TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/30 W239 2152802-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2018
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Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W239 2152804-1/6E

W239 2152802-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX, geb. XXXX, und 2.) XXXX, geb. XXXX, beide StA. Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2017 zu den Zahlen 1.) XXXX und 2.) XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz werden zugelassen und die bekämpften Bescheide werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers, beide sind georgische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin stellte im österreichischen Bundesgebiet am 30.11.2016 für sich und als gesetzliche Vertreterin für ihren minderjährigen Sohn die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Die Beschwerdeführer verfügten beide laut VIS-Abfrage über ein von 23.11.2016 bis 17.12.2016 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 14.11.2016 von der tschechischen Vertretungsbehörde in Tiflis/Georgien.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (30.11.2016) gab die Erstbeschwerdeführerin an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Sie sei mit einem tschechischen Visum nach Prag geflogen und sei in Tschechien nur zur Durchreise gewesen. Ihr Zielland sei Österreich gewesen. Ihr Ehemann lebe in Wien und sei besachwaltert. Sie habe die letzten drei Jahre alleine mit ihrem Sohn in Georgien verbracht und wolle nun, dass die Familie wieder zusammenleben könne und ihr Sohn auch mit seinem Vater aufwachse. In ihrer Heimat habe sie nichts zu befürchten, sie wolle jedoch nicht mehr ohne ihren Ehemann leben.

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer wurde altersbedingt nicht eigens einvernommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 06.12.2016 betreffend beide Beschwerdeführer ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Tschechien, dem die tschechische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 20.01.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Per E-Mail vom 01.02.2017 verwies der nunmehrige Vertreter der Beschwerdeführer auf das Bestehen eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses der Erstbeschwerdeführerin zum in Österreich aufenthaltsberechtigten Ehegatten und legte diesbezüglich folgende Unterlagen vor:

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Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom 24.01.2017, mit dem die Erstbeschwerdeführerin für ihren Ehegatten XXXX, geb. XXXX, zum Verfahrenssachwalter gemäß § 119 AußStrG sowie zum einstweiligen Sachwalter gemäß § 120 AußStrG bestellt wurde.

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Patientenbrief betreffend den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin vom 28.12.2016 über dessen Aufnahme in einer psychiatrischen Abteilung im Zeitraum von 21.12.2016 bis 28.12.2016; die stationäre Aufnahme sei zur psychischen Stabilisierung bei Exazerbation der Grunderkrankung erfolgt. Als Diagnose wurde festgehalten: "Gemischte schizoaffektive Störung (F 25.2), Posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1), Allergie gegenüber Analgetikum in der Eigenanamnese (Z 88.6), Chronische Virushepatitis C (B 18.2)".

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Entlassungsbrief Pflege (Situationsbericht) vom 28.12.2016

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Laborbefunde

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Aufenthaltsbestätigung vom 28.12.2016

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Liste zur aktuellen Medikation mit Stand vom 29.12.2016, erstellt von einem sozialpsychiatrischen Ambulatorium

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 15.03.2017 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA statt. Als Vertrauensperson war dabei der Schwager der Erstbeschwerdeführerin, XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, ausgewiesen durch eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus, anwesend.

Zu Beginn gab die Beschwerdeführerin an, dass sie sich psychisch und physisch dazu in der Lage sehe, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen. Sie spreche hier als gesetzliche Vertreterin auch für ihren minderjährigen Sohn, den Zweitbeschwerdeführer. Dieser sei immer bei ihr gewesen und sie habe ihn nach Österreich mitgenommen. Er habe keine eigenen Fluchtgründe.

Als Beweismittel legte die Beschwerdeführerin ihre Heiratsurkunde samt Übersetzung, die Geburtsurkunde ihres Sohnes samt Übersetzung, ein Empfehlungsschreiben ihrer alten Arbeitsstelle samt Übersetzung, ihr Diplom zur Krankenschwester, ein psychiatrisch-neurologisches Sachverständigengutachten betreffend ihren Ehemann vom 10.11.2016, einen Gerichtsbeschluss, einen Befund ihres Mannes aus Deutschland, eine Medikamentenliste ihres Mannes sowie eine Ladung zum Pflegschaftsgericht für den 29.03.2017 vor; die Schriftstücke wurden in Kopie zum Akt genommen.

Die Angaben, die sie im Rahmen der Erstbefragung gemacht habe, seien richtig. Sowohl ihr selbst als auch ihrem Sohn gehe es gesundheitlich gut und sie seien nicht in medizinischer Behandlung.

Zur Familiensituation führte die Beschwerdeführerin aus, dass sich außer ihrem mitgereisten Sohn noch ihr Gatte in Österreich befinde. Er wohne mit ihr und dem Sohn zusammen im gemeinsamen Haushalt. Außerdem befinde sich die Schwiegermutter der Beschwerdeführerin (XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien) und der Schwager, der heute als Vertrauensperson anwesend sei, in Österreich. Sie würden alle zusammenwohnen. Die Schwiegermutter und der Schwager seien seit 2003 in Österreich; sie seien zusammen eingereist. Die Schwiegermutter sei subsidiär Schutzberechtigte. Der Schwager habe eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus. Der Gatte der Beschwerdeführerin sei seit Dezember 2014 in Österreich und ebenfalls subsidiär Schutzberechtigter. Er habe aufgrund seiner psychischen Erkrankung subsidiären Schutz bekommen.

Die Beschwerdeführerin und ihr Mann seien seit 2003 standesamtlich verheiratet und hätten heuer in Wien kirchlich geheiratet. Sie hätten in der Heimat von 2003 bis 2014 im gemeinsamen Haushalt gelebt und seien eine Familie gewesen. Jetzt würden sie seit vier Monaten wieder zusammenleben und einen ganz normalen Alltag führen. Die Beschwerdeführerin mache morgens das Frühstück und sehe, ob es ihrem Mann gut gehe. Sie mache auch für ihre Schwiegermutter das Frühstück; sie pflege und kümmere sich um beide. Sie achte darauf, dass beide rechtzeitig ihre Medikamente bekämen. Manchmal nehme sie ihren Gatten mit, wenn sie ihren Sohn von der Schule abhole, damit er auch an die frische Luft komme. Sie begleite ihn, wenn er zum Arzt gehe. Ihr Mann gehe jeden Dienstag zu einem Psychiater. Sie begleite ihn auch zu anderen Ärzten und nehme ihn auch manchmal zum Einkaufen mit. Meistens gehe sie jedoch alleine, weil er geistig schwer krank sei. Sie sei zuhause ständig mit der Pflege der beiden beschäftigt.

Nachgefragt, wann sie ihren Gatten kennengelernt habe, erklärte die Beschwerdeführerin, dass das im Jahr 2001 gewesen sei, in der Arbeit. Die Beschwerdeführerin habe als Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet und er sei ihr Patient gewesen. Er zahle keinen Unterhalt für den gemeinsamen Sohn, denn sie würden das Geld zusammen verwalten. Ihr Gatte erhalte die Mindestsicherung und stehe in Grundversorgung. Seit Jänner bekomme sie auch für sich und ihren Sohn das Geld aus der Grundversorgung.

Der Schwager gab über Nachfrage an, dass er momentan vom AMS Geld erhalte. Er arbeite ehrenamtlich an einem Gericht für einen Verein; er arbeite im Auftrag der orthodoxen Kirche mit Drogensüchtigen. Nachgefragt schilderte der Schwager weiter, dass er zuvor die Sachwalterschaft für seinen Bruder übernommen gehabt habe, aber nunmehr habe die Erstbeschwerdeführerin die Sachwalterschaft für ihn übernommen, weil sie ihn auch pflege. Sie kenne sich gut aus, da sie lange im Spital gearbeitet habe. Der Schwager sei der Sachwalter seiner Mutter, weil diese ebenso geistig krank sei.

Zur Frage, welche Beziehung zum Schwager und zur Schwiegermutter bestehe, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie alle zusammenwohnen würden und eine gute Beziehung zueinander hätten. Es sei eine familiäre Beziehung und sie würden sich ständig unterstützen. Betreffend ein etwaiges finanzielles Abhängigkeitsverhältnis führte die Beschwerdeführerin aus, dass zur Schwiegermutter ein solches nicht bestehe. Sie unterstütze die Familie aber anders; sie sei beispielsweise da, wenn es dem Mann der Beschwerdeführerin schlecht gehe. Der Schwager helfe der Beschwerdeführerin, wenn sie ihren Mann heben müsse. Der Schwager sei sofort da und helfe, wenn er gebraucht werde. Er mache alles Organisatorische. Sie würden für die ganze Familie zusammen einkaufen gehen und zusammen essen. Es werde alles untereinander geteilt.

Die Beschwerdeführerin lebe mit allen genannten Personen im gemeinsamen Haushalt. Sie gehe momentan keiner Beschäftigung nach, weil sie kein Deutsch spreche. Sie wolle aber gerne arbeiten; sie sei Krankenschwester. Momentan besuche sie keinen Deutschkurs, aber sie habe vor, Deutsch zu lernen und wolle unbedingt einen Kurs besuchen. Sie lerne zusammen mit ihrem Sohn; er helfe ihr auch und versuche, ihr Einiges beizubringen. Sie bemühe sich schon. Die Beschwerdeführerin sei kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie besuche aber regelmäßig mit ihrem Schwager und ihrem Sohn die Kirche; sie seien Mitglieder der Kirche.

Zur geplanten Vorgehensweise, sie aufgrund der vorliegenden Zustimmung Tschechiens dorthin außer Landes zu bringen, erklärte die Beschwerdeführerin, sie wolle nicht nach Tschechien. Ihr Mann sei hier in Österreich und sie wolle mit ihm und ihrem Sohn hierbleiben. Ihr Ziel sei es gewesen, hierher zu kommen, damit die Familie zusammenleben könne. Ihr Sohn sei in Georgien sehr traurig gewesen und habe den Vater vermisst. All diese Umstände stünden der Ausweisung nach Tschechien entgegen. Ihr Mann sei psychisch krank und benötige unbedingt weitere Therapien und ihre Unterstützung. Sie tue ihm gut, weil er ihr vertraue. Wenn sie ihm etwas rate, dann mache er das auch. Ohne sie sei er verloren.

Zum Voraufenthalt in Tschechien gab die Beschwerdeführerin über Nachfrage an, dass sie gar nicht in Tschechien gewesen sei. Sie habe ein tschechisches Visum beantragt, weil es in Georgien keine österreichische Botschaft gebe. Es sei ihr nur möglich gewesen, ein tschechisches Visum zu besorgen, um irgendwie zu ihrem Mann nach Österreich zu kommen. Konkrete Vorfälle in Tschechien habe es nicht gegeben, da sie niemals dort gewesen sei. Zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Tschechien wolle sie keine Stellungnahme abgeben, da sie daran kein Interesse habe; sie sei mit ihrer Familie hier in Österreich und da wolle sie auch bleiben. Sie habe in Tschechien auch keinen Asylantrag gestellt, da sie dort direkt vom Flughafen nach Österreich gefahren sei. Sie habe auch sonst in keinem anderen Land um Asyl angesucht.

Nachgefragt, ob sie für ihren Sohn noch gesonderte Angaben machen wolle, wiederholte die Beschwerdeführerin, dass ihr Sohn sehr traurig gewesen sei, weil er seinen Vater vermisst habe. Seine Leistungen in der Schule seien schlechter geworden, da er Tag und Nacht vor dem Computer gesessen sei, um sich mit seinem Vater übers Internet zu unterhalten. Sie sei gezwungen gewesen, nach Österreich zu reisen, weil ihr Sohn so traurig gewesen sei, und auch, weil sie sich um ihren Mann kümmern müsse. Ihr Sohn sei derzeit in der Mittelschule in der zweiten Klasse.

Abschließend ersuchte die Beschwerdeführerin noch einmal, die gesundheitliche Situation ihrer Familie nicht außer Acht zu lassen und zu ihren Gunsten menschlich zu entscheiden. Die anwesende Rechtsberaterin beantragte, das Verfahren beider Beschwerdeführer in Österreich zuzulassen, und zwar aufgrund der starken Abhängigkeit des Ehemannes von der Erstbeschwerdeführerin, welche sich in der ihr übertragenen Sachwalterschaft manifestiere, sowie aufgrund des Rechtes auf Familienleben.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20.03.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Tschechien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

3. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde seitens des Vertreters zusammengefasst abermals ausgeführt, dass zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihrem Ehemann ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe, wobei hier neben dem Beschluss zur Übertragung der Sachwalterschaft insbesondere auch die Krankengeschichte des Ehemannes, der unter paranoider Schizophrenie leide, zu berücksichtigen sei, sowie der Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin über eine Ausbildung zur psychiatrischen Krankenschwester verfüge. Aus dem bereits vorgelegten Gutachten vom 10.11.2016 gehe hervor, dass beim Ehemann eine Erkrankung aus dem schizoaffektiven Formenkreis bestehe. Laut dem Schwager bestünden beim Ehemann der Erstbeschwerdeführerin schwere Selbstfürsorgedefizite. Die Erstbeschwerdeführerin habe in der Einvernahme ihre Pflege und Fürsorge für ihren Mann und ihre Hilfe in der Bewältigung des Alltags, welche die Zubereitung von Mahlzeiten, die Begleitung zu Arztterminen und die Kontrolle der Einnahme von Medikamenten mitumfasse, beschrieben. Bei dieser Aufgabe sowie bei der Ausübung der mittlerweile übertragenen Sachwalterschaft komme ihr ihre Qualifikation als ausgebildete Krankenschwester sowie ihre Berufserfahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Georgien zugute. Bemängelt wurde, dass die belangte Behörde diese Umstände nicht ausreichend berücksichtigt habe. Eine Ausweisung nach Tschechien laufe jedenfalls Art. 8 EMRK zuwider und es hätte die belangte Behörde vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Dublin-III-VO Gebrauch machen müssen. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

4. Die Beschwerdevorlage langte am 12.04.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Am 13.04.2017 gab der Vertreter der Beschwerdeführer eine ergänzende Stellungnahme ab und führte ins Treffen, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin seit 03.04.2017 aufgrund einer akuten Verschlechterung seines psychischen Zustandes infolge der unsicheren Aufenthaltssituation seiner Familie in stationärer Behandlung sei; vorgelegt wurde eine ärztliche Bestätigung eines psychosozialen Zentrums vom 07.04.2017. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2016 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am 06.07.2018 reichte das BFA eine Urkunde des zuständigen Bezirksgerichtes vom 21.12.2017 nach, aus der sich ergibt, dass die Erstbeschwerdeführerin gemäß § 268 Abs. 3 Z 1 ABGB zur ständigen Sachwalterin für ihren Ehemann bestellt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, beide georgische Staatsangehörige, reisten unter Verwendung jeweils eines von der tschechischen Vertretungsbehörde in Tiflis/Georgien ausgestellten, gültigen Schengen-Visums Typ C (Gültigkeitszeitraum von 23.11.2016 bis 17.12.2016) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten im Bundesgebiet am 30.11.2016 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Das BFA richtete am 06.12.2016 betreffend beide Beschwerdeführer ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Tschechien, dem die tschechische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 20.01.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Die Erstbeschwerdeführerin und ihr in Österreich auhältiger Ehemann, XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, dem der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, sind die leiblichen Eltern des Zweitbeschwerdeführers. Sie leben im Bundesgebiet zusammen mit XXXX (Schwager der Erstbeschwerdeführerin), geb. XXXX, StA. Georgien, und mit XXXX (Schwiegermutter der Erstbeschwerdeführerin), geb. XXXX, StA. Georgien, im gemeinsamen Haushalt.

Beim Ehemann der Erstbeschwerdeführerin wurden folgende Diagnosen gestellt: Gemischte schizoaffektive Störung/Erkrankung aus dem schizoaffektiven Formenkreis (F 25.2), Posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1), Halluzinatives (wahnhaftes) Geschehen, Allergie gegenüber Analgetikum in der Eigenanamnese (Z 88.6), Chronische Virushepatitis C (B 18.2). Er steht in regelmäßiger medikamentöser und psychiatrischer Behandlung. Aufgrund seiner Erkrankung benötigt er Betreuungs- und Pflegeleistungen; die Erstbeschwerdeführerin als gelernte Krankenschwester nimmt diese Aufgaben wahr. Der Ehemann ist bei der Zubereitung von Essen, bei der Koordination und Einnahme seiner Medikamente und bei Arztbesuchen auf die Hilfe der Erstbeschwerdeführerin angewiesen und kann seinen Alltag nicht selbstständig ohne fremde Hilfe bewältigen.

Der Erstbeschwerdeführerin wurde mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom 24.01.2017 die einstweilige Sachwalterschaft über ihren Mann übertragen. Laut Urkunde des zuständigen Bezirksgerichtes vom 21.12.2017 ist sie nunmehr ständige Sachwalterin für ihren Mann.

Die Erstbeschwerdeführerin übernimmt zudem Betreuungs- und Pflegeleistungen für ihre Schwiegermutter, die ebenfalls besachwaltert ist.

2. Beweiswürdigung:

Auf Grund des vorliegenden Treffers in der VIS-Datenbank steht fest, dass die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am 30.11.2016 über ein von 23.11.2016 bis 17.12.2016 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt von der tschechischen Vertretungsbehörde in Tiflis/Georgien, verfügten. Dies steht auch im Einklang mit den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer seitens Tschechiens ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die familiäre Situation der Beschwerdeführer ergibt sich aus dem erstatteten Vorbringen, das mit der Aktenlage in Einklang steht. Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin stützen sich auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie auf das vom zuständigen Bezirksgericht eingeholte psychiatrische und neurologische Sachverständigengutachten vom 10.11.2016. Dass die Erstbeschwerdeführerin mit der einstweiligen bzw. mittlerweile ständigen Sachwalterschaft für ihren Mann betraut wurde, lässt sich den Unterlagen des zuständigen Bezirksgerichtes entnehmen.

Aufgrund der in den medizinischen Unterlagen dokumentierten schweren psychischen Erkrankungen des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin, nämlich einer gemischten schizoaffektive Störung (F 25.2) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1), bestehen keine Zweifel daran, dass er - wie vorgebracht - im Alltag bei der Zubereitung von Essen, bei der Koordination und Einnahme seiner Medikamente und bei Arztbesuchen auf die Hilfe der Erstbeschwerdeführerin angewiesen ist.

Dass die Erstbeschwerdeführerin zusätzlich Betreuungs- und Pflegeleistungen für ihre ebenfalls besachwalterte Schwiegermutter übernimmt, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben, die mit den Aussagen des Schwagers im Einklang stehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des bekämpften Bescheides:

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:

"Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen."

Es ist zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat zur inhaltlichen Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. In materieller Hinsicht wäre die Zuständigkeit Tschechiens zur Prüfung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO begründet, da die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30.11.2016 jeweils über ein gültiges, von den tschechischen Behörden ausgestelltes Schengen-Visum Typ C (Gültigkeitszeitraum von 23.11.2016 bis 17.12.2016) verfügten.

Allerdings ist es im gegenständlichen Fall vor dem Hintergrund, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin in Österreich rechtmäßig aufhältig ist und er aufgrund seiner psychischen Erkrankungen zur Bewerkstelligung seines Alltags auf die Erstbeschwerdeführerin angewiesen ist, zur Vermeidung einer Verletzung von Art. 8 EMRK im Rahmen der "Ermessensklausel" des Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO angezeigt, dass Österreich seine Zuständigkeit zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz akzeptiert und den Selbsteintritt in das Verfahren erklärt.

Wie sich aus Art. 16 Dublin-III-VO ergibt, geht die Dublin-III-VO vom Gedanken aus, dass unter anderem ein Elternteil, der etwa aufgrund einer schweren Krankheit auf die Unterstützung seines Kindes angewiesen ist, mit diesem zusammengeführt bzw. nicht von diesem getrennt werden soll. Auch der VwGH misst dem Umstand der erforderlichen Pflege eines Familienangehörigen eine maßgebliche Rolle bei der Abwägung der familiären Interessen gegenüber den öffentlichen Interessen an der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu (vgl. VwGH 11.11.2013, 2012/22/0103). Für den Fall, dass sich die betroffenen Personen bereits im selben Mitgliedstaat aufhalten und somit nicht getrennt werden sollten, sieht Art. 16 Abs. 2 Dublin-III-VO jedoch keine ausdrückliche Zuständigkeitsregel vor (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K 14 zu Art. 16). Bei einer drohenden Verletzung von Art. 8 EMRK müssen die Asylbehörden allerdings das Selbsteintrittsrecht nach der Dublin-Verordnung ausüben (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192).

Da der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin, der gleichzeitig der Vater des Zweitbeschwerdeführers ist, an massiven psychischen Problemen leidet, ist er im Alltag insbesondere auf die Betreuungs- und Pflegeleistungen durch seine Frau angewiesen. Auch die Gesellschaft mit seinem Sohn kommt seiner psychischen Stabilisierung zugute. So leben die beiden Beschwerdeführer mit dem Ehemann bzw. Vater im gemeinsamen Haushalt, sie sind ihm eine psychische Stütze, und es übernimmt die Erstbeschwerdeführerin, der die Sachwalterschaft für ihren Mann übertragen wurde, im Alltag insbesondere die Zubereitung von Essen, die Kontrolle der Einnahme von Medikamenten und die Koordination von Arztbesuchen. Eine Trennung der Beschwerdeführer vom Ehemann bzw. Vater kommt daher aufgrund des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses nicht in Betracht, andernfalls würde es zu einer Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer gemäß Art. 8 EMRK kommen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG zu beheben und das Verfahren zuzulassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Familienverfahren, Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W239.2152802.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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