TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/2 LVwG-S-926/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.07.2018

Norm

ASchG 1994 §130 Abs1 Z19
ESV 2012 §12 Abs1
ESV 2012 §12 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin
HR Dr. Hagmann über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt *** vom 16. März 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 240,-- Euro zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 50 und 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt *** vom 16. März 2017, Zl ***, wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C GmbH, diese als Arbeitgeber im Standort ***, ***, wegen zweier Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) bestraft.

Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführer zu verantworten habe, dass am 9. Februar 2016 durch einen namentlich bezeichneten Arbeitnehmer im Schaltkasten des Bremsentribometers im Raum ***-Technikraum

1. Arbeiten nicht im spannungsfreien Zustand und nicht nach den anerkannten Regeln der Technik insbesondere unter Einhaltung der fünf Sicherheitsregeln durchgeführt wurden, obwohl laut § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung 2012 Arbeitgeber/innen dafür zu sorgen haben, dass vor dem Beginn der Arbeiten, die im spannungsfreien Zustand durchgeführt werden, der Arbeitsbereich eindeutig festgelegt wird und die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt werden und

2. Arbeiten nicht im spannungsfreien Zustand durchgeführt wurden, ohne dass der Arbeitnehmer eine Elektrofachkraft oder eine elektrotechnisch unterwiesene Person war. Die Arbeiten wurden auch nicht von einer solchen Person beaufsichtigt, obwohl laut § 12 Abs. 2 Elektroschutzverordnung 2012 Arbeitgeber/innen dafür zu sorgen haben, dass die an der Arbeit beteiligten Personen Elektrofachkräfte oder elektrotechnische unterwiesene Personen sein müssen oder von einer solchen Person beaufsichtigt werden müssen.

Der Beschwerdeführer wurde zu Spruchpunkt 1. gemäß § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung 2012 in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z 19 ASchG und zu Spruchpunkt 2. gemäß § 12 Abs. 2 Elektroschutzverordnung 2012 in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z 19 ASchG gemäß § 130 Abs. 1 Einleitungssatz ASchG mit
2 Geldstrafen im Ausmaß von je Euro 600 (Ersatzfreiheitsstrafe: je 24 Stunden) bestraft.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am Vorfallstag seien Arbeiten durch den namentlich bezeichneten Arbeitnehmer im Schaltkasten des Bremsentribometers im nicht spannungsfreien Zustand durchgeführt worden. Der Arbeitnehmer sei weder Elektrofachkraft noch eine elektrotechnisch unterwiesene Person. Der Arbeitnehmer habe die HTBLA, Fachrichtung Mechatronik besucht und eine Lehre zum Kraftfahrzeugtechniker abgeschlossen. Eine nachweisliche Unterweisung gemäß § 14 ASchG als elektrotechnisch unterwiesene Person liege für ihn nicht vor. Die Arbeiten, die durch den Arbeitnehmer ausgeführt wurden, seien nicht durch den Arbeitgeber in der Art gestaltet gewesen, als vor dem Beginn der Arbeiten der Arbeitsbereich festgelegt worden wäre und die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt worden wären. Die Arbeiten seien nicht im spannungsfreien Zustand ausgeführt worden und insbesondere wären die fünf Sicherheitsregeln gemäß § 12 Abs. 1 ESV 2012 nicht eingehalten worden.

Bei der Strafbemessung sei als mildernd gewertet worden, dass keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vorliegen, erschwerend sei nichts zu werten. Die Strafhöhe sei mit jeweils 7,2 % des Höchststrafausmaßes festgesetzt worden und sei diese Strafhöhe mit Rücksicht auf das zu schützende Rechtsgut gerechtfertigt.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde eingeräumt, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer der GmbH und dass der Betroffene zum Vorfallszeitpunkt Dienstnehmer der genannten Gesellschaft gewesen sei. Dieser habe Arbeiten im Schaltkasten durchgeführt, wobei diese Arbeiten nicht im spannungsfreien Zustand durchgeführt wurden und der Genannte in den Stromkreis geriet. Bei der Gesellschaft handle es sich um einen Forschungsbetrieb, bei welchem sich die durchzuführenden Tätigkeiten oder Arbeitsschritte an den Erfordernissen der jeweiligen Forschungsaufgabe orientieren würden. Der Dienstnehmer habe in den Jahren 2001-2005 die HTBLA, Fachrichtung Mechatronik, besucht und eine Lehre zum Kraftfahrzeugtechniker abgeschlossen. Er sei immer wieder beim Aufbau von Schaltkästen für Tribometer im Sinne einer Weiterbildung einbezogen worden, wobei diese Schulungen von elektrotechnisch ausgebildeten Personen und Elektrofachkräften erfolgt wären.

Das Straferkenntnis sei rechtswidrig, da eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates eingeholt worden sei, dies zur Beurteilung, ob der betroffene Dienstnehmer als Person im Sinne des § 12 Abs. 2 Elektroschutzverordnung zu qualifizieren wäre und damit eine Elektrofachkraft im Sinne des § 1 Abs. 3 der zitierten Verordnung wäre, jedoch diese Stellungnahme dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht wurde. Im Rahmen einer tiefgreifenden Erörterung des Sachverhaltes hätte aufgeklärt werden können, dass diese Qualifikation dennoch vorliege und hätte die erkennende Behörde nicht ausschließlich den Ausführungen des Arbeitsinspektorates Glauben geschenkt und bei seiner rechtlichen Qualifikation deren Rechtsmeinung zu Grunde gelegt.

Gemäß dem Lehrplan der höheren Lehranstalt für Mechatronik sei Lehrziel, dass der Schüler die für die Fachrichtung bedeutsamen Gesetze der Elektrotechnik kennen soll, die elektrotechnischen Probleme selbstständig lösen können und die einschlägigen Vorschriften, Normen und Sicherheitsmaßnahmen kennen und beachten solle. Der Dienstnehmer habe die elektrotechnische Ausbildung positiv absolviert, sodass er in Kenntnis der einschlägigen gesetzlichen Normen sei, also auch der Elektroschutzverordnung und des Arbeitnehmerschutzgesetzes. Er habe im Weiteren die Ausbildung zur Sicherheitsvertrauensperson im Juni 2010 absolviert.

Das Straferkenntnis sei darüber hinaus rechtswidrig, da im Spruch vorgeworfen werde, dass die Arbeiten nicht im spannungsfreien Zustand gemäß § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung durchgeführt wurden. Tatsächlich spreche die angezogene Gesetzesstelle von Arbeiten im spannungsfreien Zustand. Dieser Widerspruch sei nicht aufklärbar, denn entweder wären Arbeiten im spannungsfreien oder im nicht spannungsfreien Zustand durchzuführen.

In jedem Fall aber sei die Bestrafung zu hoch. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten, dies trotz einer Jahrzehnte langen einschlägigen Tätigkeit als Geschäftsführer darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, dass der Vorfall zu keinerlei Beeinträchtigungen weder psychischer noch physischer Natur noch zu Beschädigungen an Sachen geführt habe.
Es wurde beantragt, eine öffentliche Verhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in Entsprechung des § 44 VwGVG in Anwesenheit des Vertreters des Beschwerdeführers sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen D, E, F und G, weiters durch Beiziehung eines Amtssachverständigen für Elektrotechnik, sowie weiters durch Einsicht in die Akten des Verfahrens, auf deren Verlesung verzichtet wurde, Beweis erhoben wurde.

Der Beschwerdeführer verwies im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf, dass es sich beim Unternehmen um ein Forschungsinstitut auf privatwirtschaftlicher Basis handle, dessen Gegenstand die Erforschung von Reibungs- und Verschleißeigenschaften von Systemen sei. Der Verunfallte sei nach seinem Dienstvertrag als Werkstatt-Labortechniker im Betrieb tätig gewesen. Zur Ausbildung sei auf die vorgelegten Urkunden zu verweisen. Weiterhin sei auf das Organisationshandbuch der GmbH zu verweisen, das der Betreffende nachweislich zur Kenntnis genommen habe und wonach jeder Dienstnehmer verpflichtet sei, sich mit den Sicherheitsvorschriften vertraut zu machen und diese einzuhalten.

Weiter könne er nicht genau bezeichnen, wer die elektrotechnisch ausgebildete Person gewesen sei, die hinsichtlich des Betroffenen Schulungsmaßnahmen durchgeführt habe. Es sei ihm nicht bekannt, ob es einen Nachweis für die Unterweisung gebe. Es gebe viermal im Jahr Mitarbeiter-Workshops, die das ganze Unternehmen betreffen würden, dazu gäbe es auch Teilnehmerlisten.

Der Zeuge E erklärte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, seine Aufgabe am Vorfallstag sei es gewesen, eine Lampe in eine Kapsel einzubauen. Er habe den dienstlichen Auftrag von einem Kollegen aus einem anderen Pool erhalten. Der für ihn zuständige Poolleiter-Stellvertreter habe ihm erklärt, wo und wie diese Lampe einzubauen sei. Seine Aufgaben im Unternehmen seien mechanische Aufgaben gewesen. Der Poolleiter-Stellvertreter habe die Anlagen abgeschaltet, so habe er vermutet durch die Aussage, dass es jetzt losgehen kann. In Wahrheit sei irgendetwas nicht abgeschaltet gewesen und er sei in den Stromkreis gekommen. Zu seiner Berufsausbildung befragt gab er an, den 2. Jahrgang der HTL für Automatisierungstechnik positiv abgeschlossen zu haben und die Schulausbildung im 3. Jahrgang abgebrochen zu haben. Er habe eine Lehre als Kfz-Techniker absolviert und erfolgreich abgeschlossen, ebenso als technischer Zeichner. Grundsätzlich habe er im Betrieb der GmbH keine elektrotechnischen Arbeiten ausgeführt. Dies sei nur ausnahmsweise im konkreten Fall erfolgt. Nach dem Vorfall habe er einen Kurs besucht betreffend Sicherheitsvorschriften für fächerübergreifende Tätigkeiten, habe aber in der Folge keine elektrotechnischen Tätigkeiten in der Firma ausgeübt. Er sei in der GmbH zu keinem Zeitpunkt elektrotechnisch geschult worden. Sein Arbeitsverantwortlicher habe den Raum verlassen und danach habe er mit der Arbeit begonnen. Er habe mit Elektrowerkzeug gearbeitet. Er habe den Schraubenzieher angesetzt und die Hand verdreht mit dem Schraubenzieher und habe danach den Stromschlag verspürt. Die Berührung, die den Stromschlag ausgelöst hat, sei mit dem Rahmen vom Schaltkasten gewesen. Nach dem Unfall sei zusätzlich bei der Einspeisung der Kabine des Prüfgerätes ein Hauptschalter installiert worden. Er sei in dem Pool als mechanischer Arbeiter angestellt gewesen und nicht als Elektrotechniker und er habe sich nicht darum gekümmert ob irgendwelche Schutzschalter existieren, weil er sich darauf verlassen habe, dass abgeschaltet sei. Er habe gesehen, dass eine Leitung, von der er gemeint habe, es sei die Hauptleitung, ausgesteckt worden sei. Zum Vorfallszeitpunkt seien ihm die fünf Sicherheitsvorschriften nicht bekannt gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er für das Mechanische zuständig sei und nicht Elektrotechniker sei. Er habe eine Ausbildung zur Sicherheitsvertrauensperson gemacht, wobei der Ausbildungsinhalt prinzipiell allgemeiner Natur war. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er die durchgehende Anwesenheit des Vorgesetzten einfordern hätte müssen.

Er habe sich nach dem Vorfall nicht ins Krankenhaus begeben. Er habe vor dem Arbeitsvorgang nicht nachweislich eine Unterweisung bekommen und er sei auch nicht auf allfällige Schutzmaßnahmen hingewiesen worden. Das Organisationshandbuch habe er zur Kenntnis genommen.

Der Zeuge D verwies darauf, dass am 30.3.2016 aufgrund einer Unfallmeldung der AUVA, wonach es am 9.2.2016 im Zuge von Verkabelungsarbeiten zu einem Stromschlag gekommen sei, von ihm eine Erhebung vor Ort durchgeführt worden sei. Diese Meldung sei durch die Firma erstattet worden, eine ärztliche Bestätigung darüber liege nicht vor. Er habe seine Erhebungen mit Firmenvertretern und mit dem Verunfallten durchgeführt. Bei den vom Verunfallten im Zuge der durchgeführten Erhebung beschriebenen Arbeiten habe es sich um solche gehandelt, die im spannungsfreien Zustand durchzuführen seien. Der Verunfallte habe keine nachweisliche Unterweisung erhalten, weder eine schriftliche noch eine mündliche, und seien dem Zeugen Unterlagen dazu nicht vorgelegt worden. Es sei von ihm zu keinem Zeitpunkt angezweifelt worden, dass es sich um einen Stromschlag gehandelt habe.

Routinemäßig werde nach einer allgemeinen Unterweisung des Arbeitnehmers gefragt. Eine solche sei aus Anlass der Erhebungen nicht vorgelegt worden. Es sei auch nach der Gefahrenevaluierung im Betrieb gefragt worden und sei konkret zu diesem Stromunfall nichts dazu vorgelegt worden. Bei der allgemeinen Unterweisung sei ein zuständiger Firmenvertreter dabei. Von Seiten des Arbeitsinspektorates sei keine elektrotechnische Begutachtung des Tribometers vorgenommen worden. Separate Schutzschalter seien seitens des Arbeitsinspektorates nicht angeordnet worden.

Der der Verhandlung beigezogene Amtssachverständige für Elektrotechnik führte über Befragung aus, dass die vom Verunfallten beschriebene Tätigkeit im spannungsfreien Zustand unter Einhaltung der fünf Sicherheitsregeln durchzuführen gewesen wäre. Diese Maßnahmen wären vor Beginn der Arbeiten an der elektrischen Anlage zu treffen gewesen. Auch der Umstand, dass ein Fehlerstrom-Schutzschalter nicht ausgelöst hat, schließe eine Elektrisierung des Arbeitnehmers nicht aus. Grundsätzlich sei es möglich, dass bei einem Kontakt mit spannungsführenden Teilen nach dem Trenntransformator der FI-Schutzschalter nicht auslöse, da im Primärkreis durch den FI-Schutzschalter kein Fehlerstrom detektiert werde bzw. im Fall des (konkreten) Arbeitsplatzes (Arbeiten mit Sicherheitsschuhen und polymerbeschichteter Fußboden) es durchaus möglich sei, dass bei Kontakt mit spannungsführenden Teilen ein zu geringer Fehlerstrom, d.h. unter der Auslöseschwelle des FI-Schutzschalters, durch den Körper fließe. Grundsätzlich sei eine Elektrisierung mit Sicherheitskleidung und Sicherheitsschuhen möglich.

Aus sachverständiger Sicht sei zur Qualifikation des Arbeitnehmers davon auszugehen, dass dieser nicht als Elektrofachkraft im Sinne der ÖVE/ÖNORM EN 50 110-1 anzusehen sei. Der Arbeitnehmer sei in der Firma nicht für elektrotechnische Arbeiten angestellt gewesen, sondern nur für Arbeiten mechanischer Natur und habe auch keine entsprechende Unterweisung erhalten.

Der Zeuge F, (weiterer) handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und als fachkundige Person in Kenntnis des Aufbaus des gegenständlichen Tribometers, erklärte den elektrotechnischen Aufbau desselben und pflichtete auf Grund seiner Fachkunde den sachverständigen Ausführungen samt Begründung dahingehend bei, wonach der Umstand, dass ein Fehlerstrom-Schutzschalter nicht ausgelöst hat, eine Elektrisierung des Arbeitnehmers nicht ausschließe. Es gäbe einen Sicherungsautomaten im Schaltschrank und es gäbe einen FI im Haustechnikraum des Gebäudes, von wo aus die Stromkreise ins Labor führen würden. Der Versuchsaufbau werde über einen eigenen Trenntransformator versorgt.
Es gäbe keine Hinweise, dass die Hauptsicherung des Gebäudes an diesem Tag ausgelöst worden sei; derartiges wäre auf den Arbeitsplätzen und Testständen aufgefallen. Im Zuge des Aufbaus des verfahrensgegenständlichen Gerätes sei von einem Maschinenbediener der Wunsch geäußert worden, in der Testzelle noch zusätzlich Licht anzubringen. Dieser Wunsch sei im Wege des Laborleiters an eine nicht mehr bestimmbare Person weiter gegeben worden und es sei nicht nachvollziehbar, wer den Verunfallten damit beauftragt haben könnte. Dieser sei eigentlich in der Werkstatt angestellt. Er habe immer wieder den Wunsch geäußert, mehr zu machen. Es sei nicht auszuschließen, dass er die hier gegenständliche Arbeit auf eigenen Wunsch übernommen habe. Als sehr genauer Mitarbeiter und Sicherheitsvertrauensperson sei er auch über den Arbeitnehmerschutz hinreichend informiert gewesen. Es sei möglich, dass der Verunfallte selbst die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten habe, weil er für Arbeiten in der Werkstatt eingestellt worden sei und nicht für das Labor, wo sich das Gerät befunden habe. Nach dem Erkenntnisstand des Zeugen sei der Verunfallte elektrotechnisch ausgebildet gewesen, was aus den ihm übergebenen Bewerbungsunterlagen im Zusammenhang mit den mit ihm geführten Gesprächen geschlossen werden könne.
Es gäbe allgemeine Einschulungen und einen jährlichen Mitarbeiter-Workshop mit grundsätzlichen Hinweisen und verschiedenen Hinweisen für alle Mitarbeiter, nicht nur in elektrotechnischer Hinsicht. Es bestehe ein Weisungszusammenhang im Unternehmen dahin gehend, dass es im Rahmen der Organisation die Geschäftsführung gäbe, auf der darunter liegenden Ebene die Pool-Leitungen und wäre der für den Verunfallten zuständige Pool-Leiter befugt gewesen, im Namen der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen. Der zuständige Pool-Leiter sei am Vorfallstag nicht anwesend gewesen. Es gäbe keinen formal beauftragten Stellvertreter, aber es gäbe Ansprechpersonen, die von den Pool-Leitern genannt werden. Am Vorfallstag sei für den Verunfallten Herr G Ansprechperson gewesen. Er bekleide die Funktion des Werkstattleiters.
Vor dem Vorfall seien die fünf Sicherheitsregeln in den Merkblättern der AUVA aufgelegen. Nach dem Vorfall seien (näher bezeichnete) geräteseitige Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden.

Der Zeuge G verwies auf seine Funktion als Werkstättenleiter und bezeichnete sich selbst als Pool-Leiter-Stellvertreter. Am Vorfallstag sei er Ansprechperson für Herrn E gewesen. Dieser habe ihn vom Stromunfall informiert. Daraufhin seien die notwendigen Maßnahmen gesetzt worden, nämlich die Erstattung der Meldungen und das Gerät sei noch einmal angeschaut worden und vom Strom getrennt worden. Der Zeitpunkt, zu dem er informiert worden sei, konnte nicht mehr genannt werden.
Zum Vorfall selbst wurde ausgeführt, der Verunfallte habe ihn darüber informiert, dass eine Lampe zu installieren sei, aber nicht darüber, dass er selbst diese installieren wollte. In diesem Zusammenhang habe er ihm erklärt, wo die Eingangsklemmen für den Netzanschluss seien, damit die Lampe installiert werden könne, die auch bei abgeschaltetem Hauptgerät in der Testzelle leuchten könne. Weiter habe der Zeuge nichts damit zu tun gehabt, er habe dem Arbeitnehmer keinen Auftrag erteilt, diese Arbeit auszuführen und er habe ihm auch sicherlich keinen Hinweis gegeben, dass er jetzt mit irgendwelchen Arbeiten beginnen könne. Er habe das Gerät auch nicht stromfrei geschalten.

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der in *** etablierten und im Firmenbuch zu Zahl *** eingetragenen C GmbH, in deren Betriebsbereich am 9. Februar 2016 der namentlich bezeichnete Dienstnehmer Arbeiten an einer elektrischen Anlage durchgeführt hat, bei welchen er einen Stromschlag erlitten hat. Die Anlage war vor Beginn der Arbeiten nicht freigeschaltet worden und wurde dies auch nicht vor Beginn der Arbeiten kontrolliert.
Der Arbeitnehmer war nicht in der Lage, Gefahren durch die Elektrizität selbstständig zu erkennen und zu vermeiden. Er wurde auf die Gefahren nicht aufmerksam gemacht und hat keine Unterweisung durch eine Elektrofachkraft erhalten. Er wurde bei den Arbeiten auch nicht von einer elektrotechnisch unterwiesenen Person beaufsichtigt.

5.   Beweiswürdigung:

Es steht ohne Zweifel fest, dass der verunfallte Arbeitnehmer die beschriebenen Tätigkeiten elektrotechnischer Art, nämlich Arbeiten im Zuge der Installation einer (zusätzlichen) Beleuchtung im Schaltschrank, ausgeführt hat. Das ergibt sich aus dem Anzeigeinhalt im Zusammenhang mit dem Ergebnis des gesamten Beweisverfahrens, insbesondere aus der Aussage des Zeugen E (im Weiteren: Verunfallter) im Zusammenhang mit dem vom Arbeitgeber an die AUVA erstatteten Unfallbericht und steht auch im Einklang mit den Wahrnehmungen des Zeugen D (Erhebungsorgan des Arbeitsinspektorates) im Zuge der Unfallerhebung und den dazu in der mündlichen Verhandlung getroffenen Aussagen. Insbesondere ist auch bereits im Beschwerdevorbringen eingeräumt worden, dass sich der Vorfall derart zugetragen hat, worin zudem ausdrücklich ausgeführt ist, dass die Arbeiten nicht im spannungsfreien Zustand erfolgten, wonach der Genannte in den Stromkreis geriet. Allfällige im Zuge der Verhandlung geäußerte davon abweichende Darstellungen, wonach möglicherweise eine Elektrisierung gar nicht stattgefunden habe, sind schon aus diesem Grund als nicht nachvollziehbare Schutzbehauptung zurückzuweisen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus den Ausführungen des (beigezogenen) Amtssachverständigen (für Elektrotechnik), deren Inhalt vom (ebenfalls fachkundigen) Zeugen F bestätigt wurden, dass auch der Umstand, dass ein Fehlerstrom-Schutzschalter nicht ausgelöst hat (davon ist im gegenständlichen Fall auszugehen), nicht ausschließt, dass eine Elektrisierung dennoch stattgefunden hat. Es ist somit nicht zweifelhaft, dass die dargestellten elektrotechnischen Arbeiten vom Verunfallten ausgeführt wurden und dass er dabei in den Stromkreis geraten ist.

Dass bei den Arbeiten eine elektrotechnisch unterwiesene Person anwesend gewesen wäre, wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet und ergibt sich dies auch nicht aus den Angaben des Verunfallten. Geradezu gegenteilig geht aus dessen Angaben glaubwürdig hervor, dass er die Arbeiten allein ausgeführt hat, dies nachdem der für ihn zuständige Arbeitsverantwortliche den Raum verlassen hatte. Die Ausführungen zum Arbeits- und Unfallverlauf seitens des Verunfallten sind nachvollziehbar und schlüssig. Daran ändern auch die Aussagen des Zeugen G nichts, zumal aus den Angaben sämtlicher betriebskundigen Personen zu ersehen ist, dass Herr G am Vorfallstag Ansprechperson für den konkreten Arbeitnehmer war und die Darstellungen zur Organisation des Unternehmens funktional eine Ansprechperson als Vorgesetzten für den Fall der Abwesenheit des Pool-Leiters ausweisen. Ungeachtet des nicht näher relevanten Umstandes, ob der Arbeitnehmer diese Arbeit über ausdrücklichen Auftrag seiner – in diesem Sinn als Vorgesetzten anzusehenden – Ansprechperson ausgeführt hat, oder (bloß) mit dessen Wissen oder selbst wenn er – wie dies aus den Angaben des Zeugen G hervorgeht, nicht darüber informiert gewesen ist, dass Herr E selbst diese Lampe installieren wollte – war er jedenfalls grundsätzlich in Kenntnis der Notwendigkeit dieses Arbeitsvorganges und hat selbst dem Verunfallten auch noch Erklärungen zu den Eingangsklemmen für den Netzanschluss gegeben. Ausdrücklich hat der Zeuge G weiters ausgeführt, das Gerät nicht stromfrei gesetzt zu haben.
Es ist somit den Darstellungen des Verunfallten zu folgen, wonach die Arbeiten von ihm ohne Beaufsichtigung durchgeführt wurden.

Weiter ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass der verunfallte Arbeitnehmer keine Unterweisung durch eine Elektrofachkraft erhalten hat, die ihn in die Lage versetzt hätte, Gefahren, die von Elektrizität ausgehen können, zu vermeiden, zumal eine ausdrückliche Bestätigung über eine derartige Unterweisung nicht vorliegt. Dies steht im Einklang mit der Aussage des Verunfallten, eine derartige ausdrückliche elektrotechnische Unterweisung nicht erhalten zu haben. Es besteht kein Anlass an diesen Angaben zu zweifeln, zumal das im Übrigen auch im Einklang mit den Angaben des Zeugen D steht, der aus Anlass der Unfallerhebungen diesen Umstand hinterfragt hat und dem ebenfalls keine Unterweisung des Arbeitnehmers bestätigt werden konnte. Auf eine elektrotechnische Unterweisung gibt es somit keine Hinweise.

Hinsichtlich der Berufsausbildung des Arbeitnehmers – soweit hier relevant – ist den vorgelegten Urkunden und den Angaben des Arbeitnehmers zu Folge davon auszugehen, dass der zweite Jahrgang der HTBLA für Automatisierungstechnik erfolgreich abgeschlossen wurde, der im Lehrplan das Fach „Elektrotechnik“ aufweist. Darüber hinaus gehende elektrotechnische Ausbildungsschritte hat der Arbeitnehmer jedenfalls vor dem Unfallzeitpunkt nicht gesetzt oder erhalten. Insbesondere haben die dem Arbeitnehmer zugeführten Unterweisungen nach dem Tatzeitpunkt keine verfahrensrelevanten Wirkungen, ebenso wie auch das Vorliegen einer im Jahr 2010 absolvierten Ausbildung zur Sicherheitsvertrauensperson, die nicht in Frage gestellt wird, keine Auswirkungen auf die einer (rechtlichen) Beurteilung zu Grunde zu legenden Fakten im Hinblick auf die Qualifikation als Elektrofachkraft oder elektrotechnisch unterwiesene Person zeitigt.

Unzweifelhaft ist davon auszugehen, dass bereits zum Vorfallszeitpunkt – den Arbeitnehmerschutz betreffende – organisatorische Maßnahmen gesetzt waren, wie etwa schriftliche Regelungen betreffend das verbindliche Verhalten in der Werkstatt (Werkstattordnung), Regelungen in den Dienstverträgen der Mitarbeiter, nachweisliche Kenntnisnahme des Inhaltes der Werkstattordnung und Auflage eines Qualitätsmanagementhandbuches sowie eigenständige Richtlinien je Laborbereich. Es wird die Darstellung des Beschwerdeführers nicht bezweifelt, dass es im Betrieb regelmäßig Mitarbeiter-Workshops gab, in deren Zuge die allgemeine Gesundheits- und Sicherheitseinschulung je Pool aufgefrischt wird und, dass der Verunfallte am 3.7.2015 (sein Dienstantritt war am 1.6.2015) an einer derartigen Einschulung teilnahm. Ebenso ist unzweifelhaft davon auszugehen – wie dies vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner umfangreichen schriftlichen Äußerung vom 21. Juni 2018 dargestellt wurde – dass Merkblätter der AUVA und der „Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit“ (im Betrieb) verwendet werden, die auch als elektronische Dokumente allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.

Ebenso wird die in Folge eingetretene, umsichtige Vorgangsweise des Arbeitgebers zur Kenntnis genommen, dass aus dem gegebenen Anlass eine Überarbeitung des Qualitätshandbuches erfolgte und in Berücksichtigung des (gegenständlichen) Vorfalles vom 9.2.2016 im April 2016 eine schriftliche Unterweisung „richtiges Verhalten im Tribometrie-Labor“ verfasst wurde sowie, dass es darüber in der Folge Schulungen mit den Mitarbeitern (auch mit Herrn E) gab (entsprechende Nachweise liegen vor).

6.    Erwägungen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung 2012 haben Arbeitgeber/innen dafür zu sorgen, dass vor dem Beginn von Arbeiten, die im spannungsfreien Zustand durchgeführt werden, der Arbeitsbereich eindeutig festgelegt wird und die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt werden. Dabei sind insbesondere die fünf Sicherheitsregeln einzuhalten:

1. Freischalten,

2. gegen Wiedereinschalten sichern,

3. Spannungsfreiheit feststellen,

4. Erden und Kurzschließen:

a) in Hochspannungsanlagen jedenfalls,

b) in Kleinspannungs- oder Niederspannungsanlagen, wenn die Gefahr besteht, dass die Anlage unter Spannung gesetzt wird,

5. benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.

Gemäß § 12 Abs. 2 Elektroschutzverordnung 2012 müssen alle an der Arbeit beteiligten Personen Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen sein oder von einer solchen Person beaufsichtigt werden.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 19 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) ist mit Geldstrafe von € 166,-- bis € 8.324,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von € 333,-- bis € 16.659,-- zu bestrafen, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Vorbereitung, Gestaltung und Durchführung von Arbeitsvorgängen oder die Einrichtung, Beschaffenheit und Erhaltung von Arbeitsplätzen verletzt.

Zunächst ist mit Blick auf das Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen, dass den zweifelsfreien Feststellungen zu Folge der verunfallte Arbeitnehmer Arbeiten ausgeführt hat, die im spannungsfreien Zustand auszuführen waren. Wenn die Beschwerde einen rechtlich relevanten Widerspruch darin erkennen will, dass die angezogene Gesetzesstelle vom spannungsfreien Zustand spreche, dem gegenüber in der Tatbeschreibung ausgeführt sei, die Arbeiten seien nicht im spannungsfreien Zustand gemäß § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung ausgeführt worden, so liegt darin keine inhaltliche Rechtswidrigkeit, da die Tatbeschreibung geradezu ausführt dass Arbeiten – entgegen dieser Vorschrift – im nicht spannungsfreien Zustand ausgeführt worden sind. Die belangte Behörde hat zu Recht die konkrete Übertretungsnorm herangezogen.

Nach den Feststellungen verrichtete der verunfallte Arbeitnehmer am Vorfallstag Arbeiten, die im spannungsfreien Zustand auszuführen waren. Somit wäre es dem Arbeitgeber – hier konkret dem Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der GmbH – oblegen, dafür zu sorgen, dass vor Beginn der Arbeiten der Arbeitsbereich eindeutig festgelegt wird und die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt werden. Dies bedeutet jedenfalls die Einhaltung der in der Verordnung bezeichneten fünf Sicherheitsregeln. Diese Umstände allein sind tatbestandsmäßig. Den Feststellungen zufolge war die Anlage, an welcher der Arbeitnehmer gearbeitet hat, nicht freigeschalten und wurde die Spannungsfreiheit vor Beginn der Arbeiten nicht festgestellt. Somit wurden die in § 12 Abs. 1 Elektroschutzverordnung enthaltenen Sicherheitsregeln jedenfalls in diesen Punkten nicht eingehalten und haben die Verwirklichung des Straftatbestandes durch den Beschwerdeführer zur Folge.

Zur Erfüllung des herangezogenen Tatbestandes ist kein Erfolg der Tathandlung erforderlich, sondern es wird das Unterlassen näher beschriebener Maßnahmen, insbesondere die Nichtbeachtung der fünf Sicherheitsregeln, pönalisiert. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer in den Stromkreis geraten ist, mag der Tatbeschreibung dienen, ist in diesem Sinne aber nicht tatbildlich (vergleichbar dazu Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 Elektroschutzverordnung, vgl. z.B. VwGH
Ra 2017/02/0039 mwH). Somit ist auch die in der Beschwerde ausgeführte, möglicherweise zutreffende Behauptung, dass der Vorfall keinerlei Beeinträchtigungen weder physischer noch psychischer Natur nach sich gezogen hat, nicht weiter relevant.

Soweit der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses einwendet, der Arbeitnehmer sei im Vorfallszeitpunkt Elektrofachkraft oder elektrotechnisch unterwiesene Person gewesen, ist auf die zweifelsfreien Feststellungen zu verweisen, wonach das Beweisverfahren keine elektrotechnische Unterweisung durch eine Elektrofachkraft ergeben hat, somit von diesem Umstand nicht auszugehen war und somit der verunfallte Arbeitnehmer im Sinne der herangezogenen Norm an einer Arbeit beteiligt war, ohne elektrotechnisch unterwiesen worden zu sein.
Der konkrete Arbeitnehmer ist aber auch nicht als Elektrofachkraft zu qualifizieren. Gemäß ÖVE/ÖNORM EN 50-110, BGBl. II 2010/223, P. 3.2.3, ist Elektrofachkraft eine Person mit geeigneter fachlicher Ausbildung, Kenntnissen und Erfahrung, so dass sie Gefahren erkennen und vermeiden kann, die von der Elektrizität ausgehen können. Dabei ist zunächst als zutreffend anzusehen, dass eine absolvierte einschlägige Berufsausbildung jedenfalls die Kenntnisse der Elektrotechnik vermittelt. Es ist aber nicht die Kenntnis der Elektrotechnik alleine, die eine Elektrofachkraft ausmacht. Insbesondere die Kenntnis der Anlage (Anlagenart) und die praktische Erfahrung mit der vorgesehenen Arbeit sind Bedingungen, die auch von Personen mit einschlägiger Fachausbildung erst erworben werden müssen [in diesem Sinne auch: Ausbildungsrichtlinie für Arbeiten unter Spannung (OVE-Richtlinie R16)]. Ausgehend davon, dass eine Elektrofachkraft somit in der Lage sein muss, Gefahren zu erkennen und zu vermeiden, und ohne darauf weiter eingehen zu müssen, ob die konkrete Schulausbildung (letzter positiver Abschluss ist der 2. Jahrgang der HTBLA, Automatisierungstechnik), diesem Erfordernis entspricht, fehlt im Fall des konkreten Arbeitnehmers aber ohne jeden Zweifel die tätigkeitsbezogene Erfahrung mit elektrotechnischen Arbeiten sowie das Erfordernis der Kenntnisse und Arbeitserfahrung an der jeweiligen Anlage (oder Anlagenart), hat sich nämlich – den auch von Seiten des Arbeitgebers bestätigten Ausführungen zu Folge – eine ausschließliche Tätigkeit des Verunfallten im mechanischen Bereich erwiesen.

Die im Spruchpunkt 2. angelastete Übertretung ist somit ebenfalls als erwiesen anzusehen.

Den Beschwerdeführer trifft das Verschulden an den gegenständlichen Übertretungen.

Dazu ist im Folgenden auszuführen, dass sich der Beschwerdeführer im Verfahren in umfangreicher Darstellung der betrieblichen Strukturen, beinhaltend Ordnungsvorschriften und Schulungsmaßnahmen, gegen ein ihn treffendes Verschulden an den angelasteten Verwaltungsübertretungen wendet. Mit den dargestellten Maßnahmen (Ordnungsvorschriften) und den regelmäßige Schulungen beinhaltende Work-Shops seiner Arbeitnehmer sowie dem Hinweis, dass es letztlich der Arbeitnehmer selbst gewesen sei, der die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten habe, hat er jedoch nicht dargetan, dass er im konkreten Fall geeignete Maßnahmen getroffen hat, die die Arbeiten an einer elektrischen Anlage in Missachtung der Sicherheitsregeln zu verhindern geeignet gewesen wären. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. 2003/02/0030, u.a.) ist zunächst darauf zu verweisen, dass es sich bei gegenständlicher Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens und einer Gefahr nicht gehört. Mit dem (bloßen) Hinweis auf umfassende Ordnungsvorschriften und Schulungsmaßnahmen verkennt der Beschwerdeführer, dass selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen hat. Indem der Beschwerdeführer jedoch keine geeigneten Kontrollmaßnahmen im Hinblick auf die Einhaltung der konkreten arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen durch den in seinem Betrieb tätigen Arbeitnehmer aufgezeigt hat, kommt einer allfälligen „Eigenmächtigkeit“ des Arbeitnehmers kein den Beschwerdeführer entlastendes Gewicht zu (vgl. VwGH 2003/03/0030; vgl. weiter VwGH 2010/02/0242, wonach ein ausreichendes Kontrollsystem auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat und es kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten).

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz idF BGBl. I Nr. 33/2013 ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt der Strafzumessung ieS der durch die Tat verwirklichte, aus Erfolgs- und (objektivem) Handlungsunwert bestehende Tatunwert ist. Maßgeblich ist insoweit nicht die abstrakte Wertigkeit des betroffenen Rechtsguts bzw. geschützten Interesses (diese spiegelt sich im Strafrahmen wider), sondern das Ausmaß, in dem dieses durch die Tat konkret beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 5.11.1991, 91/04/0102; 2.10.2012, 2011/21/0227; 2.10.2012, 2011/21/0211). Darüber hinaus kommt im ordentlichen Verfahren auch dem Gesinnungsunwert (subjektive Kriterien) zentrale Bedeutung zu. Nur dort sind grundsätzlich die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Die Strafzumessung im ordentlichen Verfahren orientiert sich, soweit dem Eigenarten des Verwaltungsstrafrechts nicht entgegenstehen, an den Bestimmungen der §§ 32 ff StGB (vgl. Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG2, § 19 VStG).

Arbeitnehmerschutzvorschriften dienen dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Dabei ist der Arbeitgeber regelmäßig dann für eine Beeinträchtigung dieser Rechtsgüter seines Arbeitnehmers verantwortlich, wenn er Schutzvorschriften, die in seinem Einflussbereich zu erfüllen wären, nicht beachtet. Der Arbeitgeber ist somit verpflichtet, die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu überprüfen und nur soweit diese gegeben sind, dem Arbeitnehmer die Verrichtung seiner Tätigkeit zu ermöglichen (vgl. VwGH 2000/02/0281; 2005/02/0224). Insofern wurde durch die vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Übertretungen der Schutzzweck nicht unerheblich verletzt.

Die belangte Behörde hat zutreffend das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen als mildernd gewertet. Als erschwerend sind keine Umstände hervorgetreten. Die festgesetzten Strafen sind als im unteren Bereich des Strafrahmens liegend anzusehen und widersprechen nicht den vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung bekannt gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Darüber hinaus sind die Geldstrafen auch geeignet, generalpräventive Wirkung zu erzielen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

7.       Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Arbeitsrecht; Arbeitnehmerschutz; Verwaltungsstrafe; elektrische Anlage; Elektrofachkraft; Verschulden; Kontrollsystem;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.926.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten