TE Vwgh Beschluss 2018/8/10 Ra 2017/17/0324

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Veröffentlicht am 10.08.2018
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Index

E1E
E1P
E6J
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren
59/04 EU - EWR

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §2 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
MRK Art6
VStG §44a
VwGG §34 Abs1
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
12010E267 AEUV Art267
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
62015CJ0685 Online Games VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der DS in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 27. Februar 2017, LVwG-2016/42/2500-4, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, sowie der sich daran anschließenden hg. Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

5        Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Erkenntnissen vom 16. März 2016 und vom 11. Juli 2018 durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung auch nachgekommen.

6        Zum Vorbringen der Revisionswerberin, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art. 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2017, E 3282/2016, zu verwiesen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK verneint. Soweit Art. 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017,Online Games Handels GmbH ua, C-685/15, stehen darüber hinaus die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. dazu weiters das bereits zitierte Erkenntnis vom 11. Juli 2018).

7        Die Revisionswerberin rügt überdies, die im Straferkenntnis angelastete Tat des „unternehmerisch Zugänglichmachens“ gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) sei nicht hinreichend konkretisiert.

8        Der Revisionswerberin wird im Straferkenntnis vorgeworfen, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten GmbH, als Betreiberin näher bezeichneter Glückspielgeräte zu verantworten, dass die GmbH verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht habe, indem die GmbH es gestattet habe, dass eine bestimmt bezeichnete ungarische Gesellschaft in einer Räumlichkeit des Lokals entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes vier bestimmt bezeichnete Glücksspielgeräte betrieben habe, obwohl eine Konzession oder Bewilligung nicht erteilt worden sei.

9        Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen, aus der Umschreibung der Tatanlastung im Spruch gehe nicht hervor, weshalb die als erwiesen angenommene Tat als ein „unternehmerisches Zugänglichmachen“ von Ausspielungen anzusehen sei, bezieht sich der Tatvorwurf sehr wohl auf alle erforderlichen Tatbestandselemente des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG und ist somit hinreichend konkretisiert (vgl. VwGH 26.4.2017, Ra 2016/17/0273; 11.8.2017, Ra 2017/17/0489).

10       Ebenso wenig ist der Revisionswerberin darin zu folgen, dass im Straferkenntnis die als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandmerkmals der „verbotenen Ausspielung“ mangelhaft umschrieben worden sei, zumal im Spruch ausdrücklich ausgeführt wurde, dass entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes eine Konzession oder Bewilligung nicht erteilt worden sei. Darüber hinaus ergibt sich die Qualifikation der durchgeführten Glücksspiele als verbotene Ausspielungen unmissverständlich bereits aus der Bezeichnung der angelasteten Tat als Verstoß gegen § 2 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG ergibt (vgl. VwGH 11.8.2017, Ra 2017/17/0489, mwN). Die Revisionswerberin zeigt im Zulässigkeitsvorbringen somit betreffend den behaupteten Verstoß gegen die Anforderungen des § 44a VStG keine erhebliche Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

11       Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12       Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 10. August 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170324.L00

Im RIS seit

28.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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