Entscheidungsdatum
06.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W262 2191586-1/16E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst GmbH, gegen Spruchpunkte I., II., III., IV., V., VI., VIII. und IX. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.02.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV., V.
und VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z FPG auf sechs Jahre herabgesetzt wird.
III. In Spruchpunkt IX. wird "29.09.2017" durch "17.02.2017" ersetzt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 06.10.2015 im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinen Fluchtgründen befragt. Nach der Einvernahme des Beschwerdeführers am 19.01.2018 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien AST (im Folgenden BFA oder belangte Behörde) am 09.02.2018 den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 FPG 2005 stellte die belangte Behörde fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. sprach die Behörde aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VII.). Im Spruchpunkt VIII. erließ die belangte Behörde ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot und sprach in Spruchpunkt IX. aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 29.09.2017 verloren habe.
Die Abweisung des Status eines Asylberechtigten begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer seit seinem 2. Lebensjahr im Iran gelebt und keine konkrete persönliche Verfolgung in Afghanistan geltend gemacht habe. Die von ihm erstmals anlässlich der Befragung vor dem BFA geltend gemachte vage und unkonkrete Konversion zum Christentum könne nicht als glaubhaft erachtet werden.
Die Abweisung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ließe sich damit begründen, dass der Beschwerdeführer trotz langjährigem Aufenthalt im Iran mit den afghanischen Gegebenheiten und den kulturellen Gepflogenheiten vertraut sei. Er sei der Landessprache mächtig, jung, gesund und arbeitsfähig. Die Familie des Beschwerdeführers könne ihn aus dem Iran unterstützen. Es lägen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhalts vor, der die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei gerechtfertigt, wobei die belangte Behörde in die Interessenabwägung besonders einfließen ließ, dass der Beschwerdeführer mehrfach straffällig und rechtskräftig verurteilt worden ist. Das Einreiseverbot begründete die belangte Behörde im Wesentlichen ebenfalls mit der mehrfachen rechtskräftigen Verurteilung. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Auch eine Verletzung von Art. 8 EMRK liege nicht vor. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keiner realen Gefahr einer Menschenrechtsverletzung bei Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt sei. Angesichts der mehrfachen Straffälligkeit und rechtskräftigen Verurteilungen rechtfertigten schwerwiegende Gründe die Annahme, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Der Verlust des Aufenthaltsrechtes gründe sich auf die Verurteilung vom 29.09.2017 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a 2. Fall SMG).
2. Gleichzeitig mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides gab die Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bei.
3. Mit Schreiben vom 14.03.2018 erhob der Beschwerdeführer eine vollinhaltliche Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Der Beschwerdeführer sei in der Provinz Kunduz geboren, gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei schiitischer Moslem. Im Kleinkindalter sei er mit seiner Familie in den Iran gezogen. Im Iran habe er keine Aufenthaltsberechtigung besessen und sich nur mit Hilfsarbeiten über Wasser gehalten. Der Beschwerdeführer interessiere sich für das Christentum und möchte sich taufen lassen. Er befinde sich in einem Substitutionsprogramm aufgrund seiner Heroinsucht. Er habe eine (afghanische) Freundin und sein minderjähriger Bruder, der gemeinsam mit ihm geflüchtet sei, befinde sich ebenfalls in Österreich. Als Rückkehrer, der der Volksgruppe der Hazara angehört, sich vom Islam abgewendet hat und beinahe sein ganzes Leben im Iran verbracht habe, befürchte er bei einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen durch die Taliban, regierungsfeindliche Gruppierungen und durch die afghanische Gesellschaft, weil er als politisch oppositionell bzw. als vom Glauben abgefallener gesehen würde. Die Annahme der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer ohne soziales Netzwerk nach Kabul, sei es auch durch Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe, zurückkehren könne, sei nicht nachvollziehbar. Zum Privatleben führte die Beschwerde aus, dass der minderjährige Bruder des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig sei. Zudem befinde er sich in einer Substitutionstherapie. Das Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren sei daher trotz seiner Verurteilungen unverhältnismäßig hoch bemessen.
4. Über telefonische Nachfrage bei der JA Wien XXXX ließ sich ermitteln, dass die Haft des Beschwerdeführers planmäßig bis 07.09.2018 dauert.
5. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018, W262 2191586-1/8E, wurde die Beschwerde - soweit sie sich gegen Spruchpunkt VII. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheides richtet - als unbegründet abgewiesen.
6. Am 26.06.2018 fand am Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung statt. Zur Erstattung einer (weiteren) Stellungnahme zu den in das Verfahren eingebrachten Länderberichten wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen gewährt. Es langte bis dato keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, der Erstbefragung nach dem Asylgesetz, der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA, des angefochtenen Bescheides, der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerde dagegen, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt und auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der sich die erkennende Richterin einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, sowie aller im Verwaltungs- und Gerichtsakt einliegenden Schriftstücke bzw. Nachweise werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist im Entscheidungszeitpunkt volljährig, afghanischer Staatsangehöriger und der Volksgruppe der Hazara zugehörig. Er ist schiitischer Moslem; die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers gelten ausschließlich für die Identifizierung seiner Person im Asylverfahren.
Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Kunduz geboren und lebte seit seinem zweiten Lebensjahr im Iran. Er hat im Iran lesen und schreiben gelernt und zum Lebensunterhalt der Familie durch diverse Hilfstätigkeiten (Obstpflücken, Tischlerei) beigetragen.
Der Beschwerdeführer ist gemeinsam mit seinem 2002 geborenen Bruder nach Österreich eingereist und stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Seine Eltern, mit denen er regelmäßig in Kontakt steht, und die übrigen minderjährigen Geschwister leben nach wie vor im Iran. Der Beschwerdeführer hat keine Angehörigen in Afghanistan.
1.2. Der Beschwerdeführer ist mehrfach rechtskräftig verurteilt:
Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu Zl. XXXX am 25.01.2017 gemäß §§ 127, 130 Abs. 1 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (bedingt) verurteilt (Jugendstraftat). Die Probezeit wurde mit 3 Jahren bemessen.
Der Beschwerdeführer wurde weiters mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu Zl. XXXX am 19.04.2017 (rechtskräftig am 25.04.2017) erneut wegen §§ 127, 130 Abs. 1 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon acht Monate bedingt verurteilt (Junger Erwachsener). Die Probezeit wurde mit 3 Jahren bemessen und die Probezeit zu Zl. XXXX auf 5 Jahre verlängert.
Am 29.09.2017 (rechtskräftig 03.10.2017) wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu Zl. XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG verurteilt (Junger Erwachsener) und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (unbedingt) verurteilt. Die Probezeit der bedingten Entlassung und des bedingten Strafteils zu Zl. XXXX wurde auf jeweils 5 Jahre verlängert
Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 28.02.2018 zu Zl. XXXX erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a
2. Fall SMG verurteilt (Junger Erwachsener) und zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten (unbedingt) verurteilt.
Der Beschwerdeführer befindet sich aktuell und planmäßig bis zum 07.09.2018 in (Straf)Haft.
1.3. Nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer - abgesehen von Desinteresse - aktiv einer anderen (neuen) religiösen Überzeugung zugewendet hat bzw. religionsfeindlich oder spezifisch gegen den Islam auftritt. Nicht festgestellt werden kann weiters ein bereits bestehender innerer Entschluss, nach dem christlichen Glauben zu leben oder entsprechende religiöse Betätigungen vorzunehmen. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass in Afghanistan bekannt werden könnte, dass der Beschwerdeführer Interesse am christlichen Glauben hat.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder (zumindest unterstellten) politischen Gesinnung (oder aus anderen Gründen, wie seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder seines Aufenthalts im Iran und jüngst auch in Europa) zu erwarten hätte.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan im Entscheidungszeitpunkt die reale Gefahr einer Verletzung seiner durch von Art. 2 und Art. 3 EMRK geschützten Rechte droht.
Der Beschwerdeführer hat - sofern er sich nicht in Haft befindet - regelmäßig Kontakt zu seinem ebenfalls in Österreich aufhältigen minderjährigen Bruder. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer eine afghanische Freundin in Österreich hat. Der Beschwerdeführer war seit seiner Asylantragstellung in Österreich für die Dauer seines Asylverfahrens bisher bloß vorläufig aufenthaltsberechtigt. Er ist in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt.
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Einreise nach Österreich spätestens am 04.10.2015 seit nicht einmal drei Jahren im Bundesgebiet auf und konnte spätestens ab Erhalt der seinen Asylantrag abweisenden Entscheidung vom 09.02.2018 nicht mit einem weiteren Bleiberecht in Österreich rechnen.
Der Beschwerdeführer lebte während seines laufenden Asylverfahrens von der Grundversorgung, bzw. befand sich in Haft. Er ist bislang keiner regelmäßigen Beschäftigung/Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen.
Der Beschwerdeführer ist im Entscheidungszeitpunkt gesund und arbeitsfähig. Er nimmt keine Drogen und absolviert keine Drogenersatztherapie.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine Deutschkenntnisse.
1.4. Zur aktuellen Situation in Afghanistan werden folgende Feststellungen getroffen:
1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018:
"Grundaussagen des Länderinformationsblattes betreffend die Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
Mit Stand September 2016 schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
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1.3.2. Kurzinformation vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul
Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).
Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).
Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2018
Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).
Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).
Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018
Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).
Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).
Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018
Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).
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Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).
Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).
Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018
Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).
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Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).
Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).
Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).
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3.5. Balkh
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:
Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).
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Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).
Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art ‚Vorzeigeprojekt' Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)
High-profile Angriff:
Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).
Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).
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3.13. Herat
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).
Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).
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Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).
Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).
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3.19. Kunduz
Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul City und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden und Samangan im Westen (Pajhwok o.D.k; vgl. auch: Khabarnama 22.8.2016). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara, Ali Abad und Khan Abad; die Hauptstadt ist Kunduz City (Pajhwok o.D.k). Als strategischer Korridor wird Kunduz als einflussreiche Provinz in Nordafghanistan erachtet - der Sher (Shir) Khan Hafen, besser bekannt als Sherkhan Bandar liegt inmitten der Provinz und erhöht dadurch die militärische und wirtschaftliche Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.029.473 geschätzt (CSO 2016).
Kunduz City ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016).
Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (Deutsch Welle 30.9.2015), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt auf einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (Deutsch Welle 30.9.2015).
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Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Kunduz 416 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die einst relativ friedliche Region - die Provinzen Baghlan, Kunduz und Takhar - war in den letzten Monaten von heftigen Zusammenstößen zwischen Taliban und Regierungskräften betroffen (Global Times China 15.1.2017; vgl. auch: News Ghana 30.1.2017). Im Jahr 2016 versuchten die Taliban einige Provinzhauptstädte einzunehmen, unter anderem auch Kunduz (Hindustan Times 8.1.2017). Im Oktober 2016 drangen die Taliban in Kunduz City ein und wurden nach einer Woche von den Sicherheitskräften wieder vertrieben (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch:
IRIN News 13.10.2016). Die Stadt selber konnte gesichert werden - die Taliban kontrollieren die umliegenden Gegenden der Provinz (Al-Jazeera 4.11.2016; vgl. auch: RFE/RL 8.10.2016).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Terroristen zu befreien (Sputnik News 31.1.2017; Khaama Press 22.1.2017; Z News 12.1.2017; Khaama Press 9.1.2017; Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; UN GASC 13.12.2016; Tolonews 30.9.2016; Eurasia Review 28.4.2016); dabei werden Aufständische getötet (Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; Eurasia Review 28.4.2016; South Front 11.4.2016), unter anderem auch hochrangige Talibanführer (Al-Jazeera 4.11.2016). Luftangriffe werden durchgeführt (News Ghana 30.1.2017). Ebenso wurde ein hochrangiger Talibanführer verhaftet (Sputnik News 31.1.2017).
Eine Gruppe von zehn Aufständischen hat sich dem Friedensprozess in Kunduz angeschlossen; die Aufständischen waren in unterschiedlichen Teilen der Stadt Kunduz aktiv. Einem Sicherheitsberater zufolge wird sich die Sicherheitslage nun verbessern, nachdem sich die Aufständischen dem Friedensprozess angeschlossen haben (Khaama Press 9.1.2017).
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1.3.5. Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen 21
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 18
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen 50
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften 31
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt 28
Andere Vorfälle 3
Insgesamt 151
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen 5
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 89
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen 30
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften 36
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt 1
Andere Vorfälle 0
Insgesamt 161
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).
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1.3.6. Ethnische Minderheiten, insbesondere Hazara
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."
(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).
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Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vgl. auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Ausführliche Informationen zu den Hazara, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.
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Religionsfreiheit und Schiiten
Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).
Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:
CSR 8.11.2016).
Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).
Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).
Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).
Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).
Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).
Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).
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Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).
Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).
Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).
Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vgl. auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).
Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).
Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).
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Erreichbarkeit und Bankenwesen
Kabul ist der Hauptzielort von Abschiebungen aus Europa. Von Kabul aus existieren zudem Flug-, Bus- und Autoverbindungen nach Mazar-e Sharif und Herat. In Afghanistan ist ein Bankensystem etabliert, das es ermöglicht, relativ einfach Bankkonten zu eröffnen und Überweisungen zu tätigen und zu empfangen.
Grundversorgung und Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11.2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklu