.) beträgt". Die belangte Behörde hat Gutachten eines wasserbautechnischen und hydrologischen Sachverständigen sowie eines Fischereisachverständigen eingeholt. Der wasserbautechnische Sachverständige hat in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Aussage von ihm darüber gemacht werden könne, welcher Konsens 1967 beabsichtigt war; möglich sei lediglich eine Aussage, welcher Konsens berechtigt, sinnvoll und möglich erscheine.

Die belangte Behörde führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass die Erlassung eines nachträglichen Feststellungsbescheides zulässig sei, wenn das Maß der Wasserbenutzung bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht bestimmt worden ist. Gegenstand des Berufungsverfahrens sei es zu überprüfen, ob der erstinstanzliche Bescheid, mit dem das Maß der Wasserbenutzung festgestellt worden sei, zu Recht erlassen worden sei. Bei der Ermittlung des Maßes der dem Berechtigten zustehenden Wasserbenutzung sei vom (objektiven) Bedarf des Bewilligungswerbers im Zeitpunkt der Bewilligung auszugehen. Sodann sei zu prüfen, ob das Maß der Wasserbenutzung einerseits dem Stand der Technik hinsichtlich möglichst sparsamer Wasserverwendung entspreche und andererseits mit den gegebenen und vorhersehbaren wasserwirtschaftlichen Verhältnissen - im Hinblick auf das Wasserdargebot und das Gebot möglichst sparsamer Verwendung - vereinbar sei. Bei der Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse sei gegebenenfalls auch auf den landwirtschaftlichen Bewässerungsbedarf Rücksicht zu nehmen. Die Gutachten hätten sich jeweils auf den Bedarf des jeweiligen (derzeitigen) Konsensinhabers zum Zeitpunkt der Bewilligung unter Berücksichtigung der damals vorgelegenen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse insbesondere des nach Menge und Beschaffenheit vorhandenen Wasserdargebotes mit Rücksicht auf den wechselnden Wasserstand sowie auf die möglichst sparsame Verwendung des Wassers bezogen. Der wasserbautechnische Amtssachverständige komme in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass das vom Beschwerdeführer behauptete Maß der Wasserbenutzung (1200 l/s) unrealistisch und aus verschiedenen Gründen aus fachlicher Sicht nicht gerechtfertigt sei. Er begründe dies in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar. Nach Einholung der weiteren Gutachten (hydrologisches und fischereiliches) habe der wasserbautechnische Amtssachverständige in einem weiteren Gutachten festgestellt, dass die technische Leistungsfähigkeit der Anlage für die Entnahmemenge von 90 l/s ausreiche. Er schlage daher vor, das Maß der Wasserbenutzung unter Berücksichtigung aller angeführten Kriterien neu festzusetzen. Wenn der Beschwerdeführer auf den Wasserbuchbescheid aus dem Jahre 1968 verweise, der als Entnahmemenge 1,2 m3/s angegeben habe, so sei dem Akt nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage die Beisetzung dieser Zeiteinheit im Wasserbuchbescheid erfolgt sei. Im zugrunde liegenden Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1967 sei lediglich von der Entnahme von 1,2 m3 ohne Zeitangabe die Rede. Abgesehen von der mangelnden Grundlage einer derartigen Beifügung sei die Wirkung eines Wasserbuchbescheides bloß deklarativ und könne der Beschwerdeführer daraus keinerlei Rechte für sich ableiten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf unbefristete Wassernutzung im Ausmaß von 1,2 m3/s gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde im Grunde des § 13 Abs. 2 WRG 1959 festgestellt, dass die Konsenswassermenge der mit Bescheid der BH vom 9. Jänner 1967 bewilligten Wasserbenutzung zum Betrieb eines Fischzuchtbeckens 90 l/s beträgt.

§ 13 Abs. 2 WRG 1959 hat folgenden Wortlaut:

"(2) Ergeben sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung, so hat als Regel zu gelten, dass sich das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer ist."

§ 13 Abs. 2 WRG 1959 ist also eine Auslegungsregel für Bewilligungsbescheide, die das Maß der zulässigen Wasserbenutzung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit bestimmen (siehe hiezu auch Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 5 zu § 13, Seite 53). Die Anwendung dieser Auslegungsregel setzt einen Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung voraus.

Ist das Maß der zulässigen Wasserbenutzung im Bewilligungsbescheid nicht bestimmt festgesetzt, so wird in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die nachträgliche Bestimmung mittels Feststellungsbescheides für zulässig angesehen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1972, Slg. NF Nr. 8177/A, vom 3. März 1972, Slg. NF Nr. 8182/A, und vom 27. April 1976, Slg. NF Nr. 9043/A). Feststellungsbescheide können von den Verwaltungsbehörden aber nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit erlassen werden (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, 90/04/0001, und vom 25. Oktober 1994, 92/07/0102, u.v.a.).

Mit der bescheidmäßigen Feststellung des Maßes der zulässigen Wasserbenutzung gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 soll ein insoweit undeutlicher wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid ausgelegt und konkretisiert werden. Ein im Grunde des § 13 Abs. 2 WRG 1959 erlassener Feststellungsbescheid bildet daher mit dem ihm zugrunde liegenden wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid eine Einheit. Mangels einer ausdrücklichen Zuständigkeitsnorm kann demnach für die Erlassung des Feststellungsbescheides, mit welchem ein wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Maßes der zulässigen Wasserbenutzung im Sinne des § 13 Abs. 2 WRG 1959 ausgelegt wird, nur diejenige Behörde zuständig sein, die auch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid erlassen hat (Annexzuständigkeit). Dies war im Beschwerdefall die BH.

Der LH hat sohin mit seinem Bescheid vom 5. März 1991, mit welchem er gemäß § 13 Abs. 1 und 2 WRG 1959 die Konsenswassermenge der mit Bescheid der BH vom 9. Jänner 1967 bewilligten Wasserbenutzung festgestellt hat, eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm mangels eines sachlichen Zusammenhanges (als erstinstanzliche Wasserrechtsbehörde) nicht zukommt. Da die belangte Behörde die Unzuständigkeit des LH aufgrund der zulässigen Berufung des Beschwerdeführers nicht wahrgenommen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1999

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998070064.X00

Im RIS seit

21.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten