TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/3 W119 2164116-1

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Veröffentlicht am 03.08.2018
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Entscheidungsdatum

03.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W119 2164116/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch seinen Vater XXXX , vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31. 5. 2017, Zl 1134142503-161498678, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Für den durch seinen Vater vertretenen minderjährigen Beschwerdeführer wurde am 20. 10. 2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Eltern des Beschwerdeführers (Zlen W119 2164114 und W119 2164109) hatten bereits am 7. 4. 2015 solche Anträge gestellt. Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

Anlässlich der am 7. 4. 2015 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG führte der Vater des Beschwerdeführers zunächst aus, von 1991 bis 2003 die Schule besucht zu haben. Sein zuletzt ausgeübter Beruf sei der eines Kameramannes gewesen. Seine Eltern würden sich noch im Jemen aufhalten. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er beim Fernsehen gearbeitet habe. Vor zwei Jahren habe es in der Zentrale eine Explosion gegeben. Im Jemen würden sich Nachrichtenmitarbeiter ständig in Lebensgefahr befinden. Sein Vater habe beim Geheimdienst gearbeitet und Ende Oktober einen Bescheid erhalten, indem er aufgefordert worden sei, in seinem eigenen Interesse das Land zu verlassen. Im Jemen sei es üblich, die Söhne mitzunehmen, wenn man die Väter nicht finde. Im Fall seiner Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Der Vater des Beschwerdeführers gab anlässlich seiner beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) durchgeführten Befragung am 5. 4. 2017 an, dass er in XXXX geboren sei. Er habe drei Jahre im Jemen, sechs Jahre in Ägypten und danach wiederum vier Jahre im Jemen die Schule besucht. Er sei mit seiner Familie deshalb nach Ägypten übersiedelt, weil sein Vater bei der jemenitischen Botschaft in Ägypten gearbeitet habe. Von 2003 bis 2004 habe er in einem Internet-Café gearbeitet. Danach habe er die Universität besucht und Business-Management studiert, aber das Studium nicht abgeschlossen. Folgend habe er bis 2010 wieder in diesem Internet-Café gearbeitet. Dann habe er beim Fernsehen gearbeitet, wobei er im ersten Jahr nur Videos hochgeladen habe. Nach einem Jahr habe er für zwei Monate als Kameramann gearbeitet.

Der Vater des Beschwerdeführers legte dazu seinen Dienstausweis vor.

Er habe sein Studium deshalb abgebrochen, weil seine Großmutter gestorben sei, bei der er aufgewachsen sei. Er gehöre der Volksgruppe der Araber an.

Seine Eltern würden derzeit in XXXX leben, ein Bruder in Malaysia, ein anderer in China und ein weiterer Bruder lebe in Österreich. Er habe noch einige Onkel väterlicherseits, die im Jemen lebten.

Er habe Ende November 2014 mit seiner Ehefrau den Jemen verlassen und sei nach Äthiopien geflogen, wo sie vier Monate aufhältig gewesen seien. Danach seien sie nach Österreich geflogen. Sein Vater habe sich bereits zuvor in Äthiopien aufgehalten.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Vater des Beschwerdeführers an, dass der Hautgrund die Tätigkeit seines Vaters gewesen sei. Ein weiterer Grund sei seine Tätigkeit für das Fernsehen gewesen. Er hätte sich entscheiden müssen, ob er mit den Houthi, den islamischen Brüdern oder der Al-Kaida hätte zusammenarbeiten wollen. Er wäre zur Zusammenarbeit mit einer der drei Gruppierungen gezwungen gewesen.

Sein Vater habe für den Geheimdienst im Süd Jemen gearbeitet. Er habe dort eine leitende Position innegehabt. Die Regierung habe gemeint, dass sein Vater und seine Arbeitskollegen in das Ausland gehen sollten, um sie vor der Al-Kaida zu schützen.

Zu seinen eigenen Problemen befragt, gab er an, dass er einmal von der Al-Kaida angegriffen worden sei. Es seien Bomben auf das Gebäude geworfen worden und Soldaten umgebracht worden.

Dem Vater des Beschwerdeführers wurden die Länderfeststellungen zur Situation im Jemen ausgefolgt, zu der keine Stellungnahme erstattet wurde.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31. 5. 2017, Zl 1134142503-161498678, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Mit Spruchpunkt II. wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jemen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.)

Mit Verfahrensanordnung vom 6. 6. 2017 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 5. 7. 2017 Beschwerde.

Am 28. 5. 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der sich die Eltern des Beschwerdeführers beteiligten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist jemenitischer Staatsangehöriger und am XXXX in Österreich geboren. Er stellte am 20. 10. 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um den Sohn des XXXX dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W119 2164109, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und dem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer gehört als sein minderjähriger Sohn der Familie an und es liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den Angaben des Vaters des Beschwerdeführers und aus den übereinstimmenden Akteninhalten des Vaters des Beschwerdeführers und des Beschwerdeführers selbst. Der Beschwerdeführer gehört als sein Sohn der Familie an und liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 VwGVG regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013).

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 leg. cit. von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

§ 34 Abs. 2 AsylG 2005 normiert, dass die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen hat, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art 3 Z13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Im vorliegenden Fall wurde dem Vater des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Dem Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, d.h. der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W119.2164116.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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