TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/2 W103 2201512-1

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W103 2201512-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2018, Zl. 1193917607-180525604 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 6

Fremdenpolizeigesetz 2005 stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsbürger der Ukraine, wurde am 04.06.2018 im Bundesgebiet beim Versuch, sich mit einem vermeintlich gefälschten ungarischen Personalausweis anzumelden, durch die Fremdenpolizei aufgegriffen.

Am 19.06.2018 wurde dieser im Rahmen des gegen seine Person eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Ukrainisch niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Anlässlich jener Befragung gab der Beschwerdeführer zusammengefasst zu Protokoll, gesund zu sein, er sei am 23. oder 25.05.2018 in das Bundesgebiet eingereist und habe vorgehabt, sich behördlich zu melden, beim diesbezüglichen Versuch seien jedoch seine Dokumente sichergestellt worden. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er Anfang Juni 2018 beim illegalen Aufenthalt betreten worden wäre, da er über keinen Reisepass verfügt und versucht hätte, sich mit einem gefälschten ungarischen Personalausweis anzumelden. Der Beschwerdeführer habe einen sogenannten "Ungarnpass" vorgelegt, welcher ihn jedoch nur zum Aufenthalt in Ungarn berechtigen würde; zudem lägen Hinweise darauf vor, dass er im Oktober 2017 einer illegalen Beschäftigung nachgegangen wäre. Der Beschwerdeführer verwies darauf, dass er im Besitz eines Passes wäre; diesbezüglich wurde er vom Einvernahmeleiter darüber belehrt, dass dieser "Ungarnpass" kein Reisedokument darstellen und den Beschwerdeführer weder zur Einreise noch zur Arbeitsaufnahme in anderen Mitgliedstaaten außer Ungarn berechtigen würde. Der Beschwerdeführer befinde sich im Bundesgebiet, da er hier arbeiten wolle; er sei verheiratet und habe drei Kinder, welche sich an einer näher angeführten Anschrift in der Ukraine aufhalten würden; in Österreich habe er keine Familienangehörigen.

2. Anschließend wurde dem Beschwerdeführer der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ausgehändigt, mit welchem ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG), erlassen wurde (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass sich eine Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 46 FPG als zulässig erweist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt V.). Desweiteren wurde gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 7 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Neben einem Ländervorhalt zur Ukraine wurden der angeführten Entscheidung insbesondere die folgenden Feststellungen zugrunde gelegt:

"(...) zu Ihrer Person:

Sie sind verheiratet und haben drei Kinder welche in der Ukraine leben. Sie verfügen über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Einen Reisepass konnten Sie nicht vorlegen, sondern lediglich einen "Ungarnpass" als Angehöriger einer ungarischen Minderheit.

zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Sie sind am 04.06.2018 in XXXX beim illegalen Aufenthalt betreten worden, da Sie über keinen Reisepass verfügen. Sie versuchten sich mit einem gefälschten ungarischen Personalausweis anzumelden und legten lediglich einen sogenannten Ungarnpass vor. Dieser berechtigt sie aber nur zum Aufenthalt in Ungarn. Auch ist laut SVA ersichtlich, dass Sie im Oktober 2017 der illegalen Beschäftigung nachgingen. Sie befinden sich somit illegal in Österreich und wurden nach dem FPG angezeigt. Es ist somit als erwiesen anzusehen, dass Sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind verheiratet und haben drei Kinder. Ihre Familie lebt in Ukraine. In Österreich leben keine Angehörigen. Rechtmäßige berufliche Bindungen bestehen nicht. Ein schützenswertes Familienund/oder Privatleben wurde nicht festgestellt.

zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots:

Sie sind ukrainischer Staatsangehöriger, befinden sich illegal in Österreich, verfügen nur über 400-500 Euro, gingen bereits einmal der Schwarzarbeit nach und gaben dies auch nun wieder als Zweck Ihres Aufenthaltes an. Sie befinden sich somit illegal in Österreich und haben durch Ihr persönliches Verhalten die Bestimmungen nach dem FPG übertreten. Dieses Verhalten stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar.

Es steht unbestritten fest, dass Sie entgegen der österreichischen Rechtsordnung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen sind. Dabei handelt es sich jedenfalls um ein auf dem Gebiet des Fremdenwesen verpöntes Verhalten (vgl. VwGH 04.09.1992, GZ 92/18/0350; 20.12.2013, GZ 2013/21/0047).

Ihr gezeigtes - teils über einen längeren Zeitraum aufrechterhaltene - fremdenrechtswidrige Verhalten zeigt Ihren grundsätzlichen Unwillen zur Beachtung österreichischer Rechtnormen auf, worin auch kein Hang zur Integration in die österreichische Gesellschaft gesehen werden kann.

Sie haben damit nicht nur Ihren Willen zur Nichtbeachtung der österreichischen Rechtsordnung zum Ausdruck gebracht, sondern auch jenen, die einem gedeihlichen und nachhaltigen Zusammenleben dienlichen Gesellschaftsregeln, zu missachten. Dieses Verhalten lässt keine positive, den Ausschluss einer neuerlichen Aufnahme fremdenrechtswidriger Handlungen im Bundesgebiet annehmen lassende Prognose zu (vgl. VwGH 04.09.1992, GZ 92/18/0350; 20.12.2013, GZ 2013/21/0047).

Vielmehr legt Ihr gesetztes Verhalten die Annahme nahe, dass Sie bei sich Ihnen bietender Gelegenheit erneut zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes im Bundesgebiet unrechtmäßigen Erwerbstätigkeiten nachgehen werden.

Da ein großes öffentliches Interesse an einem geregelten Fremdenwesen in Österreich vorherrscht und die Nichtbeachtung von Rechtsnormen, insbesondere, jener dem Schutze des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Vorheriger Schwarzarbeit (vgl. VwGH 04.09.1992, GZ 92/18/0350; 20.12.2013, GZ 2013/21/0047) einem gedeihlichem gesellschaftlichem Zusammenleben massiv zuwiderläuft, ist gegenständlich der Schluss zu ziehen, dass Sie durch Ihr gezeigtes Verhalten - und der sich daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose - den Beweis für die Gefährdung österreichischer - in Art 8 Abs. 2 EMRK genannter - öffentlicher Interessen erbracht haben und die Verhängung eines Einreiseverbotes als notwendiges Mittel zu dessen Begegnung zu betrachten ist. (...)"

In rechtlicher Hinsicht wurde gefolgert, dass sich sowohl die ausgesprochene Rückkehrentscheidung als auch das gegen den Beschwerdeführer erlassene Einreiseverbot als gerechtfertigt erwiesen. Der Beschwerdeführer befinde sich illegal in Österreich, verfüge über Barmittel in der Höhe von 400 bis 500 Euro, sei bereits einmal einer Schwarzarbeit nachgegangen und hätte dies auch als Zweck seines nunmehrigen Aufenthalts angeführt. Der Beschwerdeführer habe durch dieses Verhalten die Bestimmungen des FPG übertreten und stelle dadurch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe im Rahmen der durchgeführten Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt wäre. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, da dieser sich beharrlich illegal im Bundesgebiet aufgehalten hätte.

3. Mit Eingabe vom 16.07.2018 wurde gegen den dargestellten Bescheid unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch bezeichneten Vollmachtsverhältnisses die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, unter einem wurden die Anträge gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde angesichts ihrer Feststellung, dass der Beschwerdeführer über eine Aufenthaltsberechtigung in Ungarn verfügen würde, verpflichtet gewesen wäre, den Beschwerdeführer zur unverzüglichen Ausreise aus dem Bundesgebiet aufzufordern. Nur wenn der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen oder seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkommen würde, könne eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG erlassen werden. Der Beschwerdeführer stelle jedoch keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, zumal er unbescholten wäre und sich durch die Verrichtung von Schwarzarbeit nicht selbst strafbar gemacht hätte. Es sei zweifellos zutreffend und in der höchstgerichtlichen Judikatur unbestritten, dass ein öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit bestünde. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers ließen sich jedoch keine Umstände ableiten, welche die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren rechtfertigen würden. Da der Beschwerdeführer keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, erweise sich auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unrechtmäßig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes ? BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ? VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §?66 Abs.?4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

3.2. Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich 1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder 2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 6 FPG hat sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rspr., vgl. etwa das Erkenntnis vom 10.04.2014, Zl. 2013/22/0310, dargelegt, dass § 52 FPG die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie umsetzt (siehe dazu RV 1078 BlgNR 24. GP 29). Art. 6 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie sieht vor, dass ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Schon aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu Letzterem ergibt sich unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber damit die Umsetzung des Art 6 Abs. 2 RückführungsRL beabsichtigte (vgl. 1078 BlgNR XXIV. GP, S. 29): "Im vorgeschlagenen Abs. 2 wird auf die Vorgaben der Art. 6 Abs. 2 iVm Art. 7 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 1 der RückführungsRL Bedacht genommen, die anstelle des Art. 23 Abs. 2 und 3 SDP treten. Letztgenannte regelten die Verpflichtung des Drittstaatsangehörigen, sich in den Vertragsstaat zu begeben, der ihm einen Aufenthaltstitel ausgestellt hat sowie dessen Abschiebung bei Missachtung dieser Verpflichtung oder im Fall der Verletzung des ordre public sowie die ausnahmsweise Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis trotz Illegalität. In diesem Fall ergeht gegen den Drittstaatsangehörigen grundsätzlich keine Rückkehrentscheidung, sondern nur dann, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."

In einem ähnlich gelagerten Fall wurde vom Verwaltungsgerichtshof kürzlich festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen, der im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates ist, nicht möglich ist, wenn er nicht zunächst aufgefordert wurde, sich in den betreffenden Mitgliedstaat zu begeben - mit Ausnahme der Fälle, in denen seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist oder er der Ausreiseaufforderung nicht nachgekommen war (VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Der Beschwerdeführer, ein ukrainischer Staatsangehöriger, wurde im Bundesgebiet betreten und führte dabei kein Reisedokument seines Herkunftsstaates, jedoch einen sogenannten "Ungarnpass" bei sich, wobei der angefochtene Bescheid keine spezifischen Ausführungen zu den durch ein solches Dokument verliehenen Berechtigungen enthält. Unter der - im Bescheid (vgl. dessen Seiten 3, 31) vertretenen - Annahme, dass der Beschwerdeführer durch dieses Dokument zum Aufenthalt in Ungarn berechtigt ist, wäre dieser aufzufordern gewesen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Mitgliedstaates zu begeben, von dem der ihm erteilte Aufenthaltstitel stammt. Das hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl indes nicht getan. Der Beschwerdeführer wurde zwar im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 19.06.2018 zur unverzüglichen Ausreise aus Österreich aufgefordert. Diese Ausreiseaufforderung erfolgte jedoch nicht in Bezug auf Ungarn, sondern in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine (vgl. insb. AS 17). Die ausgesprochene Ausreiseverpflichtung war demnach von ihrer Zielrichtung her verfehlt, weshalb sie auch nicht die Konsequenz nach sich ziehen konnte, dass nunmehr eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei (vgl. VwGH 21.122017, Ra 2017/21/2017). Im Übrigen wurde dem Beschwerdeführer der angefochtene Bescheid, mit dem eine Rückkehrentscheidung erlassen worden war, unmittelbar im Anschluss an die erwähnte Einvernahme vom 19.06.2018 ausgehändigt, sodass es ihm auch vor diesem Hintergrund nicht möglich gewesen wäre, einer Aufforderung zur Ausreise im Vorfeld des Ausspruchs der Rückkehrentscheidung nachzukommen.

Aber auch für eine - von der belangten Behörde allenfalls angenommene - Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit im Sinne des § 52 Abs. 6 letzter Satz zweiter Fall FPG (mit welcher neben dem verhängten dreijährigen Einreiseverbot auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung begründet worden ist) reichen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht aus. Für diese Annahme ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, für die insoweit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots zurückgegriffen werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/21/0237). Es ist daher auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die geforderte Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dasselbe gilt für das Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen zu Grunde liegende Verhalten (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 10. September 2013, Zl. 2013/18/0052, und vom 19. Februar 2013, Zl. 2012/18/0230, mwN). Wenn auch ein öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit unbestritten ist, so reichen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen jedoch für eine nachvollziehbare Darstellung der Gefährdungsannahme nicht aus. Die Behörde beschränkte sich im Wesentlichen auf die Ausführung, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet in der Vergangenheit einer Schwarzarbeit nachgegangen wäre und sich nunmehr neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhalten würde (vgl. VwGH 10.04.2014, 2013/22/0310). Diesbezüglich ist zunächst anzumerken, dass im angefochtenen Bescheid ausreichend konkrete Feststellungen fehlen, die den rechtlichen Schluss zugelassen hätten, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen (siehe etwa das Erkenntnis vom 21.11.2006, Zl. 2003/21/0064). Diese Feststellungen wären im Übrigen aber auch für die Beurteilung der Dauer eines Einreiseverbots erforderlich gewesen (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/21/0237) (in diesem Sinne VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310).

Daher waren die ausgesprochene Rückkehrentscheidung und die an diese anknüpfenden Spruchteile zu beheben.

3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2). Da der Bescheid aufzuheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

3.4. Aufgrund der innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG normierten Frist getroffenen Sachentscheidung konnten gesonderte Erwägungen im Hinblick auf Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG) unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sonst hervorgekommen.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung, Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot
aufgehoben, illegale Beschäftigung, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Rückkehrentscheidung behoben,
unverzügliche Ausreiseverpflichtung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W103.2201512.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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