Entscheidungsdatum
24.04.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G307 2178598-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, alias XXXX; alias XXXX; alias XXXX, geb. am XXXX, StA. Serbien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet a b g e w i e
s e n, dass Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
"IV. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG, wird gegen sich ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen (im Folgenden: LG) XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX2017, wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) zuletzt wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 130 Abs. 1 erster Fall, Abs. 2 erster Fall, 15 StGB, § 229 Abs. 1 StGB, § 241e Abs. 1 erster Satz Abs. 2 StGB, §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 5. Fall Abs. 2 StGB und § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.
2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 27.07.2017 wurde die BF über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Verhängung eines Einreiseverbotes in Kenntnis gesetzt. Zugleich wurde die BF zur dahingehenden Stellungnahme aufgefordert, und leistete dieser Folge.
3. Am 19.10.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA im Rückkehrentscheidungsverfahren statt.
4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, der BF persönlich zugestellt am 02.11.2017, wurde dieser ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen die BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen, (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG der BF nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht festgesetzt (Spruchpunkt III.), gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 4 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt IV.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
5. Mit per E-Mail am 28.11.2017 beim BFA eingebrachtem Schreiben erhob die BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, jeweils in eventu die Behebung des Bescheides samt Ausspruch der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die Behebung des Einreiseverbotes, die Herabsetzung der Einreiseverbotsdauerg sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.
Die gegenständliche Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG am 04.12.2017 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist serbische Staatsbürgerin. Ihre Muttersprache ist Serbokroatisch.
Die BF ist geschieden und im Besitz eines biometrischen serbischen Reisepasses.
Die BF reiste erstmals im Jahre 1990 auf Grundlage eines Visums in das Bundesgebiet ein und war zudem im Besitz eines vom XXXX2000 bis XXXX2000 gültigen Visums.
Die BF wurde am XXXX2001 in Schubhaft genommen und am XXXX2001, nachdem gegen diese am XXXX2001 ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, nach Serbien abgeschoben.
Am XXXX2003 stellte die BF einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde das diesbezügliche Verfahren am XXXX2004 wegen unentschuldigten Fernbleibens der BF von ihrer Einvernahme eingestellt.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 24.02.2009, welcher mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX am 31.03.2009 bestätigt wurde, wurde gegen die BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches mit Bescheid des BFA, vom 19.10.2017, aufgehoben wurde.
Die BF weist unter dem Namen XXXX von 2003 bis 2004 sowie von 2007 bis 2009 und unter dem Namen XXXX von 2010 bis 2012 Wohnsitzmeldungen in Österreich auf. Darüber hinaus weist die BF, bis auf Anhaltungen in Justizanstalten, keine Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf.
Die BF wird seit XXXX2016 in Justizanstalten in Österreich angehalten.
Die BF wurde am XXXX2016 an der ungarisch/serbischen Grenze festgenommen und am XXXX2016 nach Österreich ausgeliefert.
Die konkreten Aufenthaltszeiten der BF im Bundesgebiet konnten nicht festgestellt werden.
Die BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:
* LG XXXX, Zl XXXX, vom XXXX2009, RK XXXX2009, wegen §§ 127, 128
Abs. 2, 129 Z 1 130 zweiter Satz erster und zweiter Fall StGB:
Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten, wovon 16 Monate bedingt auf 3 Jahre nachgesehen wurden.
* LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX2017, RK XXXX2017, wegen § 229 (1) StGB, §§ 146, 147 (1) Z 1 5. Fall und (2) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall und (2) 1. Fall StGB, § 15 StGB, § 125 StGB, § 241e
(1) 1. Satz und (2) StGB.
Der zuletzt genannten Verurteilung liegt der Umstand zugrunde, dass die BF teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken in wechselnder Beteiligung mit Mittätern, vom XXXX2010 bis zum XXXX2010 sowie vom XXXX2014 bis zum XXXX2016 in insgesamt 27 Angriffen, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von überwiegend schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, anderen fremde bewegliche Sachen in einem € 5.000,00 übersteigenden Gesamtwert (konkret € 139.647,50) mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern weggenommen bzw. dies versucht hat. Zudem hat die BF von XXXX2016 bis XXXX2016 in insgesamt 8 Angriffen, teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken in wechselnder Beteiligung mit Mittätern, Urkunden, über die sie nicht verfügen durfte konkret Sparbücher und einen Reisepass, unterdrückt, von XXXX2014 bis XXXX2016, in insgesamt 5 Angriffen, teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken in wechselnder Beteiligung mit Mittätern, sich unbare Zahlungsmittel, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz verschafft, dass sie oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden, in den Zeiträumen 30. und XXXX2014 sowie XXXX bis XXXX2016, in insgesamt 25 Angriffen, teils alleine, teils im gewollten Zusammenwirken als Mittäter, Verantwortliche diverser Unternehmen in Serbien durch Täuschung über Tatsachen, nämlich darüber, über genannte unbare Zahlungsmittel verfügungsberechtigt zu sein, zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Waren im Gesamtwert von € 6.696,04, verleitet, die die Opfer am Vermögen schädigten.
Als mildernd wurde dabei das umfassende reumütige Geständnis sowie, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die Mehrzahl der Angriffe im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit im jeweiligen Ausmaß, sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einer Vielzahl an Vergehen, gewertet.
Es wird festgestellt, dass die BF die ihren Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten begangen und das darin beschriebene Verhalten gesetzt hat.
Darüber hinaus weist die BF eine Verurteilung des Gerichtes XXXX (Dänemark) vom XXXX2013 wegen Vermögensdelikte zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 3 Monaten auf.
Die BF leidet an Z.n. 3x Kon wegen PAP IV. Eine operative Sanierung wurde vorgenommen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, einen Rückfall zu befürchten hat oder arbeitsunfähig ist.
Die BF hielt sich den überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien auf, wo sie 8 Jahre die Schule besuchte und Erwerbstätigkeiten nachgegangen ist. Aktuell weist die BF nach wie vor einen Bezug zu ihrem Herkunftsstaat auf.
Im Bundesgebiet halten sich der Bruder der BF sowie ihre beiden erwachsenen Kinder auf, wobei weder der Sohn noch die Tochter der BF einen Aufenthaltstitel oder eine Niederlassungsbewilligung für Österreich besitzen. Einzig der Bruder der BF verfügt über einen Aufenthaltstitel für Österreich.
Die BF wohnte zuletzt bei ihrem Bruder auf Untermiete, wobei ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihm nicht festgestellt werden konnte.
Die BF verfügt zudem über familiäre Anknüpfungspunkte im Schengen-Raum.
Die BF ist der deutschen Sprache mächtig, geht keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und lebt von Zuwendungen ihrer Familie.
Die BF ist nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer Niederlassungsbewilligung für Österreich.
Es konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration der BF in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) der BF in den Herkunftsstaat entgegenstünden.
Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Muttersprache, Deutschkenntnissen, Besitz eines biometrischen Reisepasses, erstmaligen Einreise, Visumsbesitz, Schubhaft, den Aufenthaltsverboten, Abschiebung, Asylantragstellung, Einstellung des Asylverfahrens, Aufhebung des zuletzt ergangenen Aufenthaltsverbotes, Wohnsitzmeldungen unter Alias-Namen, Festnahme in Ungarn und Überstellung nach Österreich, Verurteilung in Dänemark, Aufenthalt des Bruders, des Sohnes und der Tochter in Österreich, Fehlen eines zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitels seitens der Kinder der BF und der BF selbst sowie rechtmäßigem Aufenthalt des Bruders der BF in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.
Die Anhaltungen der BF in Justizanstalten sind aus dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters (ZMR) ersichtlich.
Dass nicht festgestellt werden konnte, die BF habe sich für bestimmte Zeitspannen in Österreich aufgehalten, beruht auf dem Umstand, dass sie bis auf Meldungen im Bundesgebiet (vgl. VwGH 03.07.2008, 2005/18/0077: zur bloßen Indizwirkung von Wohnsitzmeldungen im Hinblick auf die Feststellung von Aufenthaltsnahmen in Österreich), keine Nachweise über konkrete Aufenthalte in Österreich zu vorbringen vermochte. Darüber hinaus wurde die BF am XXXX2001 nach Serbien abgeschoben, lassen sich die Ein- und Ausreisen der BF nicht belegen, initiierte die BF im Jahre 2003 ein Asylverfahren im Bundesgebiet, welches nach deren Fernbleiben ihrer Einvernahme eingestellt wurde, beging sie zwischen XXXX2014 und XXXX2014 sowie XXXX2016 bis XXXX2016 Betrügereien in Serbien, wurde sie am XXXX2016 an der ungarisch/serbischen Grenze festgenommen, gestand vor dem BFA ein, den überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien verbracht zu haben und erst Jahre nach deren Abschiebung nach Österreich, jedoch aufgrund der Erkrankung ihrer Tochter, vorübergehend nach Serbien zurückgekehrt zu sein.
In Ermangelung der Vorlage aussagekräftiger Beweismittel konnte angesichts obiger Ausführungen keine konkrete Aufenthaltsdauer der BF und damit einhergehend auch kein aktueller langjähriger durchgehender Aufenthalt in Österreich festgestellt werden.
Die Verurteilungen der BF im Bundesgebiet samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass diese die besagten Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer jeweiligen Ausfertigung der oben zitierten Urteile.
Die Erkrankung der BF, deren operative Behandlung sowie die Nichtfeststellbarkeit des Bestehens einer lebensbedrohlichen Erkrankung und eines drohenden Rückfalles beruhen auf in Vorlage gebrachten medizinische Unterlagen und den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde, wonach die BF an der oben zitierten Erkrankung gelitten habe, jedoch erfolgreich operiert bzw. behandelt worden sei und die letzten Testergebnisse ein negatives Ergebnis hervorbracht hätten.
Die fehlende Feststellbarkeit einer Arbeitsunfähigkeit beruht auf dem Nichtvorbringen eines Sachverhaltes, der dafür Anhaltspunkte gegeben hätte sowie dem Umstand, dass die BF ihre Bereitschaft Erwerbstätigkeiten in Österreich aufnehmen zu wollen, kundgetan hat.
Der bisher überwiegende Aufenthalt der BF in Serbien, der dortige Schulbesuch sowie die Erwerbstätigkeiten in der Heimat ergeben sich aus dem Vorbringen der BF vor der belangten Behörde.
Der Bezug zu Serbien folgt dem dort überwiegenden Aufenthalt und der wiederholten Rückkehr dorthin. So wurde die BF im Jahr 2001 nach Serbien abgeschoben, gestand vor dem BFA ein, erst Jahre später wieder ins Bundesgebiet eingereist, jedoch wegen der Erkrankung ihrer Tochter zu einem späteren Zeitpunkt vorübergehend wieder nach Serbien zurückgekehrt zu sein, beging in den Jahren 2014 und 2016 Betrügereien in Serbien und wurde im ungarisch/serbischen Grenzbereich am XXXX2016 verhaftet. Zudem gestand die BF in der gegenständlichen Beschwerde wiederholte Aufenthaltsunterbrechungen unterschiedlicher Dauer ein.
Die letzte Wohnsituation der BF in Österreich ergibt sich aus deren Vorbringen vor der belangten Behörde sowie dem Datenbestand des ZMR.
Für das Vorhandensein eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen der BF und ihrem Bruder beruht mangelt es an dahingehenden Hinweisen und beruhen die familiären Anknüpfungspunkte im Schengenraum auf dem Vorbringen der BF.
Die Erwerbsfreiheit im Bundesgebiet sowie der Erhalt finanzieller Zuwendungen seitens ihrer Familie beruhen auf dem Vorbringen der BF sowie dem Inhalt des auf ihren Namen lautenden Sozialversicherungsauszuges.
Der fehlende Besitz eines zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigenden Rechtstitels seitens der BF beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters (IZR).
Für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich konnte die BF keine Hinweise geben. Die bloße Behauptung, der deutschen Sprache mächtig zu sein sowie das unbelegte Vorbirngen, über Freunde zu verfügen und einer Arbeit nachgehen zu wollen, reicht dazu nicht aus.
Die Nichtfeststellbarkeit von Rückkehr- bzw. Abschiebehindernissen beruht - wie in weiterer Folge noch näher ausgeführt werden wird - auf dem unsubstantiierten Vorbringen der BF.
2.2.2. Wie sich aus dem der BF eingeräumten schriftlichen Parteiengehör und der niederschriftlichen Einvernahme der BF vor der belangten Behörde ergibt, hatte diese ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern und Beweismittel in Vorlage zu bringen. Die belangte Behörde hat dabei der BF die Möglichkeit eröffnet, alle für deren Verbleib im Bundesgebiet sprechenden Sachverhalte vorzubringen, Beweismittel darzulegen und anzubieten sowie durch konkrete Fragenstellungen an die BF auf die Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhalt hingewirkt.
Insofern die BF in der gegenständlichen Beschwerde erstmals ethnisch bedingte Rückkehrprobleme thematisiert, vermag diese ihr Vorbringen nicht zu substantiieren. Wenn die BF auch vor dem BFA vorbrachte, mit 14 Jahren verheiratet worden zu sein, so zeigen ihr aktueller Familienstand und Lebensweg deren selbstbestimmtes Leben nicht nur im Hinblick auf die Wahl ihres Ehemannes bzw. der Aufrechterhaltung oder des Eingehens einer Ehe auf, sondern auch auf die Wahl ihres Aufenthaltes. Die BF brachte nämlich vor, vor drei Jahren ihren jetzigen EX-Mann geheiratet zu haben - sohin wiederholt verheiratet - gegenwärtig jedoch von diesem geschieden zu sein. Sohin kann aus dem bloßen Umstand, einer möglichen, seinerzeitig arrangierten Verheiratung der BF aktuell keine Beeinträchtigung der BF in deren Lebensentscheidungen erkannt werden. Auch der bloße Verweis auf allfällig im Herkunftsstaat vorherrschende - laut Länderfeststellungen nicht systematisch alle Roma betreffende - Probleme vermag keine unmittelbare Betroffenheit der BF aufzuzeigen. Im Fall ihres tatsächlichen Bestandes wäre davon auszugehen gewesen, dass die BF diese bereits vor der belangten Behörde thematisiert hätte. Vielmehr hat die BF jedoch konkret auf allfällige Rückkehrprobleme befragt, einzig den möglichen Kontaktverlust zu ihren in Österreich lebenden Familienangehörigen vorgebracht. Allfällig auf ihre Ethnie zurückführende Probleme im Herkunftsstaat wurden mit keinem Wort erwähnt.
Vor dem Hintergrund, dass die BF eingestanden hat, den Großteil ihres Lebens in Serbien verbracht und dort die Schule besucht zu haben, dort Erwerbstätigkeiten nachgegangen und wiederholt mit ihren Kindern dorthin zurückgekehrt zu sein sowie über amtliche Dokumente zu verfügen, sohin herkunftsstaatlich erfasst sei, und damit Zugang zu Krankenversorgung und herkunftsstaatlichen Hilfsleistungen hat, mangelt es dem Vorbringen der BF, an einer hinreichender Substantiiertheit, um einen zur gegenständlichen Entscheidung der belangten Behörde abweichenden Sachverhalt begründen zu können. Daran vermögen auch allfällig fehlende familiäre Anknüpfungspunkte in Serbien nichts zu ändern, zumal eine - von der BF vorgebrachte - finanzielle Unterstützung durch deren Familie auch über Staatsgrenzen hinweg möglich ist.
In Bezug auf den Gesundheitszustand der BF ist anzumerken, dass diese ihr Vorbringen in der gegenständlichen Beschwerde, Gefahr laufen zu können, einen Rückfall im Hinblick auf ihre Erkrankung erleiden zu können, mit keinerlei medizinischen Unterlagen zu untermauern vermochte. Die bloße Behauptung, dass dies der Fall sein konnte, genügt - insbesondere vor dem eingestandenen aktuellen negativen Befund - nicht hin, um einen Anhaltspunkt für das Wiederkehren der behandelten Krankheit der BF aufzuzeigen. Insofern ist das Vorbringen der BF als rein spekulativ einzustufen und in Ermangelung verifizierbarer Unterlagen nicht geeignet, den diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde entgegenzutreten.
2.2.3. Die vom Bundesamt im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Serbien gilt gemäß § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) als sicherer Herkunftsstaat. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
Die BF ist den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten. Die belangte Behörde hat ihrerseits Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, wobei die BF keineswegs den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Berichte zu widerlegen vermochte oder diesen substantiiert anzweifelte.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I und II. des angefochtenen Bescheides:
3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet:
"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.
(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:
"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Die BF ist aufgrund ihrer serbischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehörige iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
3.1.3. Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, idgF von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.
Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerksfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Die BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Nachdem die BF über keinen Aufenthaltstitel verfügt und - wie noch näher dargelegt werden wird - eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, erweist sich der aktuelle Aufenthalt der BF im Bundesgebiet iSd. oben zitierten Normen, insbesondere Art 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, jedenfalls als unrechtmäßig.
Letztlich, in Ermangelung einer den Aufenthalt während einer Anhaltung in Strafhaft unterbrechenden gesetzlichen Regelung, hat die BF unbeschadet des zuvor Ausgeführten, während ihrer Inhaftierung die zulässige visumsfreie Aufenthaltsdauer überschritten und erwies sich deren Aufenthalt im Bundesgebiet sohin jedenfalls ab diesem Zeitpunkt als unrechtmäßig.
Insofern erweist sich das Vorgehen der belangten Behörde, ein Rückkehrentscheidungsverfahren einzuleiten und bescheidmäßig abzuschließen, jedenfalls als rechtmäßig.
3.1.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
o die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
o das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
o die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
o den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
o die Bindungen zum Heimatstaat,
o die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
o auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).
Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).
3.1.5. Auch wenn das persönliche Interesse des Fremden am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit dessen Dauer zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).
Die BF verfügt zwar über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, weshalb - in Ermangelung eines aktuellen gemeinsamen Haushaltes oder eines Abhängigkeitsverhältnisses - gegenständlich vom Vorliegen eines schützenswerten Privat, jedoch nicht Familienlebens iSd. Art 8 EMRK auszugehen ist (vgl. Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860).
Diese Beziehungen haben jedoch eine Schmälerung hinzunehmen. So hat die BF nicht nur im Wissen um die Unsicherheit ihres Aufenthaltes aufgrund des fehlenden Besitzes eines zu einem längeren Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitels, ihrer wiederholten Straffälligkeit und der gegen sie erlassenen Aufenthaltsverbote, und, damit auch der Möglichkeit, ihre Beziehungen im Bundesgebiet vor Ort weiterzuführen, die besagten Beziehungen aufgenommen bzw. intensiviert. Sie hat auch durch ihre wiederholte Straffälligkeit, ihren nachhaltigen Unwillen, diese Beziehungen zu pflegen, zum Ausdruck gebracht. Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet ist sohin durch deren wiederholte Straffälligkeit und Anhaltung in Strafhaft, durch Aufenthaltsunterbrechungen und fehlende notwendige Aufenthaltstitel massiv belastet. Die BF hat deshalb nicht ernsthaft mit einem dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet rechnen können.
In diesem Zusammenhang kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme jedoch nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (vgl. EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez,