TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/30 G307 2183122-1

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Veröffentlicht am 30.05.2018
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Entscheidungsdatum

30.05.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2183122-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Deutschland, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige Gesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2017, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet a b g e w i e

s e n , dass der Spruch des bekämpften Bescheides zu lauten hat:

I. "Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG wird gegen Sie ein für die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

II. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wird Ihnen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 16.03.2017 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) von der Bezirkshauptmannschaft (im Folgenden: BH) XXXX über die Verurteilung des eine Anmeldebescheinigung besitzenden Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) in Kenntnis gesetzt.

2. Mit Schreiben vom 17.11.2017 wurde der BF vom in Aussicht genommenen Ausspruch einer Ausweisung wie eines Aufenthaltsverbotes durch des BFA in Kenntnis gesetzt. Zugleich wurde der BF zur dahingehenden Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

Mit Schriftsatz vom 12.12.2017 nahm der BF dazu Stellung.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 27.12.2017, wurde dieser gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm. mit § 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundegebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 2 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt II.) sowie diesem gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub im Ausmaß von einem Monat erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Mit Schriftsatz vom 15.01.2018 erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde jeweils in eventu die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und sind am 17.01.2018 bei diesem eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität, ist Staatsangehöriger der Republik Deutschland, ledig und kinderlos.

Der BF hielt sich seit XXXX.2014 mit einer Unterbrechung von XXXX.2017 bis XXXX.2018 in Österreich auf.

Der BF ging während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet, beginnend mit XXXX.2014 wiederholt, insgesamt 2 Jahre lang, Erwerbstätigkeiten nach, und ist aktuell seit XXXX.2017 erneut in einem Beschäftigungsverhältnis.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF ist im Besitz einer am XXXX.2015 ausgestellte Anmeldebescheinigung "Arbeitnehmer".

Im Herkunftsstaat hält sich weiterhin die Familie des BF auf.

Der BF weist folgende Verurteilungen im Bundesgebiet auf:

* BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2016, RK XXXX.2016, wegen §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 4. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2) SMG: Geldstrafe im Ausmaß von 60 Tagsätzen zu je EUR 18,-, wovon 30 Tagsätze bedingt auf 3 Jahre nachgesehen wurden.

* LG XXXX XXXX, vom XXXX.2016, RK XXXX2016, wegen §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (3) 1. Fall SMG: Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Jahr. Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu BG XXXX, Zl. XXXX.

Der BF wurde im Zuge der zuletzt genannten Verurteilung schuldig gesprochen, von Dezember 2015 bis XXXX.2016 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen zu haben, indem er in zahlreichen Einzelhandlungen insgesamt zumindest 110 g Kokain an andere gewinnbringend verkauft hat, wobei der BF an Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftaten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.

Als mildernd wurde dabei das umfassende Geständnis sowie der Umstand, dass der Großteil der Taten im Verhältnis des §§ 31 und 40 StGB zum Urteil des BG XXXX stehen, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, der äußerst rasche Rückfall sowie die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens, gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die seinen Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten begangen und das darin beschriebene Verhalten gesetzt hat.

Zudem weist der BF drei rechtskräftige Verwaltungsstrafen auf:

* Strafverfügung BH XXXX, Gz.: XXXX, vom 27.08.2015: wegen § 77 Abs. 1 Z 4 erster Fall NAG iVm. § 47 VStG, Unterlassung der rechtzeitigen Beantragung einer Anmeldebescheinigung: Geldstrafe im Ausmaß von €

50,00.

* Strafverfügung BH XXXX, Gz.: XXXX, vom 18.10.2016: wegen § 22 Abs. 1 Z 1 iVm. § 4 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 MeldeG, Unterlassung einer Wohnsitzabmeldung trotz Aufgabe der Unterkunft: Geldstrafe im Ausmaß von € 70,00.

* Strafverfügung BH XXXX, Gz.: XXXX, vom 08.03.2016: wegen § 40 Abs. 1 Z 3 iVm. § 32 Bas. 1 PyroTG, Besitz von keine vorgeschriebenen Kennzeichen aufweisenden pyrotechnischen Gegenständen: Geldstrafe im Gesamtausmaß von € 140,00.

Der BF verfügt über keine familiäre jedoch über soziale Kontakte in Österreich.

Sonst konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration des BF in Österreich festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Obsorgefreiheit, Aufenthalt im Bundesgebiet, Gesundheitszustand, familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat sowie sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Aufenthaltsunterbrechung von XXXX.2017 bis XXXX.2017 beruht einerseits auf den gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie andererseits auf dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters. Anhaltspunkte dafür, dass der BF im besagten Zeitraum im Bundesgebiet - durchgehend - aufhältig gewesen war, liegen nicht vor und wurde ein besagter Aufenthalt vom BF auch zu keinem Zeitpunkt behauptet.

Die Erwerbstätigkeiten des BF sind aus dem Inhalt des den BF betreffenden Sozialversicherungsauszuges ersichtlich, dem Vorbringen des BF zu entnehmen und ergibt sich die Arbeitsfähigkeit des BF aus dem Umstand seiner Erwerbstätigkeit.

Der Besitz einer Anmeldebescheinigung folgt einer im Akt einliegenden Ausfertigung derselben sowie auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters.

Die Verurteilungen des BF samt den näheren dahingehenden Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat, ergeben sich aus dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich) sowie auf einer Ausfertigung des oben zitierten Urteiles des LG XXXX).

Die Verwaltungsstrafen des BF beruhen auf Ausfertigungen der jeweils oben zitierten Straferkenntnisse.

Die Nichtfeststellbarkeit sonstiger, eine tiefgreifende Integration des BF vermittelnder Anhaltspunkte beruht auf dem Nichtvorbringen eines eine solche nahelegenden Sachverhaltes.

2.2.2. Wie die an den BF gerichtete schriftliche Aufforderung des BFA zur Stellungnahme zeigt, wurde dem BF hinreichend die Möglichkeit geboten, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Was die Art und Form der Einräumung des besagten Parteiengehörs betrifft, so war das Bundesamt im vorliegenden Fall nicht gehalten, dieses em BF ausschließlich durch persönliche Einvernahme einzuräumen. In welcher Form nämlich die Behörde der Partei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in concreto zur Kenntnis bringen und Gelegenheit zur Stellungnahme dazu geben kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, dass die Partei dadurch in die Lage versetzt wird, ihre Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090), wobei eine Einvernahme weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vorschreibt (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170). Diesem Gebot wurde im gegenständlichen Fall entsprochen.

Unter Verweis auf die Mitwirkungspflicht des BF, welche diesen hinsichtlich jener Sachverhalte, die in seine persönliche Sphäre fallen (vgl. VwGH 26.02.2009, 2007/09/0105) oder einen Auslandsbezug aufweisen (vgl. VwGH 16.04.2009, 2006/11/0227) besonders trifft, und den Umstand, dass eine allfällige unzureichende Mitwirkung des BF von der belangten Behörde bewertend in ihre Entscheidung eingebunden (vgl. VwGH 11.06.1991, 90/07/0166; 22.2.1994, 92/04/0249; 21.03.1995, 93/08/0098; 27.06.1997, 96/19/0256; 16.10.2001, 99/09/0260; 22.12.2009, 2007/08/0323) werden kann ohne dieser die Pflicht aufzuerlegen, den BF bei der Sachverhaltsfeststellung neuerlich einzubeziehen, (vgl. VwGH 17.02.1994, 92/16/0090; 27.01.2011, 2008/09/0189), kann kein Verfahrensmangel im Verfahren vor der belangten Behörde erkannt werden.

Insofern in der Beschwerde vorgebracht wird, die belangte Behörde hätte keine hinreichende Abwägung vorgenommen, ist zu entgegnen, dass das BFA sich mit dem Gesamtverhalten des BF, unter Berücksichtigung aller für und gegen den BF sprechenden Sachverhalten auseinandergesetzt hat. So wurden dessen berufliche Tätigkeiten und soziale Kontakte genauso wie dessen Verurteilungen und Rechtsverletzungen von der belangten Behörde berücksichtigt.

Darüber hinaus, ist dem BF jedoch beizutreten, wenn dieser die Ausführungen im angefochten Bescheid, wonach er seine kriminelle Karriere bereits im Jahre 1998 begonnen habe, zu Recht moniert. Weder kann den Feststellungen im angefochtenen Bescheid noch dem vorliegenden Akt ein derartiger Sachverhalt entnommen werden und blieb die belangte Behörde eine diesbezügliche Begründung schuldig.

Unbeschadet dessen vermag dieser alleinige Umstand die sonst zutreffenden Feststellungen und Abwägungen der belangten Behörde nicht zur Gänze zu Nichte machen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder jener, der der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Deutschland ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-

und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da vom BF, der aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit fünf noch seit 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

3.1.4. Der BF wurde unbestritten wiederholt gemäß des SMG, zuletzt mit Urteil des LG XXXX, wegen der Vergehen des Suchtgifthandels, zu einer Geldstrafe und einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Dabei handelt sich jedenfalls um ein auf dem Gebiet des Fremdenwesen schwer verpöntes Verhalten des BF (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318 hinsichtlich Suchtgiftkriminalität), welches nicht nur auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hinweist. Vielmehr weist die Bereitwilligkeit des BF, die durch seine Taten allfällig geförderten - notorisch bekannten - körperlichen und seelischen Folgen der Drogenkonsumenten, trotz Erfahrens der eigenen Suchtmittelgewöhnung, in Kauf zu nehmen, auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle hin. Der BF nahm dabei die mit seinen Taten verbundene Verletzung öffentlicher Normen sowie die Förderung der Abhängigkeit und des Leides unzähliger Konsumenten, sohin die potentielle Gefährdung der Volksgesundheit, aber auch der Beschaffungskriminalität, durch die Verbreitung von Rauschgiften im Bundesgebiet, in Kauf.

Erschwerend kommt hinzu, dass der BF den Suchtgifthandel über einen nicht unbeachtlichen Zeitraum hinweg betrieben hat und kurz nach dessen Vorverurteilung, sohin dem erstmaligen Erfahren strafrechtlicher Konsequenzen, erneut rückfällig wurde. Der Umstand, dass der BF zudem wiederholt wegen Verwaltungsübertretungen belangt werden musste, unterstreicht den Unwillen des BF, sich an gültige Gesetze zu halten.

Wenn der BF auch bekundet, Reue zu zeigen und dies durch einen Verweis auf sein bisheriges Wohlverhalten unter Beweis zu stellen versucht, kann dieser Behauptung nicht gefolgt werden. Der BF lässt nicht nachvollziehbar erkennen, dass er sich - seine Verantwortung und Schuld reflektierend - mit seinen Straftaten auseinandergesetzt hätte. Vielmehr lässt der Umstand, dass der BF in der Beschwerde sein Verhalten zu bagatellisieren versucht, keine glaubwürdige Reue vermitteln. Eingedenk der bereits wiederholten Verurteilung des BF kann verfahrensgegenständlich nicht mehr von einem, seiner - letzten - Verurteilung vorangegangenen Wohlverhalten gesprochen werden. Vielmehr erweist sich der BF als vorbestraft und wurde wiederholt verurteilt. Darüber hinaus geht das Argument des BF, einzig wegen einer Meldeverletzung verwaltungsstrafrechtlich belangt worden zu sein, fehl. Vielmehr lässt er dabei außer Acht, auch wegen weiteren Rechtsverstößen gegen das Pyrotechnikgesetz und des NAG belangt worden zu sein, und diese bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens insofern Berücksichtigung finden, als aus dem Umstand der wiederholten Verstöße gegen gültige Rechtsvorschriften auf eine Rechtsvorschriften negierende Einstellung geschlossen werden kann. Das im Zuge des letzten Verfahrens abgelegte Geständnis allein vermag angesichts der diesem gemäß § 34 Abs. 1 Z 17 StGB zukommenden mildernden - strafreduzierenden - Wirkung, vor dem Hintergrund der im gegenständlichen Verfahren vermissten glaubwürdig artikulierten Reue, eine zukünftige Rechtstreue des BF nicht nahezulegen.

Auch der seit der letzten Verurteilung des BF verstrichene Zeitraum erweist sich vor dem Hintergrund der wiederholten Verurteilung des BF und fehlenden erkennbaren Reue als zu kurz, um zukünftige Rechtsverletzungen ausschließen zu können.

Selbst der mögliche Verlust sozialer Anknüpfungspunkte, Erwerbsmöglichkeiten und unionsrechtlicher Aufenthaltsrechte vermochten den BF nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Vielmehr hat der BF diesen wissentlich in Kauf genommen und letzten Endes seine Interessen höher als jene der Öffentlichkeit und anderer bewertet. Insofern kann auch im bloßen Umstand, dass der BF Beschäftigungen im Bundesgebiet nachgeht und soziale Anknüpfungspunkte in Österreich aufweist, kein hinreichender Grund dafür gesehen werden, dass der BF nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung treten wird. Vielmehr wurde der BF trotz Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet und aufrechter sozialer Kontakte wiederholt straffällig, weshalb diesen Momenten für sich genommen kein derartiges Gewicht beigemessen werden kann, um daraus auf ein zukünftiges Wohlverhalten des BF schließen zu können.

Unter Berücksichtigung der der Suchtmittelkriminalität immanenten Rückfallgefährlichkeit (vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0876) und nicht erkennbaren Reue des BF, kann diesem sohin keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Bei der Beurteilung der Rückfallgefährlichkeit kommt gegenständlich dem Umstand, ob der BF die Straftaten zur Finanzierung seiner eigenen Suchtmittelgewährung oder einzig aus reiner Bereicherungslust heraus begangen hat, keine Bedeutung zu (vgl. VwGH 20.12.2012, 2011/23/0554).

Da ein großes öffentliches Interesse an einem geregelten Fremdenwesen in Österreich vorherrscht und die Nichtbeachtung von Rechtsnormen, insbesondere, jener dem Schutze der Gesellschaft und den Interessen einzelner, dienlicher Strafrechtsnormen im Bereich der Suchtgiftdelikte (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318), einem gedeihlichem gesellschaftlichem Zusammenleben massiv zuwiderläuft, ist gegenständlich der Schluss zu ziehen, dass der BF durch sein gezeigtes Verhalten - und der sich daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose - den Beweis für dessen tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung österreichischer - in Art 8 Abs. 2 EMRK genannter - öffentlicher Grundinteressen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, und Volksgesundheit, erbracht hat und die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes als notwendiges Mittel zu dessen Begegnung zu betrachten ist.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen, konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes gegen diesen nicht rechtfertigen.

Wenn der BF auch insgesamt auf einen Aufenthalt im Bundesgebiet von rund 3 1/2 Jahren zurückblicken kann, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich dieser als nicht durchgehend erweist, der VwGH selbst einen Aufenthalt von 3 1/2 Jahren noch als kurz erachtet (vgl. VwGH 08.03.2005, 2004/18/0654) und der BF diesen zur wiederholten Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht hat.

Darüber hinaus haben die sozialen Anknüpfungspunkte sowie die zeitlaufbedingten Integrationsmomente des BF insofern einer Schmälerung hinzunehmen, als der BF eingedenk seiner wiederholten Straffälligkeiten nicht ernsthaft damit rechnen konnte, weiterhin dauerhaft im Bundesgebiet verbleiben, und seine im Bundesgebiet aufgenommenen und intensivierten Beziehungen vor Ort in Österreich weiterpflegen zu können.

Zwar sind dem BF dessen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet sowie der Nichtbezug von Sozialleistungen zu Gute zu halten, jedoch zeigt das Gesamtverhalten des BF letztlich, dass dieser im Grunde kein bzw. ein massiv geschmälertes Interesse an einer Integration in die österreichische Gesellschaft hegt, zumal dieser durch sein rechtsverletzendes Verhalten dessen Willen seine eigenen Interessen über jene Anderer und der Republik Österreich zu stellen, eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht hat.

Den insoweit geminderten persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, steht sohin die aufgrund seines in strafgerichtlichen Verurteilungen und Verstößen gegen unions-, fremden-, und sonstige verwaltungsrechtliche Bestimmungen gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber.

Dem liegt ein im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbaren Delikten, insbesondere Suchtmitteldelikten (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318), sowie der Befolgung von die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293), sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last. Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen gelangt das erkennende Gericht unter Einbeziehung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit des BF sowie dessen im Herkunftsstaat gelegenen familiären Anknüpfungspunkte zur Auffassung, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des BF überwiegen.

Der Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes muss zudem nicht unweigerlich zu einem Abbruch der vom BF in Österreich gepflegten Beziehungen führen. Vielmehr wird dieser diese unter Nutzung moderner Kommunikationsmittel oder im Rahmen von Besuchsfahrten seitens seiner Bekannten, auch weiterhin pflegen können. Gegenteilige Anhaltspunkte liegen nicht vor.

Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten als erforderlich, um der von diesem ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

Eingedenk der den Straftaten des BF zugrundeliegenden Unwerte, der Verstöße gegen fremden, unions-, verwaltungs- und strafrechtlichen Bestimmungen sowie der aus dem Gesamtverhalten des BF resultierenden negativen Zukunftsprognose, erweist sich auch die Dauer von 2 Jahren als gerechtfertigt und angemessen.

Da, anders als im Falle eines Einreiseverbotes bei

Drittstaatsangehörigen gemäß § 53 FPG, der Verhängung eines

Aufenthaltsverbots keine gesonderte aufenthaltsbeendende Maßnahme

voranzugehen hat, sondern ein Aufenthaltsverbot eine solche in sich

trägt (arg "§ 70 Abs. 1 FPG: ... "das Aufenthaltsverbot werden

spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der

EWR-Bürger," ... "hat dann unverzüglich auszureisen."), war

gegenständlich eine zusätzliche Ausweisungsentscheidung nicht zu treffen, weshalb die gegenständliche Beschwerde abweisend, spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

3.2.2. Die belangte Behörde hat dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von einem Monat gewährt, sodass - insbesondere in Ermangelung einer Beschwer des BF - die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen war.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Gefährdungsprognose, öffentliches
Interesse, strafrechtliche Verurteilung, Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2183122.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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