TE Bvwg Beschluss 2018/7/26 I405 2201396-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I405 2201396-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2018, Zl. 1050238006-180654340, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.01.2015 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Der BF wurde am selben Tag durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und am 01.03.2017 in der Außenstelle Wien des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund brachte der BF vor, dass nach dem Tod seines Vaters dessen Brüder ihn, seinen Bruder und seine Mutter aus dem Familienhaus hinausgeworfen hätten, woraufhin sie in einem Mietshaus gelebt haben. Er habe seiner Mutter helfen und nicht mitansehen wollen, wie sie in Notstand gelebt habe. Daher habe er beschlossen, nach Europa zu reisen, um seiner Familie Geld zu schicken. Er habe in Gambia auch nicht die Freiheit gehabt, die er hier habe. Er wolle hier eine bessere Zukunft haben.

3. Mit Bescheid vom 28.07.2017, Zl. 1050238006-150058591, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, über den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und des Weiteren festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte zudem fest, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Diese Entscheidung erwuchs mit ihrer Zustellung am 02.08.2017 in Rechtskraft.

4. Der Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gegen den obigen Bescheid des BFA vom 28.07.2017 wurde vom BFA mit Bescheid vom 06.10.2017 abgewiesen; gegen diese Entscheidung wurde keine Beschwerde erhoben.

5. Mit Bescheid vom 31.03.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

6. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.04.2018 als unbegründet abgewiesen.

7. Der BF stellte in weiterer Folge am 11.07.2018 im Stande der Schubhaft den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

8. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF an, dass er seit seinem Asylantrag das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Nach den Gründen für den neuen Antrag befragt, führte er an, dass sein Vater einen hohen Rang bei der Polizei in Gambia gehabt habe und an dem Putschversuch im Jahre 2011 beteiligt gewesen sei, weshalb dieser eingesperrt worden sei. Er habe die Nachricht bekommen, dass sein Vater vermutlich schon tot sei. Im April 2018 habe er versucht seine Mutter anzurufen, ihm sei jedoch mitgeteilt worden, dass sie schon tot sei. Somit habe er niemanden mehr in Gambia. Außerdem befürchte er wegen seines Vaters verhaftet zu werden.

9. Mit Mitteilung vom 16.07.2018 wurde dem BF schriftlich zur Kenntnis gebracht, dass gemäß §§ 29 Abs. 3 bzw. § 15a AsylG iVM § 63 Abs. 2 AVG Z beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

10. Am 18.07.2018 wurde der BF vor dem BFA, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen. Eingangs führte der BF zu seinem Gesundheitszustand aus, dass er öfters Kopf- und Magenschmerzen habe, wogegen er Medikamente bekomme.

Auf Nachfrage gab er an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht seien und er keine neuen Fluchtgründe habe. Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung weitere Fluchtgründe angeführt habe, entgegnete der BF, dass sein Vater in einem Putschversuch, der 2011 gewesen sei, verwickelt gewesen sei, woraufhin dieser festgenommen worden sei. Seitdem seien die Behörden hinter seiner Familie her. In Afrika sei es so, dass wenn ein Mitglied einer Familie in einen Putschversuch verwickelt sei, die ganze Familie von der Polizei verfolgt werde.

Er habe diese Fluchtgründe im Erstverfahren nicht angegeben, weil er Angst um seine Familie gehabt hätte.

Er habe versucht, seine Mutter am 11.04.2018 telefonisch zu erreichen. Jemand habe das Telefon abgehoben und ihm gesagt, dass seine Mutter verstorben sei. Er gehe davon aus, dass auch sein Vater bereits tot sei. Er könne nicht in seine Heimat zurück, weil er wegen seines Vaters gefährdet sei. Er habe niemanden mehr in Gambia. Sein Bruder lebe jetzt in Italien.

Er habe weder in der EU bzw. in Österreich aufhältige Eltern, Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) bzw. sonstige Verwandte. Er habe einen Deutschkurs bzw. ein Jugendcollege besucht und spreche auch Deutsch. Er gehe keiner Erwerbstätigkeit nach. Er lebe von der staatlichen Unterstützung. Er sei in Österreich verurteilt worden, weil er beschuldigt worden sei, Drogen verkauft zu haben.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, entgegnete der BF, dass er nicht wisse, was er dazu sagen solle. Es werde wahrscheinlich auch nichts bringen, wenn er sage, dass er nicht zurückwolle.

Nach Vorhalt und Übersetzung der Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat gab der BF keine Stellungnahme ab.

11. Mit dem verfahrensgegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 18.07.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

12. Mit Schreiben vom 19.07.2018, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I405 am 23.07.2018, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF ist ein Staatsangehöriger Gambias, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20 b AsylG. Die Identität des BF steht nicht fest.

Der BF ist jung und in einem arbeitsfähigen Alter. Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde.

Er befindet sich seit 31.03.2018 in Schubhaft und ist haftfähig.

Der BF reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.01.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seit diesem Zeitpunkt in Österreich auf.

Der BF stellte am 11.07.2018 seinen gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

In Österreich verfügt der BF über keine maßgeblichen familiären Anknüpfungspunkte. Auch weist der BF keine tiefgreifende und nennenswerte Verfestigung in sprachlicher, sozialer und integrativer Hinsicht auf. Der BF spricht rudimentär Deutsch und hat bislang keinen Deutschkurs absolviert. Er geht keiner regelmäßigen Arbeit nach und bezieht keinerlei Leistung aus der Grundversorgung.

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wegen § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall), Abs. 2a und Abs. 3 SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 (2. Fall) und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 auf drei Jahre bedingt, rechtskräftig verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der BF keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

Der BF brachte in seinem ersten Verfahren vor, dass nach dem Tod seines Vaters dessen Brüder ihn, seinen Bruder und seine Mutter aus dem Familienhaus hinausgeworfen hätten, woraufhin sie in einem Mietshaus gelebt haben. Er habe seiner Mutter helfen und nicht mitansehen wollen, wie sie in Notstand gelebt habe. Daher habe er beschlossen, nach Europa zu reisen, um seiner Familie Geld zu schicken. Er habe in Gambia auch nicht die Freiheit gehabt, die er hier habe. Er wolle hier eine bessere Zukunft haben.

Im nunmehrigen Verfahren wiederholt der BF dieselben Fluchtgründe, wobei er nunmehr ergänzend ausführt, dass sein Vater einen hohen Rang bei der Polizei in Gambia gehabt habe und an dem Putschversuch im Jahre 2011 beteiligt gewesen sei, weshalb dieser eingesperrt worden und vermutlich schon gestorben sei. Aufgrund der Beteiligung seines Vaters werde seine ganze Familie verfolgt. Er sei daher im Falle seiner Rückkehr ebenfalls gefährdet. Diese Gründe seien ihm bereits 2015 bekannt gewesen, er habe jedoch diese aus Angst um seine Familie nicht vorgebracht. Außerdem habe er im April 2018 erfahren, dass seine Mutter gestorben sei. Er habe niemanden mehr in Gambia, da sein Bruder jetzt in Italien lebe.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des BF in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Gambia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in Gambia aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Abschiebung des BF nach Gambia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Gambia ist nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu Person und der Herkunft des BF ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde. Da der BF den österreichischen Behörden keine Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu den Lebensumständen gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde und aus dem Akt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF fußen auf seinen Angaben. Der BF befindet sich seit 31.03.2018 in Schubhaft und ist haftfähig. Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte.

Die strafrechtliche Verurteilung ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 25.07.2018.

Die Feststellung zur Anhaltung des BF in Schubhaft ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der BF keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein Fluchtvorbringen in seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz war nicht asylrelevant.

Insoweit der BF im gegenständlichen Verfahren als Fluchtvorbringen erstmals vorbringt, dass er aufgrund der Verwicklung seines Vaters in einen Putschversuch im Falle seiner Rückkehr gefährdet sei bzw. verhaftet werde, ist in Übereinstimmung mit dem BFA zu konstatieren, dass der keinen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen vermochte, zumal dieses Vorbringen entsprechend den Angaben des BF bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens bestand.

Vor diesem Hintergrund konnte keine glaubhafte Verfolgung geltend gemacht werden.

Somit hat der BF im zweiten Rechtsgang anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung beziehungsweise Einvernahmen vor dem Bundesamt keine seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens neu hervorgetreten Fluchtgründe geltend gemacht.

Angesichts der Tatsache, dass der BF bei der Stellung seines gegenständlichen zweiten Antrages in Schubhaft angehalten wurde, liegt es vielmehr nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln, wie die belangte Behörde richtig darauf hinweist.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des vorherigen Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Gambia. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom BF auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des BF nach Gambia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Der BF verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Er verfügt auch über keine ausreichenden Existenzmittel und ist nicht erwerbstätig. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des BF im Bundesgebiet ist schon aus diesem Grund keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar, dies insbesondere, da der BF bereits zum Zeitpunkt der mit Bescheid des BFA vom 28.07.2017 erfolgten rechtskräftigen Abweisung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz und keine entscheidungsmaßgebliche integrationsbegründende Umstände geltend machte, die ein schützenswertes Familien- und/oder Privatleben im Sinne des Art 8 EMRK begründen können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ...

Entscheidungen

§ 22. ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

...".

§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2015, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zunächst ist festzuhalten, dass der BF einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen vor:

Mit Bescheid des BFA vom 28.07.2017 wurde der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Diese Entscheidung erwuchs mit der Zustellung am 02.08.2017 in Rechtskraft. Im gegenständlichen Verfahren wiederholt der BF seine Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren und bringt ergänzend vor, dass ihm im Falle seiner Rückkehr aufgrund der Verwicklung seines Vaters in einen Putschversuch im Jahr 2011 Verfolgung drohe. Dieses Vorbringen sei ihm bereits 2015 bekannt gewesen, er habe es aber aus Angst um seine Familie nicht vorgebracht. Dieses Vorbringen ist somit bereits von der Rechtskraft der Entscheidung über den ersten Antrag mitumfasst und stellt keinen neuen Sachverhalt dar.

Dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Gambia die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt, zumal der BF gesund und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der BF seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein in Gambia derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Auch führt der BF in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und sein Privatleben weist keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der BF hat im gegenständlichen Verfahren keinen neuen asylrelevanten Fluchtgrund geltend gemacht. Objektiv nachvollziehbare und glaubhafte neue Tatsachen hat der BF auch nicht vorgebracht. In Bezug auf die Fluchtgründe des BF liegt voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG vor, und steht das oben zitierte rechtskräftige Erkenntnis einer neuerlichen Absprache über diese Gründe sohin voraussichtlich entgegen.

Auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsland, Gambia, brachte der BF nichts vor. Insofern wurde den Feststellungen des BFA im gegenständlich zu überprüfenden Bescheid dahingehend, dass sich die Lage im Herkunftsstaat des BF seit dem vorangegangenen Verfahren nicht wesentlich geändert habe, nicht entgegengetreten.

Somit wird der gegenständliche Folgeantrag des BF voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem BF Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 18.07.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt, was vom BF jedoch nicht in Anspruch genommen wurde.

Im Lichte des § 22 BFA - VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Glaubwürdigkeit, persönlicher Eindruck

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I405.2201396.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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