TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/29 G314 2182963-1

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Veröffentlicht am 29.06.2018
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Entscheidungsdatum

29.06.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §88 Abs1

Spruch

G314 2182963-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017 betreffend die Ausstellung eines Fremdenpasses zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 09.06.2015 die Ausstellung eines Fremdenpasses, weil seine Staatsangehörigkeit ungeklärt sei und er keinen Reisepass besitze. Mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 05.08.2016 wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der BF österreichischer Staatsbürger sei. Dieser Bescheid wurde dem BF am 10.08.2016 zugestellt; ein Rechtsmittel wurde nicht erhoben.

Am 13.03.2017 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs 1 Z 1 FPG mit der Begründung, dass er staatenlos sei und kein gültiges Reisedokument habe.

Mit Schreiben des BFA vom 13.09.2017 wurde er aufgefordert, sich zur beabsichtigten Zurückweisung dieses Antrags zu äußern. Der BF erstattete eine Stellungnahme, in der er vertritt, staatenlos bzw. ungeklärter Staatsangehörigkeit zu sein.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF vom 13.03.2017 als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass er als österreichischer Staatsbürger nicht in den Anwendungsbereich des FPG falle, weshalb die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht möglich sei.

Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Tatsachenwidrigkeit erhobene Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stattzugeben, in eventu, die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen. Der BF begründet dies zusammengefasst damit, dass er als de-facto staatenlos oder als Fremder ungeklärter Staatsangehörigkeit anzusehen sei, sodass das FPG anzuwenden sei. Er habe zwar die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben, seine (seiner Ansicht nach davon offenbar zu unterscheidende) Staatsangehörigkeit könne dagegen nicht festgestellt werden. Er habe neben der österreichischen Staatsbürgerschaft eine zweite, nicht fremde Staatsangehörigkeit erworben, weshalb eine Doppelstaatsbürgerschaft bestünde, die ungeklärt sei. Der BF wolle durch die Ausstellung eines Fremdenpasses ein gültiges österreichisches Reisedokument, aber auch ein korrektes Personalstatut iSd § 9 IPRG erlangen. Dies sei auch im in § 88 Abs 1 FPG vorausgesetzten Interesse der Republik gelegen, weil ein Interesse des Staats daran bestünde, nicht im Zweifel darüber zu sein, ob eine bestimmte Person Staatsangehöriger sei.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 16.01.2018 einlangten.

Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX in XXXX als Sohn der Ehegatten XXXXund XXXX geboren. Bei seiner Geburt waren seine Eltern österreichische Staatsbürger. Der BF besitzt seit seiner Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft; ein Verlust der Staatsbürgerschaft ist bislang nicht eingetreten.

Der BF spricht Deutsch. Er besitzt kein gültiges Reisedokument.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts. Entscheidungswesentliche Widersprüche sind nicht aufgetreten.

Auszüge aus dem Geburtenbuch und aus dem Familienbuch, aus denen die Geburt des BF und die Eheschließung seiner Eltern hervorgehen, wurden vorgelegt. Aus dem Familienbuch ergibt sich auch die Staatsbürgerschaft der Eltern des BF.

Die österreichische Staatsbürgerschaft des BF kann aufgrund der Evidenzbestätigung vom 11.04.2017 (AS 16 f) festgestellt werden. Diese steht im Einklang mit der Mitteilung der XXXX vom 14.11.2017, aus der sich auch ergibt, dass keine Hinweise für einen Verlust der Staatsbürgerschaft bestehen. Derartige Hinweise sind auch hier nicht aktenkundig, zumal kein Bescheid über den vom BF behaupteten Verlust der Staatsbürgerschaft infolge Verzichts (vgl § 38 StbG) vorliegt. Es existieren auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in § 37 StbG für einen solchen Verzicht vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Es gibt weder Beweisergebnisse dafür, dass der BF nicht mehr die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, noch dafür, dass er diese verlor oder er eine fremde Staatsangehörigkeit erwarb. Es gibt somit keine Beweisergebnisse, die nahelegen, dass die Evidenzbestätigung vom 11.04.2017 unrichtig oder nicht mehr aktuell sei.

Aus dem E-Mail der XXXX vom 13.06.2017 (AS 19) ergibt sich übereinstimmend mit den vom BF vorgelegten Schreiben vom 20.06.2014 und vom 03.03.2015, dass sein Reisepass und sein Personalausweis entwertet wurden und er daher kein gültiges österreichisches Reisedokument mehr besitzt, sodass eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann.

Deutschkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft plausibel und können festgestellt werden, weil er im Administrativverfahren mit dem BFA durchwegs auf Deutsch kommunizierte.

Rechtliche Beurteilung:

Das Fremdenpolizeigesetz (FPG) regelt - soweit entscheidungswesentlich - die Ausstellung von Dokumenten für Fremde (§ 1 Abs 1). Dies sind gemäß § 2 Abs 3 FPG ua Fremdenpässe gemäß § 88 FPG.

Fremder iSd FPG ist, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (§ 2 Abs 4 Z 1 FPG). Auch § 2 Z 4 StbG normiert, dass ein Fremder eine Person ist, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit "Ausstellung von Fremdenpässen" betitelte § 88 FPG lautet:

"(1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend."

Der zum Zeitpunkt der Geburt des BF in Geltung stehende § 7 Abs 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 (StbG 1965 idF BGBl Nr. 163/1966) lautet:

"Ein eheliches Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vor der Geburt des Kindes erfolgten Ablebens besessen hat."

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den hier vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF ist österreichischer Staatsbürger und somit kein Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG. Die Ansicht des BFA, dass das FPG daher nicht auf ihn anzuwenden sei und der beantragte Fremdenpass nicht ausgestellt werden könne, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Die Ausstellung eines Fremdenpasses für einen österreichischen Staatsbürger ist nicht möglich.

Der angefochtene Bescheid ist somit nicht korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Der maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchteil B):

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Fremdenpass, mangelnder Anknüpfungspunkt, rechtliche Verhinderung,
Staatsbürgerschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2182963.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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