Entscheidungsdatum
26.07.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W196 2161921-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Ursula SAHLING als Einzelrichterin betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia nach Beschwerde über die Verletzung der Entscheidungspflicht und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.11.2017 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.08.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird XXXX der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von einem Jahr erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige Somalias, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 08.08.2015 wurde wurde die Antragstellerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie angab, dem Clan der Sheekhaal anzugehören und in Äthiopien geboren worden zu sein, sie spreche allerdings Somalisch. Zu ihren familiären Verhältnissen gab die Antragstellerin an, dass sie traditionell verheiratet sei. Ihre gesamte Familie würde in Äthiopien leben. Sie habe keine Ausbildung und sei Analphabetin. Am 05.07.2015 habe sie den Entschluss zur Ausreise gefasst und sei ausgehend von Äthiopien über die Türkei bis nach Griechenland gereist. Da sie kein Geld gehabt habe, sei sie von Athen bis Mazedonien und von dort bis nach Serbien zu Fuß gegangen bis sie mit einem Zug an die serbische Grenze gefahren worden sei. Folglich sei sie zu Fuß über die serbisch/ungarische Grenze weiter nach Österreich zu Fuß marschiert. Sie sei von 05.07.2015 bis 06.08.2015 unterwegs gewesen. Zu ihrem Fluchtgrund brachte die Antragstellerin vor, dass sie aus Angst vor ihrer eigenen Familie geflohen sei. Ihr Mann gehöre einem kleinen Stamm an und hätte sie ihn nicht heiraten sollen. Deswegen habe sie fliehen müssen, um nicht von ihrer eigenen Familie getötet zu werden. Im Falle einer Rückkehr würde sie getötet.
Am 26.04.2016 wurde die Antragstellerin unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und gab dabei an, dass sie gesund sei. Sie habe moslemischen Glauben und sei somalische Staatsangehörige, wobei ihre gesamte Familie aufgrund des Bürgerkrieges im Jahr 1991 nach Äthiopien geflohen sei. Damals sei ihre Mutter bereits schwanger gewesen und sei die Antragstellerin in Äthiopien, in Raso , zur Welt gekommen. Zuvor hätten ihre Eltern in Jilib, Somalia, gelebt. Die Antragstellerin habe keine Schule besucht. Seit Anfang 2011 sei sie verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren. Ihr Ehemann heiße XXXX und sei ca. 26 Jahre alt. Ihr Ehemann gehöre dem Stamm der Madhiban an. Sie sei am 05.07.2015 zuletzt in Äthiopien, in Bundada, gewesen, wo nach wie vor ihre Mutter, zwei Halbbrüder und ein Onkel aufhältig seien. Ihr Ehemann und die beiden Kinder hätten in der Stadt Raso bei der Tante ihres Mannes gelebt. Wo ihr Mann derzeitig aufhältig sei, wisse sie nicht. Den letzten Kontakt zu ihren Familienangehörigen habe sie zuletzt kurz vor ihrer Ausreise gehabt. In Äthiopien habe sie ein ganz normales Leben geführt; sie hätte eine Landwirtschaft mit Tieren gehabt.
Dezidiert zum Fluchtgrund befragt, gab die Antragstellerin an, dass sie einen Mann geheiratet habe, der dem Stamm der Madhiban angehöre. Die Familie der Antragstellerin habe von der Heirat nichts gewusst und habe die Antragstellerin heimlich mit ihrem Mann zusammen gewohnt. Als sie schwanger geworden sei, habe ihre Mutter wissen wollen, wer der Vater sei. Als die Antragstellerin ihrer Mutter erzählt habe, wer der Vater des Kindes sei und welchem Stamm er angehöre, habe die Mutter geweint und gesagt, dass sie es den Brüdern der Antragstellerin erzählen werde. Aus Angst vor ihren Brüdern habe sie ihrem Mann vorgeschlagen das Land zu verlassen. Daraufhin seien sie nach Dschibuti und weiter in den Jemen gereist, wo sie einen Monat verbracht hätten. Im Jemen habe die Antragstellerin Familienangehörigen gesehen und seien sie aus Angst vor den Familienangehörigen der Antragstellerin nach Saudi-Arabien weitergereist, wo sie ihre beiden Kinder auf die Welt gebracht habe. Am 25.05.2015 sei sie von Saudi-Arabien nach Äthiopien abgeschoben worden. Am 05.07.2015 sei sie nach Europa geflohen und wären die Antragstellerin sowie ihr Ehemann und deren beiden Kinder, nachdem sie von Saudi-Arabien abgeschoben worden seien, von 25.05.2015 bis 05.07.2015 in Addis Abeba inhaftiert. Die Antragstellerin sowie ihre beiden Kinder seien aus der Haft entlassen worden, da ihre Tochter krank gewesen sei, weshalb sie sie mitnehmen habe können. Ihr Mann wäre in Haft. Sie habe ihre Tochter zu ihrer Tante gebracht und sei ausgereist. Ihre Tante habe die Brüder der Antragstellerin darüber informiert, dass sie da gewesen sei, worauf zwei ihrer Brüder gekommen wären und die Antragstellerin gefesselt und zurück in die Wohnung gebracht hätten. Mit Hilfe ihrer Mutter habe sie die Wohnung verlassen und entkommen können. Über Nachfrage, gab die Antragstellerin an, dass sie erst in Saudi-Arabien mit ihrem Mann zusammengelebt habe. Die Frage, ob sie abgesehen von den familiären Problemen andere Schwierigkeiten in Äthiopien gehabt habe, verneinte die Antragstellerin.
Am 24.05.2017 brachte die Antragstellerin durch ihren Rechtsvertreter eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) ein.
Am 14.11.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch statt, an der die Antragstellerin sowie ihre rechtsfreundliche Vertretung teilnahmen.
Der Befragung der Antragstellerin sind folgende Passagen zu entnehmen:
BF: Ich bin in Äthiopien geboren, aber meine Familie kommt aus Somalia Jilib und ist von dort geflüchtet. Ich bin also Somalierin und keine Äthiopierin. Meine Eltern und meine zwei Halbbrüder und ein Onkel väterlicherseits sind aus Jilib weggegangen. Es war vor ungefähr 26 Jahren. Wir haben in einem Dorf namens XXXX im Verwaltungskreis von Af Dheer in Äthiopien gelebt. Ich gehöre dem Clan Sheekhaal an. Meine Vorfahren sind religiöse Scheichs gewesen. Wir sind ein normaler somalischer Clan. Sie leben in Somalia, das ist ihre Gegend. Es ist ein mittelmäßig starker Clan.
RI: Wieso waren Sie nicht in der Schule?
BF: Es gab keine Möglichkeit dazu, weil wir Nomaden sind. Hier in Österreich habe ich Schreiben und Lesen gelernt.
RI: Ihre engere Familie lebt noch in Äthiopien. Haben Sie noch Verwandte in Somalia?
BF: Es gibt welche, aber ich kenne sie nicht.
RI: XXXX und XXXX kennen Sie nicht?
BF: Ja. Wir sind nicht verwandt. Wir waren nur im selben Flüchtlingsheim. Ich habe keinen Kontakt zu ihnen seit ich die Flüchtlingsunterkunft verlassen habe.
RI: Wieso sind Sie aus Äthiopien geflüchtet? Was ist passiert?
BF: Meine Familie war mit meiner Ehe nicht einverstanden, weil er ein Madhibaan ist. Mein Mann heißt XXXX .
RI: Wo ist Ihr Mann mit Ihren Kindern jetzt?
BF: Zuletzt war mein Mann in Haft in Addis Abeba.
RI: Wo haben Sie Ihren Mann kennengelernt?
BF: Es waren unsere Nachbarn. Ich habe ihn geheiratet, obwohl es schwierig war. Wir waren verliebt. Er hat bei unserer Familie Haare geschnitten und Schuhe geputzt. Wir haben uns in unserem Haus kennengelernt. Er war auch Schneider und hat die Kleidung für unsere Familie genäht. Sieben Monate lang waren wir befreundet. Unsere Familie wusste nichts davon. Wir sind dann zu einem Scheich gegangen, haben gesagt, dass wir uns lieben und wir heiraten wollen. Unsere Familien waren aber dagegen und wir haben gefragt, was wir jetzt machen sollen. Der Scheich sagte uns, dass wir nach islamischer Vorschrift heiraten dürfen und hat uns verehelicht. Ich wusste, dass mein Mann diskriminiert werden würde. Hätte ich meiner Familie davon erzählt, hätten sie mich gehindert und hätten mich mit einem anderen Mann verheiratet. Wir haben gedacht, wenn wir dann ein Kind haben, werden unsere Familien unsere Ehe akzeptieren. Ich wurde dann schwanger. Als ich im dritten Monat schwanger war, hat meine Mutter bemerkt, dass es mir schlecht geht. Meine Mutter hat mich aufgefordert, zu verraten, wer der Vater ist. Ich wollte es ihr nicht verraten. Nach mehreren Versuchen es herauszufinden, hat meine Mutter mich mit einem Messer bedroht. Ich habe ihr dann gesagt, dass XXXX der Vater ist. Meine Mutter hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und hat geschrien, wenn es deine Brüder erfahren, werden sie dich töten. Ich bin von einem Madhibaan-Mann schwanger und das verletzt die Ehre der Familie. Meine Mutter und ich hatten große Angst vor meinen Brüdern. Ich bin davongelaufen, bin dann zu meinem Mann gegangen. Ich erzählte ihm, was meine Mutter gesagt hatte, nämlich, dass Gefahr bestand, dass die Brüder ihn und mich töten würden. Er hat gesagt, das würde schon stimmen und wir haben dann besprochen, dass wir gemeinsam flüchten sollten und wir sind auch dann gemeinsam geflüchtet. Wir sind zu Fuß sehr lange gegangen, ein Tag und eine Nacht haben wir Äthiopien verlassen in Richtung Djibouti. Wir verbrachten drei Tage in Djibouti und sind dann mit einem Boot in den Jemen. Wir dachten, dass wir im Jemen gut leben würden. Dort habe ich einen Cousin gesehen, der dort auch verheiratet war. Dann sind wir gemeinsam nach Saudi Arabien gegangen. In Jeddah leben viele Somalier. Dort habe ich als Haushälterin für eine arabische Familie gearbeitet. In Jeddah trägt man Niquab. Wir haben dort ein Zimmer gemietet. Ich bin dann hochschwanger geworden und ich habe aufgehört zu arbeiten. Mein Mann war Gärtner. Wir waren dann vier Jahre dort. Meine zwei Töchter sind dort zur Welt gekommen. Dann kam die Polizei zu uns, weil wir illegal aufhältig waren, sind wir abgeschoben worden. Wir hatten keine Ausweise. Man hat uns alle festgenommen. Sie haben uns gefragt, woher wir kommen bzw. woher wir stammen. Wir sagten, dass wir Somalier sind und in Äthiopien gelebt haben und wir haben keine Ausweise. Wir verbrachten eine Woche in Haft. Man holte uns aus der Haft und stellte uns in eine Reihe und mit einem Flugzeug wurden wir nach Äthiopien zurückgebracht. In Äthiopien wurden wir um unsere Ausweise gefragt. Es kam die Polizei und nahm uns mit und hat uns wieder nach den Ausweisen gefragt und nachdem wir keine hatten, haben sie bemerkt, dass wir auch in Äthiopien illegal gelebt hatten. Daraufhin wurden wir wieder in Haft genommen. Meine kleine Tochter ist dann wegen schlechten Essens krank geworden. Sie hat Brech-Durchfälle bekommen. Mit einem Auto hat man mich und meine Kinder ins Spital gebracht. Mein Mann blieb in Haft. Nachdem ich drei Tage lang im Spital verbracht habe und es meiner Tochter besser gegangen ist, bin ich von dort geflohen. Ich bin davongelaufen. Ich habe meine Goldohrringe einem Autofahrer gegeben, dass er mich mitnimmt. Dann bin ich zu dem Haus meiner Tante mütterlicherseits gegangen, das war eine Ortschaft in der Nähe von Raso. Ich dachte nicht, dass meine Tante mich an meine Brüder verraten wird. Meine Tante hat gesagt, ich solle im Haus bleiben und mich beruhigen und hat meine Familie, also meine Brüder, informiert. Zwei meiner Brüder sind zu mir gekommen. Mein Halbbruder hat mich gleich geohrfeigt. Beide Brüder haben mich geschlagen und mit den Füßen getreten. Sie haben mich gefesselt und nach Hause gebracht. Sie haben mich in eine somalische Hütte, die uns gehörte, gesperrt. Nachdem ich zwei Tage in dieser Hütte eingesperrt war, hat meine Mutter versucht, die Hütte zu öffnen. Sie hat die Hütte von hinten geöffnet und hat mir gesagt, ich soll sofort flüchten. Sie hat mich zum Haus ihrer Freundin gebracht in Raso. Ich war circa zehn Tage lang in ihrem Haus versteckt. Dann kam eine Frau, die Jilbab trug, auch meine Mutter kam, die gab mir 500 Dollar und ihre Freundin war auch da. Meine Mutter sagte, ich solle mit dieser Frau mitgehen. Die Frau hat mich zum Flughafen in Addis Abeba gebracht. Das Flugzeug brachte uns in die Türkei. Nachdem wir in der Türkei gelandet sind, nahm mir die Frau den Pass ab und ist verschwunden. In der Türkei habe ich drei somalische Männer gesehen. Ich wusste nicht wohin ich gehen soll. Ich fragte diese Männer, in welchem Land ich mich zurzeit befinde.
RI: Warum sind Sie nicht nach Somalia gegangen?
BF: Meine Mutter meinte, dass mein Verwandten, weil sie religiös sind, ich unehelich schwanger geworden bin und danach einen Madhibaan-Mann geheiratet habe, mich daraufhin töten würden.
RI: Wissen Sie was mit Ihrem Mann passiert ist?
BF: Zuletzt war er in Haft in Äthiopien. Danach hatte ich keinen Kontakt zu ihm. Ich mache mir Sorgen um meine Kinder. Wenn ich Kontakt zu meinem Mann aufnehmen würde, hätte ich Angst um mich, wegen meiner Brüder.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die volljährige Antragstellerin ist Staatsangehöriger von Somalia und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die Antragstellerin ist Zugehöriger der Volksgruppe der Sheekhaal und hat moslemischen Glauben. Ihre Identität steht nicht fest.
Die Familie der Antragstellerin, die aus Jilib stammen, verließen Somalia vor der Geburt der Antragstellerin im Jahr 1991 und gingen nach Äthiopien. Die Antragstellerin wurde in Äthiopien, Raso, geboren. Gemeinsame mit ihrer Mutter, ihren Geschwistern und weiteren Verwandten (Onkel, Tante) lebte sie bis zum Jahr 2011 und ab 2015 bis zu ihrer Ausreise in Raso (Bundada) Äthiopien. Die Mutter, zwei Halbbrüder und ein Onkel väterlicherseits leben nach wie vor in Äthiopien. Die Antragstellerin ist traditionell verheiratet. Zu ihren in Äthiopien lebenden Familienangehörigen hat die Antragstellerin seit ihrer Ausreise im Juli 2015 keinen Kontakt;
deren aktueller Aufenthaltsort ist ihr nicht bekannt. In Somalia leben - der Antragstellerin nicht persönlich bekannte - Verwandte;
sie verfügt dort auch über keine Bekannten oder Freunde, da sie die ersten 20 Jahre in Äthiopien und vier Jahre von 2011 bis 2015 in Saudi-Arabien und somit ihr gesamtes Leben außerhalb Somalias verbrachte. Die Antragstellerin ist am 05.07.2015 aus Äthiopien ausgereist. Die Antragstellerin reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Die Antragstellerin war in Somalia keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihr asylrelevante Gründe für das Verlassen des Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin in Somalia aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht. Die Behauptung der Antragstellerin, sie habe in Äthiopien Probleme mit ihrer Familie gehabt, ist weder asylrelevant noch glaubhaft und weist keinerlei Bezug zum Herkunftsstaat der Antragstellerin auf.
Nicht festgestellt wird, dass die Antragstellerin aus Gründen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe und/oder ihres Clans bzw. ihrer Glaubensrichtung oder aus sonst in ihrer Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin noch aus amtswegiger Wahrnehmung.
Es kann aufgrund der Tatsache, dass die Antragstellerin ihr gesamtes Leben in Äthiopien und Saudi-Arabien verbracht hat, nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin in asylrelevanter oder sonstiger Form in Somalia verfolgt wurde. Im Entscheidungszeitpunkt kann eine aktuelle Gefährdung der Antragstellerin nicht festgestellt werden. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass die Antragstellerin einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten der Regierung ausgesetzt ist. Die Antragstellerin hat mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin ist gesund und ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Festgestellt wird, dass der Antragstellerin, die Staatsangehörige Somalias ist, aufgrund der prekären Lage in Süd- und Zentralsomalia in Verbindung mit der allgemeinen problematischen Sicherheits- und Versorgungslage im gesamten Staatsgebiet bei einer Rückkehr nach Somalia die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK droht bzw. ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes treffen würde.
Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
Update zur Dürre-Situation:
Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vgl. TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)
In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017)
Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).
Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).
Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).
Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet - etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).
Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).
Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).
Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).
Quellen:
* BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017;
* BBC (4.3.2017): Somalia drought - More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017;
* ICG - International Crisis Group (): Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017;
* The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: 'The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may /24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017;
* UNFPA - UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,
http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep% 20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017;
* UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites /reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017 und
* UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017
Farmaajo neuer Präsident:
Der frühere Regierungschef Mohamed Abdullahi Mohamed Farmaajo hat die Präsidentenwahl in Somalia gewonnen. Im zweiten Durchgang der Wahl am Mittwoch ließ der 54-jährige somalisch-amerikanische Doppelstaatsbürger Farmaajo den bisherigen Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud hinter sich (NZZ 8.2.2017). Tausende Menschen feierten am Mittwochabend (8.2.2017) den Sieg von Farmaajo auf den Straßen von Mogadischu. Es gab Hupkonzerte, und Menschen umarmten Soldaten (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Auch in anderen somalischen Städten sowie in Kenia - in Garissa und Eastleigh - kam es zu spontanen Freudenfeiern, die als Ausdruck aufrichtiger Unterstützung für den neuen Präsidenten durch die Bevölkerung gewertet werden können (VOA 9.2.2017).
Die Wahl von Mohamed Farmaajo kam überraschend, galt doch der Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud als Favorit (FR 10.2.2017). Letzterer hat jedenfalls seine Niederlage eingestanden (NZZ 8.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017), und er forderte alle Somalis dazu auf, den neuen Präsidenten zu unterstützen. Farmaajo wurde unmittelbar angelobt (VOA 9.2.2017).
Die Durchführung einer allgemeinen und freien Wahl war in Somalia zwar nicht möglich gewesen; doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Die Medien konnten hinsichtlich der Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - ein gutes Zeichen (DW 10.2.2017).
2010/2011 war Farmaajo acht Monate lang Premierminister von Somalia gewesen. Damals hatte er sich einen Namen als Anti-Korruptionskämpfer erworben (FR 10.2.2017; vgl. VOA 9.2.2017). Seine Entlassung durch den damaligen Präsidenten Ahmed Sheikh Sharif führte zu heftigen Protesten der Bevölkerung (FR 10.2.2017).
Quellen:
* DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 13.2.2017;
* FR - Frankfurter Rundschau (10.2.2017): Hoffnung für Somalia, http://www.fr-online.de/politik/wahl-hoffnung-fuer-somalia,1472596,35147632.html, Zugriff 13.2.2017;
* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.2.2017): Präsidentenwahl zwischen Sandsäcken und Ruinen,
https://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/mohamud-in-somalia-abgewaehlt-praesidentenwahl-zwischen-sandsaecken-und-ruinen-ld.144287, Zugriff 13.2.2017 und
* VOA - Voice of America (9.2.2017): Somalis Optimistic About New President,
http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html, Zugriff 13.2.2017
Politische Lage:
Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).
Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren - mit der Ausnahme von al Shabaab - akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).
Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vgl. AA 1.12.2015).
Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vgl. UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).
Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vgl. AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).
Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).
Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).
[...]
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia;
* AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local _link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016;
* AP - Associated Press (23.12.2015): Somalia no longer a failed state, just a fragile one, says UN. The Guardian, http://www.theguardian.com/world/2015/dec/23/somalia-no-longer-a-failed-state-just-a-fragile-one-says-un, Zugriff 20.4.2016;
* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI _2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016;
* EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016;
* HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016;
* ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016;
* UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016;
* UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016;
* UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016 und
* USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport /index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016
Sicherheitslage
Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:
Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama'a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete - und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia - werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.
In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).
Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:
In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.
Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.
Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.
Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).
Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.
Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.
Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.
Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.
Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.
Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.
Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).
Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);
Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);
Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).
Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).
Quellen:
* BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016;
* EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016
Sicherheitslage in Süd- bzw. Zentralsomalia
Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vgl. UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).
Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).
Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).
AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo - Baardheere - und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).
In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vgl. UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die - nur eingeschränkt widerstandsfähige - somalische Armee übertragen (BFA 10.2015).
Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vgl. DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).
Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vgl. DIS 9.2015).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia;
* AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local _link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016;
* BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016;
* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI _2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016;
* EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016;
* HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016;
* ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016;
* UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016;
* UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016;
* UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016 und
* USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/ index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016
Sicherheitsbehörden
Die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) wurde im Jänner 2015 mit Resolutionen der Afrikanischen Union und der UN ins Leben gerufen. Die Mission hat eine militärische, eine polizeiliche und eine zivile Komponente. Truppenstellerstaaten für die militärische Komponente sind gegenwärtig Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia und Äthiopien (EASO 2.2016). Das AMISOM-Mandat wurde am 24.3.2016 vom UN Sicherheitsrat auf März 2017 verlängert (UNNS 24.3.2016). Die AMISOM arbeitet mit der somalischen Armee zusammen, um in Süd-/Zentralsomalia für Ordnung zu sorgen (USDOS 13.4.2016). Die Stärke von AMISOM (Soldaten und Polizisten) beträgt zurzeit mehr als 22.000 (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016).
Allerdings ist nur ein Teil der äthiopischen Truppen in Somalia in die AMISOM integriert, Äthiopien verfügt über 2.000-9.000 weitere, nationale Kräfte im Land (EASO 2.2016).
Zusätzlich gibt es noch eine UN Guard Unit (UNGU) mit 530 ugandischen Soldaten, deren einzige Aufgabe der Schutz der UN-Einrichtungen in Mogadischu ist (EASO 2.2016)
Die Polizei untersteht einer Mischung an lokalen und regionalen Verwaltungen und der Bundesregierung. Die nationale Polizei untersteht dem Ministerium für Nationale Sicherheit; außerdem betreiben regionale Behörden eigene Polizeikräfte, die den jeweiligen regionalen unterstehen. In Mogadischu gibt es zwei getrennte Polizeikräfte: Eine unter der Kontrolle der Bundesregierung, einen andere unter Kontrolle der Regionalverwaltung Benadir. Die Bundespolizei ist in allen 17 Bezirken der Stadt präsent. Oft verdanken Polizisten in Mogadischu ihren Job familiären oder Clan-Kontakten (USDOS 13.4.2016). Von der somalischen Regierung sind zirka 4.000 (EASO 2.2016), nach anderen Angaben 5.200 (UNSC 11.9.2015) oder 6.000 (ÖB 10.2015) oder schließlich 6.748 Polizisten biometrisch erfasst. Der neueste Bericht der UN beziffert die Zahl der Lohnempfangenden somalischen Polizisten mit 12.500 Mann (UNSC 8.1.2016).
Zusätzlich gibt es in Mogadischu noch Polizeieinheiten der AMISOM. Rund 300 AMISOM-Polizisten bilden die somalischen Polizisten in den Bereichen Polizeiarbeit; Menschenrechte; Verbrechensprävention; Gemeindepolizei und Fahndungsmethoden weiter (USDOS 13.4.2016). Im Bereich der Polizeiausbildung bestehen außerdem bilaterale Initiativen, etwa durch Italien und die Türkei (Ausbildung von Polizeikräften in Mogadischu), weiteres durch UNDP, UNODC (v.a. Strafvollzug) sowie durch die IOM (Counter-Trafficking) und in jüngster Zeit auch durch die Vereinigten Arabischen Emirate. Die EU plant zusätzliche 15 Millionen Euro für die Ausbildung der Polizei zur Verfügung zu stellen (ÖB 10.2015).
Die Polizei ist generell nicht effektiv (USDOS 13.4.2016).
Das Verteidigungsministerium ist für die Kontrolle der Armee verantwortlich. Dabei bleibt die ausgeübte Kontrolle dürftig, hat sich aber mit Hilfe internationaler Partner etwas verbessert. Letzteres gilt etwa für die Kräfte im Großraum Mogadischu bis Merka, Baidoa und Jowhar (USDOS 13.4.2016).
Über die Gesamtzahl der somalischen Armee gibt es unterschiedliche Angaben. Laut US Außenministerium betrug diese Ende 2015 rund 23.000 Soldaten (USDOS 13.4.2016). EASO und die UN nennen für August 2015 die Zahl von insgesamt 16.780 biometrisch erfassten Angehörigen der Armee (EASO 2.2016; vgl. UNSC 11.9.2015), EASO geht jedoch davon aus, dass die Anzahl der tatsächlich aktiven Truppe vermutlich geringer sei. Auch werden Quellen genannt, welche die Gesamtzahl der somalischen Armee auf lediglich 10.000 schätzen (EASO 2.2016). Die neueste Zahl der UN berichtet von 19.800 biometrisch erfassten und 22.000 insgesamt vorhandenen somalischen Armeeangehörigen (UNSC 8.1.2016).
Die Masse der Truppe befindet sich in Middle und Lower Shabelle sowie in Bay, Bakool und Gedo. Die Armee ist in 17 unabhängige Brigaden unterteilt. Kräfte der Armee und von pro-Regierungs-Milizen operieren Seite an Seite mit der AMISOM (USDOS 13.4.2016). Sowohl Schlüsselpositionen als auch Mannschaften der somalischen Armee werden von Hawiye dominiert (EASO 2.2016).
Die Rolle des Staatsschutzes liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 1.12.2015). Die Bundesregierung greift regelmäßig auf die Kräfte des NISA zurück, um polizeiliche Arbeit zu erledigen. Hierbei werden Zivilisten ohne Haftbefehl festgehalten (USDOS 13.4.2016). Zwar hat auch die somalische Polizei eine eigene Anti-Terror-Einheit gegründet, trotzdem ist die NISA bei der Reaktion auf Terrorangriffe in Mogadischu hauptverantwortlich (EASO 2.2016).
Mehrere hundert Somali sind von der äthiopischen Armee ausgebildet worden, um das äthiopisch-somalische Grenzgebiet zu schützen. Diese Einheiten operieren unabhängig von AMISOM und somalischer Armee (EASO 2.2016).
Sowohl die Bundesregierung als auch die Interim Juba Administration (IJA) und die Interim South West Administration (ISWA) arbeiten an der Einrichtung von regionalen Polizeikräften. Die UN-Mission UNSOM unterstützt sie dabei; so wurden in Baidoa und Kismayo je 200 Rekruten für die Polizei ausgewählt (UNSC 11.9.2015). Die Ausbildung wird von AMISOM und vom Vereinigten Königreich unterstützt (UNSC 8.1.2016). Außerdem hat die IJA zugestimmt, die eigenen Kräfte in die somalische Armee zu integrieren. Die Integration der ersten
1.350 von insgesamt rund 3.000 Mann erfolgte im Juli 2015 (EASO 2.2016).
Auch für die jüngst eroberten Gebiete wurden Polizeikräfte rekrutiert. Ziel ist es, in jedem der dreizehn neu eroberten Bezirke je zehn Polizisten der somalischen Polizei zu stationieren und diese mit je 35 lokal rekrutierten Gemeindepolizisten zu verstärken (UNSC 11.9.2015). Die betroffenen 130 Polizisten waren gegen Ende 2015 fertig ausgebildet, jedoch gab es hinsichtlich der Verlegung in die Zielgebiete Probleme (UNSC 8.1.2016).
Puntland verfügt ebenso wie Somaliland und die Juba Interim Administration (JIA) über eigene Polizeikräfte (EASO 2.2016). Die Zahl der puntländischen Sicherheitskräfte wird auf ca. 4.000 geschätzt - inklusive staatlicher Milizen und Polizeikräfte. Dabei handelt es sich um die Puntland Darawish Force, die Puntland Maritim Police Force (PMPF) und die Puntland Intelligence Agency (PIA). Letztere wird von den Darod/Majerteen dominiert (EASO 2.2016). Die nachrichtendienstlich arbeitende Innenbehörde verfügt über exekutive Vollmachten (AA 1.12.2015).
Zwar ist die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte in Puntland etwas stärker ausgeprägt, als in Süd-/Zentralsomalia, doch entzieht sich das Handeln der Sicherheitskräfte auch dort weitgehend Kontrolle der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden keine erhoben (AA 1.12.2015).
Die Sicherheitskräfte in Puntland wurden in der Vergangenheit nicht immer regelmäßig entlohnt, wodurch es zu Protesten von Soldaten und dem Errichten illegaler Straßensperren kam (EASO 2.2016).
Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen (AA 1.12.2015). Nur selten kommt es zur Untersuchung von d