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34/01 MonopoleNorm
GlücksspielG §52Leitsatz
Abweisung der Beschwerde gegen eine vor Beginn der Sperrwirkungen des Massenverfahrensbeschlusses getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes betr GlückspielrechtSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Beschwerdevorbringen
1. Mit Straferkenntnis vom 12. Jänner 2015 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Hallein über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 6.000,–, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft zumindest in der Zeit von 11. bis 23. April 2014 zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 GSpG veranstaltet und damit eine Verwaltungsübertretung nach §52 Abs1 Z1 GSpG begangen habe. Mit dem angefochtenen – am 14. Juli 2016 zugestellten – Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg der Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis teilweise statt und setzte die zu den Spruchpunkten I und II verhängten Geldstrafen auf jeweils € 2.000,– herab. Im Übrigen bestätigte das Landesverwaltungsgericht Salzburg das angefochtene Straferkenntnis und präzisierte die angewendeten Strafbestimmungen mit "§52 Abs1 Einleitungssatz iVm §52 Abs2 erster Strafrahmen Glücksspielgesetz".
2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer insbesondere die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols rügt.
3. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg und die Bezirkshauptmannschaft Hallein legten die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten vor.
II. Rechtslage
§86a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 ("VfGG"), BGBl 85/1953, idF BGBl I 33/2013, lautet:
"§86a. (1) Ist beim Verfassungsgerichtshof eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden anhängig, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind, oder besteht Grund zur Annahme, dass eine erhebliche Anzahl solcher Beschwerden eingebracht werden wird, so kann der Verfassungsgerichtshof dies mit Beschluss aussprechen. Ein solcher Beschluss hat zu enthalten:
1. die in diesen Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften;
2. die auf Grund dieser Rechtsvorschriften zu lösenden Rechtsfragen;
3. die Angabe, welche der Beschwerden der Verfassungsgerichtshof behandeln wird.
(2) Beschlüsse gemäß Abs1 verpflichten, soweit es sich bei den darin genannten Rechtsvorschriften zumindest auch um Gesetze, politische, gesetzändernde oder gesetzesergänzende Staatsverträge oder Staatsverträge, durch die die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union geändert werden, handelt, den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann, ansonsten die zuständige oberste Behörde des Bundes oder des Landes zu ihrer unverzüglichen Kundmachung.
(3) Mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Beschlusses gemäß Abs1 treten folgende Wirkungen ein:
1. in Rechtssachen, in denen ein Verwaltungsgericht die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hat:
a) Es dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
b) Die Beschwerdefrist beginnt nicht zu laufen; eine laufende Beschwerdefrist wird unterbrochen.
2. in allen beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren gemäß Abs1, die im Beschluss gemäß Abs1 nicht genannt sind:
Es dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
(4) In seinem Erkenntnis fasst der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsanschauung in einem oder mehreren Rechtssätzen zusammen, die nach Maßgabe des Abs2 unverzüglich kundzumachen sind. Mit Ablauf des Tages der Kundmachung beginnt eine unterbrochene Beschwerdefrist neu zu laufen und enden die sonstigen Wirkungen des Abs3."
III. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Juli 2016, E945/2016 ua. ausgesprochen, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden im Sinne des §86a Abs1 VfGG anhängig ist, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind. Konkret hatte der Verfassungsgerichtshof dabei zu prüfen, ob die Rechtsgrundlagen i) für die Bestrafung wegen Übertretung der Verwaltungsstraftatbestände gemäß §52 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 105/2014, ii) für die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln gemäß §53 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 111/2010, und iii) für die Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des §52 Abs1 Glücksspielgesetz verstoßen wird, gemäß §54 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 70/2013, (offenkundig) gegen Unionsrecht (insbesondere Art56-62 AEUV) verstoßen und die vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte wegen der daraus folgenden Unanwendbarkeit ohne gesetzliche Grundlage ergangen sind oder ob gegen die Rechtsgrundlagen für die genannten Bestrafungen und Anordnungen verfassungsrechtliche Bedenken bestehen und ob es allenfalls nach Aufhebung der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften letztlich zur Aufhebung der vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte kommt. Zur Beantwortung dieser Rechtsfragen hatte der Verfassungsgerichtshof §52 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 105/2014, §53 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 111/2010, und §54 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 70/2013, anzuwenden.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof in dem angeführten Beschluss vom 2. Juli 2016 aus, dass bei ihm im Zeitraum vom 18. Mai bis 30. Juni 2016 bereits über 100 Beschwerden zu den genannten Rechtsfragen anhängig gemacht worden seien, welche im Wesentlichen die im Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m ua., dargelegten Bedenken, die den Obersten Gerichtshof zur Stellung des beim Verfassungsgerichtshof am 12. April 2016 eingelangten und zu G103-104/2016 protokollierten Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B-VG veranlassten, übernehmen. Darüber hinaus sei zu erwarten, dass eine erhebliche Anzahl weiterer solcher Beschwerden in nächster Zeit beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht werde.
2. Die im Beschluss vom 2. Juli 2016 genannten Rechtsfragen wurden vom Verfassungsgerichtshof in den zu E945/2016, E947/2016 und E1054/2016 protokollierten Beschwerdeverfahren im Rahmen des – die zugrunde liegenden Beschwerden abweisenden – Erkenntnisses vom 15. Oktober 2016, E945/2016 ua. mit folgendem Rechtssatz beantwortet:
"Die Rechtsgrundlagen i) für die Bestrafung wegen Übertretung der Verwaltungsstraftatbestände gemäß §52 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 105/2014, ii) für die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln gemäß §53 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 111/2010, und iii) für die Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des §52 Abs1 Glücksspielgesetz verstoßen wird, gemäß §54 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 70/2013, verstoßen nicht gegen Unionsrecht (insbesondere Art56 bis 62 AEUV). Aus diesem Grund kann von vornherein keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 Abs1 B-VG und Art2 StGG wegen Inländerdiskriminierung vorliegen."
3. Der vom Verfassungsgerichtshof am 2. Juli 2016 in den zu den Zahlen E945/2016, E947/2016 und E1054/2016 protokollierten Verfahren gefasste Beschluss gemäß §86a Abs1 VfGG wurde vom Bundeskanzler am 12. Juli 2016 (BGBl I 57/2016), der – die Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes enthaltende – Rechtssatz am 3. November 2016 (BGBl I 91/2016) kundgemacht.
4. Gemäß §86a Abs3 VfGG tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung eines Beschlusses nach §86a Abs1 VfGG unter anderem folgende Wirkung ein: In Rechtssachen, in denen ein Verwaltungsgericht die im Beschluss des Verfassungsgerichtshofes nach §86a Abs1 VfGG genannten Rechtsvorschriften anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hat, darf das Verwaltungsgericht nur noch solche Handlungen vornehmen oder Anordnungen und Entscheidungen treffen, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Diese Wirkung besteht gemäß §86a Abs4 VfGG bis zum Ablauf des Tages, an dem die in Rechtssatzform ergehende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die gleichartigen Rechtsfragen kundgemacht wurde.
Wie sich bereits aus dem Wortlaut des §86a Abs3 Z1 lita VfGG ergibt, ist für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Sperrwirkung des §86a VfGG vorliegt, jener Zeitpunkt maßgebend, in dem die Handlung, Anordnung oder Entscheidung "vorgenommen" bzw. "getroffen" wurde. Dieser Zeitpunkt ergibt sich in der Regel aus dem Datum der Entscheidung. Hingegen kommt es nicht auf die – mit Zustellung an eine der Parteien bewirkte – Erlassung der Entscheidung an, würde die gegenteilige Ansicht doch §86a Abs3 Z1 litb erster Satz VfGG, wonach die Beschwerdefrist nicht zu laufen beginnt, den Anwendungsbereich nehmen.
5. Da das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg am 12. Juli 2016 "getroffen" wurde, die mit der Kundmachung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes gemäß §86a Abs1 VfGG in den zu E945/2016, E947/2016 und E1054/2016 protokollierten Beschwerdeverfahren verbundenen (Sperr-)Wirkungen aber erst am 13. Juli 2016 begannen, kommt ein Verstoß gegen §86a Abs3 Z1 lita VfGG nicht in Betracht.
6. Im Übrigen sind Sachverhalt und Beschwerdevorbringen im Wesentlichen ident mit dem beim Verfassungsgerichtshof zu E3282/2016 protokollierten Verfahren. Insofern kann auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 14. März 2017, E3282/2016, verwiesen werden.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Glücksspiel, Glücksspielmonopol, VfGH / Massenverfahren, VfGH / Sachentscheidung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:E3171.2016Zuletzt aktualisiert am
05.09.2018