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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der L S in W, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. April 2017, Zl. W227 2144603- 1/2E, betreffend Aufhebung und Zurückverweisung i.A. der Gewährung von Studienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Senat der Studienbeihilfenbehörde bei der Stipendienstelle Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Am 17. Mai 2016 stellte die Revisionswerberin einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe/Studienzuschuss für das Masterstudium "Bildungswissenschaft" an der Universität Wien, welches sie im Sommersemester 2016 begonnen hatte.
2 Aufgrund der vorgelegten Unterlagen (u.a. zum Einkommen des Vaters der Revisionswerberin im Jahr 2014) gewährte die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, der Revisionswerberin mit Bescheid vom 9. Juni 2016 Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 319,-- monatlich ab März 2016.
3 1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 Vorstellung gemäß § 42 Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG; darin brachte sie im Wesentlichen vor, das Einkommen ihres Vaters sei falsch mit EUR 28.900,16 jährlich angesetzt worden, weil dieser inzwischen bereits seit 1. Jänner 2016 arbeitslos sei und Notstandshilfe in Höhe von EUR 36,02 täglich beziehe; richtigerweise hätte daher die Höchststudienbeihilfe gewährt werden müssen. Mit der Vorstellung wurde eine Bezugsbestätigung des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 14. Juni 2016 vorgelegt.
4 Mit dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid vom 28. Oktober 2016 gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge und bestätigte den Bescheid vom 9. Juni 2016, wobei sie - mit näherer Begründung - eine Schätzung des Jahreseinkommens des Vaters der Revisionswerberin für 2016 (unter anderem) anhand der von diesem seit Jänner 2016 erhaltenen Zahlungen des AMS vornahm.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24. April 2017 hob das Bundesverwaltungsgericht aufgrund einer Beschwerde der Revisionswerberin den Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück, wobei es die Revision nicht zuließ.
6 Dazu führte das Verwaltungsgericht im Kern begründend aus, bei der Ermittlung des Einkommens zur Beurteilung der Voraussetzung der sozialen Bedürftigkeit gemäß § 6 Z 1 und § 7 StudFG - und daher auch bei einer allfälligen Schätzung nach § 12 Abs. 1 StudFG - sei immer von der Sachlage zum Zeitpunkt der Antragstellung auszugehen, nicht aber von der Zufälligkeit des Entscheidungszeitpunktes. Im vorliegenden Fall seien zu dem für die Beurteilung des Einkommens relevanten Zeitpunkt der Antragstellung am 17. Mai 2016 keine Nachweise über das im laufenden Kalenderjahr 2016 bezogene Einkommen des Vaters der Revisionswerberin vorgelegen, sondern ausschließlich eine Mitteilung des AMS betreffend dessen voraussichtlichen (mit dem Aufrechtbleiben der Anspruchsvoraussetzungen bedingten) Leistungsanspruch bis Ende 2016.
7 Die in den Materialien zum StudFG (Hinweis auf RV 1591 BlgNR, 18. GP, S.13) vorgesehene Voraussetzung des Vorliegens von Einkommensnachweisen über mehr als die Hälfte des laufenden Kalenderjahres sei daher nicht erfüllt. Auch ein Ausnahmefall von dieser Voraussetzung für Schätzungen liege nicht vor: Da die Arbeitslosigkeit des Vaters der Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Antragstellung maximal 4 Monate und 17 Tage dauern habe können, könne vorliegend keinesfalls von einer "langanhaltenden Arbeitslosigkeit" gesprochen werden.
8 Das Einkommen des Vaters der Revisionswerberin sei somit - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - ohne Vornahme einer Schätzung nach § 12 Abs. 1 StudFG auf Basis der zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Nachweise über dessen Einkünfte im Jahr 2014 im Sinn des § 11 StudFG zu bewerten. Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage bloß ansatzweise ermittelt und den maßgeblichen Sachverhalt nicht festgestellt habe, seien die Voraussetzung des § 28 Abs. 3 zweiter Fall VwGVG für eine Aufhebung und Zurückverweisung erfüllt.
2. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt.
9 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 4. Die Revisionswerberin führt in den Zulässigkeitsausführungen ihrer außerordentlichen Revision lediglich aus, die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zur Anwendung des § 12 Abs. 1 StudFG sei weder vom Gesetz noch von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gedeckt. Zu der grundsätzlichen Rechtsfrage, ab welcher Dauer der Arbeitslosigkeit eine Schätzung des Einkommens vorzunehmen sei, liege keine hg. Judikatur vor.
13 5. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision -
bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 26.4.2016, Ra 2015/09/0067, und 25.5.2018, Ro 2018/10/0003, jeweils mwN).
14 Mit den von der Revisionswerberin angesprochenen Rechtsfragen hat sich der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/10/0096, befasst; auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses (insbesondere unter Rz 29 ff) wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
15 6. Mit Blick auf dieses Erkenntnis wirft die vorliegende Revision eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf, weshalb sie zurückzuweisen war.
16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 8. August 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017100097.L00Im RIS seit
06.09.2018Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018