TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/4 G306 2157150-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2018
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Entscheidungsdatum

04.07.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2157150-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch RA Mag. Andreas PAZDERKA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX (LG) , Zl. XXXX, vom XXXX.2016, wegen § 146 Abs. 1 StGB; §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 2.Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Die BF wurde am 01.02.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid vom 21.04.2017 des BFA, der BF zugestellt am 26.04.2017, wurde gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat (SW/RV) ab Durchsetzbarkeit, erteilt (Spruchpunkt II.).

Eine dagegen erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde mit Beschluss vom 07.11.2017, Zl. G307 2157150-1/2E als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass die BF teilweise besachwaltet sei und der zugestellte Bescheid keine Wirksamkeit entfalte.

Mit Schreiben des BFA vom 09.11.2017 wurde dem Sachwalter sowie gleichzeitigem Rechtsvertreter, eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und gleichzeitig, unter Setzung einer 14-tägigen Frist, die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Eingabe vom 22.11.2017, eingelangt beim BFA am 24.11.2017, gab der Sachwalter/Rechtsvertreter (SW/RV) eine Stellungnahme ab.

Mit oben im Spruch angeführten Bescheid erließ das BFA ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) sowie räumte es der BF einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung, ein (Spruchpunkt II.).

Dagegen erhob der ausgewiesene SW/RV die Beschwerde an das BVwG.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 25.01.2018 beim BVwG eingelangt.

Am 19.06.2018 fand an der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener die BF unentschuldigt fernblieb, dessen SW/RV persönlich teilnahm.

Mit Schreiben vom 21.06.2018 des BVwG an die Bezirkshauptmannschaft XXXX, wurde ersucht dem Gericht bekannt zu geben, wem die Obsorge - des minderjährigen Sohnes der BF - übertragen wurde.

Mit per Mail am 25.06.2018 beim BVwG eingelangt, gab die Bezirkshauptmannschaft bekannt, dass die Obsorge der Großmutter übertragen, der minderjährige Sohn sich jedoch bei seiner leiblichen Mutter (BF) in Deutschland befinden würde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Die, die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) innehabende, BF ist Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland.

Die BF hielt sich seit dem Jahr 2010 fast durchgehend im Bundesgebiet auf und war mit Neben und Hauptwohnsitzen gemeldet. Die BF war bis zum Jänner 2016 erwerbstätig. Die BF ist Inhaberin einer Anmeldebescheinigung gültig von 15.03.2016 bis 14.12.2022. Die BF ist Mutter eines mj. Sohnes dessen Vormundschaft mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2015, Zl. XXXX der mütterlichen Großmutter der BF alleinig übertragen wurde. Laut Auskunft der Bezirkshauptmannschaft vom 25.06.2018 ist das mj. Kind am XXXX.2018, mit Zustimmung der Obsorge berechtigten Großmutter, mit der BF zu Verwandten nach Deutschland verzogen. Die BF selbst ist in Bezug auf finanzielle Angelegenheiten durch Beschluss des Bezirksgereichtes XXXX besachwaltet.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig.

Im Bundesgebiet halten sich die Mutter, der Stiefvater sowie ein Bruder auf.

Die BF weist folgende Verurteilung im Bundesgebiet auf:

"01) LG XXXX XXXX vom XXXX.2016 RK XXXX.2016

§ 142 (a) StGB

"" 146, 147 (1) Z 1 2. Fall StGB

Datum der letzten Tad XXXX.2016

Freiheitsstrafe 18 Monate

Zu LG XXXX XXXX RK XXXX.2016

Aus Freiheitsstrafe entlassen am XXXX.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX XXXX vom XXXX.2017"

Der Verurteilung liegt der Umstand zugrunde, dass die BF

"I.) am XXXX.2016 in XXXX durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Pistolenatrappe dem Angestelltem der XXXX, XXXX, fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld in Höhe von € 20.210,- mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem sie "gib mir Geld, keinen Alarm" äußerte und zur Untermauerung ihrer Drohung die Pistolenatrappe in Richtung des Bankangestellten hielt;

II.) am XXXX.2015 in XXXX mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der XXXX durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer verfälschten Urkunde nämlich die Einreichung eines verfälschten Postschecks, worauf sie den anzuweisenden Betrag um € 100,- erhöht hatte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von insgesamt €

300,- verleitet, wodurch das Land XXXX um € 100,00 am Vermögen geschädigt wurde.

Strafbare Handlungen:

Zu I.): Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB;

Zu II.): Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall StGB

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§§ 20 Abs. 3, 28 Abs. 1, 38 Abs. 1 Z 1 StGB

Strafe:

nach § 142 Abs. 1 StGB

Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten

Verfall:

Gemäß § 20 Abs. 3 StGB wird ein Geldbetrag in der Höhe von €

7.133,02 für verfallen erklärt.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 389 Abs. 1 stopp wird der Angeklagte zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.

Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft:

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird der Angeklagte die erlittene Vorhaft vom XXXX.2016, 15.10 Uhr bis XXXX.2016, 11.35 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche:

XXXX ist gemäß § 366 Abs. 2 StPO schuldig, der Privatbeteiligten XXXX, den Betrag von € 100,- binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Zuspruch beruht auf dem Anerkenntnis durch die Angeklagte und ihren Sachwalter im Rahmen der Hauptverhandlung.

Strafbemessung:

Erschwerend: Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens, psychische Tatfolgen für das Opfer

Mildernd: ordentlicher Lebenswandel, Geständnis, Schadenswidergutmachung, beeinträchtigte Dispositionsfähigkeit"

Es wird festgestellt, dass die BF die ihrer Verurteilung zugrunde liegende Straftat begangen hat.

Die BF wurde vom XXXX.2016 bis XXXX2017 in Justizanstalten in Österreich angehalten.

Die BF weist sowohl soziale als auch familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet auf, wobei weder ein gemeinsamer Haushalt noch ein Abhängigkeitsverhältnis in Bezug auf diese festgestellt werden konnte. Die BF hat das österreichische Bundesgebiet am XXXX.2018 - gemeinsam mit ihrem mj Sohn- verlassen und ist zu Verwandten nach Deutschland verzogen.

In Deutschland halten sich weiterhin Verwandte der BF auf, bei welchen sie auch Unterkunft gefunden hat.

Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Staatsbürgerschaft der BF , zur Besachwalterung, zum mj. Sohn sowie den in Österreich lebenden Verwandte getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Der Aufenthalt der BF in Österreich beruht auf einen aktuellen Auszug des Zentralen Melderegisters.

Der Besitz einer Anmeldebescheinigung beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters.

Die Erwerbstätigkeiten der BF im Bundesgebiet sowie die aktuelle Erwerbslosigkeit beruhen auf einem Sozialversicherungsauszug und ergibt sich der Umstand, dass die BF in Deutschland auf Arbeitssuche ist, aus den Angaben des Sachwalters/RV in der mündlichen Verhandlung.

Die Verurteilung der BF samt näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass die BF die diesen zugrunde liegenden Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich), einer jeweiligen Strafkarte des LG sowie einer Ausfertigung des zuletzt ergangenen Strafurteiles des LG.

Der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der BF, der aktuelle Aufenthalt der BF sowie ihres Sohnes in Deutschland, sowie die familiären Anknüpfungspunkte in Österreich beruhen auf dem Vorbringen des Sachwalters/RV in der mündlichen Verhandlung. Zudem hat die Bezirkshauptmannschaft XXXX mit Schreiben vom 25.06.2018 dem Gericht bestätigt, dass sich die BF sowie ihr mj. Sohn seit dem XXXX.2018 wieder in Deutschland aufhalten.

Der Gesundheitszustand sowie die Arbeitsfähigkeit der BF beruht darauf, wonach der Sachwalter/RV in der mündlichen Verhandlung angab, dass die BF in Deutschland auf Arbeitssuche sei, sowie dem Nichtvorbringen eines eine Erkrankung derselben nahelegenden Sachverhaltes im Beschwerdeverfahren.

Die Anhaltung in Justizanstalten sowie diverse Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet, beruhen auf dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters (ZMR).

Das Fehlen eines gemeinsamen Haushaltes mit sowie das Nichtbestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses zu im Bundesgebiet aufhältigen Verwandten, beruhen auf dem Datenbestand des ZMR sowie dem Nichtvorbringen eines dies nahelegenden Sachverhaltes seitens der BF sowie aus dem Umstand, dass die BF das Bundesgebiet bereits seit dem XXXX.2018 verlassen, zu Verwandten nach Deutschland verzogen ist und der Sachwalter/RV in der mündlichen Verhandlung angab, dass sich die BF mit ihrem Stiefvater nicht verstehen und es dadurch immer wieder zu Spannungen gekommen wäre.

Wenn in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht wird, dass die BF im Bundesgebiet familiäre Beziehungen habe und das Verlassen des Bundesgebietes für sie eine Katastrophe wäre, so hat dies gegenständlich keine Gültigkeit mehr. Die BF hat das Bundesgebiet bereits - gemeinsam mit ihrem mj. Sohn - verlassen und ist zu Verwandten nach Deutschland verzogen. Laut Angaben des Sachwalters/RV in der mündlichen Verhandlung, ist die BF in Deutschland auf Arbeitssuche und sei das Verhältnis zur in Österreich lebenden Verwandtschaft insbesondere Stiefvater angespannt. Hinsichtlich eines etwaigen Gesinnungswandels wurde durch die ausgewiesene Vertretung in der Beschwerde ausgeführt, dass die BF bereits das Übel der Haft verspürt habe und die Tat bereits über eineinhalb Jahren zurückliege so ist dazu festzuhalten, dass der ständigen Judikatur des VwGH zufolge, der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu prüfen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa die VwGH Erkenntnisse vom 19. April 2012, Zl. 2010/21/0507, und vom 25. April 2013, Zl. 2013/18/0056, jeweils mwN). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen kann, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (Hinweis E 22. Jänner 2013, 2012/18/0185; E 22. Mai 2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009; 28.01.2016, Ra 20015/21/0013).

Im gegenständlichen Fall bereut der BF seine Taten im Stande der Strafhaft und vermeint sein Unrecht der Taten einzusehen. Diese Einsicht wird er in Freiheit beweisen müssen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Die BF ist auf Grund ihrer deutschen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und

Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war ausfolgenden Gründen abzuweisen:

Gegen der BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF hielt sich seit dem 17.02.2010 - mit kurzfristigen Unterbrechungen - durchgehend im Bundesgebiet auf und musste daher vom BFA der anzuwendende Gefährdungsmaßstab ermittelt werden.

Sie überschreitet die im § 53a NAG (fünf Jahre durchgehender rechtmäßiger Aufenthalt) relevante Frist. Die BF kommt jedoch nicht in die Gunst des im vorletzten Satzes des § 67 Abs. 1 FPG (seit zehn Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet) anzuwendenden Maßstabes für die Erstellung der Gefahrenprognose.

Folglich darf gegen die BF nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Diese liegen bei der BF auch vor.

Im Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2012, 2012/21/0181, wird dazu ausgeführt, dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie bestimmt, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Und es muss angenommen werden, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen ist.

Aus der schriftlichen Urteilsausfertigung vom Landesgericht XXXX kann folgende entnommen werden:

"I.) am XXXX.2016 in XXXX durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Pistolenatrappe dem Angestelltem der XXXX, XXXX, fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld in Höhe von € 20.210,- mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem sie "gib mir Geld, keinen Alarm" äußerte und zur Untermauerung ihrer Drohung die Pistolenatrappe in Richtung des Bankangestellten hielt;

II.) am XXXX.2015 in XXXX mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der XXXX durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer verfälschten Urkunde nämlich die Einreichung eines verfälschten Postschecks, worauf sie den anzuweisenden Betrag um € 100,- erhöht hatte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von insgesamt €

300,- verleitet, wodurch das Land XXXX um € 100,00 am Vermögen geschädigt wurde.

Strafbare Handlungen:

Zu I.): Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB;

Zu II.): Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall StGB

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§§ 20 Abs. 3, 28 Abs. 1, 38 Abs. 1 Z 1 StGB

Strafe:

nach § 142 Abs. 1 StGB

Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten

Verfall:

Gemäß § 20 Abs. 3 StGB wird ein Geldbetrag in der Höhe von €

7.133,02 für verfallen erklärt.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 389 Abs. 1 stopp wird der Angeklagte zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.

Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft:

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird der Angeklagte die erlittene Vorhaft vom 20.05.2016, 15.10 Uhr bis 08.08.2016, 11.35 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche:

XXXX ist gemäß § 366 Abs. 2 StPO schuldig, der Privatbeteiligten XXXX, den Betrag von € 100,- binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Zuspruch beruht auf dem Anerkenntnis durch die Angeklagte und ihren Sachwalter im Rahmen der Hauptverhandlung.

Strafbemessung:

Erschwerend: Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens, psychische Tatfolgen für das Opfer

Mildernd: ordentlicher Lebenswandel, Geständnis, Schadenswidergutmachung, beeinträchtigte Dispositionsfähigkeit"

"I.) am XXXX2016 in XXXX durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Pistolenatrappe dem Angestelltem der XXXX, XXXX, fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld in Höhe von € 20.210,- mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem sie "gib mir Geld, keinen Alarm" äußerte und zur Untermauerung ihrer Drohung die Pistolenatrappe in Richtung des Bankangestellten hielt;

II.) am XXXX.2015 in Bruck an der Leitha mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der XXXX durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer verfälschten Urkunde nämlich die Einreichung eines verfälschten Postschecks, worauf sie den anzuweisenden Betrag um €

100,- erhöht hatte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von insgesamt € 300,- verleitet, wodurch das Land XXXX um € 100,00 am Vermögen geschädigt wurde.

Strafbare Handlungen:

Zu I.): Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB;

Zu II.): Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall StGB

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§§ 20 Abs. 3, 28 Abs. 1, 38 Abs. 1 Z 1 StGB

Strafe:

nach § 142 Abs. 1 StGB

Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten

Verfall:

Gemäß § 20 Abs. 3 StGB wird ein Geldbetrag in der Höhe von €

7.133,02 für verfallen erklärt.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 389 Abs. 1 stopp wird der Angeklagte zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.

Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft:

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird der Angeklagte die erlittene Vorhaft vom XXXX.2016, 15.10 Uhr bis XXXX.2016, 11.35 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche:

XXXX ist gemäß § 366 Abs. 2 StPO schuldig, der Privatbeteiligten XXXX, den Betrag von € 100,- binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Zuspruch beruht auf dem Anerkenntnis durch die Angeklagte und ihren Sachwalter im Rahmen der Hauptverhandlung.

Strafbemessung:

Erschwerend: Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens, psychische Tatfolgen für das Opfer

Mildernd: ordentlicher Lebenswandel, Geständnis, Schadenswidergutmachung, beeinträchtigte Dispositionsfähigkeit"

In dieser Hinsicht hat die BF die allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 67 Abs. 2 iVm Abs. 3 FPG jedenfalls erfüllt.

Auch indiziert diese Verurteilung jedenfalls, dass von der BF eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 67Abs. 1 FPG ausgeht.

Bei dem gesetzten Delikt der BF handelt es sich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes besonderes Fehlverhalten. Die BF hat damit wesentliche Interessen des Betroffenen Opfer aber auch der Gesellschaft an sich, nämlich Sicherheit für die Person, dessen Eigentum sowie sozialen Frieden, zuwidergehandelt. Das von der BF gezeigte Verhalten weist sohin auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin. Darüber hinaus verlangt die ausgeübte Straftat - Raubüberfall - bei dem die BF zuvor eine täuschend echt aussehende Pistolenatrappe kaufte - ein hohes Maß an krimineller Energie. Die BF nimmt auch in ihrer nunmehrigen Beschwerde dazu nicht Stellung und erscheint auf - trotz Landung - nicht zur mündlichen Verhandlung. Ganz im Gegenteil versucht sie ihr strafrechtliches Verhalten herunterzuspielen und gibt ihrer Kaufsucht dafür die Schuld.

Da der BF offensichtlich auch nach ihrer nunmehrigen Haftentlassung eine angespannte finanzielle Lage vorgefunden hat, ist es nicht auszuschließen, dass sie wieder versuchen wird durch kriminelles Verhalten ihre finanzielle Lage zu verbessern. Eine positive Zukunftsprognose kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht attestiert werden. Die BF wird ihr Wohlverhalten erst wieder unter Beweis stellen müssen.

Das aufgezeigte strafrechtliche Verhalten der BF läuft den Interessen der österreichischen Gesellschaft im hohen Maße zuwider. Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen ist zur Auffassung zu gelangen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer schwerwiegender strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des BF überwiegen.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen. Es wird vom erkennenden Gericht nicht verkannt, dass sich die Mutter der BF im Bundesgebiet aufhält. Ein Abhängigkeitsverhältnis konnte nicht festgestellt werden und wurde im laufenden Verfahren auch nicht mehr behauptet. Die BF hat bereits Österreich - gemeinsam mit ihrem Sohn - verlassen und sich wieder in Deutschland, bei Verwandten, niedergelassen. Laut Angaben des SW/RV in der mündlichen Verhandlung, ist sie dort auch auf Arbeitssuche.

Den insoweit geminderten persönlichen Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, steht sohin zum einen der Umstand die aufgrund ihrer strafgerichtlichen Verurteilung gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) strafbarer Delikten - insbesondere gewerbsmäßigen Eigentumsdelikten sowie Gewaltkriminalität (Vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0568; VwGH 23.03.1992, 92/18/0044) und sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt.

Die mit einem Aufenthaltsverbot einhergehenden gegenständlichen Auswirkungen auf die Lebenssituation der BF sind im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.10.2013, Zl. 2013/22/0083).

Vor dem Gesagten, insbesondere davor, dass die BF - die begründete Annahme einer Tatwiederholung rechtfertigend - gegenwärtig über keine hinreichenden finanziellen Mitteln zur Deckung ihres Unterhaltes verfügt, sondern vielmehr auf Arbeitssuche ist und sie sich selbst durch die im Raum gestandene Gefahr auf lange Zeit ihren Aufenthaltsrechtes in Österreich zu verwirken nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten gefühlt hat, ist davon auszugehen, dass ein Aufenthalt der BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 67 Abs. 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist.

Das auf 5 Jahre befristete Aufenthaltsverbot erweist sich sohin als angemessen und geboten.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70

FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese aufgrund der familiären und sozialen Bezügen zum Bundesgebiet einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährte.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Gefährdungsprognose, öffentliches
Interesse, schwerer Betrug, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2157150.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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