TE Bvwg Beschluss 2018/5/24 G313 2189688-1

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Entscheidungsdatum

24.05.2018

Norm

AVG §62 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1

Spruch

G313 2189688-1/13Z

(BERICHTIGUNGS)-BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS beschlossen:

A)

Gemäß §§ 17 und 31 VwGVG idgF. iVm § 62 Abs. 4 AVG wird das betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018, Zl. G313 2189688-/4E, dahingehend berichtigt, dass

Spruchteil A) II. folgendermaßen zu lauten hat:

Es wird festgestellt, dass auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die maßgeblichen Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft (nach Beendigung der gegenwärtigen Strafhaft) vorliegen."

und Spruchteil

A) III.

folgendermaßen zu lauten hat:

Der Antrag des BFA auf Ersatz der Verfahrenskosten wird gemäß § 35 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, zurückgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 12.02.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach Beendigung der Gerichtshaft eintreten.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 19.03.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim BVwG ein.

4. Mit Erkenntnis des BVwG vom 12.04.2018 wurde Folgendes ausgesprochen:

"A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, i dgF, iVm § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, isgF, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:

"Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird über Aziz KABA, geb. 05.02.1980, StA. Marokko, zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft nach Beendigung seiner gegenwärtigen Strafhaft angeordnet."

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die maßgeblichen Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft (nach Beendigung der gegenwärtigen Strafhaft) vorliegen.

III. Der Antrag des BF auf Ersatz der Verfahrenskosten wird gemäß § 35 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF, zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF., sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann das Bundesverwaltungsgericht Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Entscheidungen jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ist dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozessökonomie dadurch dienen, dass besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können.

Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (VwGH vom 19.11.2002, Zl. 2002/12/0140).

Ein Versehen ist klar erkennbar, wenn zu dessen Erkennung kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig ist, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelnden Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist (VwGH vom 13.09.1991, Zl. 90/18/0248).

Einem Berichtigungsbescheid (hier: Berichtigungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes) kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes der berichtigten Entscheidung schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung. Einem solchen Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des VwGH des Inhaltes, dass ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid im Sinne des Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 14.10.2003, Zl. 2001/05/0632). Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG bewirkt daher feststellend eine rückwirkende Änderung, bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG stellt keine Entscheidung in der Sache dar und hat daher in Form eines Beschlusses zu erfolgen.

Im gegenständlichen Fall wurde unter Spruchpunkt A) II. versehentlich § 22a Abs. 3 BFA-VG, "dass auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die maßgeblichen Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft (nach Beendigung der gegenwärtigen Strafhaft) vorliegen", angeführt, dabei jedoch, wie aus der Entscheidungsbegründung hervorgeht, nur betont, dass wegen Sicherungsbedarfs nach § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG und vor allem aufgrund der Schwere der vom BF in Österreich begangenen Straftaten (schwere Nötigung und absichtlich schwere Körperverletzung, teilweise im Versuchsstadium begangen) wegen eines gewichtigen öffentlichen Interesses an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung nach § 76 Abs. 2a FPG zur Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG vom 12.04.2018 die maßgeblichen Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft (nach Beendigung der gegenwärtigen Strafhaft) vorliegen.

In Spruchteil A) III. des Erkenntnisses des BVwG vom 12.04.2018 wurde angeführt, dass der Antrag des BF auf Ersatz der Verfahrenskosten gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen werde, damit das BFA gemeint, dabei beabsichtigt, den von der belangten Behörde mit Beschwerdevorlage gestellten Antrag auf Kostenersatz zurückzuweisen, kommt doch grundsätzlich bei einer abweisenden Entscheidung über die Beschwerde gegen eine bescheidmäßige Anordnung der Schubhaft nur eine Kostenerstattung der vom BFA geltend gemachten Kosten in Frage, was auch aus der Begründung der Entscheidung des BVwG vom 12.04.2018 unter Punkt 3.4 hervorgeht, unter dem auf § 35 VwGVG verwiesen wird, welche Bestimmung ausdrücklich einen Kostenersatz in Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG) für die obsiegende Partei normiert.

Spruchpunkte A) II. und A) III. waren wegen offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten somit spruchgemäß zu berichtigen.

Ergänzend wird hinsichtlich Spruchpunktes A) III. auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach, wenn ein Bescheid gemäß § 62 Abs. 4 berichtigt wird, die Rechtsmittelfrist (nur) dann von der Zustellung des Berichtigungsbescheides an zu berechnen ist, wenn erst in der berichtigten Fassung des Bescheides ein Eingriff in die Rechte des Rechtsmittelwerbers zum Ausdruck gekommen ist. Die Zustellung des Berichtigungsbescheides setzt daher die Rechtsmittelfrist hinsichtlich des berichtigten Bescheides nur dann von Neuem in Gang, wenn entweder erst durch den Berichtigungsbescheid die in dem nunmehrigen Rechtsmittel behauptete Rechtsverletzung in Betracht käme oder erstmals erkennbar geworden wäre, nicht aber dann, wenn mit dem Spruch des auf § 62 Abs. 4 AVG gestützten Berichtigungsbescheides ein klar erkennbarer Schreibfehler richtiggestellt oder eine Auslassung behoben und solcherart der rechtsverbindliche (normative) Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides in keiner Weise geändert wird. In einem solchen Fall hat diese Maßnahme keinen Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfrist im Hinblick auf den berichtigten Bescheid (vgl. VwGH 24.02.2016, Ra 2015/05/0091 mwN).

Mit Berichtigung bzw. des Spruchpunktes A) III., und der Erlassung dieses Berichtigungsbeschlusses würde dem BFA die Zurückweisung seines Antrages auf Kostenersatz trotz Unterliegens des BF und damit jedenfalls ein Eingriff in seine Rechte bekannt. Dadurch würde analog zu voranstehender Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall mit Zustellung dieses Berichtigungsbeschlusses die Frist zur Erhebung einer Revision in Gang gesetzt

Um nachfolgende Frage zu klären:

Es fehlt an einer Rechtsprechung des VwGH zur Frage, ob bei gegenständlicher mit Bescheid vom 12.02.2018 erfolgten Schubhaftanordnung - zu einem Zeitpunkt, als der BF wegen strafrechtlicher Verurteilung am 14.02.2017 bereits - bis zur geplanten Strafhaftentlassung am 17.04.2018, ab welchem Zeitpunkt die zeitliche (14-tägige) Geltung des Bescheides mit der Anordnung der Schubhaft einsetzt (VwGH 27.01.2010, Zl. 2009/21/0009) - "bloß kurzfristig" iSv § 76 Abs. 4 FPG - in Strafhaft war und gute Aussichten auf Erlangung eines Heimreisezertifikates und eine auf seine Strafhaftentlassung zeitnahe Abschiebung bestanden, wegen Ungewissheit, ob es im gegenständlichen Fall tatsächlich zu einer Anhaltung des BF in Schubhaft kommen werde, die bescheidmäßige Anordnung der Schubhaft getrennt vom tatsächlichen Vollzugsakt der Schubhaft zu sehen und in diesem Fall der obsiegenden Partei kein Kostenzuspruch zu gewähren sei, würde es doch nach Beschwerde gegen eine tatsächliche Schubhaft ohnehin - auch bezogen auf den Anordnungsbescheid - zu einem Kostenersatz von der unterliegenden an die obsiegende Partei kommen.

Zu Spruchteil B:

Da das BFA gegen die Entscheidung des BVwG vom 12.04.2018 jedoch bereits außerordentliche Revision auch zu diesem Punkt erhoben hat, ergibt sich kein Erfordernis die Revision wegen fehlender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur im Folgenden ausgeführten Frage für zulässig zu erklären, da sich dadurch der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dieser Frage auseinandersetzt.

Im gegenständlichen Berichtigungsbeschluss war die Revision nicht für zulässig zu erklären.

Schlagworte

Berichtigung der Entscheidung, Offensichtlichkeit, Versehen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2189688.1.01

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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