Entscheidungsdatum
26.04.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G304 2175923-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Verein für Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 25.01.2018 und 12.04.2018 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.), und dem BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise eine 14-tägige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
Die belangte Behörde wertete das Fluchtvorbringen des BF als unglaubwürdig und nicht asylrelevant, und sah kein Abschiebungshindernis und keine einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegen stehenden privaten Interessen des BF als gegeben an.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, dem BF den Status des Asylberechtigten, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu dem BF nach §§ 55, 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, darüber hinaus die ausgesprochene Rückkehrentscheidung zu beheben und eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) anzuberaumen.
3. Am 09.11.2017 langte beim BVwG die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Mit Beschwerdevorlage wurde auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet.
4. Am 25.01.2018 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, erstmals eine mündliche Verhandlung durchgeführt und dabei der BF zu seinen persönlichen Verhältnissen und seinen Fluchtgründen befragt.
5. Am 12.04.2018 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine zweite mündliche Verhandlung statt, in welcher der BF erneut zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger vom Irak, gehört der arabischen Volksgruppe an, ist sunnitischer Moslem und stammt aus einer westlich von Bagdad gelegenen Stadt, die überwiegend von Sunniten bewohnt wird. Er ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
1.2. Der BF ist im Jahr 2015 aus seinem Herkunftsstaat ausgereist und dabei zunächst in den Nordirak geflogen, bevor er - auf legalem Weg - in die Türkei und von dort weiter schlepperunterstützt nach Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gereist ist.
1.3. Der BF hat zu seinen in seinem Herkunftsstaat verbliebenen Familienangehörigen keinen Kontakt mehr. In Österreich hat der BF jedenfalls noch eine weibliche Verwandte, deren Ehemann und deren drei gemeinsame minderjährige Kinder als familiäre Bezugspunkte. Nach Asylantragstellung des Ehemannes der weiblichen Verwandten des BF am 04.11.2015 ist eine negative Entscheidung der belangten Behörde ergangen. Derzeit ist ein aufrechtes Beschwerdeverfahren anhängig. Die weibliche Verwandte des BF und deren drei minderjährigen Kinder haben derzeit eine bis 19.11.2018 gültige befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte. Der BF hat laut eigenen glaubwürdigen Angaben in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 zudem nur Bekannte, jedoch keine besonderen persönlichen Beziehungen in Österreich.
1.4. Der BF stellte nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist der BF nur zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
1.5. Das Fluchtvorbringen des BF war aufgrund stark widersprüchlicher Angaben unglaubwürdig.
1.6. Trotz widersprüchlicher Angaben des BF zur Erwerbstätigkeit im Irak konnte aufgrund vorwiegender Angaben dazu festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsstaat im Gastgewerbe tätig war. In Österreich ist der BF jedenfalls nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen.
1.7. Der BF ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten geblieben.
1.8. Zur Lage im Irak wird (auszugsweise) festgestellt:
1.8.1. Aktuelle politische Entwicklung
Nach den militärischen Erfolgen gegen den "Islamischen Staat im Irak und Syrien" (ISIS, arab. Akronym Da¿esh), symbolisiert durch die Rückeroberung Mossuls, am 10. Juli 2017 und der Ankündigung der irakischen Regierung zum militärischen Sieg über ISIS am 09.12.2017, ist die politische Lage von Bemühungen rund um humanitäre Maßnahmen, Stabilisierung und einer Nachkriegsordnung, sowie den kommenden Parlamentswahlen von Mai 2018, geprägt.
Quelle:
- Asylländerbericht - Irak, Amman-ÖB/POL/0042/2017, von Dezember 2017
1.8.2. Auszug aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema: Update der AFB: Rekrutierung, Desertion/Fernbleiben, Kündigung bei/von Polizei, Armee, PMF. Etc. vom 08.09.2017
1.8.2.1. Wird nach Soldaten gefahndet, wenn sich diese unerlaubt vom Dienst entfernt haben?
Das Iraqi Institute for Strategic Studies, eine universitätsnahe Rechercheeinheit für irakische Themen (ursprünglich in London gegründet) antwortete auf die Frage, ob es möglich sei, den Militärdienst bei der irakischen Armee oder bei den Peshmerga zu quittieren, etwa um einer Versetzung in eine Kriegsgebiet zuvorzukommen, dass dies nicht möglich sei, und das solche Personen als Deserteure angesehen und vor ein Militärgericht gestellt würden. Auf die Frage, ob es Hinweise darauf gibt, dass Personen, die vom Militärdienst abfallen oder den Militärdienst beenden, Schikanen oder Diskriminierung von Seiten der Behörden oder der Gesellschaft ausgesetzt sind, kam die Antwort, dass vom Militärdienst Abgefallene unter Anwendung des Terrorismus-Paragraphen vor ein Militär- oder ein Zivilgericht gestellt würden.
Der Verbindungsbeamte des BM.I gab im Oktober 2016 folgende
Auskunft:
Frage: Laut Auskunft des Brigadier Osama Abu Al Saud in einer Anfragebeantwortung vom September 2015 ist das Ausscheiden aus dem Polizeidienst jederzeit ohne Angabe von Gründen möglich. Gilt diese Auskunft nach wie vor unverändert? Gelten auch die Angaben zu den Strafen bei unerlaubtem Fernbleiben vom Polizeidienst nach wie unverändert?
[Damalige] Antwort: "Mitarbeiter der irakischen Polizei können jederzeit ohne Angaben von Gründen kündigen. Hier unterscheidet sich die Polizei vom Militär. Beim Militär hat man eine Dienstzeit von mindestens zwei Jahre zu dienen. [...] Die Folgen [von unerlaubtem Fernbleiben] verliert er alle staatlichen Rechte (Pension, andere Vergünstigungen wie Dienstwohnung). Hängt aber auch von den Gründen /Ursache ab, warum und wieso er länger vom Dienst ferngeblieben ist. Sollte er einer Einheit angehören, die ständigen Bedrohungen ausgesetzt ist und er darum vom Dienst fernbleibt würde dies auch in der Beurteilung als strafmildernd berücksichtigt werden." (VB Amman (3.8.2015): AW: Anfrage zum Irak: Polizeidienst, ELAK 560, Antwort per Email).
Antwort: Ja, dies Auskunft gilt nach wie vor unverändert.
Frage: Bestehen Möglichkeiten, legal vorzeitig aus dem Armeedienstverhältnis auszuscheiden (Kündigung oder dergleichen? (Beispielsweise, um einer Versetzung in eine Kriegsgebiet zuvorzukommen).
Antwort: Ja, die Möglichkeit besteht, legal vorzeitig aus dem Armeedienst auszuscheiden. Man stellt Antrag und wartet auf die Antwort. Natürlich muss man begründen und natürlich verliert man Teil oder ganz die staatlichen Rechte.
(VB Amman (12.10.2016): AW: Anfrage zum Fernbleiben vom Dienst - Polizei und Armee, Elak 748, 730, 550, 547, 516, per Email)
Die folgende Auskunft des Verbindungsbeamten des BMI stammt aus dem Jahr 2015 und wurde einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.8.2015 (IRAK_RA_Strafe_für_Desertion_vom_Polizidienst_2015_08_11_AS) entnommen.
Frage: Unter welchen Voraussetzungen ist es einem Polizisten im Irak möglich, auch freiwillig den Polizeidienst zu verlassen.
Der VB des BM.I gibt an:
Jeder Polizist im Irak kann zu jeder Zeit seinen Dienst kündigen bzw. freiwillig aus dem Dienst ausscheiden.
Alle angeführten Informationen stammen von Brigadier Osama Abu Al Saud - Leiter Interpol Bagdad, der auch selbst als Mitglied einer Untersuchungskommission in solchen Fällen tätig war. Laut seinen Angaben wurde zuletzt über einen irakischen Polizeioffizier, der sich nach Holland absetzte /desertierte, entschieden. Als Urteil lediglich die Aberkennung aller Rechte und Ansprüche im Polizeidienst im Irak angewandt. Er wurde in weiterer Folge unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen. Keine Gefängnisstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. (VB des BM.I für Jordanien, Syrien und den Libanon (9.8.2015): Antwort des VB per Email)
Die oben beschriebene Kontaktperson des Verbindungsbeamten des BM.I gibt im Rahmen einer Anfragebeantwortung (IRAK_SM_MIL_Desertion_2015_10_05_AS) vom 5. Oktober 2015 Folgendes an:
Frage: Was passiert, wenn ein Berufssoldat das Militär verlässt? (Anmerkung: AW wollte kündigen, doch diese wurde nicht angenommen und somit hat er ohne Kündigung das Militär verlassen).
Der Verbindungsbeamte des BM.I gibt an:
In diesem Fall zählt er als "Deserteur", weil er sich außerhalb des Landes befindet bzw. in ein anderes Land ohne Genehmigung gereist ist, ja sogar geflüchtet. (VB des BM.I für den Nahen Osten (4.10.2015): Antwort des VB per Email)
Frage:
Wird ein Berufssoldat, von der Polizei oder sonstigen Behörden gesucht?
Der Verbindungsbeamte des BM.I gibt an:
Ja, in einem solchen Fall von der Militärpolizei, wenn er sich unerlaubt von der Truppe - seinem Dienst entfernt hat.
Laut Art. 33 vom Militärstrafgesetzbuch wird bestraft mit bis zu 3 Jahren Gefängnisstrafe wer länger als 15 Tage sich von der Truppe entfernt bzw. seinen Dienst nicht antritt. Mit bis zu fünf Jahren Gefängnis wird der Soldat bestraft, wenn er während seiner Militärdienstzeit in ein anderes Land flüchtet. (VB des BM.I für den Nahen Osten (4.10.2015): Antwort des VB per Email)
1.8.2.2. Welche Strafen sieht die irakische Rechtsordnung für das unerlaubte Entfernen vom Dienst in der Polizei bzw. in der Armee vor? Werden Deserteure derzeit in der Praxis tatsächlich strafrechtlich belangt (etwa zu längeren Haftstrafen verurteilt)?
Zusammenfassung:
Bezüglich der Konsequenzen bei unerlaubtem Fernbleiben vom Polizeidienst wurden unterschiedliche Auskünfte erteilt; diese reichen von dem Verlust aller staatlichen Rechts wie z.B. Pension bis zum Erteilen einer Freiheitsstrafe von bis zu einem/drei Jahr(en) - je nach Quelle. Bei unerlaubtem Fernbleiben vom Militärdienst ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorgesehen, bis zu fünf Jahren bei Desertion ins Ausland. Abhängig von der Schwere des Vergehens ist auch eine Freiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren möglich, bei Anstiftung/Mithilfe zur Desertion kann auch eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängt werde. Bei einer unerlaubten Abwesenheit von weniger als 15 Tagen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 30 Tagen verhängt werden. Eine Auflistung der konkreten Straftatbestände sowie deren strafrechtlicher Konsequenzen findet sich - inklusive deutscher Übersetzung - in der Anfragebeantwortung von ACCORD. Desertion kann auch zur Verhängung der Todesstrafe führen. In der Praxis werden Deserteure/Abtrünnige aber auch vor ein Militärgericht gestellt, oder sie werden nach dem Anti-Terrorismusgesetz vor ein Zivilgesetz gestellt.
Im Sommer 2014 flohen/verließen zahlreiche Soldaten ihre Posten, nachdem ihre Kommandanten verschwunden waren. [Im Zuge der Kämpfe um Mossul gegen den IS kam es damals zum teilwiesen Zerfall der irakischen Armee]. Aufgrund dieses Sonderfalls wurden den Soldaten im Juni 2014, während der Amtszeit des Premierministers Nouri al-Maliki, vom Sprecher des Innenministeriums eine Chance auf Rückkehr zum Militär in Aussicht gestellt. Gleichzeitig drohte jedoch Premierminister Maliki mit der Exekution der "Deserteure". Im Frühjahr 2015 verkündete der neue Premierminister Haidar al-Abadi, Straffreiheit bei bestimmten mit Desertion in Verbindung stehenden Straftatbeständen zu gewähren, sofern sich die desertierten Soldaten innerhalb von 30 Tagen wieder bei ihrer Einheit melden würden. [Anm. Stand Mai 2015, es handelte sich dabei um eine zeitlich begrenzte punktuelle Amnestie betreffend des oben beschriebenen Sonderfalls].
Ausführliche Informationen bezüglich dieser Fragestellung finden sich in einer Anfragebeantwortung von ACCORD (3.6.2016) zum Irak:
"Folgen einer Desertion von der irakischen Armee [a-9672]", die unter dem folgenden Link abrufbar ist:
http://www.ecoi.net/local_link/325312/451579_en.html.
Laut der für den Irak zuständigen Österreichischen Botschaft Amman:
Im Irak besteht kein verpflichtender Wehrdienst. Im Falle einer Desertion aus der Armee droht den irakischen Soldaten die unehrenhafte Entlassung in Verbindung mit einer langjährigen Haftstrafe, bei Desertion zum Feind die Todesstrafe. (ÖB - Österreichische Botschaft Amman (12.2016): Asylländerbericht - Irak, per Email)
Gemäß Iraqi Institute for Strategic Studies werden Deserteure Abtrünnige [in der Praxis] vor ein Militärgericht gestellt, oder sie werden nach dem Anti-Terrorismusgesetz vor ein Zivilgericht gestellt. (IISS _ Iraqi Institute for Strategic Studies (15.5.2017):
Per Email)
Die oben beschriebene Auskunftsperson des Verbindungsbeamten des BM.I gab Folgendes an [Anm. Die Antworten des Verbindungsbeamten sind schon etwas älter und entstammen einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.9.2015 (IRAK_SM_Polizeidienst_2015_09_16]:
Frage: Welche Folgen können für einen Polizisten auftreten, wenn dieser nicht mehr zum Dienst erscheint - desertiert? Strafrechtliche Konsequenzen? Ist eine Todesstrafe auszuschließen?
Antwort: Die Folgen wären, dass er zuerst vom Dienst suspendiert wird, dann wird er entlassen und dabei verliert er alle staatlichen Rechte (Pension, andere Vergünstigungen wie Dienstwohnung). Hängt aber auch von den Gründen/Ursache ab, warum und wieso er länger vom Dienst ferngeblieben ist. Sollte er einer Einheit angehören die ständigen Bedrohungen ausgesetzt ist und er darum vom Dienst fernbleibt würde dies auch in der Beurteilung als strafmildernd berücksichtigt werden [VB Amman (3.8.2015): AW: Anfrage zum Irak:
Polizeidienst, Antwort per Email].
Des Weiteren gibt der Verbindungsbeamte des BM.I an [Die Antworten des Verbindungsbeamten sind Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 11.8.2015 (IRAK_RA_Strafe_für_Desertion_vom_Polizeidiesnt_2015_08_11_AS), sowie vom 5.10.2015 (IRAK_SM_MIL_Desertion_2015_10-05_AS) entnommen]:
Frage: Wie hoch ist das Strafausmaß im Irak für das unerlaubte Verlassen de Polizeidienstes ("Desertion")?
Der VB des BM.I gibt an:
Dies hängt grundsätzlich von den Umständen und von der Position desjenigen ab. Das Strafausmaß wäre von einem bis zu drei Jahren Gefängnisstrafe. Wird aber nach Entscheid der Untersuchungskommission und nach Umständen und Position dann beurteilt werden. [VB des BM.I für Jordanien, Syrien und den Libanon (9.8.2015): Antwort des VB per Email]
Auf Nachfrage hin gab der VB des BM.I an:
Ja das stimmt, das wurde von Oberst Osama AL Saud so erklärt, dass in Friedenszeiten weniger Gründe zur "Desertion" - Verlassen der Polizeiarbeit als in Kriegszeiten bestehen, daher in Friedenszeiten Strafe höher. Hängt auch von der Position ab. Sollte er oder die Person jedoch in der Spezialeinheit sein, die zu Kriegszeiten besonders gebraucht werden, kann es unter Umständen auch umgekehrt sein [VB des BM.I für Jordanien, Syrien und den Libanon (10.8.2015):
Antwort des VB per Email}.
Frage: Wird ein Soldat gesucht, wenn er das Militär verlässt? (AW gab an, dass ein Soldat gesucht wird, wenn er fünfzehn Tage lang das Militär verlässt)
Der Verbindungsbeamte des BM.I gibt an:
Laut Art. 33 vom Militärstrafgesetzbuch wird bestraft mit bis zu 3 Jahren Gefängnisstrafe wer länger als 15 Tage sich von der Truppe entfernt bzw. seinen Dienst nicht antritt. Mit bis zu fünf Jahren Gefängnis wird der Soldat bestraft, wenn er während seiner Militärdienstzeit in ein anderes Land flüchtet. [VB des BM.I für den Nahen Osten (4.10.2015): Antwort des VB per Email].
Im irakischen Strafgesetz für Sicherheitskräfte von 2008 wird das Vergehen des Fernbleibens vom Polizeidienst definiert und die möglichen Strafen für diese Tat angegeben.
Die relevanten Abschnitte werden im Folgenden ins Deutsche übersetzt.
Teil 2, Straftat der Abwesenheit/des Fernbleibens. Artikel 1.
Erstens: Dieses Gesetz gilt für: A: Offiziere und eingetragene Dienstgrade der Inneren Sicherheitskräfte (engl. Internal Security Forces), die im Dienst sind. B. Studenten an er Polizeiakademie, an Instituten oder Schulen, die sich auf die Ausbildung der Inneren Sicherheitskräfte spezialisieren. C- Ruheständler, Suspendierte, Entlassene, Ausgeschlossene, des Dienstes Enthobene, und die, die aus den Inneren Sicherheitskräften ausgeschieden sind, wenn sie ein Verbrechen begangen haben während sie noch im Dienst waren.
Zweitens: Definition der Begriffe und Ziele dieses Gesetzes: A.
Offizier: Polizisten, die den Dienstgrad eines Leutnants/Unterleutnants oder höher haben. B. Aufgezählte
Dienstgrade: Kommissar, Unteroffizier oder ein gewöhnlicher
Polizist. C. Student: jeder Student einer Polizeiakademie oder an jedem anderen Institut oder Schule, welche sich auf die Ausbildung der Sicherheitskräfte spezialisiert. Artikel 5. Die, welche abwesend von ihrer Abteilung oder ihrem Dienstort sind, oder wenn ihr Urlaub 15 Tage übersteigt, sollen für den Zeitraum von maximal sechs Monaten inhaftiert werden. Kommt es zu einer wiederholten Abwesenheit, soll eine Gefängnisstrafe von maximal einem Jahr verhängt werden. Artikel 6. Derjenige, der in Zeiten von Beunruhigung oder Ausnahmezustand mehr als zehn Tage abwesend ist, soll mit einer Gefängnisstrafe von maximal einem Jahr bestraft werden. Artikel 7. Erstens: Der Oberste Disziplinarkommandant (engl. Senior Disciplinary Commander) kann einen Polizisten durch Reduzierung des Gehalts bestrafen, für einen Zeitraum von nicht mehr als 15 Tagen, nachdem er bewiesen hat, dass er unter gewöhnlichen Umständen nicht mehr als 15 Tage abwesend war. Wird die Abwesenheit wiederholt, soll der Polizist für maximal 30 Tage inhaftiert werden.
Zweitens: Der Begriff Oberster Disziplinarkommandant (engl. Senior Disciplinary Commander) bezieht sich hier auf den Innenminister oder denjenigen, der von ihm autorisiert wurde.
Iraqi News, eine englischsprachige, private Online-Zeitung mit Fokus auf irakische Themen, berichtet am 17.5.2015, dass Abadi irakische militärische Deserteure und andere begnadigen würde. Der irakische Premierminister und Oberbefehlshaber der irakischen Streitkräfte, Haider al-Abadi, kündigte am Sonntag an, dass alle rechtlichen Schritte gegen Flüchtige und während des Militärdienstes Abwesende gestoppt/ausgesetzt werden würden.
Abadis Büro verlautbarte in einer Stellungnahme, dass der Premierminister beschlossen hätte, keine rechtlichen Schritte gegen Angehörige der Streitkräfte und Inneren Sicherheitskräfte einzuleiten, betreffend der folgenden Vergehe: Flucht, Abwesenheit, Simulation von Krankheit und Verletzung der eigenen Person, um nicht Militärdienst leisten zu müssen, sowie Verbrechen gegen das Militärregime und die Angelegenheiten des Dienstes. [Anm.: Stand Mai 2015, es handelte sich dabei wie in der Zusammenfassung beschriebene um eine zeitlich begrenzte punktuelle Amnestie betreffend des beschriebenen Sonderfalls; Iraqi News (17.5.2015): Abadi pardons Iraqi miltary deserters and others. Iraqi News;
http://www..iraqinews.com/features/abadi-issues-pardon-including-military-deserters/, Zugriff 7.10.2016]. ]
1.8.3. Grundversorgung / Wirtschaft
Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. (AA 7.2.2017).
Quelle:
- AA- Auswärtiges Amt (7.2.2017). Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017
1.8.4. Behandlung nach Rückkehr
Auf niedrigem Niveau ist eine freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten zu beobachten. In der Region Kurdistan-Irak gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren, ob sich diese Tendenzen verstetigen, wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der KRI kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 7.2.2017). Aus Österreich kehrten in der ersten Jahreshälfte 2017 in etwa 346 Iraker freiwillig in den Irak zurück - von diesen fast alle im Zuge einer sogenannten unterstützten Rückkehr (BFA 11.8.2017). Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort (AA 7.2.2017).
Quelle:
-
AA- Auswärtiges Amt (7.2.2017). Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017
-
BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.8.2017): IRAK Ausreise quartalsweise, per E-Mail
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen:
2.2.1. Die im Spruch angeführte Identität des BF (Namen, Geburtsdatum) dient nur der Verfahrensführung und konnte aufgrund unglaubwürdiger Angaben dazu nicht festgestellt werden. Die arabische Volksgruppen- und sunnitische Religionszugehörigkeit beruht auf den diesbezüglich gleichbleibenden und damit glaubwürdigen Angaben des BF im Verfahren, was aus vorliegendem Akteninhalt ersichtlich ist.
Dass der BF aus einer westlich von Bagdad gelegenen Stadt stammt, hat er selbst im Verfahren vor der belangten Behörde angegeben.
2.2.2. Die Feststellungen zum Reiseweg des BF von Irak nach Österreich ergab sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in der Erstbefragung am 04.11.2015. Wann der BF jedoch seinen Herkunftsstaat genau verlassen hat, konnte aufgrund widersprüchlicher Angaben zum Ausreisezeitpunkt nicht festgestellt werden. In seiner Erstbefragung am 04.11.2015 behauptete der BF, er sei vor ca. 25 Tagen mit dem Flugzeug in den Nordirak geflogen und am 24.09.2015 in die EU eingereist. Vor der belangte Behörde am 27.09.2017 gab der BF jedoch an, im Oktober 2015 seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben. Ein bei seiner Erstbefragung am 04.11.2015 versehentliches Anführen von "24.09.2015" statt etwa "24.10.2015"als Zeitpunkt seiner Einreise in die EU kann auch nicht angenommen werden, wurde vom BF doch am Schluss seiner Erstbefragung bestätigt, dass die von ihm aufgenommene Niederschrift in einer für ihn verständlichen Sprache rückübersetzt worden sei und es keine Verständigungsprobleme gegeben habe. Aufgrund widersprüchlicher Angaben wurde daher nur eine Ausreise des BF im Jahr 2015 festgestellt. Die Ausreise des BF aus seinem Herkunftsstaat erfolgte den glaubhaften Angaben des BF in seiner Erstbefragung zufolge jedenfalls auf legalem Weg und seine Weiterreise von der Türkei schlepperunterstützt.
2.2.3. Der BF hat sich mehrfach hinsichtlich seiner familiären Verhältnisse widersprochen:
2.2.3.1. Obwohl der BF, in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 befragt zu seinen familiären Verhältnissen, keine in Österreich aufhältigen Familienangehörigen angeführt hat, steht aufgrund der Aktenlage der Aufenthalt von Familienangehörigen bzw. Verwandten des BF im Bundesgebiet fest. Aus einem dem Verwaltungsakt einliegenden E-Mail-Verkehr geht hervor, dass die zuständige Landespolizeidirektion der belangten Behörde mit E-Mail vom 04.11.2015 mitteilte, dass der BF zusammen mit seiner Schwester und deren Familie in demselben Verteilungsquartier untergebracht werden möchte, woraufhin seitens der belangten Behörde die Rückmeldung erging, dass mit Rücksicht auf den Familienbezug der BF ebenfalls in das für seine Verwandten vorgesehene Verteilungsquartier übernommen werde (AS 29f). Die Feststellungen zum Aufenthaltsstatus seiner Verwandten bzw. der bis 19.11.2018 gültigen befristeten Aufenthaltsberechtigung der "Schwester und drei Neffen" des BF beruhen auf einer aktuellen Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister. Dass es sich bei diesen Verwandten jedoch tatsächlich um die Schwester und deren minderjährigen Kinder handelt, konnte jedoch nicht festgestellt werden, wurde doch in einem ebenfalls dem Verwaltungsakt einliegenden an die Staatsanwaltschaft gerichteten Abschlussbericht der zuständigen Polizeiinspektion vom 04.02.2016 festgehalten, dass der BF "seine irakische Großcousine vermutlich fahrlässig verletzt" habe. Name und Geburtsdatum seiner in diesem Abschlussbericht angeführten als "Opfer" bezeichneten angeblichen Großcousine wurde gleich wie in E-Mail-Verkehr vom 04.11.2015 angegeben. Fest steht, dass der BF in seiner Erstbefragung für seine Schwester einen anderen Vornamen und ein höheres Alter angeführt hat. Befragt zu besagtem Vorfall bezeichnete der BF in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 diese zudem zunächst als "Dame", "flüchtige Bekannte" und "mit seinem Vater entfernt Verwandte", bis der BF nach Vorhalt der Feststellung in einem Polizeibericht, es handle sich beim Opfer um die Großcousine des BF, dies bejahte. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben zu seiner weiblichen Verwandten konnte daher nur eine Verwandtschaft zwischen ihnen und nicht festgestellt werden, ob es sich beim BF und seiner Verwandten um Geschwister, Großcousins oder sonstige Verwandte handelt. Dass der BF, wie er in seiner mündlichen Verhandlung am 25.01.2018 anführt, bereits seit sechs Monaten eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsangehörigen hat, kann vor dem Hintergrund der Angaben des BF in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017, in Österreich nur Bekannte und keine persönlichen Beziehungen zu haben, nicht festgestellt werden, hätte die vom BF in mündlicher Verhandlung am 25.01.2018 angeführte bereits seit sechs Monaten bestehende Beziehung zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde doch bereits seit rund zwei Monaten bestanden.
2.2.3.2. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 25.01.2018 gab der BF an, seine in seinem Herkunftsstaat verbliebenen Familienangehörigen seien im Februar 2016 verschollen. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 gab der BF an, nach Verlassen seines Heimatortes ca. ein Jahr noch Kontakt zu seinen Familienangehörigen im Irak gehabt zu haben. Den Angaben des BF in niederschriftlicher Einvernahme vom 27.09.2017 zufolge hat der BF somit seit ungefähr einem Jahr vom Zeitpunkt der Einvernahme zurückgerechnet, nach seiner Angabe in mündlicher Beschwerdeverhandlung am 12.04.2018 seit Oktober 2016, seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung von Jänner 2018 zufolge jedoch bereits seit Februar 2016 keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen im Irak mehr. Bei tatsächlichem Verschwinden seiner Familienangehörigen im Februar 2016 hätte dies auch in niederschriftlicher Einvernahme vom 27.09.2017 angegeben werden können. In dieser betonte der BF jedoch, dass seine in seinem Herkunftsstaat verbliebenen Familienangehörigen noch immer am Rand seiner Heimatstadt wohnen würden. Ob das Haus seiner Familie tatsächlich, wie er vor der belangten Behörde am 27.09.2017 angab, zerstört worden sei, konnte der BF nicht glaubhaft machen, legte er der belangten Behörde doch vier Bilder von einem zerstörten Haus in Kopie vor, wo oder durch wen die Aufnahme gemacht worden sei und wem das Haus gehört habe, sei darauf jedoch nicht zu erkennen gewesen, was auch in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde festgehalten wurde. Das Vorbringen des BF in mündlicher Verhandlung am 25.01.2018, seine im Irak verbliebenen Familienangehörigen seien verschollen, und der BF wisse nicht, ob diese noch am Leben seien, widerspricht zudem seiner auf die Frage, ob er aus einer reichen Familie stamme, gegebenen Antwort in mündlicher Verhandlung am 12.04.2018: "Uns geht es gut. Wir sind nicht sehr reich aber wir leben." Mit dieser Aussage hat er bestätigt, zu wissen, dass es seiner Familie im Irak gut gehe und er entgegen seines Vorbringens in vorheriger mündlicher Verhandlung am 25.01.2018 weiß, dass sie am Leben seien. Auch seine Antwort auf die Frage in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017, ob er im Irak noch Verwandte habe, dies nicht zu wissen, habe er doch keinen Kontakt mehr zu ihnen und keine aktuellen Telefonnummern von ihnen, deutet auf weitere Verwandte in seinem Herkunftsstaat hin.
2.2.4. Dass der BF in Österreich strafrechtlich unbescholten geblieben ist, ergab sich aus einer Einsichtnahme in das österreichische Strafregister.
2.2.5. Auch bei seinen Angaben zu seiner im Herkunftsstaat nachgegangenen Erwerbstätigkeit verstrickte sich der BF in Widersprüche:
Der BF gab in seiner Erstbefragung an, keine Berufsausbildung zu haben und zuletzt in seinem Herkunftsstaat als Kellner tätig gewesen zu sein. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 behauptete der BF, in seiner Erstbefragung falsche Angaben zu seiner Erwerbstätigkeit in seinem Herkunftsstaat gemacht zu haben: "Über meine Arbeit habe ich gelogen. Ich habe nicht gesagt, dass ich bei der Polizei arbeite. Ich habe gesagt, dass ich in einem Restaurant arbeite." Später in der Einvernahme betonte er seinen Bezug zum Gastbewerbe, als er, befragt, wie er sich seine Zukunft vorstelle, angab: "Ich werde versuchen in einem Restaurant zu arbeiten. Ich kenne mich gut aus als Koch." Die vom BF vor der belangten Behörde erwähnte Tätigkeit als "Straßenverkäufer" nach der Schule erwähnte der BF in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2018 nicht mehr, sondern führte er da nur an, nach seinem siebenjährigen Schulbesuch sich gleich bei der Polizei beworben und den Polizeidienst angetreten zu haben. Eine zeitliche Nähe zwischen seinem nach Angaben in seiner Erstbefragung letzten Schuljahr 2000 und einem laut niederschriftlicher Einvernahme am 27.09.2017 darauf folgenden Polizeidienst ab 2006 besteht jedenfalls nicht.
Das Vorbringen des BF aus der Erstbefragung des BF, zuletzt in seinem Herkunftsstaat Kellner gewesen zu sein, wird jedoch entgegen seines Vorbringens in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 nicht als unwahr gewertet. Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 an, er habe in seiner Erstbefragung fälschlicherweise von einer Arbeit in einem Restaurant gesprochen. In dieser hat der BF jedoch tatsächlich nur von einer Tätigkeit als Kellner gesprochen, jedoch nicht angeführt, dass er konkret in einem Restaurant gearbeitet habe. Vor dem Hintergrund seines Vorbringens vor der belangten Behörde, dass abgesehen von seinem Haus auch das Restaurant seines Bruders zerstört worden sei und der BF in Zukunft in einem Restaurant arbeiten wolle und sich gut als Koch auskenne, war feststellbar, dass der BF in seinem Herkunftsstaat im Gastgewerbe gearbeitet haben muss.
Der BF wollte in Zusammenhang mit seinen Angaben zu einem in seinem Herkunftsstaat abgeleisteten Polizeidienst offensichtlich einen Fluchtgrund konstruieren.
2.3. Die ins innerstaatliche Recht erst umzusetzende unionsrechtliche Statusrichtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 besagt in deren Artikel 4 Absatz 1 und 5:
"(1) Die Mitgliedstaaten können es als Pflicht des Antragstellers betrachten, so schnell wie möglich alle zur Begründung des Antrages auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte darzulegen. Es ist Pflicht des Mitgliedstaats, unter Mitwirkung des Antragstellers die für den Antrag maßgeblichen Anhaltspunkte zu prüfen.
(5) Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn
a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substantiieren;
b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;
c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;
d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;
e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."
Diese unionsrechtliche Richtlinie wurde innerstaatlich im österreichischen Asylgesetz in § 15 AsylG umgesetzt.
§ 15 Abs. 1 AsylG besagt, dass ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken hat; insbesondere hat er
1. ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen;
(...)
5. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, Zahl 2005/17/0252). Nach der Judikatur ist die Wahrscheinlichkeit dann gegeben, wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Erscheinungen, wenn auch noch so geringfügig, gegenüber den im entgegen gesetzten Sinn verwertbaren Erscheinungen überwiegen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 355 mit Hinweisen auf die Judikatur). Hat die Partei ein Ereignis glaubhaft zu machen, trifft die Partei die "Beweislast", dh. kann das Ereignis durch die - von der Partei anzubietenden - Beweise (iS. von Bescheinigungsmitteln) nicht glaubhaft gemacht werden, so ist ihr Antrag abzuweisen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 623 mit Hinweisen auf die Judikatur und das Schrifttum).
Darüber hinaus hält der Verwaltungsgerichtshof eine erhöhte Mitwirkungspflicht eines Antragstellers im Ermittlungsverfahren dann für gegeben, wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt, von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann. Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).
Der BF hatte somit nach § 15 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 die Verpflichtung, im Verfahren alle für seinen Antrag auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte wahrheitsgemäß darzulegen, und nach § 15 Abs. 1 Z. 5 AsylG 2005 alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.
Der asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 28 Asylgesetz 1997 sah zudem keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Berufungswerbers vor, sondern leuchtet aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 28 Asylgesetz nicht (VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).
2.4. Zum Fluchtvorbringen:
Der BF sprach vor der belangten Behörde am 27.09.2017, aufbauend auf einen von 2006 bis 2015 in seinem Herkunftsstaat absolvierten Polizeidienst, von einem Vorfall im Jahr 2015, bei dem er an einem ihm unbekannten Ort angehalten, befragt und gefoltert worden sei. Nach seiner Freilassung sei der BF nicht wieder zum Polizeidienst zurückgekehrt, sondern aus seinem Herkunftsstaat ausgereist. Bei einer Rückkehr in den Irak würde den BF aufgrund unentschuldigten Fernbleibens vom Polizeidienst fünf Jahre Freiheitsstrafe und abgesehen davon noch strafrechtliche Verfolgung wegen Korruption erwarten.
Obwohl die Erstbefragung nach § 19 AsylG 2005 insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, ist aufgefallen, dass der BF bei seiner Erstbefragung am 04.11.2015 angab, bereits vor drei Jahren - demzufolge im Jahr 2012 - seinen Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat gefasst zu haben, und nicht einen bestimmten Vorfall sondern die allgemein schlechte Sicherheitslage in seinem Herkunftsstaat als Grund für seine Ausreise anführte: "An meinem Wohnort (...) konnte ich nicht mehr bleiben wegen dem heftigen Krieg zwischen den islamistischen Extremisten und den schiitischen Milizen. Mein Haus wurde zerstört und es gab keine Grundversorgung mehr. Deswegen bin ich ausgewandert und nach Österreich gekommen."
Dass der BF wegen der allgemeinen Lage im Irak und nicht wegen einer konkreten persönlichen Bedrohung aus dem Irak ausgereist ist, zeigt auch seine Antwort auf die Frage in niederschriftlicher Einvernahme vom 27.09.2017, ob er jemals persönlich bedroht worden sei, außer bei diesem Vorfall noch im Jahr 2009 von Al Quaida bedroht worden zu sein, wobei sich die Lage zwischenzeitig verbessert habe, gebe es doch die Al Qaida nicht mehr im Irak.
Als Rückkehrbefürchtung gab der BF in seiner Erstbefragung an, Angst vor den IS-Kämpfern zu haben, welche Leute rekrutieren würden. Auch befragt nach irgendwelchen dem BF drohenden Sanktionen gab der BF nur Angst vor dem "Krieg zwischen Sunniten und Schiiten im Irak" zu haben. Bei einem tatsächlich fluchtauslösenden Vorfall im Jahr 2015 konnten wegen der Zeitnähe in der Erstbefragung des BF am 04.11.2015 auch Angaben dazu erwartet werden. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 gab der BF, befragt danach, warum er bei seiner Reise durch zahlreiche sichere Länder nicht bereits früher um internationalen Schutz angesucht habe, an: "Ich habe diese Länder nicht gemocht." Der BF gab zudem an, unterwegs sei ihm gesagt worden, dass es in Österreich Menschlichkeit gebe. Außerdem habe er so weit wie möglich von seiner Heimat entfernt sein wollen. Erwartungsgemäß ist zudem davon auszugehen, dass ein tatsächlich in seinem Herkunftsstaat Verfolgter die erstbeste Gelegenheit nützt, um staatlichen Schutz zu erlangen, was dem BF aufgrund seiner in der Erstbefragung angeführten Reiseroute zufolge bereits früher möglich war.
Bei näherer Betrachtung seines Fluchtvorbringens finden sich mehrere für dessen Unglaubwürdigkeit sprechende Widersprüche.
In der mündlichen Verhandlung am 25.01.2018 gab der BF zunächst als Fluchtgrund allgemeine Probleme mit dem Terror und dabei vor allem mit dem IS an, sei doch in seiner Gegend niemand, der für die Regierung arbeite, akzeptiert worden. Seine Familie sei seit Februar 2016 verschollen. Nach Vorhalt, die könne keinen Fluchtgrund darstellen, gab der BF an: "Die Sicherheitskräfte haben von mir verlangt, dass ich für den Nachrichtendienst bzw. Geheimdienst arbeite. Ich habe das abgelehnt."
Er brachte zudem vor, sich bei der Polizei beworben zu haben und ohne Zusatzqualifikation nach Absolvierung eines 45-tägigen Polizeikurses im Jahr 2006 in den Polizeidienst aufgenommen worden zu sein, in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 hingegen betonte er, viele Bewerber seien "ohne Training bewaffnet worden". Befragt, wie man sich dies vorstellen könne und ob der BF einfach hingegangen sei, angeläutet und gesagt habe, er wolle Polizist werden, woraufhin ihm eine Waffe in die Hand gedrückt und der BF zum Dienst aufgefordert worden sei, betonte der BF in der Verhandlung am 12.04.2018, dass dies genauso gewesen sei. Erst befragt danach, woher der BF gewusst habe, dass er kein Milizsoldat sei, der eine Waffe hole, sprach der BF von einem einmonatigen oder kürzere Zeit dauernden Training, bevor man einer Gruppe zugewiesen werde. Nach Vorhalt seiner Aussage in erster mündlicher Verhandlung vom 25.01.2018 gab der BF an: "Es ist weniger als ein Monat. Wenn man Beziehungen hat braucht man kein Training machen. Die Regierung ist von Kopf bis Fuß mit Bestechungen voll (...)."
In der mündlichen Verhandlung am 25.01.2018 führte der BF jedoch einen 45 tägigen -- somit einen mehr als ein Monat langen - Polizeikurs an. Abgesehen von Widersprüchen im angeführten Aufnahmeverfahren für den Polizeidienst hat sich der BF auch hinsichtlich der ihm für den Polizeidienst übergebenen Waffen - Pistole und Maschinengewehr - widersprochen. Zunächst erklärte der BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017, dass die Schusskraft der ihm übergebenen Kalaschnikow, die er "nur zur Verteidigung, als es auf uns Angriffe vonseiten der Terroristen kam" verwendet habe, 30 Kilometer weit reiche, in dieser Entfernung die Patrone jedoch zu schwach sei und diese nur in einer Entfernung von 15 Metern noch töten könne. Dies bedeute, dass in einer darüber hinausgehenden Entfernung keine Gefährdung durch eine Kalaschnikow mehr bestehe.
Dem BF wurden in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 mit zum Akt genommener Beilage ./C Bilder von Maschinengewehren gezeigt. Die vom BF angeführte "Kalaschnikow" konnte der BF gleich erkennen. Anders als vor belangter Behörde am 27.09.2017 erklärte der BF nunmehr, ein Schuss der Kalaschnikow aus 25 bis 100 Metern Entfernung könne tödlich sein und einer aus 200 Metern zu einer schweren Verletzung führen. Ab einer Entfernung von 700 Metern könne mit dieser Waffe jedenfalls keine "starke Verletzung" mehr zugefügt werden. Befragt, ab welcher Schussweite die Kalaschnikow nicht mehr effektiv sei, gab der BF an, "700m, 600m, vielleicht auch schon bei 500m."
Nach auf Beilage ./C festgehaltenen Informationen beträgt die "effektive Schussweite" er Kalaschnikow 300 bis 400 Meter und die maximale Schussweite 1500 Meter. Der BF gab zudem befragt, in welchen Schritten sich das Visier justieren lasse, an, dass es kein Visier gebe. Daraufhin wurde ihm von der verhandelnden Richterin vorgehalten, dass die Kalaschnikow ein verschiebbares hinteres Visier habe, das in 100 m-Schritten auf eine Entfernung auf 800 m justierbar sei.
Die Pistole der Marke "Glock", die ihm zusammen mit dem Maschinengewehr ebenfalls übergeben worden sein soll und die er laut seinen Angaben in niederschriftlicher Einvernahme am 27.09.2017 nie verwendet haben will, konnte der BF auf ihm in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 gezeigten Bildern, die als Beilage ./B zum Akt genommen wurden, nicht einmal erkennen, sondern zeigte er zunächst auf die Waffe namens "SIGSAUER" und beim zweiten Versuch auf die "SMITH & WESSON". Er hat sich diesbezüglich auch insofern widersprochen, als er in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde angab, nach Ausbildungsphase eine Pistole mit einer Magazingröße für 15 Patronen erhalten, mit dieser jedoch nie geschossen zu haben, in seiner mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.04.2018 jedoch anführte, der BF habe insgesamt nur für drei Monate eine Pistole erhalten, welche eine Magazingröße von 16 gehabt habe. Dem BF wurde daraufhin vorgehalten, dass es für die Glock 19 die Magazinfüllungen von 15, 17, 19 und 33 gebe, auch bei der Glock 17 gebe es nur die Magazingröße 17, 19 und 33.
Der BF gab in niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 an, dem behaupteten Vorfall von 2015 sei vorausgegangen, "die irakische Regierung" habe in den Jahren 2013 und 2014 vom BF verlangt, Informationen von seinem Heimatort nach ANBAR zu überbringen. Da er dies nicht getan habe, sei er einmal im Zeitraum von März 2015 bis Mai 2015 - ca. zwei Monate lang - festgehalten, täglich nach Informationen zu reichen Leuten aus seinem Heimatort befragt und gefoltert worden.
In mündlicher Verhandlung am 12.04.2018 gab der BF an, insgesamt ca. ein Monat lang angehalten und davon ca. 15 Tage lang befragt und ca. zehn Tage lang gefoltert worden zu sein.
Abgesehen davon, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass man den BF zuerst 15 Tage lang zu überreden versucht und dann erst gefoltert haben soll, hat sich der BF in mündlicher Verhandlung am 12.04.2018 auch insofern widersprochen, als er zunächst davon sprach, ihm seien 15 Tage lang - außer zu Essenszeiten - die Hände gefesselt gewesen, dann jedoch befragt danach, wann er gefesselt gewesen sei, angab:
"Am Ende, als sie kein Resultat erzielt haben." Nachdem der BF erneut betont habe, dass seine Hände 15 Tage lang gefesselt gewesen seien, während mit ihm geredet worden sei, wurde dem BF vorgehalten, dass er sich selbst widersprochen habe, woraufhin der BF angab, die Frage nicht richtig verstanden zu haben.
Auch den Grund, warum gerade der BF zwecks Einholung von Informationen von reichen Leuten in seinem Heimatort belangt und befragt worden sei, gab der BF unterschiedlich an.
Der BF gab in mündlicher Verhandlung am 25.01.2018 zunächst an, Grund dafür sei gewesen, dass er aus der westlichen Region im Irak stamme, gebe es doch in der westlichen Region viele reiche Leute.
Nach dargelegter Schilderung wurde dem BF vorgehalten: "Diese Schilderung ist in sich nicht schlüssig. Sie waren einfacher Polizist und wurden, nach eigenen Angaben, in einer Gegend eingesetzt, in der der IS sehr präsent war. Zum einen ist nicht schlüssig, dass Sie an Informationen von reichen Leuten hätten kommen können und inwiefern diese dann erpresst werden hätten können, damit diese dann mit dem IS zusammenarbeiten."
In mündlicher Verhandlung vom 12.04.2018 gab der BF begründend dafür, dass er zwecks Informationsweitergabe belangt worden sei, zunächst an: "Weil ich ortskundig bin. Sie sind Schiiten und können nicht einfach in unsere Gegend kommen. Ich bin Sunnit und gehöre dieser Gegend an. Niemand würde mich verdächtigen."
Auch später in der Verhandlung betonte der BF, befragt danach, warum er zuerst 15 Tage lang befragt und dann erst gefoltert worden sei, an, der einzige Sunnit aus seinem Heimatort zu sein, der Rest sei schiitischer Angehörigkeit. Abgesehen von widersprüchlichen bzw. nicht nachvollziehbaren Angaben zum Grund dafür, warum der BF zwecks Informationseinholung belangt worden sei, ist sein Vorbringen in mündlicher Verhandlung am 12.04.2018, er sei "der einzige Sunnit" aus seinem Heimatort, jedenfalls Indiz für die Unglaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens, handelt es sich doch beim Heimatort des BF um eine Stadt mit vorwiegend sunnitischer Bevölkerung.
Zu einem anderen Zeitpunkt der Verhandlung am 12.04.2018 erklärte der BF, in seinem Heimatort sei ca. drei Viertel der Bevölkerung reich. Als der BF befragt wurde, ob er so gut mit den Leuten befreundet gewesen sei, dass diese ihm Geheimnisse anvertrauen würden, gab der BF an: "Ja, es sind ja unsere Nachbarn", um unmittelbar daran ohne Zusammenhang zum zuvor Gesagten anzuschließen: "Die irakische Regierung hat Menschen eingesperrt, nimmt von ihnen 6 oder 7 Hefte (wobei von der anwesenden Dolmetscherin angemerkt wurde, ein Heft bedeute € 10.000 €) und lässt sie dann wieder frei."
Auch zum eigentlichen Vorfall im Jahr 2015 äußerte sich der BF unterschiedlich.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 27..09.2017 gab der BF an, ca. zwei Monate lang von März bis Mai 2015 angehalten, täglich befragt und gefoltert worden zu sein.
Im Gegensatz dazu sprach der BF in seiner mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.04.2018 davon, er sei insgesamt etwa ein Monat lang festgehalten worden und davon 15 Tage lang befragt und ca. 15 Tage lang gefoltert worden, weil der BF eine Zusammenarbeit mit der "irakischen Regierung" verweigert habe.
In der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 gab der BF an, dass vor seiner Freilassung seine Augen verbunden worden seien Auf die Frage, warum man ihm die Augen verbunden habe, antwortete der BF: "Damit ich den Ort nicht sehe an dem ich bin. Ich habe meine Peiniger nicht gesehen. Meine Hände waren immer gefesselt und meine Augen waren immer verbunden."
Dass die Augen des BF, wie er in seiner mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 betonte, während seiner gesamten Anhaltung verbunden gewesen seien und der BF sowohl den Ort seiner Anhaltung als auch seine Peiniger nicht gesehen habe, kann seinen Angaben zufolge nicht angenommen werden, sprach der BF doch sowohl zuvor in mündlicher Verhandlung am 12.04.2018 als auch in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 davon, dass ihm, bevor er auf die Straße gesetzt worden sei, (erneut) die Augen verbunden worden seien, demzufolge der BF somit zuvor nicht immer eine Augenbinde aufgehabt haben könne.
Der BF gab vor der belangten Behörde am 27.09.2017 zunächst an, ihm sei nach seiner Freilassung gesagt worden, der BF solle nach Hause gehen und sich erholen und in 15 Tagen wieder kommen. Etwas später in niederschriftlicher Einvernahme gab der BF an, dass er selbst bei seiner Freilassung gesagt habe, er brauche etwas Zeit zum Erholen, woraufhin ihm die Augen verbunden und der BF auf die Straße gesetzt worden sei. Dabei sei der BF aufgefordert worden, vor Abnahme seiner Augenbinde bis zehn zu zählen.
Widersprüchlich dazu gab der BF in mündlicher Verhandlung am 12.04.2018 an, der BF sei mit den Worten freigelassen worden: "Wir geben dir ein bis zwei Monate Zeit bis du dich komplett erholt hast, keine Folternarben mehr sichtbar sind und du dann wieder mit Informationen zu uns kommst."
Nach Vorhalt von widersprüchlichen Angaben des BF und einer ihm zur Abgabe einer Stellungnahme dazu gewährten Möglichkeit nahm der BF auf einen wegen Desertion vom Militärdienst im Irak bestehenden Haftbefehl und einer ihm demzufolge in seinem Herkunftsstaat drohenden fünfjährigen Freiheitsstrafe Bezug und gab er an: "Das können Sie nachprüfen. Es ist so, dass ich lieber Suizid begehe als in den Irak zurück zu kehren."
Mit diesen Angaben hat sich der BF jedenfalls seinen Angaben in niederschriftlicher Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 widersprochen, in welcher er angab, dass ihm im Irak aufgrund unentschuldigten Fernbleibens vom Polizeidienst eine Freiheitsstrafe drohe.
Der BF hat im Laufe seines Verfahrens jedoch nie angegeben, durch wen er von seiner strafrechtlichen Verfolgung bzw. Verurteilung im Irak erfahren haben will. Sollten seine in seinem Heimatort verbliebenen Familienangehörigen davon gewusst haben, hätten diese ihm seinen Angaben zufolge davon jedenfalls rechtzeitig im Verfahren benachrichtigen und ihm einen dies bescheinigenden Nachweis nach Österreich schicken können, gab der BF doch vor der belangten Behörde am 27.09.2017 an, bis vor ca. einem Jahr - somit bis ca. September 2016 - noch Kontakt zu ihnen gehabt zu haben, und erklärte er in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2018, dass seine Familie bereits seit Februar 2016 verschollen sei. Außerdem hat der BF in seiner Erstbefragung am 04.11.2015 nichts von einer strafrechtlichen Verfolgung im Irak berichtet und auch konkret auf die Frage, ob er bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit irgendwelchen Sankt