Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer, Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der L S in W, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. April 2017, Zl. W224 2135430- 1/3E, betreffend Gewährung von Studienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Senat der Studienbeihilfenbehörde bei der Stipendienstelle Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Am 3. März 2016 stellte die Revisionswerberin einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe/Studienzuschuss für das Bachelorstudium "Politikwissenschaft" an der Universität Wien, welches sie im Sommersemester 2016 begonnen hatte. Mit dem Antrag wurde (u.a.) eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 21. Jänner 2016 über den Leistungsanspruch des Vaters der Revisionswerberin vorgelegt, wonach dieser mit Beginn 1. Jänner 2016 bis zum voraussichtlichen Leistungsende "vorbehaltlich einer vorherigen Abmeldung oder des Wegfalles der Anspruchsvoraussetzungen" am 29. Dezember 2016 Anspruch auf Notstandshilfe in Höhe von EUR 35,05 täglich habe.
2 Aufgrund der vorgelegten Unterlagen - darunter ein Lohnjahreszettel der Mutter der Revisionswerberin aus 2014 und einer Lohnbescheinigung des Vaters aus 2014 - gewährte die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, der Revisionswerberin mit Bescheid vom 21. März 2016 Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 35,-- monatlich ab März 2016 und EUR 11,-- monatlich ab Juni 2016.
3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 29. März 2016 Vorstellung gemäß § 42 Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG; darin brachte die Revisionswerberin im Wesentlichen vor, ihr Vater beziehe seit 1. Jänner 2016 Notstandshilfe in der Höhe von EUR 35,05 täglich, diese Leistung ende voraussichtlich am 29. Dezember 2016. Da das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen des Vaters eine zumindest ein Jahr dauernde Verminderung um mindestens 10 % gegenüber dem gemäß § 11 StudFG zu berücksichtigenden Einkommen erfahren werde, sei dessen zu erwartendes Jahreseinkommen zu schätzen. Unter Zugrundelegung dieses geschätzten Jahreseinkommens und des monatlichen Nettoeinkommens der Mutter der Revisionswerberin sei dieser die monatliche Höchststudienbeihilfe zu gewähren.
4 Nachdem die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, der Vorstellung mit Vorentscheidung vom 5. April 2016 keine Folge gegeben hatte, stellte die Revisionswerberin einen Vorlageantrag gemäß § 44 StudFG.
5 2. Aufgrund dieses Vorlageantrages änderte die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. Juli 2016 den Bescheid vom 21. März 2016 dahin ab, dass der Revisionswerberin ab März 2016 Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 344,-- monatlich sowie ab Juni 2016 Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 319,-- monatlich gewährt werde.
6 Dem legte die belangte Behörde - mit näherer Begründung - eine Schätzung des Jahreseinkommens des Vaters der Revisionswerberin anhand der von diesem seit Jänner 2016 erhaltenen Zahlungen des AMS zugrunde.
7 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 24. April 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 11 StudFG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 21. März 2016 bestätigte. Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.
8 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - die weiteren Feststellungen zugrunde, der Vater der Revisionswerberin sei vom 1. April 2009 bis 31. Dezember 2015 selbständig für die Tageszeitung "V." tätig gewesen. Für ihn seien in Österreich folgende Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung bzw. Beihilfenbezüge nach dem Arbeitsmarktservicegesetz vorgemerkt: vom 1. Jänner 2016 bis 30. April 2016 Notstandshilfe zu einer Tagessatzhöhe von EUR 36,99 und vom 1. Mai 2016 bis 5. Juni 2016 Notstandshilfe zu einer Tagessatzhöhe von EUR 36,02.
9 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen - im Wesentlichen aus, dass nach der hg. Rechtsprechung - mit Ausnahme von Verwaltungsstrafsachen - im Beschwerdeverfahren nach dem VwGVG das Verbot der reformatio in peius nicht gelte (Hinweis unter anderem auf VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002).
10 Gemäß § 1 Abs. 4 StudFG sei für die Beurteilung von Ansprüchen der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, soweit im Folgenden nichts anderes festgelegt sei. Auch für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße sei gemäß § 7 Abs. 2 StudFG der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend. Gemäß § 6 Z 1 StudFG sei Voraussetzung für die Gewährung von Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig sei.
11 Zur Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit der Revisionswerberin stellte das Verwaltungsgericht auf die nach Lage der mit dem Antrag erbrachten Nachweise zum Zeitpunkt der Antragstellung gegebene Situation ab (Hinweis etwa auf VwGH 22.10.2013, 2011/10/0175).
12 Das dafür maßgebende Einkommen im Sinne des StudFG sei gemäß dessen § 11 Abs. 1 (Z 1) grundsätzlich durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen sei, nachzuweisen. Nach der hg. Rechtsprechung bedeute dies, dass zum Einkommensnachweis der Einkommensteuerbescheid über das Kalenderjahr maßgeblich sei, das zum Zeitpunkt der Antragstellung veranlagt gewesen sei (Hinweis auf VwGH 10.11.1986, 85/12/0118).
13 Im Weiteren erachtete das Verwaltungsgericht die von der belangten Behörde nach § 12 Abs. 1 StudFG vorgenommene Schätzung des zu erwartenden Jahreseinkommens des Vaters der Revisionswerberin als rechtswidrig, weshalb das Einkommen ohne Vornahme einer Schätzung auf Basis der zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Nachweise im Sinn des § 11 StudFG zu bewerten sei:
14 Nach den Gesetzesmaterialien sollten nämlich nur dauernde Einkommensverminderungen, die sich im Gesamtjahresschnitt auswirkten, Anlass zu einer Schätzung sein, nicht aber bloß kurzfristige Schwankungen der Einkommenshöhe, die saisonal oder ausschließlich durch besondere, nicht gleichbleibende Zahlungen des Arbeitgebers (Abfertigungen, Dienstjubiläen) bedingt seien. Für die Vollziehung bedeute dies, dass grundsätzlich Einkommensnachweise über mehr als die Hälfte des laufenden Kalenderjahres vorliegen müssten, um eine solche Prognose durch Schätzung vornehmen zu können. Ausnahmen davon, also Schätzungen nach weniger als sechs Monaten, könnten nur dann erfolgen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Änderung der Einkommensverhältnisse über das ganze Jahr zu einer Verminderung um mindestens 10 % führen werde (etwa bei Pensionierung oder Berentung wegen Krankheit, Unfalls oder Erreichens der Altersgrenze, bei "langanhaltender Arbeitslosigkeit" oder bei Wegfall einer Waisenpension; Hinweis auf RV 1591 BlgNR, 18. GP, S. 13).
15 Fallbezogen lägen zu dem für die Beurteilung des Einkommens relevanten Zeitpunkt (nämlich dem Zeitpunkt der Antragstellung am 3. März 2016) keine Nachweise über das im laufenden Kalenderjahr 2016 bezogene Einkommen des Vaters der Revisionswerberin vor, sondern ausschließlich eine Mitteilung des AMS betreffend den voraussichtlichen (mit dem Aufrechtbleiben der Anspruchsvoraussetzungen bedingten) Leistungsanspruch bis Ende 2016.
16 Die in den Materialien zum StudFG vorgesehene Voraussetzung des Vorliegens von Einkommensnachweisen über mehr als die Hälfte des laufenden Kalenderjahres sei daher nicht erfüllt. Ein Ausnahmefall von dieser Voraussetzung für Schätzungen liege auch nicht vor: Da die Arbeitslosigkeit des Vaters der Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Antragstellung maximal zwei Monate und drei Tage dauern habe können, könne vorliegend keinesfalls von einer "langanhaltenden Arbeitslosigkeit" gesprochen werden.
17 Das Einkommen des Vaters der Revisionswerberin sei somit - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - ohne Vornahme einer Schätzung nach § 12 Abs. 1 StudFG auf Basis der zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Nachweise über dessen Einkünfte im Jahr 2014 im Sinn des § 11 StudFG zu bewerten, was der Vorgehensweise der Studienbeihilfenbehörde in ihrem Bescheid vom 21. März 2016 entspreche.
18 Die Nichtzulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass die anzuwendenden Regelungen klar und eindeutig seien.
19 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 2. Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen aus, es mangle an hg. Rechtsprechung dazu, ob nicht - wenn die Erstbehörde von tatsächlich wesentlich geringeren als im letztvergangenen Kalenderjahr erzielten Einkünften Kenntnis habe - jedenfalls nach § 12 Abs. 1 StudFG eine Schätzung vorzunehmen sei. Der vom Verwaltungsgericht vorgenommene Verweis auf die Gesetzesmaterialien löse diese Rechtsfrage nicht.
23 Im Übrigen sei vorliegend schon zum Zeitpunkt der Antragstellung vorauszusehen gewesen, dass eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung um mindestens 10 % gegenüber dem gemäß § 11 StudFG zu berücksichtigenden Einkommen eintreten werde, und es sei zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses objektiv festgestanden, dass die Arbeitslosigkeit des Vaters der Revisionswerberin "auch im Juli des laufenden Kalenderjahres" noch gegeben gewesen sei.
24 3. Die Revision ist zulässig. Sie erweist sich allerdings nicht als berechtigt.
25 3.1. Die vorliegend in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992 - StudFG, BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 54/2016, lauten wie folgt:
"Voraussetzungen
§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer
Studienbeihilfe ist, daß der Studierende
1. sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),
(...)
Soziale Bedürftigkeit
Kriterien der sozialen Bedürftigkeit
§ 7. (1) Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im
Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. Einkommen,
2. Familienstand und
3. Familiengröße
des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten oder eingetragenen Partners.
(2) Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.
(...)
Einkommensnachweise
§ 11. (1) Das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist wie folgt nachzuweisen:
1. grundsätzlich durch die Vorlage des
Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist; der Einkommensteuerbescheid einer Arbeitnehmerveranlagung ist nicht heranzuziehen, wenn das zuletzt veranlagte Jahr mehr als drei Jahre zurückliegt und im gemäß
Z 2 maßgeblichen Kalenderjahr ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkommen bezogen wurden,
2. bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften außerdem durch die
Vorlage sämtlicher Lohnzettel über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist,
(...)
Sonderfälle der Einkommensbewertung
§ 12. (1) Das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen ist für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu schätzen, wenn es voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung um mindestens 10 Prozent gegenüber dem gemäß § 11 zu berücksichtigenden Einkommen erfährt. Eine Schätzung ist nicht zulässig bei Einkommensschwankungen infolge von Zahlungen gemäß den §§ 67 und 68 EStG 1988 oder bei saisonal bedingten Einkommensschwankungen.
(...)
Erledigung des Antrages
§ 41. (1) (...)
(2) Über Anträge ist von der Studienbeihilfenbehörde ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen drei Monaten zu entscheiden. (...)
(3) Auf Grund des vorgelegten Formularantrages ist ohne weiteres Ermittlungsverfahren unter zweckmäßiger Verwendung moderner technischer Hilfsmittel, insbesondere der automationsunterstützten Datenverarbeitung, mit Bescheid zu entscheiden. (...)"
26 3.2. Die Revisionswerberin vertritt im Wesentlichen die Auffassung, die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung des Einkommens ihres Vaters sei grundsätzlich durch § 12 Abs. 1 StudFG gedeckt, weil bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung objektiv festgestanden sei, dass der Vater seit 1. Jänner 2016 (nur) Notstandshilfe in Höhe von EUR 35,05 täglich bezogen habe, und "nach dem Antragsvorbringen" das zu erwartende Einkommen des Vaters im Jahre 2016, dem Kalenderjahr der Antragstellung, eine zumindest ein Jahr dauernde Verminderung um 10 % gegenüber dem gemäß § 11 StudFG zu berücksichtigenden Einkommen erfahren werde. Darüber hinaus sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde (im Juli 2016) objektiv festgestanden, dass der Vater der Revisionswerberin nach wie vor Notstandshilfeempfänger gewesen sei.
27 Damit ist die Revisionswerberin nicht im Recht. 28 3.3. Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon
ausgegangen, dass nach der ständigen hg. Judikatur die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Vorliegens sozialer Bedürftigkeit (§ 7 StudFG) für die Gewährung von Studienbeihilfe bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung und zwar nach Lage der mit dem Antrag erbrachten Nachweise zu erfolgen hat. Aufgrund der mit dem Antrag erbrachten Nachweise ist ohne weiteres Ermittlungsverfahren zu entscheiden (vgl. statt vieler VwGH 15.9.2003, 2003/10/0117, VwSlg. 16.164 A, sowie VwGH 22.10.2013, 2011/10/0175, mwN).
29 Nach der Bestimmung des § 12 Abs. 1 erster Satz StudFG - deren Anwendung die Revisionswerberin für rechtlich geboten hält -
ist das im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartende Jahreseinkommen für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit zu schätzen, wenn es "voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung" um mindestens 10 % gegenüber dem gemäß § 11 StudFG zu berücksichtigenden Einkommen erfährt.
30 Mit Blick auf diese, unter bestimmten Voraussetzungen eine Schätzung des Jahreseinkommens anordnende Bestimmung hat der Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass auch in diesem Falle sowohl das Vorliegen der die Anwendung des § 12 Abs. 1 StudFG rechtfertigenden Umstände als auch die Grundlagen für die Vornahme einer Schätzung bereits mit dem Antrag vorzubringen bzw. vorzulegen sind (vgl. wiederum das Erkenntnis VwSlg. 16.164 A).
31 Daraus erhellt, dass auch die in § 12 Abs. 1 erster Satz StudFG vorgesehene Prognoseentscheidung hinsichtlich des im Kalenderjahr der Antragstellung zu erwartenden Jahreseinkommens bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung anhand des damit verbundenen Vorbringens und nach Lage der mit dem Antrag erfolgten Nachweise zu erfolgen hat. Ausschließlich auf dieser Grundlage hat die Behörde zu beurteilen, ob das zu erwartende Jahreseinkommen "voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung" in dem in der Bestimmung näher definierten Ausmaß erfährt.
32 3.4. Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht die mit dem Antrag vom 3. März 2016 vorgelegte Mitteilung des AMS vom 21. Jänner 2016 über den Leistungsanspruch des Vaters der Revisionswerberin nicht als ausreichende Grundlage für eine Schätzung nach § 12 Abs. 1 erster Satz StudFG angesehen hat, wurde damit zwar allenfalls der Bezug von Notstandshilfe in dem darin genannten Ausmaß seit Jahresbeginn 2016 bis zum Antragszeitpunkt bescheinigt, nicht jedoch, dass es voraussichtlich zu einer mindestens ein Jahr dauernden Verminderung des Einkommens des Vaters der Revisionswerberin kommen werde.
33 Da das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 1 StudFG zu Recht anhand der Aktenlage zum Antragszeitpunkt beurteilt hat, geht die Verfahrensrüge der Revisionswerberin, das Verwaltungsgericht hätte nicht "ohne Beweiswiederholung" den Bescheid vom 21. März 2016 wiederherstellen dürfen, ins Leere.
34 4. Die sich somit als unbegründet erweisende Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 8. August 2018
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017100096.L00Im RIS seit
06.09.2018Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018