TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/4 G307 2188009-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2018
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Entscheidungsdatum

04.07.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2188009-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Deutschland, vertreten durch Verein Menschenrechte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 21.02.2017 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner Anhaltung in Untersuchungshaft über die in Aussicht genommene Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Zugleich wurde ihm eine 14tägige Frist zur dahingehenden Stellungnahme ab Erhalt dieses Schreibens eingeräumt.

Am 09.03.2017 nahm der BF durch seine vormalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) dazu Stellung und stellte den Antrag, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens zu unterbrechen.

2. Mit Urteil des LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017, bestätigt durch das Urteil des OLG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017, wurde der BF wegen der Begehung von Taten, welche dem Verbrechen des versuchten Mordes gemäß §§ 15, 75 StGB, und des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB zuzuordnen wären, gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, dem damaligen RV des BF zugestellt am 14.02.2018, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Mit per Telefax am 01.03.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch die im Spruch angeführte RV Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die ersatzlose Behebung des Aufenthaltsverbotes, in eventu die Herabsetzung seiner Befristung beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und sind am 05.03.2018 bei diesem eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Deutschland.

Der BF ist ledig, frei von Sorgepflichten, hält sich seit 08.08.2016 im Bundesgebiet auf und war bis zu seiner Festnahme am XXXX.2016 unsteten Aufenthalts.

Der Lebensmittelpunkt des BF lag vor seiner Einreise ins Bundesgebiet in Deutschland, wo er die Realschule, die Fachoberschule für Gestaltungen und anschließend die Fachhochschule für Gestaltung besuchte, welche er mit Diplom im Jahre 1985 abschloss.

Der BF leidet seit 30 Jahren an einer - unbehandelten - paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie und war zuletzt als freischaffender Künstler tätig.

Der BF ist nicht im Besitz einer Anmeldebescheinigung und konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über berücksichtigungswürdige soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt.

Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX, Zahl XXXX vom XXXX.2017, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2017, wegen Taten, die als Verbrechen des versuchten Mordes gemäß §§ 15, 75 StGB sowie als Vergehen der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu qualifizieren wären, gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der Einweisung liegt der Umstand zugrunde, dass der BF unter dem Einfluss einer paranoid-halluzinatorischen Psychose, die eine Geisteskrankheit im Sinne des § 11 StGB darstellt, sohin in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand, der auf einer geistigen Abartigkeit höheren Grades beruht, nachfolgende Taten begangen hat, ohne fähig zu sein, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln:

Der BF hat am XXXX.2016 in einem Regionalzug

1. einen Zugfahrgast durch ein Messer mit einer Klingenlänge von ca. 11 cm zu töten versucht, und zwar indem er ihm zwei wuchtige Stiche in den Oberbauch und in den Rücken unterhalb des linken Schulterblattrandes versetzte, wodurch dieser eine an sich schwere Verletzung verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung, nämlich eine Eröffnung des Bauchraumes mit Durchtrennung des großen Netzes samt Schädigung des Dünndarmgekröses sowie eine Brustraumöffnung mit Bruch der 9. Rippe erlitt,

2. einen weiteren Zugfahrgast durch ein Messer mit der Klingenlänge von ca. 11 cm zu töten versucht, und zwar indem er ihm einen tiefen Halsschnitt zufügte, wodurch dieser eine an sich schwere Verletzung, nämlich eine etwa 16 cm lange klaffende Wunde an der linken Hals-Nackengegend mit Anschnitt des Kopfnickmuskels und Durchtrennung des linken Ohrmuschelknorpels, erlitt, und

3. einen weiteren Zugfahrgast gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar indem er diesen ein Messer mit einer Klingenlänge von ca. 11 cm vorhielt und dabei sinngemäß äußerte in "abzustechen". Dem Urteilsinhalt zufolge ist nach der Person des BF und dessen Zustand sowie nach der Art der Taten zu befürchten, dass er unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, weshalb eine Eiweisung gemäß § 21 Abs. 1 StGB angezeigt ist.

Es wird festgestellt, dass der BF die seiner Einweisung zugrunde liegenden Straftaten begangen und das im Urteil beschriebene Verhalten gesetzt hat.

Gegenwärtig wird der BF seit XXXX.2016 in Justizanstalten in Österreich untergebracht.

Es konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration des BF im Bundesgebiet festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Obsorgefreiheit, Aufenthalt im Bundesgebiet, unstetem Aufenthalt im Bundesgebiet, Schulbesuch in Deutschland samt Diplomabschluss, Tätigkeit als freischaffender Künstler, unterbliebener Behandlung der Erkrankung des BF, sowie fehlenden familiären und sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die gegenwärtige Unterbringung in einer Justizanstalt folgt dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters sowie einem Auszug aus der IVV-Datenbank und ergibt sich der Nichtbesitz einer Anmeldebescheinigung aus dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters.

Der Gesundheitszustand des BF ist aus den - auf ein Gutachten des Sachverständigen XXXX gestützten - schlüssigen Ausführungen im oben zitierten Urteil des LG XXXX sowie den - dies bestätigenden - Ausführungen im Berufungsurteil des OLG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2017 ersichtlich.

Die Einweisung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher iSd. § 21 Abs. 1 StGB samt diesbezüglich näherer Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die seiner Einweisung zugrunde liegenden Taten begangen hat, beruhen auf einer Ausfertigung des oben zitierten schlüssigen Urteils des LG XXXX, sowie dem zuvor zitierten Berufungsurteils des OLG XXXX.

Dem Akteninhalt sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, welche eine tiefgreifende Integration des BF nahelegen könnten. Zudem spricht der erst kurze Aufenthalt des BF im Bundesgebiet gegen eine besondere Integration seinerseits.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Deutschland ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-

und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da vom BF, der aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit 5 noch seit 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Solche Gesichtspunkte, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Auch wenn die Aufhebung der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB erst dann erfolgt, wenn sie vom Gericht - auf Grund entsprechender Gutachten - nicht mehr zur Verhinderung von Straftaten mit schweren Folgen für notwendig erachtet wird, schließt das nicht aus, dass aus fremdenrechtlicher Sicht (auch über die Dauer der Unterbringung hinaus) eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu bejahen sein kann, die ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot erfordert (vgl. E 6. Juli 2010, 2010/22/0096, VwGH 19.05.2011, 2008/21/0042).

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

3.1.4. Der BF wurde unbestritten wegen Taten, die bei Nichtvorliegen der Abnormität des BF als versuchte Morde und gefährliche Drohung zu qualifizieren gewesen wären, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Aufgrund der Schwere der Taten und der vom BF aufgrund seines geistigen Zustandes ausgehenden - seiner Einweisung zugrundeliegenden - Gefährlichkeit, ist ein Rückfall des BF nicht nur nahliegend, sondern vielmehr anzunehmen. Der BF hat mit seinem Vorgehen, nämlich auf seine Opfer mit einem Messer teils wiederholt einzustechen bzw. zu bedrohen, das Leben mehrerer Menschen nicht nur in Gefahr gebracht, sondern gezielt deren Tötung im Sinn gehabt. Der Angriff auf Leib und Leben - das höchste Gut - eines Menschen, weist jedenfalls auf eine beachtliche Herabsetzung der Hemmschwelle des BF hin. Aufgrund seiner ihm attestierten psychischen Erkrankung kann sogar von deren vollständigem Fehlen ausgegangen werden, worin sich die besondere Gefährlichkeit des BF manifestiert.

Auch die in der gegenständlichen Beschwerde bekundete Reue des BF und der behauptete Wegfall seiner Gefährlichkeit im Falle seiner Entlassung aufgrund aufrechter psychologischer Betreuung, vermag an der negativen Zukunftsprognose nichts zu ändern. So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 17.11.2006, Zahl Ra 016/21/0193 festgehalten, dass für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten manifestierten Gefährlichkeit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich ist, was auch im Fall einer erfolgreich absolvierten Therapie (vgl. dazu aus der ständigen Judikatur zuletzt etwa den Beschluss vom 15. September 2016, Ra 2016/21/0262, mwN) zu gelten habe. Unter Berücksichtigung, dass eine Entlassung aus einer Unterbringung, der Taten zugrunde liegen, die mit mehr als 10 Jahren Strafe bedroht wären (vgl. § 75 StGB: Strafrahmen von 10 bis 20 Jahren oder lebenslang), gemäß §§ 47 Abs. 1 iVm. 48 Abs. 2 StGB immer nur bedingt unter Setzung einer Probezeit von 10 Jahren erfolgen kann, und demzufolge - einen Vollzug in Freiheit vorsehend (vgl. Foregger/Fabrizy, Manz Kommentar StGB7, Rz 3) - nicht entgültig ist, kann daher aus gegenwärtiger Sicht angesichts nicht absehbarer Entwicklungen des BF, ein Wegfall der Gefährlichkeit des BF trotz aufrechter Betreuung nicht angenommen werden. Die bloße Bezeugung, sich reuig zu zeigen, genügt dazu ebenfalls nicht hin, zumal - insbesondere aufgrund seiner Diagnose - nicht erkannt werden kann, dass der BF sich mit seinen Taten nachhaltig auseinandergesetzt und das Unrecht dieser erkannt hat.

Insofern kann wegen des erst kurzen Zeitraumes, welcher seit den Taten des BF verstrichen ist und der seither überwiegenden Unterbringung des BF diesem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

Der BF verfügt zudem im Bundesgebiet weder über familiäre noch soziale Kontakte und hat bisher abgesehen von seiner Inhaftierung und Unterbringung, im Bundesgebiet keinen Wohnsitz begründet. Eine tiefgreifende Integration des BF konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Vielmehr lässt der geistige Gesundheitszustand des BF und die darauf zurückführenden Straftaten gepaart mit den fehlenden Bezugspunkten des BF in Österreich eine Integration desselben in Österreich ausschließen. So kann der BF zudem auch nur auf 8 Tage Aufenthalt in Freiheit in Österreich zurückblicken und vermochte dieser bisher keine konkreten Integrationsbemühungen darzulegen.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss.

Zur Frage der Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Falle von Morddelikten (vgl. VwGH 14.05.1990, 90/19/0243) und Gewaltdelikten (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043) hat der VwGH Stellung bezogen und in all diesen Fällen eine maßgebliche Gefährdung attestiert.

Angesichts der soeben geschilderten Fakten lässt sich gegenständlich auf eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr des persönlichen Verhaltens des BF schließen, welches Grundinteressen der Gesellschaft berührt.

Ferner konnte im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk der fehlenden tiefgreifenden Integrationsmomente und nicht erkennbaren, bzw. anzunehmenden, Integrationsinteressen seitens des BF, nicht von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den BF und Schutz der körperlichen Unversehrtheit anderer) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

3.1.5. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG - unter Beachtung von § 53 Abs. 3 Z 1 und 5, und Abs. 6 FPG (vgl. 06.09.2012, 2012/18/0032:

hinsichtlich der Beachtung der Einreiseverbotstatbestände und der daran geknüpften Befristungen bei der Beurteilung der Befristung eines Aufenthaltsverbotes) - im vorliegenden Fall die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von 10 Jahren als zulässig an.

Wirft man einen Blick auf den geistigen Zustand des BF und der damit einhergehenden - attestierten und vom Strafgericht festgestellten - Gefährlichkeit, die Brutalität des Handelns des BF und den seinen Taten an sich innewohnenden Unwerten, so hat das Bundesamt den ihm zur Verfügung stehenden Rahmen zu Recht ausgeschöpft.

Demzufolge war die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

3.2.2. Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativen Zukunftsprognose, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Ausreise des BF als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.

Insofern ist die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen.

3.3. Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" betitelte § 18 BFA-VG lautet:

"§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

Eingedenk des oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose Ausgeführten kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.

Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.

Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, besonders
schweres Verbrechen, EU-Bürger, Gefährdungsprognose, gefährliche
Drohung, öffentliches Interesse, strafrechtliche Verurteilung,
Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2188009.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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