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L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
AVG §71;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/10/0094Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des 1. W F (Mitglied des Kärntner Naturschutzbeirats), 2. Kärntner Naturschutzbeirats, gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 23. April 2018, Zl. KLVwG- 828-829/2/2018, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die vom Kärntner Naturschutzbeirat (dem Zweitrevisionswerber) gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 2017 (betreffend Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung) erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (LVwG) vom 4. September 2017, Zl. KLVwG-640/8/2017, abgewiesen. Die dagegen vom Zweitrevisionswerber erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. April 2018, Ra 2018/10/0042, als verspätet zurück (vgl. weiters den Beschluss VwGH 24.4.2018, Ra 2018/10/0054, mit dem auch die Revision gegen den den Wiedereinsetzungsantrag des Zweitrevisionswerbers abweisenden Beschluss des LVwG vom 19. Jänner 2018, Zl. KLVwG 69/2/2018, zurückgewiesen wurde).
2 Der Erstrevisionswerber ist nach den vom LVwG getroffenen Feststellungen ein Mitglied des Kärntner Naturschutzbeirats, das in dem obgenannten naturschutzbehördlichen Verfahren vor Erlassung des erwähnten Bewilligungsbescheides vom 28. Februar 2017 keine Einwendungen im Sinne des § 54 Abs. 2 Ktn. Naturschutzgesetz 2002 (K-NSG 2002) erhoben hat.
3 Am 14. September 2017 beantragte der Erstrevisionswerber bei der belangten Behörde gemäß § 71 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung derartiger Einwendungen.
4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Februar 2018 wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Begründend führte die Behörde aus, das Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ein Parteirecht, den einzelnen Mitgliedern des Naturschutzbeirats komme jedoch keine Parteistellung im Bewilligungsverfahren zu.
5 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Erst- als auch der Zweitrevisionswerber Beschwerde an das LVwG, welches mit der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde des Erstrevisionswerbers ab-, jene des Zweitrevisionswerbers zurückwies.
6 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende
außerordentliche Revision.
7 Die Revision ist unzulässig.
8 Gemäß § 54 Abs. 1 K-NSG 2002 sind vor Erlassung der dort genannten (Bewilligungs-)Bescheide die Mitglieder des Naturschutzbeirats anzuhören.
9 Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind derartige Bescheide den Mitgliedern des Naturschutzbeirats unverzüglich, längstens aber binnen einer Woche nach deren Erlassung zuzustellen, sofern die Mitglieder im Rahmen der Anhörung nach Abs. 1 Einwendungen vorgebracht haben. Wurde diesen Einwendungen im Bescheid nicht Rechnung getragen, kann der Naturschutzbeirat gegen derartige Bescheide Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben.
10 Gemäß § 61 Abs. 1 leg. cit. wird zur Beratung in grundsätzlichen Fragen des Schutzes und der Pflege der Natur beim Amt der Landesregierung ein Naturschutzbeirat eingerichtet.
11 Gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. darf der Naturschutzbeirat gegen Bescheide, vor deren Erlassung seine Mitglieder gemäß § 54 Abs. 1 zu hören sind, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG erheben, insoweit diese im Rahmen der Anhörung Einwendungen vorgebracht haben, denen im Bescheid der Behörde oder in der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts nicht Rechnung getragen wurde. Gemäß § 62 Abs. 1 leg. cit. gehören dem Naturschutzbeirat an:
a) das mit den Angelegenheiten des Naturschutzes betraute Mitglied der Landesregierung oder ein von ihm bestellter Vertreter als Vorsitzender;
b) fünf von der Landesregierung auf Grund von Vorschlägen von Naturschutzorganisationen im Land zu bestellende Mitglieder, die über ein entsprechendes Fachwissen auf dem Gebiet des Schutzes und der Pflege der Natur und Umwelt verfügen; ein Mitglied muss eine selbstständige land- und forstwirtschaftliche Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausüben.
Zum Erstrevisionswerber (Mitglied des Naturschutzbeirats):
12 Nach § 54 Abs. 1 K-NSchG sind die einzelnen Mitglieder des Naturschutzbeirats vor der Erlassung der dort genannten Bescheide anzuhören. Weiters ist gemäß Abs. 2 leg. cit. den Mitgliedern des Naturschutzbeirats für den - hier in Bezug auf den Revisionswerber nicht vorliegenden (vgl. Rn. 2) - Fall der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen der Bewilligungsbescheid zuzustellen. Mit den in Rede stehenden Bestimmungen ist der Behörde die Verpflichtung zur Einhaltung von besonderen Verfahrensschritten auferlegt bzw. werden den einzelnen Mitgliedern des Naturschutzbeirats insoweit besondere gesetzliche Kompetenzen eingeräumt.
13 Eine - die Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften durchsetzbare - eigenständige Rechtsposition der Mitglieder des Naturschutzbeirats lässt sich aus dem Gesetz aber nicht ableiten. Dies erhellt insbesondere daraus, dass die "Zustellung" des Bewilligungsbescheides an die Mitglieder des Naturschutzbeirates erst nach dessen "Erlassung" (gegenüber den Verfahrensparteien) erfolgt und die Befugnis, gegen einen solchen Bescheid - falls den von den Mitgliedern des Naturschutzbeirates vorgebrachten Einwendungen nicht Rechnung getragen wurde - Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht bzw. in weiterer Folge Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, nach dem klaren Wortlaut der §§ 54 Abs. 2 zweiter Satz und 61 Abs. 3 K-NSG 2002 ausschließlich dem Naturschutzbeirat (als Kollegialorgan; vgl. in diesem Sinn die ständige hg. Rechtsprechung, zB. VwGH 26.6.2012, 2012/07/0107; 5.10.2016, Ra 2016/10/0096, mwN), nicht aber dessen einzelnen Mitgliedern zusteht.
14 Der in § 51 Abs. 2 K-NSG 2002 vorgesehenen "Zustellung" des Bewilligungsbescheides an die Mitglieder des Naturschutzbeirates (welche Einwendungen erhoben haben), kommt - neben einer Informationsfunktion - demnach lediglich die Rechtswirkung zu, dass erst die gesetzlich vorgesehene Zustellung an die in Betracht kommenden Mitglieder die Beschwerdefrist für den Naturschutzbeirat (als Kollegialorgan) auslöst.
15 Im Rahmen der ihm eingeräumten Beschwerdebzw. Revisionsbefugnis steht dem Naturschutzbeirat auch die Möglichkeit offen, die allfällige Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 51 Abs. 1 K-NSG 2002 geltend zu machen. Die Durchsetzung der dort normierten Anhörungsbefugnisse durch die betroffenen Mitglieder des Naturschutzbeirates selbst ist nach der Konzeption des Gesetzes aber nicht vorgesehen.
16 Den Mitgliedern des Naturschutzbeirats ist nach dem Gesagten im Rahmen der naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren nach dem K-NSG 2002 sohin weder eine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG noch die Stellung einer (eigenständigen) Organpartei eingeräumt.
17 Den Mitgliedern des Naturschutzbeirats kommt somit auch das - gemäß § 71 AVG den Verfahrensparteien vorbehaltene - Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (zur Erhebung von versäumten Einwendungen) nicht zu.
18 Die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags des Erstrevisionswerbers durch die belangte Behörde bzw. die Abweisung der von diesem dagegen erhobenen Beschwerde durch das LVwG erfolgten deshalb zu Recht.
19 Da eine Verletzung des Erstrevisionswerbers (als Mitglied des Naturschutzbeirates) in subjektiven Rechten nach dem Gesagten von vornherein nicht in Betracht kommt, ist der Erstrevisionswerber auch zur Erhebung einer (Partei-)Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht berechtigt (vgl. VwGH 30.4.2018, Ro 2016/01/0013). Eine Amtsrevisionsbefugnis im Sinne des Art. 133 Abs. 8 B-VG ist den Mitgliedern des Naturschutzbeirates durch das Gesetz nicht eingeräumt. Zum Zweitrevisionswerber (Naturschutzbeirat):
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Naturschutzbeirat nur im Umfang jener Gründe, die Gegenstand der im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Einwendungen waren und denen im Bescheid der Behörde oder in der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts nicht Rechnung getragen wurde, zur Beschwerde an das LVwG bzw. zur Revision an den Verwaltungsgerichtshof berechtigt (vgl. auch dazu den zit. Beschluss Ra 2016/10/0096, mwN).
21 In der vorliegenden - ausschließlich eine prozessuale Angelegenheit eines seiner Mitglieder betreffenden - Rechtssache kommt dem Naturschutzbeirat nach § 61 Abs. 3 K-NSG eine Beschwerdelegitimation vor dem LVwG bzw. eine Revisionslegitimation gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG nicht zu. Das gegenständliche Wiedereinsetzungsverfahren betrifft nicht (Naturschutz-)Interessen, die der Naturschutzbeirat wahrzunehmen hat (vgl. VwGH 15.12.2011, 2007/10/0291).
22 Die Revision war daher somit (hinsichtlich des Erstrevisionswerbers ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens gemäß §§ 34 Abs. 2 iVm § 24 Abs. 2 VwGG) gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Wien, am 8. August 2018
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100093.L00Im RIS seit
06.09.2018Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018