TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 I411 2191034-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I411 2191034-1/8E

I411 2191050-1/10E

I411 2191039-1/8E

I411 2191045-1/8E

I411 2191055-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerden

1. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 28.02.2018, Zl. XXXX,

2. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 28.02.2018, Zl. XXXX,

3. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 28.02.2018, Zl. XXXX,

4. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 28.02.2018, Zl. XXXX,

5. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 28.02.2018, Zl. XXXX,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.07.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer, allesamt Staatsangehörige von Nigeria, brachten am 02.04.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Fünftbeschwerdeführerin wurde am

XXXX in Österreich geboren und wurde für diese am 30.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der minderjährigen Drittbis Fünftbeschwerdeführer.

2. Die Beschwerdeführer stellten bereits am 22.09.2014 einen Asylantrag in Italien.

3. Mit den Bescheiden vom 09.09.2016 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Weiters wurde die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Italien zulässig sei.

4. Den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.10.2016 stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben.

5. Am 07.02.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an wie folgt: "Mein Vater hatte Landbesitz an der Grenze von dem Dorf meiner Frau und meinem Dorf. Der Vater meiner Frau hat sich mit Voodoo beschäftigt und was immer er wollte, hat er eingefordert. Mein Vater wollte Land verkaufen, man wollte dort eine Internetantenne aufstellen. Daraufhin sagte der Vater meiner Frau, dass dieses Land ihm gehören würde. Mein Vater war anderer Meinung. An diesem Tag schickte der Vater meiner Frau seine Burschen, damit sie meine Frau zu ihm bringen. Als sie zu Hause war, sagte ihr Vater, dass sie nicht mit seinem Feind verheiratet sein dürfe, meine Frau war im dritten Monat schwanger. Meine Frau sagte ihm, sie sei bereits im dritten Monat schwanger und würde mich nicht verlassen. Ihr Vater wollte dann, dass sie das Baby abtreibt. [...]"

6. Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei ihrer am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde, befragt nach ihren Fluchtgründen, diese gleichlautend, wie der Erstbeschwerdeführer, an.

7. Mit den Bescheiden vom 28.02.2018, Zl. XXXX und XXXX, wies die belangte Behörde die Anträge des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt zwei Wochen (Spruchpunkt VI.).

8. Auch die Anträge der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden mit jeweils eigenen Bescheiden vom 28.02.2018 negativ entschieden.

9. Gegen sämtliche dieser Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden vom 21.03.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 26.03.2018).

10. Mit Schriftsatz vom 27.03.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 03.04.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

11. Mit Schriftsatz vom 04.07.2018 zeigte der Rechtsvertreter RA Mag. Taner ÖNAL die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses an. Seit 20.07.2018 werden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vom Verein Menschenrechte rechtsfreundlich vertreten.

11. Am 25.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, zu der die Beschwerdeführer sowie eine Dolmetscherin für die englische Sprache und Mitarbeiter der Rechtsvertretung erschienen sind. Die belangte Behörde teilte im Vorfeld mit, auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer ist volljährig und mit der ebenfalls volljährigen Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer ist darüber hinaus noch Vater einer ca. 12-jährigen Tochter (Christbeth), welche in Nigeria lebt, zu der er aber keinen Kontakt pflegt. Die Beschwerdeführer sind gesund, Staatsangehörige von Nigeria und bekennen sich zum christlichen Glauben. Ihre Identität steht nicht fest. Sie halten sich seit (mindestens) 02.04.2016 bzw. XXXX (Geburt der Fünftbeschwerdeführerin) in Österreich auf. Das Verfahren wird als Familienverfahren nach § 34 AsylG geführt.

Der Erstbeschwerdeführer besuchte in Nigeria die Grund- und Mittelschule sowie das Polytechnikum. Zudem erlernte er den Beruf des Klimaanlagen- und Kühlschranktechnikers und übte diesen auch vor seiner Ausreise in Nigeria sowie in Libyen aus.

Die Zweitbeschwerdeführer besuchte die Grundschule und erlernte sodann den Frisörberuf. Vor ihrer Ausreise betrieb sie einen eigenen Frisörsalon und verkaufte zudem auch Extensions und Babybekleidung.

Der Drittbeschwerdeführer besucht den Kindergarten der Gemeinde XXXX, sein Bruder, der Viertbeschwerdeführer, eine Kleinkindgruppe.

Nach ihrer Ausreise aus Nigeria im Jahr 2012 lebten die Beschwerdeführer zwei Jahre in Libyen und reisten im Jahre 2014 nach Italien.

Es wird des Weiteren festgestellt, dass es dem Erstbeschwerdeführer möglich ist, im Falle einer Rückkehr den eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt für die Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer zu bestreiten. Auch die Zweitbeschwerdeführerin selbst ist arbeitsfähig und hat auch sie eine Chance am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Keiner der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft.

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin besuchen Deutschkurse, sprechen allerdings nur wenig Deutsch. Zudem absolvierten sie einen Wertekurs. Weiters ist der Erstbeschwerdeführer dem Fußballverein seines Wohnortes beigetreten. Der Dritt-, Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin wurden im August 2017 in der Pfarrkirche XXXX getauft. Der Erstbeschwerdeführer leistet gelegentlich Remunerantentätigkeit für die Gemeinde und war im Sommer 2017 sechs Wochen als Erntehelfer tätig. Ihren Lebensunterhalt bestreiten die Beschwerdeführer in Österreich dennoch aus Mitteln der Grundversorgung.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer konnte keine asylrelevanten Gründe glaubhaftmachen, insbesondere nicht, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Dasselbe gilt auch für die Zweitbeschwerdeführerin. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer haben keine eigenen Fluchtgründe und wurden solche für sie auch von ihren Eltern als gesetzliche Vertreter nicht vorgebracht.

Im Falle ihrer Rückkehr droht den Beschwerdeführern in Nigeria keine reale Gefahr, in ihrem Leben bedroht zu werden, Folter oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung zu erleiden oder in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt zu werden. Ihnen droht im Falle der Rückkehr nach Nigeria weder die Todesstrafe, noch besteht eine reale Gefahr, dass ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in ihrem Herkunftsstaat gefährdet wäre.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vor dieser, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz, in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria sowie durch Einvernahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018.

2.2. Zu den Beschwerdeführern:

Die Feststellung zur Volljährigkeit des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sowie zur Minderjährigkeit der gemeinsamen Kinder ergeben sich aus dem Akt und sind augenscheinlich. Die Feststellung zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit und ihrer Konfession gründen sich auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018.

Die Beschwerdeführer bestätigen glaubhaft, dass sie selbst und ihre minderjährigen Kinder gesund sind.

Der bisherige Aufenthalt der Beschwerdeführer leitet sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab.

Nachdem die Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnten, stehen ihre Identitäten nicht fest.

Die Feststellung zur Ausbildung und beruflichen Situation des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus Nigeria, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführe zwei Jahre in Libyen aufgehalten haben bevor sie 2014 nach Italien weitergereist sind, ergeben sich ebenfalls aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem eigeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Feststellung, wonach es den Beschwerdeführern auch nach ihrer Rückkehr nach Nigeria möglich sein wird, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, resultiert aus der Überlegung, dass sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus Nigeria berufstätig waren und sich ihren Lebensunterhalt verdienen konnten.

Dass die Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen, ergibt sich aus den glaubhaften und übereinstimmenden Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung konnte sich der erkennende Richter davon überzeugen, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin nur wenig Deutsch sprechen, eine einfache und kurze Konversation mit ihnen allerdings möglich ist.

Aus den in den Akten erliegenden Bestätigungen ergibt sich, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin Deutschkurse und einen Wertekurs besuchten, der Erstbeschwerdeführer im Sommer 2017 als Erntehelfer tätig war, die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer in XXXX getauft wurden sowie dass der Dritt- und Viertbeschwerdeführer den Kindergarten bzw. Kleinkindgruppe besuchen. Dass der Erstbeschwerdeführer dem lokalen Fußballverein beigetreten ist, ergibt sich aus seiner glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer erweist sich als unglaubhaft. Für die Glaubhaftigkeit eines Vorbringens spricht, wenn das Vorbringen genügend substantiiert ist. Das Erfordernis der Substantiierung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Zudem muss das Vorbringen, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen. Ferner muss das Vorbringen plausibel sein, dh mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Außerdem ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont (vgl zB 13.09.2016, Ra 2016/01/0070; 10.09.2015, Ra 2014/20/0142; ua, siehe auch bereits VwGH 24.06.1999, 98/20/0435; 20.5.1999, 98/20/0505) - der persönliche Eindruck den der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnt, von wesentlicher Bedeutung. Gerade diese Kriterien sind im vorliegenden Fall, wie im Weiteren zu erörtern sein wird, nicht erfüllt und ist daher das Fluchtvorbringen als unglaubhaft zu werten.

Der Erst- bzw. die Zweitbeschwerdeführerin begründeten ihre Flucht übereinstimmend mit eskalierten Grundstücksstreitigkeiten zwischen den Vätern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin sei im Übrigen auch ein mächtiger Voodoo Priester und hätte gewollt, dass die Zweitbeschwerdeführerin das gemeinsame Kind abtreibe.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass es sich bei diesem Fluchtvorbringen um ein gedankliches Konstrukt handelt. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin bringen zwar den Kern ihres Fluchtgrundes beinahe ident vor, bleiben bei ihrer Schilderung allerdings karg und detailarm. Auch bei Nachfragen des erkennenden Richters sind die Antworten äußerst vage bzw. wird ausgewichen. Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei der Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht zudem erstmals an, dass der erstgeborene Sohn ihrer Eltern vom Vater geopfert worden sei. Dies wird als gesteigertes Vorbringen gewertet. Das gesamte Fluchtvorbringen ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes konstruiert und unglaubhaft.

Selbst bei hypothetischer Richtigkeit des Sachverhaltes bzw. Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens würde es sich hierbei um eine Privatverfolgung handeln, der keine Asylrelevanz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zukommt, und stünde es den Beschwerdeführern offen, sich im Rahmen einer Schutzgewährung an die heimatsstaatlichen Behörden zu wenden (vgl. VwGH 31.05.2001, 2000/20/0496; 31.01.2002, 99/20/0332; 31.01.2002, 99/20/0447). Aus dem Länderbericht für Nigeria ergibt sich, dass die nigerianischen Behörden auch gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Die Beschwerdeführer hätten sich daher in ihrer Situation an die nigerianischen Behörden wenden können, um von diesen Hilfe zu erhalten. Von den Beschwerdeführern wurde aber somit jedenfalls keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht.

Selbst wenn man dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer Glauben schenkt, so ist ebenfalls zu beachten, dass Nigeria, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, über kein Meldewesen verfügt, sodass es den Beschwerdeführern ohne weiteres auch möglich gewesen wäre, aus Furcht vor dem (Schwieger-)Vater in einem anderen Landesteil unterzutauchen und dort sesshaft zu werden. Ein Auffinden durch die Gefolgsleute des (Schwieger-)Vaters wäre aufgrund des fehlenden Meldesystems beinahe unmöglich gewesen.

Es ist auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, wieso sich die Beschwerdeführer nicht zutrauten, in einen anderen Landesteil zu ziehen und dies damit begründeten, dass sie nie zuvor gereist waren und keine anderen Orte kennen würden. Dies steht im Widerspruch dazu, dass sie nach Libyen ausgereist sind und zwei Jahre lang in Libyen gelebt und gearbeitet haben bevor sie nach Europa weitergereist sind. Es ist daher nicht plausibel, dass die Beschwerdeführer eine Ausreise nach Libyen, ein Land, in dem sie weder die Kultur kannten noch die Sprache beherrschten, in Kauf nahmen, eine Niederlassung in einem anderen Teil Nigerias aber nicht in Frage kam. Dies erweckt den Eindruck, dass die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat (auch) verlassen haben, um ihre Lebensumstände zu verbessern.

Die Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer verfügen über keine eigenständigen Fluchtgründe und wurden solche von ihren Eltern auch nicht vorgebracht.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführer traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Den Beschwerdeführern bzw. ihrer Rechtsvertretung wurde der aktuelle Länderbericht zu ihrem Herkunftsstaat mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 zur Kenntnis gebracht und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Rechtsvertretung verwies in der mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen im Länderbericht zu den Naturreligionen und Juju sowie die Situation von Kindern in Nigeria und den Punkt Grundversorgung und Wirtschaft.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie oben ausgeführt, konnte weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen und wurde auch in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, das zu einer anderen Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht führt. Der Dritt, Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin verfügen selbst über kein eigenen Fluchtgründe.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Den Beschwerdeführer droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind volljährig, gesund und somit arbeitsfähig und konnten sich ihren Lebensunterhalt vor der Ausreise aus Nigeria finanzieren.

Damit sind die Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation in Nigeria besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würden in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf die Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen waren.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichen, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der Beschwerdeführer seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen waren.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wir

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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