TE Bvwg Beschluss 2018/8/1 W224 2199832-1

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Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §9 Abs3

Spruch

W224 2199832-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Erziehungsberechtigten XXXX und XXXX , diese wiederum vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mayer, Universitätsstraße 8/2, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 27.04.2018, GZ. 100.040/0160-kanz1/2018, nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.06.2018, GZ. 600.011/0044-R/2018:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2017/18 die 3. Schulstufe in der Klasse 3b der Volksschule Odoakergasse 48, 1160 Wien. Die Klassenlehrerin beantragte einen Wechsel der Schulstufe (in die 2. Schulstufe). Die Schulkonferenz entschied am 06.04.2018, dass die Beschwerdeführerin ab 06.04.2018 in die 2. Schulstufe wechselt.

2. Mit Schreiben vom 11.04.2018 erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten, diese vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. E., welcher sich auf die erteilte Vollmacht berief, Widerspruch gegen die Entscheidung der Schulkonferenz.

3. Mit Bescheid des Stadtschulrats für Wien (im Folgenden: SSR) vom 27.04.2018, GZ 100.040/0160-kanz1/2018, wurde der Widerspruch abgewiesen und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die 2. Schulstufe zu besuchen hat. Als Empfänger des Bescheides wurde der Vater der Beschwerdeführerin angegeben. Auch die Zustellung des Bescheides erfolgte an diesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten, eine als "Widerspruch" bezeichnete Beschwerde.

5. Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des SSR vom 14.06.2018, GZ 600.011/0044-R/2018, als verspätet zurückgewiesen.

6. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten, diese nunmehr vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt (Dr. M.) beantragte, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

7. Der SSR legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 02.07.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 03.07.2018, gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.07.2018 wurde die Beschwerdeführerin ersucht, bekanntzugeben, von wann bis wann die Vertretungsvollmacht für Rechtsanwalt Dr. E. aufrecht war. Seitens des nunmehrigen Rechtsvertreters, Dr. M., wurde bekanntgegeben, dass die Vertretungsvollmacht des Rechtsanwalts Dr. E. erst mit E-Mail vom 26.07.2018 aufgelöst wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten, erteilte dem Rechtsanwalt Dr. E. für das die Entscheidung der Schulkonferenz vom 06.04.2018 betreffende Verwaltungsverfahren eine uneingeschränkte Vertretungsvollmacht. Diese Vollmacht war bis zum 26.07.2018 aufrecht.

Der angefochtene Bescheid vom 27.04.2018 wurde an den erziehungsberechtigten Vater der Beschwerdeführerin adressiert und diesem durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist: 02.05.2018) zugestellt.

Der angefochtene Bescheid ist dem Rechtsanwalt Dr. E. nicht zugekommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und der eingeholten Stellungnahme der Beschwerdeführerin

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

Die Vertretungsvollmacht des Dr. E. für das die Entscheidung der Schulkonferenz vom 06.04.2018 betreffende Verwaltungsverfahren ergibt sich aus dem durch Dr. E. verfassten Widerspruch, auf dessen erster Seite dieser sich auf die erteilte Prozessvollmacht beruft und sodann ausführt, dass "[i]n umseitiger Schulunterrichtssache [...] die Schülerin XXXX , vertreten durch ihre Eltern XXXX und XXXX dem ausgewiesenen Rechtsvertreter Vollmacht erteilt [hat]".

Aus dem gesamten Akt ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der angefochtene Bescheid dem Rechtsvertreter Dr. E. zu tatsächlich zugekommen ist. Das gegen den angefochtenen Bescheid handschriftlich verfasste, von den Eltern der Beschwerdeführerin unterzeichnete und falsch bezeichnete Rechtsmittel indiziert gerade, dass der angefochtene Bescheid dem Rechtsvertreter auch nicht tatsächlich zugekommen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

1. Gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Die allgemeine Vertretungsvollmacht schließt im Allgemeinen die Zustellungsbevollmächtigung ein. Bei Berufung eines Rechtsanwaltes auf die ihm erteilte Vollmacht ist von der Behörde, sofern kein gegenteiliger Anhaltspunkt vorliegt, davon auszugehen, dass jedenfalls auch eine Zustellungsbevollmächtigung vorliegt (vgl. VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173; 24.04.2002, 2001/16/0601; 17.06.1993, 92/18/0460).

Im Fall des Bestehens eines wirksamen Vertretungsverhältnisses sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit dem Bevollmächtigten zuzustellen. Dieser ist als Empfänger der Schriftstücke zu bezeichnen (vgl. VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173, mwN).

Mangels Hinweis, dass die Vollmacht nicht den Empfang von Schriftstücken umfasse, hatte die von der Beschwerdeführerin dem Rechtsanwalt Dr. E. erteilte Bevollmächtigung die Wirkung, dass im gegenständlichen Verwaltungsverfahren bis zum 26.07.2018 alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit dem Rechtsanwalt Dr. E. zuzustellen waren und dieser als Empfänger zu bezeichnen war (vgl. VwGH 11.11.2013, 2012/22/0120).

Zwar gilt gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz Zustellgesetz die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Dies ist jedoch fallbezogen nicht der Fall.

Da der angefochtene "Bescheid" weder an den bevollmächtigen Rechtsvertreter adressiert bzw. diesem zugestellt wurde, noch ihm tatsächlich zugekommen ist, erfolgte keine rechtswirksame Zustellung. Somit liegt somit kein anfechtbarer Bescheid vor.

Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts mit Beschluss zurückzuweisen, und es tritt die gegenständliche Entscheidung somit an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mwN).

2. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG konnte im vorliegenden Beschwerdefall die Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Abweisung ergeht in Anlehnung an die zu Spruchpunkt A) zitierte, einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen des vorliegenden Falles, insbesondere zu § 9 Zustellgesetz (VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173; 11.11.2013, 2012/22/0120; 24.04.2002, 2001/16/0601; 17.06.1993, 92/18/0460) sowie zum VwGVG (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026;).

Schlagworte

Adressierung, Anfechtungsgegenstand, Bescheidcharakter,
Beschwerdevorentscheidung, Rechtsvertreter, Unzuständigkeit BVwG,
Vertretungsverhältnis, Zustellbevollmächtigter, Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W224.2199832.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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